Von Erwin Pöschl
Josef Werndl
Steyr war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt und berühmt durch die österreichische Waffenfabrik, die unter Josef Werndl zur zeitweise größten europäischen Waffenfabrik emporgewachsen war. Doch auch für die Weiterentwicklung der Elektrotechnik und Elektroindustrie hat Steyr Bedeutung erlangt. Verantwortlich dafür zeichnet wiederum Josef Werndl als damaliger Generaldirektor der österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft. Es ist daher notwendig, zunächst das Leben und die Persönlichkeit dieses genialen Mannes zu skizzieren.
Josef Werndl wurde als erstes von sechzehn Kindern am 26. Februar 1831 zu Steyr geboren. Sein Vater, ursprünglich Bohrerschmied, wandte sich in den 30iger Jahren der Waffenschmiedekunst zu und beschäftigte 40 bis 50 Mann. Nach einigen Jahren waren es schon zehn Mal so viel. Fleiß und Tüchtigkeit hatten ihm den Erfolg gebracht. Obwohl der Sohn diese beiden Eigenschaften vom Vater geerbt haben dürfte, kam es dennoch nach der Ausbildung zum Gesellen zu keiner längeren Zusammenarbeit mit dem konservativen Vater. Leopold Werndl hielt an den althergebrachten Arbeitsmethoden fest, während der Sohn auf neuen, ungegangenen Wegen zum Erfolg zu kommen suchte.
Diese Unstimmigkeiten trieben Werndl jun. auf Wanderschaft nach Prag (1847), ein zweites Mal nach Wien (1849), wo er sich zu einem Chevauxlegers Regiment anwerben ließ. Bald darauf wurde er in die staatliche Gewehrfabrik nach Währing abkommandiert und lernte dort die von Amerika für die Gewehrerzeugung importierten Maschinen kennen. Werndl gehörte endgültig zu den wenigen, die sich der neu heraufkommenden Zeit der Maschine verschrieben hatten.
Als es Leopold Werndl (wohl auf Bitten der Mutter) gelang, den Sohn vom Militär für den eigenen Betrieb freizubekommen, zeigte sich wiederum, dass eine Zusammenarbeit mit dem Vater, gleichbedeutend mit der Unterordnung unter dessen Willen, nicht möglich war. Es war Josef Werndl nicht gelungen, den Vater vom Misstrauen gegen die arbeitssparende Maschine zu befreien.
Die abermalige Wanderschaft brachte ihn bis nach Amerika, nach Ilion und Hartford, zu den bedeutendsten amerikanischen Waffenfabriken. Mit zahlreichen Berechnungen und heimlich angefertigten Zeichnungen von den Maschinen im Koffer, den Kopf vollgestopft mit Ideen und Plänen, kehrte Werndl 1853 wieder nach Steyr zurück. Er pachtete die Kettenhuberschleife im Wehrgraben und beschäftigte ein Dutzend Gesellen mit Schleif- und Polierarbeiten.
Zwei Jahre später starb Leopold Werndl an Cholera. Josefa Werndl führte, unterstützt von ihren Söhnen Josef und Franz, den Betrieb fort. Im Bewusstsein seiner Verantwortung als ältester der Geschwister setzte Josef seine ganze Persönlichkeit für den elterlichen Betrieb ein und übernahm nach und nach immer mehr die Leitung desselben.
Die Situation um das Jahr 1859 war signifikant für Steyr und wiederholte sich in den nächsten Jahrzehnten. 1859 stand der Krieg mit Sardinien vor der Tür. Handel und Gewerbe stockten. Nur die Armaturerzeugung bei Werndl, der durch die Einführung von Maschinen der Waffenerzeugung neue Impulse zu geben versuchte, und dessen Werkstätten zum größten Industriebetrieb Oberösterreichs angewachsen waren, stieg immer mehr. Die Inflation verhalf dem Gewerbe zu einem bedeutenden Absatz im Ausland. Viele Menschen wanderten zu, es herrschte eine unglaubliche Wohnungsnot. Dann aber ging das Silberagio wieder zurück. Deflation trat ein. Die Industrie konnte nicht mehr exportieren, die Waffen und Eisengewerbe stockten, die Arbeiter mussten entlassen werden. Es herrschte allgemeine Verarmung und Arbeitslosigkeit. Die Stadtgemeinde, deren Prosperität von der Industrie abhing, musste ungeheure Schulden machen, um die Not wenigstens halbwegs zu lindern.
Werndls Streben zu Beginn der 60iger Jahre war es, bei dem Problem des Hinterladerverschlusses eine erzeugungsmäßig einfache und vor allem billige Lösung zu finden. Werndls Weitblick erkannte, dass die Ablösung des Vorderladers nur eine Frage der Zeit war. Mit einem eigenen Gewehr und der für Großaufträge bereitstehenden Fabrik zu jenem Zeitpunkt sah er seine große Chance zum Aufstieg.
