Wallfahrt zur Adlwanger Pieta in der gotischen Kirche, zur Erinnerung kaufte man Andachtsbilder, hier ein „Schabkunstbild“ aus dem 18. Jahrhundert
Wallfahrt in Adlwang zur Quelle und zur Pieta
Seit Jahrhunderten pilgern die Wallfahrer nach Adlwang, um in den Segen von zwei Kraft- und Energiequellen beim „Heiligen Brunnen“ und bei der „Muttergottes“ zu kommen.
Der „Augenbrunnen“ – Wasser voll Geheimnis
In vorchristliche Zeit reicht die Verehrung und Nutzung des heilkräftigen Quellwassers zurück, der heute unter dem Begriff „Heiliger Brunnen“ bekannt ist. Untersuchungen ergaben, dass die Quelle unter dem Hochaltar der Kirche entspringt. Geobiologen und Wünschelrutengeher wiesen genau dort das größte und intensivste Kraftfeld nach!
Bis in die Gegenwart ist der Brunnen Ziel vieler Gläubiger, die sich auf die Fürsprache der Gottesmutter durch das Waschen der Augen mit dem leicht jodhältigen Wasser eine Erhaltung oder Verbesserung der Sehkraft erhofften. Manche kommen regelmäßig und füllen das Wasser in Flaschen und Kanister, um die Heilkraft im täglichen Leben zu genießen.
Sagenumwoben ist die heilige Quelle!
Gleich drei uralte Sagen ranken sich um die Heilquelle. Eine berichtet, dass sich bei der Quelle des öfteren eine überaus schöne, mit hellem Glanz umgebene Jungfrau gezeigt haben soll. Die Erscheinung sei auch der Grund dafür gewesen, die Quelle hier zu fassen und nebenan die Kirche zu bauen. Es heißt auch, dass die heilige Maria sich an den drei goldenen Samstagen nicht in Mariazell aufhält, sondern in der Quelle in Adlwang badet. Einer anderen Legende nach stand die Gnadenstatue unter einer großen Linde bei der Heilquelle. Als der Baum alt geworden war und abstarb, brachte man die Statue in die Mutterkirche nach Pfarrkirchen, doch kehrte sie nachts immer wieder zur Quelle zurück. So wurde dort eine Kapelle gebaut!
Die Brunnenkapelle oder „Der heilige Brunnen“
Ausbesserungsarbeiten am Brunnen finden sich schon in den Kirchenrechnungen des 16. Jahrhunderts. 1743 erfolgte ein Neubau, wo es eine Pieta gab, bei der das Brunnenwasser aus der Seitenwunde Christi floss. 1893 entstand die heutige Brunnenkapelle im klassizistischen Stil, für die der Bildhauer Franz Stark eine neue Statue der „Schmerzhaften Muttergottes“ geschaffen hat. Im Rhythmus von rund dreißig Jahren erfolgt eine Renovierung, die letzte (1985) finanzierte die Goldhaubengruppe von Adlwang. 2003 musste die Heilquelle um drei Meter nachgegraben werden, da kurz vor den Samstagnächten das Wasser der nur 80 cm tiefen Quelle nach dem heißen Sommer versiegt war.
Die Pieta – „Schmerzhafte Muttergottes von Adlwang“
Schon um 1330 wird Adlwang als besonderer Ort der Marienverehrung erwähnt. Der Legende nach soll der kunstsinnige Bischof Thiemo von Salzburg die Pieta selbst angefertigt und der Kirche von Adlwang geschenkt haben. Tatsächlich ist die „Schmerzhafte“, wie sie von den Adlwangern liebevoll genannt wird, aber um 1420 im Stil der Spätgotik, in Steingusstechnik entstanden. Während der Bauernkriege an der Wende um 1596 erlitt die Statue Schaden, da sie vom Altar gestoßen und die Kirche verwüstet wurde. Eine Hand Jesu und Mariens mussten deshalb später aus Holz ergänzt werden, die mit vergoldeten Manschetten verbunden sind. In der Barockzeit reichte man den frommen Pilgern die Hand Marias wie eine Reliquie zum Kuss.
„Maria im Ameisenhaufen“
Aus der Zeit der Bauern- und Glaubenskriege gibt es die Legende von „Maria im Ameisenhaufen“. Als man nach Jahren der Verwüstung, um 1622, das Gnadenbild wieder suchte, fand man es unter einem riesigen Ameisenhaufen. Daraufhin erhob man die Pieta und stellte sie am Auffindungsplatz auf eine Säule. Nach dem alten Mirakelbuch von Adlwang (1683) ließen sich die Ameisen aber nicht vertreiben. Erst als sie 1719 auf den neuen Hochaltar gestellt wurde, verschwanden die Ameisen.
