Auch in der Stadt Steyr bestanden seit ältester Zeit Bruderschaften, Zechen oder Innungen, durch die, wie in anderen Städten, auch viel Gutes gestiftet wurde. Preuenhuber zählt zweiundzwanzig Bruderschaften und Zechen auf und zwar in folgender Ordnung:
St. Sebastiani, der Burger-Zech.
Der Eintritt in diese Bruderschaft oder Zeche stand jedem Bürger der Stadt offen. St. Sebastian wird noch heutzutage als Patron gegen die Pest angerufen. In den Zeiten des Mittelalters aber wurde dieser Heilige auch als Patron aller wehrhaften Männer, besonders der Schützen verehrt.
Unser lieben Frauen Bruderschaft, aller Elenden Seelen-Zech.
Eine ähnliche Bruderschaft besteht noch heutzutage unter dem Namen: „Aller Seelen-Bruderschaft“ in manchen Orten.
St. Nikolai-Bruderschaft, auch die Fluder- und Fletzer-Zech genannt.
Sie war für alle jene Männer bestimmt, die sich mit Schifffahrt oder Wasserbauten beschäftigten. Ihr Patron ist der heilige Nikolaus, Bischof von Myra, durch dessen Fürbitte einst Schiffer auf dem Meer aus großer Gefahr errettet wurden.
St. Franzisci-Bruderschaft.
Unser Frauen Rosen-Kranz-Bruderschaft.
Kaufleute-Bruderschaft.
Der Heilige, den diese Bruderschaft als Patron verehrte, ist nicht angegeben. Gewöhnlich wird St. Homobonus als Patron der Kaufleute verehrt. Derselbe war Kaufmann in Cremona und als solcher ein Muster der bürgerlichen und christlichen Tugend; er starb am 13. November 1197.
Cramer- oder die sieben Schmerzen Bruderschaft.
Messerer-, Unser lieben Frauen und St. Barbara Zech und Bruderschaft.
Messerer-Gesellen-, Unser lieben Frauen und St. Barbara-Zech.
Unsers Herrn Frohnleichnams, der Klingen-Schmidt und Schiffer-Zech.
Klingen-Schmidt-Gesellen-Zech, auch zu Ehren St. Barbara.
Die heilige Barbara wurde überhaupt von allen Feuerarbeitern als Patronin verehrt, besonders von den Waffen-Schmieden.
Steinmetzen-Zech.
In Steyr bestand eine berühmte Bau- oder Steinmetzhütte, in welcher jene Werkstücke angefertigt wurden, deren kunstgerechte Bearbeitung wir noch heutzutage sowohl im Innern als auch von der Außenseite der Stadtpfarrkirche bewundern können. Auch die Steinmetze bildeten eine Bruderschaft oder Innung, die von den Landesfürsten mit vielen Freiheiten und Rechten beschenkt wurde. Als Patrone verehrte die Steinmetz-Innung in Steyr die sogenannten „Vier gekrönten Heiligen.“ Zeugnis dafür gibt der schöne Grabstein des Wolfgang Denk, der als Meister den Bau der Stadtpfarrkirche einige Zeit geleitet hat und im Jahr 1515 gestorben ist. Auf seinem Grabstein, sieht man die Vier gekrönten Heiligen mit ihren Steinmetzwerkzeugen abgebildet.
Huf- und Hammerschmiede-Zech.
Schlosser-Zeche.
Bäcker-Zeche.
Fleischhacker-Zeche.
Faßzieher-Zeche.
Heil. Dreyfaltigkeit-Bruderschaft, der Schneider-Zech.
St. Anna-Bruderschaft,
„deren die Fürnemsten von Rath und ihre Weiber einverleibt gewest“.
St. Jakobs-Bruderschaft;
darin die Schuster, Binder, Scher-Schmied, Scharsager, Haffner, Weber, Ahlschmied und Pürstenbinder einverleibt waren.