So studierte er gemeinsam mit seinem Werkmeister und späteren Direktor Karl Holub 1863 in Amerika den neuesten Stand der amerikanischen Technik, vor allem das sogenannte Austauschprinzip, das in größerem Umfange damals nur in Amerika praktiziert wurde. Um die Mutter von der Last des Erbbetriebes zu befreien, wurde am 16. April 1864 die Firma „Josef und Franz Werndl & Comp. Waffenfabrik und Sägemühle in Oberletten“ gegründet. Josef Werndl wurde die Geschäftsführung, die Vertretung nach außen und die Zeichnung übertragen.
Werndl, beseelt mit einem unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Fortschrittes, investierte das ganze und nicht unbeträchtliche Vermögen der Familie in Maschinen und Fabrikshallen und bereitete sich nach den in Amerika gewonnenen Erkenntnissen auf die Massenproduktion vor, obwohl weder das Verschlussproblem hinreichend gelöst noch Großaufträge in Aussicht gestellt waren. Ohne diesen zuversichtlichen Glauben an den Fortschritt, dem zu dienen er sich berufen fühlte, und ohne das nötige Übermaß an Selbstvertrauen wäre es nicht möglich gewesen, die Zweifel und Schwierigkeiten zu überwinden. Es darf daher nicht überraschen, dass später die Herstellung von Elektroartikeln gleich in Serie aufgenommen wurde.
Der Ausgang des Krieges gegen Preußen veranlasste die Heeresverwaltung Österreichs, raschest zur Einführung der Hinterladegewehre zu schreiten. Eine eigens für die Prüfung der Gewehre geschaffene Hinterladungskommission prüfte über 100 eingelangte Konkurrenzangebote. Am 28. April 1867 wurde das im allerletzten Moment fertiggewordene Werndl-Holubsche Hinterladungsgewehr, 11 mm mit Wellenverschluss, zur Annahme empfohlen und am 28. Juli 1867 endgültig angenommen. Noch im selben Jahr wurden 250.000 Gewehre bestellt. Werndls größter und riskantester Schritt zum europäischen Großunternehmer war getan.
Zu den Lieferungsverpflichtungen für Österreich kamen noch die aus dem Ausland. Die Gewehrerzeugung wurde auf 5.000 Stück wöchentlich gesteigert. Neue Objekte mussten errichtet werden. Das zu diesem großartigen Aufbau notwendige Kapital brachte die am 1. August 1869 durchgeführte Umwandlung der Firma Josef und Franz Werndl & Comp. in die österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft — ein Vorgang, wie er sich bei fast allen großen Waffenfabriken der Welt findet. Die Aktiengesellschaft übernahm sämtliche Rechte, Privilegien, Patente, Aufträge der Firma um 5,2 Mill. Gulden. Werndl wurde Generaldirektor.
Der Aufstieg und Aufschwung ging unaufhaltsam vor sich. Die österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft exportierte in alle Welt. Mit Recht konnte Josef Werndl bei der 900-Jahr-Feier der Stadt Steyr (1880) sagen: „Durch unsere technische Leistung stehen wir in der Dualität der Waffen unerreicht da und haben dort, wo Dualität entscheidet, keine Konkurrenz zu fürchten“.
Im Jahre 1881 trat wiederum eine Stockung in der Gewehrerzeugung ein. Die Ursache lag darin, dass die Heere nun mit Hinterladern ausgerüstet waren und die Entscheidung auf Umstellung auf Mehrladegewehre noch nicht gefallen war. Diesmal war die Situation besonders krass. Die Arbeiterzahl sank in dieser Zeit von 7.000 auf 800 bis 900.
Zu diesem häufigen Auf und Ab der Konjunktur in der Waffenindustrie kam es deswegen, weil eine Vorausproduktion unmöglich war, da ja die Waffen stets auf dem neuesten Stand sein mussten und vorausproduzierte Waffen beim nächsten Kriegsausbruch bereits wieder veraltet sein konnten und keinen Absatz fanden.
Welche Möglichkeiten boten sich, dieses Konjunkturtief abzuschwächen? Der Unternehmer konnte (a) von Land zu Land reisen und versuchen, neue Aufträge zu erhalten; (b) einschneidende Verbesserungen schaffen, die die Heeresverwaltungen zum Umrüsten zwangen, da man ja auch in Friedenszeiten bestens gerüstet zu sein hatte. Es gab aber noch eine dritte, viel wirksamere Möglichkeit: das Aufnehmen einer anderen Produktion, auf welcher in Krisenzeiten der Schwerpunkt lag.
Werndl, dem zweifelsohne die Rastlosigkeit und der Rhythmus des damaligen modernen Lebens gegeben waren, war schon längst von den neuen Errungenschaften auf dem Gebiet der Elektrizität fasziniert.
Die Anfänge der elektrischen Beleuchtung
Meines Wissens gibt es kein wissenschaftliches Werk, das ausführlich die Geschichte der Elektrizität behandelt. Daher habe ich die einzelnen Daten aus der angeführten Literatur (ergänzt bzw. überprüft durch Lexika) chronologisch aneinandergereiht, um einen Überblick über die Entwicklung der elektrischen Beleuchtung, Kraftübertragung und Kraftwerke bis 1882 geben zu können.