Seit 1964/65 steht die „Adlwanger Pieta“ auf dem linken Seitenaltar.
Die „goldenen Samstagnächte“
Im Mai und im Oktober, den traditionellen Marienmonaten, kommen die meisten Wallfahrer. Der Sage nach soll ein Mäher zugunsten des samstäglichen Abendgebetes zur Maria seine Arbeit beendet haben und am folgenden Arbeitstag auf dem Wiesenstück ein funkelndes Goldstück gefunden haben.
Höhepunkte der Wallfahrt nach Adlwang
Besonderen Zustrom erlebte Adlwang im Zuge der Gegenreformation, während und nach dem 30jährigen Krieg. Die erste „wundertätige Heilung“ fand nach dem „Mirakelbuch“ an einem Soldaten einer Schlacht um 1620 (Weißen Berg bei Prag) statt. Zur Zeit der großen Pestepidemien in den Jahren 1679/80 und 1713 blieben Adlwang und deren Pilger von der bösen Krankheit wie durch ein Wunder verschont. Der Ansturm der Pilger machte die Einrichtung eines Superioriates mit vier Priestern (!) sowie den Bau eines eigenen Beichthauses notwendig. Die Kommunikanten stiegen 1755 auf 46.764 an. Zwölf Superiore werden verzeichnet, 77 Stiftspriester wirkten in der Zeit als Beichtväter.
Es gehörte zur Tradition eines Wallfahrers, zur Beichte zu gehen und danach die Kommunion zu empfangen. Deshalb lassen die Kommunikantenzahlen relativ genaue Rückschlüsse auf die Zahl der Wallfahrer zu.
Jahr (Auswahl) | Anzahl der Kommunikanten (gerundet) |
1687 | 7000 |
1700 | 16.000 Vier Messen täglich (1350 im Jahr) |
1710 | 28.000 |
1713 | 19.000 Pestjahr! |
1720 | 27.000 |
1730 | 32.000 |
1735 | 35.000 |
1750 | 35.000 |
1755 | 46.700 Wunder: blutschwitzendes Bild |
1760 | 34.000 |
Heute: | Rund 22.000 |
Quelle: Kirchenrechnungen Pfarrarchiv Adlwang
Das Buch der Wunder von Adlwang – „Mirakelbuch“
Das Mirakelbuch (im Safe des Pfarrarchives) berichtet auf rund 600 Seiten (!) von Tausenden Wundern aus der Zeit von 1660 bis 1729. Viele Votivbilder, Beinschienen oder Krücken auf der Rückwand des heutigen Hochaltars belegen die wundertätige Heilung in Adlwang, die bis in die aktuelle Gegenwart reichen.
Das „blutschwitzende Christusbild“ von Adlwang
1749 erwarb die Kirche ein großes Christusbild „Kreuztragender Heiland“ mit starkem Ausdruck. Als 1755 erstmals auf diesem Bild Blutstropfen erschienen, erlebte Adlwang einen außerordentlichen Zustrom an Pilgern. Genau belegen Archivalien und Dokumente das Geschehen vom 21.12.1756. Demnach äußerte sich das schon vorher beobachtete Phänomen des „Blutschwitzens“ mit „Blutstropfen auf der rechten Gesichtsseite, an Lippen und Barthaaren und auch am Kreuz.“ Superior P. Aegid Feichtinger sah diese Erscheinung über sieben Stunden hindurch. Nach einem Gutachten des Welser Malers Andreas Heindl war dieses Phänomen nicht auf natürliche Ursachen zurückzuführen! Sein Urteil vom 8.2.1757 lautete: „Von Gott bedingt, nicht durch die Natur.“ Ein Wunder! Adlwang erlebte eine Blüte der Wallfahrt, aus allen Ländern der Monarchie strömten Pilger herbei. Diese Erscheinung zeigte sich zuletzt im Jahre 1950.
Die Aufklärung bekämpft die Wallfahrt
Die aufklärerischen Verordnungen von Kaiser Joseph II. stießen in Adlwang auf besonderen Widerstand. Das Bauernvolk verteidigte energisch seine „Liebe Frau im Ameisenhaufen“, wie das Gnadenbild seit 1622 genannt wurde. 1784 wurde die Kirche im Zuge der Pfarrregulierung vom Superiorat zur Pfarrei degradiert, um die Wallfahrt zum Erliegen zu bringen. Die Seelsorge wurde auf einen Priester reduziert und die weitere Aufstellung eines Opferstockes für die Wallfahrtskirche verboten. Die Adlwanger beachteten diese Gesetze überhaupt nicht. Deshalb schritt 1788 die Behörde ein, bestrafte den Priester und ersetzte ihn durch einen „modernen“ Pfarrer. Immer noch kamen viele Pilger, deshalb wollte man die Wurzel der Wallfahrt, die Pieta, entfernen, um ein völliges Ende herbeizuführen.