Lederer-Zech.
Zimmerleute-Zech.
Als Patron der Zimmerleute wurde wie noch jetzt der heil. Josef, der Nährvater Christi, verehrt.
Diese Bündnisse, die man heutzutage Vereine nennt, nannte man damals: Bruderschaften, Zechen, Zünfte oder Innungen. In anderen Gegenden Deutschlands nannte man sie auch Gilden, Gaffeln oder auch Eidgenossenschaften. Die Entstehung dieser Bündnisse, sie mögen was immer für einen Namen tragen, fällt in das elfte Jahrhundert, wie dieses Berthold von Constanz, der in jenem Jahrhundert lebte, ausdrücklich bezeugt. Damals kam das Gemeinde- und Städtewesen allmählich zu einer größeren Blüte. Kunst und Handwerk, welche bisher vorzugsweise nur von den Mönchen ausgeübt wurden, mussten nun auch von den Laien, von den Weltleuten, erlernt und ausgeübt werden, um die Bedürfnisse der Städte und ihrer Bewohner zu befriedigen. Wie nun die Mönche in den Klöstern in einer Gemeinschaft lebten und arbeiteten, so verbanden sich auch die Mitglieder desselben Gewerbes oder Handwerkes in den Städten zu einer gewissen Gemeinschaft im Leben und Arbeiten.
In vielen Städten Deutschlands erwählten sich die Mitglieder desselben Handwerks einen besonderen Platz in der Stadt und erbauten sich dort ihre Häuser und Werkstätten nebeneinander. So entstanden in vielen Städten Gassen und Plätze, die von den Handwerkern, die sich dort ansässig gemacht hatten, einen eigenen Namen erhielten. So findet man in manchen Städten noch eine Schmidtgasse, eine Färbergasse usw. Jede Zunft erwählte sich auch einen Heiligen als Patron, als Fürbitter bei Gott. Das Fest dieses Heiligen wurde von allen Mitgliedern der Zunft oder Innung gemeinsam auf feierliche Weise begangen.
Manche Zünfte hatten in einer Kirche der Stadt einen eigenen Altar, der gewöhnlich dem Heiligen zu Ehren geweiht war, den sie als Patron ihres Handwerkes verehrten. Im Altar selbst, im untersten Teil des Altarschreines, brachte man eine Lade an, in der man die wichtigsten Urkunden der Innung aufbewahrte. Der Name Innungslade oder Handwerkslade hat sich noch bis heute erhalten.
Jede Innung hatte auch gewisse Geheimnisse, die sich auf die Ausübung des Handwerks bezogen, darum Innungs- oder Zunftgeheimnisse genannt wurden, zu deren sorgfältigen Bewahrung und Geheimhaltung sich die Mitglieder des Handwerks unter einem Eid verpflichten mussten.
Jede Innung hatte das Recht, Streitigkeiten, die unter den Mitgliedern der Innung entstanden waren, zu schlichten, sowie die Pflicht, bei sämtlichen Mitgliedern der Innung auf ehrbaren Lebenswandel zu dringen. Ganz besonders aber gehörte die Teilnahme an den kirchlichen Festen und Prozessionen, die Unterstützung der Armen, die Beherbergung der Fremden, die Pflege der Kranken, das Begleiten der verstorbenen Mitglieder zum Grab, das Gebet und die Feier von heiligen Messen, sowie die Gegenwart bei denselben zu den Verpflichtungen der ganzen Innung. Manche Stiftungen zu wohltätigen Zwecken, zur Herstellung von Altären, ja selbst von einzelnen Kirchenbauteilen, z. B. eines Kirchenturmes, einer Kapelle usw. sind von den Innungen ausgegangen.[1]
[1] Florian Wimmer, Ehrenspiegel der Bürgerschaft von Steyr, in: Separat-Abdruck aus der „Neuen Steyrer-Zeitung.“