Erst etwa ab dem Jahre 1800 gelang es, in die geheimnisvolle Kraft der Elektrizität tiefer einzudringen und sie praktisch verwendbar zu machen. Bis die Elektrizität ungefähr jene Bedeutung erlangte, die ihr jetzt zukommt, musste noch eine Reihe von Versuchen absolviert werden.
1841 wurde das Kunststück zu Wege gebracht, mit einem aus einer Batterie von 200 Kohle-Zink-Elementen gespeisten Bogenlicht einen Brunnen am Place de la Concorde in Paris anzustrahlen. Diesem Versuch kam noch keinerlei praktischer Wert zu, denn diese Beleuchtung kostete für vier Stunden Betrieb 12.000 Goldfranken. — ein Betrag, um den man sich damals ein schönes Haus kaufen konnte1).
1846 wurde ebenfalls in Paris bei der Erstaufführung von Meyerbeers Oper „Der Prophet“ das elektrische Bogenlicht zum ersten Mal für einen praktischen Zweck, zur Effektbeleuchtung, verwendet. Staunend bewunderte man das blendend weiße Licht, das aber den Augen schädlich sei, sodass man zur Straßenbeleuchtung, an die man damals schon dachte, elektrische Bogenlampen wohl nicht werde verwenden können. Dagegen wären Leuchttürme ein ausgezeichnetes Anwendungsgebiet.2)
1852 wurde zum ersten Mal versucht, einen Innenraum, die Deputiertenkammer in Brüssel, elektrisch zu beleuchten. Für Leuchttürme wurde das Licht in England schon 1857 verwendet und im italienisch-österreichischen Krieg 1859 plante man bereits, das Bogenlicht für militärische Zwecke nutzbar zu machen.3)
1861 gab es einen öffentlichen Beleuchtungsversuch im Berliner Lustgarten mit Bogenlampen und 480 Bunsenelementen der Firma Keuser & Schmidt. Aber erst als es gelang, mit Hilfe von Maschinen elektrischen Strom zu erzeugen, konnte die elektrische Beleuchtung aus dem Reich der Pläne und Einzelanwendungen zu größerer praktischer Bedeutung gelangen.
1866 fand Werner v. Siemens das dynamo-elektrische Prinzip. Jetzt war es möglich, wesentlich größere Strommengen zu erzeugen.4)
1876 wurden in den Fabriksräumen von Fa. Krupp in Essen elektrische Beleuchtungsanlagen mit Bogenlampen errichtet. Zahlreiche amerikanische Bogenlicht-Gesellschaften richteten nach dem Wechselstromsystem von Ch. F. Brush in allen Städten Amerikas und in anderen Ländern Beleuchtungsanlagen ein.5)
Immer neue Konstruktionen von Bogenlampen oder „Regulatoren“ entstanden; keine wollte befriedigen. Für jede Lichtquelle, für jede einzelne Lampe brauchte man eine Maschine. Für solche starken Einzellichter aber, die in Anlage und Betrieb sehr teuer kamen, hatte man nur eine sehr beschränkte Verwendungsmöglichkeit.
Die „Teilung des Lichtes“, wie man damals die Aufgabe bezeichnete, gelang zuerst Pavel Nikolajewitsch Jablotschkow (Jablochkoff) mit der nach ihm benannten, mit Wechselstrom betriebenen Kerze. Diese bestand aus zwei durch eine Gipsschicht voneinander getrennten Kohlenstäben, die durch den zwischen ihnen gezogenen Lichtbogen gleichmäßig herunterbrannten. Die ersten Beleuchtungsanlagen mit diesen Kerzen wurden in Paris (1877) und durch Siemens in Berlin (1878) eingerichtet.6)
Bis Juni 1878 hatte man in Frankreich eine Anzahl öffentlicher Plätze, darunter den Place de la Concorde, mit elektrischer Beleuchtung versehen. Am Schluss der Weltausstellung 1878 von Paris wurden dort bereits jeden Abend tausend elektrische Kerzen entzündet.
Inzwischen war man auch von anderer Seite an die Aufgabe, mehrere Bogenlampen in einem Stromkreis zu brennen, herangetreten. Die Differentiallampe7) wurde erfunden. 1878 und 1879 wurden die ersten brauchbaren Differentiallampen patentiert. Bei der Berliner Gewerbeausstellung 1879 gab es eine erste Gelegenheit, die neuen Lampen einem größeren Publikumskreis vorzustellen. Siemens8) beleuchtete damals die Kaisergalerie; mehrere in einem Kreis geschaltete Bogenlampen brannten. Die Differentiallampen führten sich schnell ein, zumal nun auch ein „schattenloses Licht“ erzielt wurde, indem der Kasten mit dem Regulierungsmechanismus über den Kohlenstäben angeordnet worden war.
Zahlreiche Einzelanlagen wurden in der Folge mit Bogenlampen der verschiedensten Firmen versehen, vor allem auf Bahnhöfen wurden sie installiert: z. B. auf dem Zentralbahnhof in München, auf den Bahnhöfen in Hannover, Berlin, Straßburg u.a.