Ein Aufschrei in Adlwang: Das wundertätige Marienbild soll entfernt werden!
Am 3. Februar 1789 wurde angeordnet, das „theatralische“ Gnadenbild vom Altar zu entfernen und durch ein „erbauliches Altarbild“ zu ersetzen. Der Bischof entzog dem Pfarrer das Recht, die Beichte Auswärtiger zu hören und verordnete, eine Predigt gegen das Pilgern zu halten. Der Pfarrer wurde daraufhin von der Gemeinde abgelehnt und suchte um Versetzung an.
„Der Weibersieg“ in Adlwang 1790
Das neue Altarbild konnte nur unter dem Schutz von Gerichtdienern in die Adlwanger Kirche gebracht werden. Als eine Art Kompromiss sollte das Gnadenbild nur etwas beiseite geschoben werden. Doch auch damit war das Volk nicht einverstanden, so dass es laut beim Linzer Bischof protestierte. Die energische Müllermeisterin Katharina Dickbauer verlieh der Stimmung Ausdruck. Sie forderte die Frauen des Ortes auf, zur Selbsthilfe zu greifen. Es soll der alte Zustand wieder hergestellt werden und ohne Beschädigung das Gnadenbild wieder an seinem Platz stehen. Ein Priester aus Kremsmünster verfasste daraufhin ein seitenlanges Spottgedicht, betitelt mit „Der Weibersieg“, worin die Geschehnisse und die Rolle der Frauen verhöhnend dargestellt wurden. Die resoluten Frauen konnten damals noch nicht wissen, dass ihr energisches Eingreifen die Gnadenstatue gerettet hat. Denn Leopold II., Nachfolger von Josef II. im Jahre 1790, dachte nicht daran die gewaltsame Politik fortzusetzen.
Neuer Höhepunkt der Wallfahrt nach den Weltkriegen
Dicht gefüllt sind die Bitt- und Dankbücher aus den Kriegsjahren. Die Sorge um die Angehörigen, die von den Leiden des Krieges betroffen waren, ließ viele nach Adlwang pilgern. Die Erleichterung nach dem Krieg zeigte sich beispielsweise in den „Goldenen Samstagnächten“ 1945. Damals kamen so viele Pilger, wie es Adlwang lange nicht mehr gesehen hatte, berichtet die Pfarrchronik. Am 3. Goldenen Sonntag musste sogar die Kirche wegen Überfüllung gesperrt werden. Äußerst zufrieden war man auch mit den Spenden. Die drei Opferstöcke waren zu wenig und gingen über. Deshalb warfen die Leute die Geldscheine einfach innerhalb des Speisegitters zum Hochaltar. Allein auf dem Kredenztisch lagen über 2000 Reichsmark. Es waren Zeichen der Dankbarkeit für glückliche Heimkehr aus dem Krieg.
Woher kommen die Wallfahrer heute?
Ihre Höhepunkte in der heutigen Zeit erlebt der Wallfahrtsort alljährlich im Marienmonat Mai und während der ersten drei Wochenenden im Oktober (nach Michaeli, 29.9.), zur Zeit der „Goldenen Samstage“. Viele Leute kommen heute wegen des großen Kirtages.
Aus ganz Österreich reisen heute Wallfahrer bequem mit Bussen an.
Fußwallfahrten:
Ganz in der alten Tradition der Fußwallfahrt kommen viele Menschen aus den nahegelegenen Orten, wie Waldneukirchen und Pfarrkirchen am 1. Mai. Im Oktober kommen „Scharen“ aus Garsten, Ternberg, Wartberg, Grünburg, Steinbach, Schiedlberg,…. Die weiteste Strecke legen die Pilger aus Viechtwang im Almtal zurück, deren Wallfahrt zum „Stäblkirtag“ auf ein Gelöbnis aus der Reformationszeit zurückgeht. Die treuen Katholiken schworen, dass sie lieber am Bettelstab gehen wollten, als evangelisch zu werden!
Die Adlwanger Madonna, eine Steinguss-Pieta aus der Zeit um 1430 (Foto: Ulbrich)
Andachtsbild aus Adlwang 19. Jahrhundert.
Quelle: Katharina Ulbrich: Wallfahrt nach Adlwang. Broschüre im Kopierverfahren erstellt 2006