Beleuchtungsversuche fanden auch in Österreich statt. Schon auf der Wiener Weltausstellung 1873 gab es (allerdings in sehr bescheidenem Ausmaß) eine elektrische Abteilung. 1877 bekam die Wiener Oper elektrische Bühnenbeleuchtung. 1879 wurde der erste Versuch einer öffentlichen Beleuchtung unternommen. Dabei wurde der Wiener Schillerplatz durch Joh. Kremenezky mit Jablochkoff-Kerzen beleuchtet. Sie wurden durch eine Wechselstrommaschine gespeist, die mit ihrer Antriebsmaschine, einem Gasmotor, in einem Laden auf dem Getreidemarkt neben dem Gewerbeverein aufgestellt war. Die isolierten Leitungsdrähte lagen frei auf den Gesimsen der Häuser unter den Fenstern des ersten Stockwerkes. Im Frühling des nächsten Jahres folgte eine Beleuchtung des Volksgartens mit derartigen Kerzen.9)
Eine Versorgung von Wohnungen mit elektrischer Beleuchtung wurde erst mit der Herstellung einer betriebssicheren Glühlampe möglich.
Schon 1854 hatte der nach den USA ausgewanderte Heinrich Göebel Kohlenfaden-Glühlampen hergestellt, die er aus galvanischen Elementen mit Strom versorgte. Seine Versuche erregten einiges Aufsehen, blieben aber ohne nachhaltige Wirkung.
Erst 25 Jahre später gelang es fast gleichzeitig Josef Wilson Swan in England und Thomas Alva Edison in Amerika gut brauchbare Glühlampen herzustellen. Edison war es, der die Glühlampe industriereif machte; er erkannte auch, dass zusätzlich leistungsfähige Stromerzeuger, Leitungen, Isolatoren, Lampensockel, Schalter und Elektrizitätszähler geschaffen werden mussten, um mit anderen Beleuchtungsarten in Wettbewerb treten zu können.
Im Januar 1880 patentierte er seine Erfindung und im gleichen Monat fand eine Vorführung statt: die festliche Beleuchtung des Menloparkes.10) Die erste große elektrotechnische Ausstellung in Paris 1881 bot Gelegenheit, das Edisonsche Glühlampen-Beleuchtungssystem der großen Öffentlichkeit vorzuführen.
Diese denkwürdige Ausstellung fiel mitten in die Sturm- und Drangperiode der Elektrotechnik. Der elektrische Strom, erfolgreich in die wirtschaftliche industrielle Entwicklung des 19. Jahrhunderts durch den Telegraphen eingeführt, erschien jetzt wieder als die Zukunftshoffnung aller derer, die an der Gesamtentwicklung der Technik interessiert waren.
In England hatte man mit den Gesellschaften für elektrische Telegraphie, besonders mit den Kabelgesellschaften, auch finanziell glänzende Geschäfte gemacht; damit war in weiten Kreisen des Volkes der Glaube großgezogen worden, dass alles, was mit der Elektrizität zusammenhing, auch hohe Erträge abwerfen müsse. So war es leicht, für neue elektrische Beleuchtungsgesellschaften große Geldmittel flüssig zu machen. Jeder Tag brachte neue Gründungen. Allein zur Ausbeutung der Edison-Patente wurden in außerdeutschen Ländern von 1880 bis 1882 63 Gesellschaften mit zusammen rund 430 Mill. Mark Aktienkapital gegründet.11) Schließlich konnte, als die großen Schwierigkeiten sich nicht durch den Befehl der Finanzleute allein überwinden ließen, der Zusammenbruch nicht ausbleiben. Es gab ein jähes Erwachen aus Träumen und Illusionen. Man erließ sogar Gesetze gegen den elektrischen Strom. Eine Unterbindung der englischen Industrie für viele Jahre war das Ergebnis der zu früh eingesetzten unrealisierbaren Hoffnungen.12)
In Frankreich war man nicht minder eifrig mit der weiteren Entwicklung beschäftigt. Von den 1892 patentierten Lampen (über 1000) entfielen allein 600 auf Frankreich.
1881 soll bereits die englische Stadt Godalming eine elektrische Straßenbeleuchtung mit 7 Bogen- und 34 Glühlampen gehabt haben, die aber später wegen zu hoher Kosten durch Gasbeleuchtung ersetzt wurden.13)
1882 fand in München die zweite große elektrische Ausstellung statt. Der Zweck war, die Errungenschaften der Pariser Ausstellung nebst den Neuerungen dem deutschen Publikum vorzuführen.
Herausragend war der Kraftübertragungsversuch von Deprez. Deprez hatte schon auf der Pariser Ausstellung den Strom einige Kilometer weit transferiert. Nun erfolgte auf einer Entfernung von 57 km, von Miesbach nach München, eine Übertragung von 1200 Volt Gleichstrom und einigen PS Leistung. Der Wirkungsgrad war 26 %.14)
Schon zu Beginn des Jahres 1882 war als Versuchsanlage auf Kosten der Edison Co. die Holborn-Viaduct-Station zu London als erstes Elektrizitätswerk für Glühlicht in Betrieb genommen worden. Hauptereignis dieses Jahres war aber dann die Inbetriebnahme des ersten öffentlichen Elektrizitätswerkes der Welt, der Edison-Zentrale Pearl-Street-Station in New York. Leistung: rund 500 kW, Spannung 100 Volt Gleichstrom.15)
Dieses Kraftwerk stellte das erste ausgedehnte Verteilungssystem für elektrische Energie dar. Es lieferte nicht nur Lichtstrom, sondern auch Kraftstrom für Elektromotoren, Ventilatoren, Druckerpressen und Heizgeräte und war richtungsweisend für den Kraftwerksbau der nächsten Jahre.16) Doch scheiterte der Bau weiterer Kraftwerke, namentlich in Deutschland, meist am Einspruch der örtlichen Gaswerke.17)
Weitere Straßenbeleuchtungsversuche wurden unternommen. In Wien beleuchtete man versuchsweise den Graben, den Stock-im-Eisenplatz und den Stephansplatz elektrisch. In Berlin wurde Siemens dafür die Leipziger Straße bis zur Friedrichsstraße zur Verfügung gestellt.18)
Die erste größere Innenanlage mit Glühlampen in Europa dürfte die des Brünner Stadttheaters gewesen sein, die im Herbst 1882 in Betrieb genommen worden war.
Für das Jahr 1883 war wieder eine große internationale elektrische Ausstellung geplant und zwar in Wien.
Die Tätigkeit Werndls bis zur Elektrischen Ausstellung in Steyr 1884
Quellen
Aus den Quellen für die Zeit bis zur elektrischen Ausstellung 1883 in Wien ist nur sehr wenig, bis zur Ausstellung in Steyr 1884 ist nicht sehr viel über die ersten Schritte Werndls auf dem Elektrizitätssektor zu entnehmen. Es sind in erster Linie die beiden Steyrer Lokalblätter, die zwei- bis dreimal die Woche erschienen, anzuführen. Von den in den Kopierbüchern aufscheinenden Briefen gibt es von den für die Jahre 1881 — 85 in Frage kommenden 2000 Stück nur ganz vereinzelt welche, die das Thema Elektrizität zum Inhalt haben. Wichtig sind die elektrotechnischen Zeitschriften, in denen die Vorbereitungen Steyrs zur Ausstellung erwähnt werden. Wann Werndl den Entschluss gefasst hatte, die Produktion von Elektroartikeln aufzunehmen, ist nicht bekannt. Aufgeschlossen für alles Neue, hatte er sicherlich nach Bekanntwerden der ersten Erfolge die Entwicklung dieses neuen Zweiges verfolgt.
Die ersten Hinweise in den Quellen
Am 2. März 1882 brachte der Alpen-Bote eine Notiz aus der Linzer Zeitung, in der es wörtlich heißt: „Schließlich sei noch erwähnt, dass die elektrische Beleuchtung einiger großartiger Gebäude in Paris und Straßburg auf Herrn Werndl einen höchst befriedigenden Eindruck gemacht hatte. In Folge dessen dürfte die von ihm schon früher gehegte Absicht, die Gasbeleuchtung in den hiesigen Fabriken durch elektrische Flammen zu ersetzen, in kurzer Zeit zur Verwirklichung gelangen. Die einleitenden Schritte hierzu sind bereits gemacht, und wenn Herr Werndl sich einmal zu etwas entschließt, dann lässt der Vollzug seiner Anordnungen nicht lange auf sich warten.“19)
Um welche einleitende Schritte es sich handelte, lässt sich nur vermuten. Jedenfalls hatte sich Werndl mit verschiedenen Firmen in Verbindung gesetzt. So beklagt er sich in einem Brief an die Societe electrique Edison, Paris, Avenue de l’Opera, vom 16. September, dass das Versprechen, die Errichtung der elektrischen Beleuchtung in Trautenfels20), nicht gehalten und die Leitungsdrähte dazu noch nicht geliefert sind.21)
Von der Maschinenfabrik der Brüder Fischer in Wiener Neustadt ließ er wegen des Baues einer Turbine in der Heindlmühle brieflich einen Ingenieur kommen.22)
Die ersten Beleuchtungsversuche, weitere Verhandlungen
Am 15. Juni 1882 berichtete der Alpen-Bote bereits von Beleuchtungsversuchen im Objekt VI der Waffenfabrik mit Edisons Incadescent-Lampen (= Glühlampen).23)
Am 28. November 1882 konnten die Angestellten und Arbeiter der Waffenfabrik an den Fabrikstafeln der Objekte folgende Mitteilung finden:
„An die Angestellten und Arbeiter der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft in Steyr und Letten!
Vor mehreren Wochen habe ich Ihnen persönlich die Gründe bekanntgegeben, welche mich zwingen, eine größere Anzahl von Ihnen zu entlassen. Da sich seither die Verhältnisse noch ungünstiger gestaltet haben, bin ich zu meinem Leidwesen genötigt, nicht nur durch Reduktion des Fabrikpersonales, sondern auch durch Einschränkung der Arbeitszeit die Ausgaben zu vermindern, um auf diese Weise den Bestand der Fabrik zu sichern.
Sollte sich aber die Lösung der Repetiergewehrfrage noch länger hinziehen, so wäre ich bemüßigt, die Zahl der Arbeiter bis auf einige Hundert zu vermindern, und auch den Zahlenstand der Beamten nicht unwesentlich herabzusetzen. Durch diese Maßnahmen würden viele von Ihnen, welche mir und der Fabrik durch eine Reihe von Jahren treue Dienste geleistet haben, dem Elend preisgegeben, und erachte ich es daher als meine heiligste Pflicht, meine ganze Kraft einzusetzen, um weitere Arbeit zu beschaffen.
Da jedoch vorläufig Aufträge auf Waffen schwer zu erlangen sind, habe ich mich mit den Patentinhabern von Maschinen und Lampen zur elektrischen Beleuchtung ins Einvernehmen gesetzt, um diesen Fabrikszweig nach Steyr zu übertragen, eventuell die Erzeugung benannter Gegenstände in großem Umfange zu betreiben. Ich bitte Sie daher, die Geduld und den Glauben an meine Tätigkeit nicht zu verlieren und sich weiter vor Augen zu halten, dass noch kein Mensch zugrunde gegangen ist, der arbeiten will und kann.
Steyr, den 27. November 1882
Josef Werndl eh.“24)
Während Werndl die Patentverhandlungen führte, liefen in den Steyrer Fabriksobjekten25) 26die Vorarbeiten auf Hochtouren. Werndl wollte aus Prestige- und Reklamegründen sicher schon auf der Wiener Internationalen Elektrischen Ausstellung 1883 auftrumpfen, obwohl er in einem Brief vom 21. Dezember 1882 an das Direktionskomitee für die Internationale Elektrische Ausstellung es ablehnte, in die Ausstellungskommission einzutreten.25)
Am 30. Jänner 1883 las man in den Objekten der Waffenfabrik folgenden Anschlag:
„An die Angestellten und Arbeiter der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft in Steyr und Letten!
Mittelst Verlautbarung vom 27. November 1882 habe ich Ihnen die Mitteilung gemacht, dass ich die Erzeugung elektrischer Maschinen und Beleuchtungsgegenstände in Angriff nehmen werde. Da jedoch die Verhandlungen, welche ich in dieser Richtung angeknüpft habe, noch nicht abgeschlossen sind, bin ich gezwungen, mich vorläufig auf die Fabrikation anderer Artikel zu verlegen, damit ich, weil es sonst an Arbeit fehlt, doch den Großteil von Ihnen beschäftigen kann …,“27)
Als Fabrikation anderer Artikel war die Herstellung von Nähmaschinen beabsichtigt, wie aus einem Brief Werndls an seinen Freund Terey hervorgeht.28)
Aus einem anderen Brief, vom 7. 3. 1883, erfahren wir jedoch, dass die Erzeugung von Nähmaschinen wieder eingestellt wurde, da „nach meiner Ansicht der elektrischen Kraftübertragung die Zukunft gehört.“29)
Die Verhandlungen dürften inzwischen zu einem Ergebnis gelangt sein, denn der Alpen-Bote führte am 11. Februar aus: „Seit einigen Tagen weilen in unserer Mitte die berühmten Elektrotechniker Schuckert, Kriczik und Piette. Vorgestern ist nun, wie wir hören, eine definitive Einigung erfolgt und die Waffenfabrik ist nunmehr in der Lage, die Erzeugung elektro-dynamischer Maschinen und Lampen nach dem besten System in die Hand zu nehmen.“30)
Werndl hatte also die Möglichkeit, die ausgezeichneten Dynamos von Schuckert in der Waffenfabrik nachzubauen und durfte außerdem die Patente von Krizik und Piette (auf Bogenlampen) nützen.
In richtiger Einschätzung der Situation fährt der Alpen-Bote in diesem Artikel fort:
„In den Objekten sind bereits alle Vorkehrungen getroffen und bei den Mitteln, welche dieser Fabrik zu Gebote stehen, dürfte diese Erzeugung sehr bald einen kolossalen Umfang annehmen, weil Fabriken, welche sich nur annäherungsweise mit den Einrichtungen der Waffenfabrik messen könnten, noch gar nicht existieren, die Gründung, Einrichtung und rationelle Leitung einer solchen Fabrik aber mit Summen bezahlt werden muss, welche eine Konkurrenz mit der Waffenfabrik ganz unmöglich machen.“
Und voller Zuversicht heißt es in der Zeitung weiter: „Die Waffenfabrik wird auch die Einrichtung der elektrischen Beleuchtung in Städten, Märkten und einzelnen Objekten zur Ausführung bringen und bei ihrem Weltruf solche Geschäfte in aller Herren Länder machen.“
Eine Woche später weilte Werndl mit einigen seiner Beamten in Nürnberg, um mit Schuckert das vor acht Tagen in Steyr verabredete Übereinkommen bezüglich des Baues von dynamoelektrischen Maschinen, System Schuckert, zum definitiven Abschluss zu bringen.
Der Alpen-Bote brachte am 25. Februar 1883 einen Auszug aus dem in Nürnberg erscheinenden „Fränkischen Kurier“, worin zum Ausdruck kam, dass es auch vom Ausland begrüßt wurde, dass die Waffenfabrik sich des neuen Zweiges angenommen hatte. Wörtlich hieß es:
„Herr Werndl hat es bekanntlich mit seiner riesigen Energie zur Anfang der siebziger Jahre fertiggebracht, neben zahlreichen Bestellungen für Österreich-Ungarn und anderen Ländern dem deutschen Reiche in der unglaublich kurzen Zeit von zweieinhalb Jahren 600.000 Gewehre zu liefern und dadurch unsere deutsche Wehrkraft möglichst zu sichern, wozu er allerdings eine Armee von mehr als 7000 Mann und die kolossalsten Einrichtungen aufbieten musste.
Es wird daher ihm und seinen Beamten gewiss auch gelingen, der Einführung des elektrischen Lichtes in Österreich-Ungarn und anderen Ländern in etwas rascherem Tempo Eingang zu verschaffen, als dies bisher der Fall ist, obgleich trotz der vielen Erfahrungen und des großen Fortschrittes in der Elektrotechnik noch manche Schwierigkeiten zu überwinden, namentlich aber noch viele Vorurteile zu besiegen sind …,“31)
Begrüßt wurde es vor allem deshalb, weil, wie bereits erwähnt, sich unzählige Aktiengesellschaften gebildet haben, die am neuen Zweig verdienen wollten, jedoch durch ihren Niedergang die Elektrizität in Verruf gebracht hatten.
Von der österreichischen Waffenfabrik wurde sogar eine Schule zur Heranbildung tüchtiger Elektrotechniker gegründet.
Vorbereitungen für die Wiener internationale Elektrische Ausstellung 1883
Das Hauptaugenmerk dürfte Werndl auf die Wiener Ausstellung gerichtet haben, wo die Waffenfabrik aus Prestige- und Reklamegründen stark hervortreten sollte; in den elektrischen Abteilungen wurde daher die Arbeit ungeheuer vorangetrieben. Werndl selbst studierte Pläne, machte Verbesserungsvorschläge, so an die Firma Fischer, Maschinenfabrik in Wiener Neustadt, die Turbinen lieferte.32)
Am 4. Juli 1883 fand zum ersten Mal eine Probebeleuchtung mit elektrischem Licht statt. Im Alpen-Boten vom 5. Juli 1883 heißt es:
„…und es wurden über den Dachgiebeln der im Bau begriffenen Villa-Werndl fünf Lampen, am Glasbau eine Lampe und am Turm in Engelsegg zwei Lampen aufgezogen, welche mit elektrischem Lichte gespeist wurden. Der Erfolg war ein ausgezeichneter und es hatte dieses Schauspiel eine riesige Menschenmenge angelockt.“33)
Die Wiener Internationale Elektrische Ausstellung
Am 16. August 1883 eröffnete Kronprinz Rudolf bei strömendem Regen die Internationale Elektrische Ausstellung in der Rotunde in Wien. Seine Rede gipfelte in den Worten: „Ein Meer von Licht strahlte aus dieser Stadt“.34) Tatsächlich übertraf die Ausstellung, was die Zahl der Lampen, die Lichtintensität betrifft, die Pariser Ausstellung bei weitem.
Das große Aufgebot von elektrischen Lichtern war aber nicht nur als Schaustück für Ausstellungen gedacht, sondern zeigte vielmehr, welche Bedeutung und Verbreitung das elektrische Licht im praktischen Leben bereits gefunden hatte. Damals glaubte man allgemein noch, dass die zukünftige Hauptaufgabe der Elektrizität die Erzeugung von Licht sein würde.
Alle Arten von elektrischem Licht waren demnach zu sehen. Von den Glühlicht- oder Incandescenzlampen waren die Edison-, die Swan-, die Lane-Fox- und die Maximlampen die bekanntesten. Von den Bogenlampen (Regulatoren) wurden in einem Bericht über die Internationale Elektrische Ausstellung in Wien die Lampen von Piette und Krizik durch besonderen einfachen Bau und besonderes exaktes Funktionieren hervorgehoben.35) Die Erzeugung dieser Lampen hat für Österreich die Waffenfabrik, für Deutschland Schuckert übernommen.
Vom Beitrag der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft zu dieser Ausstellung finden wir in der Zeitschrift für Elektrotechnik einen Kurzbericht.
„Die Installation von Werndl in Steyr enthält außer einigen Maschinen für Einzel-Teilungslicht und Vernickelung eine interessante Kraftübertragung. Ein kleiner Dynamo ist mit einer Compound-Maschine verbunden, die Leitung ist etwa 20 m lang und besteht aus 6 mm dickem Kupferdraht. Die Maschine hat etwa zwei Pferde-Effektivkraft und wird zum Betrieb einer Universal-Holzfräse und Kopiermaschine verwendet, die zum Aushöhlen von Schlosslagern in Gewehrschäften verwendet wird.
Wird die Maschine in Gang gesetzt, so lockt sie gewöhnlich einen dichten Haufen Zuschauer herbei. An der ganzen Installation können wir einzig die wahrhaft geschmacklos mit Incandescenz-Lampen angespickte Überschrift tadeln.“36)
Knapp vor Schluss der Ausstellung (3. November 1883) ließ Werndl in verschiedenen Blättern verlautbaren, dass Steyr im nächsten Jahr eine elektrische Ausstellung durchführen werde, um zu beweisen, dass elektrische Maschinen durch Wasserkraft nutzbringend in Bewegung gesetzt werden können.
Ein Brief an Oberst Hammer vom 21. November 1883 bestätigt diese Angaben. In ihm finden sich auch die Gründe angeführt, die Werndl zu diesem Vorhaben bewogen haben:
„…. Bezüglich der für das nächste Jahr praktizierten elektrischen Ausstellung in Steyr kann ich Ihnen mitteilen, dass der Anstoß hierzu von mir ausging. Da gerade jetzt in Folge des geringen Geschäftsganges in der Fabrik und der momentanen Arbeitsstockung mehr oder minder alle Gesellschaftsklassen hier arg betroffen sind und mit Bangen eine Besserung erwarten, so glaubte ich eben, durch die Inszenierung einer elektrischen und landwirtschaftlichen Ausstellung den Interessen aller zu entsprechen und meinen Mitbürgern durch den Zuzug von Fremden etc. einen Gewinn zu verschaffen und habe ich, um die Ausstellung zu fördern, oder richtiger gesagt, um sie zu ermöglichen, meine neue Villa, welche zu diesem Behufe ausgebaut wird, samt dem umliegenden Parke zur Verfügung gestellt.
Außer, dass sie den vorerwähnten Gründen zu dienen hat, verfolgt die elektrische Ausstellung, wie sie hier geplant ist, im Besonderen den Zweck, praktisch vor Augen zu führen, wie man durch Verwendung von Wasserkraft nicht nur eine ganze Stadt, sondern auch einzelne Lokale und kleinere Wohnräume auf billige Weise elektrisch beleuchten kann und soll auch die Kraftübertragung auf elektrischem Wege nach Tunlichkeit vordemonstriert werden.“37)
Dazu kam selbstverständlich noch der große Reklameeffekt.
Der Ankündigung Werndls wurde in Fachkreisen mit einiger Skepsis begegnet. Ing. J. Krämer, Dozent für Elektrotechnik in Wien, äußerte sich dazu in der Neuen Freien Presse: „Noch 1884 werden in Philadelphia, Turin und Steyr die neuesten Wunder der Elektrizität ausgestellt. In Steyr will man sich unterfangen, Elektrizität mittels Wasserkraft auf unverhältnismäßig billigere Weise als bisher zu erzeugen. Es gilt abzuwarten, ob sich diese Wünsche und Hoffnungen realisieren. Sicherlich handelt es sich um ein Projekt von ungeheurer wirtschaftlicher Bedeutung angesichts unserer großen heimischen Wasserkräfte.“38)
Die Ausstellung in Steyr hatte selbstverständlich nur dann eine Berechtigung, wenn sie als echte Fortsetzung der Wiener Ausstellung angesprochen werden konnte, das heißt, es musste etwas Neues geboten werden. Da auf der Wiener Ausstellung der Kraftübertragungssektor bescheiden ausgefallen war, hatte Steyr tatsächlich die große Gelegenheit, damit groß hervorzutreten, zumal der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund stand.
Die Vorbereitungen für die Steyrer Ausstellung 1884
In Steyr ging man mit Feuereifer ans Werk. Es wurden verschiedene Komitees geschaffen. Neben dem Zentralkomitee gab es noch Komitees für spezielle Aufgaben, z. B. das Finanz-, das Vergnügungs-, das Baukomitee u. a.
Anlässlich der Gründungsversammlung des zentralen Ausstellungskomitees am 26. November 1883 fasste Obmann Dr. Hochhauser, Verwaltungsrat der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft, die Situation zusammen:
„Es war die schöne und billige Betriebskraft der Steyr, welche die Bürger dieser Stadt immer wieder zu neuer Tätigkeit heranrief. Die Wasserkraft der Steyr ist es auch, welche der elektrischen Ausstellung ihre ungeheure Bedeutung geben wird. Die elektrische Ausstellung in Wien beschränkte sich auf die Verwendung der Dampfkraft als Antriebsmotor; die Dampfkraft bleibt immer kostspielig. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, dass die Einführung der elektrischen Beleuchtung so langsam vorwärtsschreitet, ja selbst in den Hauptstädten der Welt sich nur auf wenige Objekte beschränkt.
Eine allgemeine Verbreitung des herrlichen elektrischen Lichtes ist erst möglich, wenn billige Wasserkraft herangezogen wird. Die österreichischen Alpenländer sind reich an Bächen und Flüssen. Tausende von Pferdekräften verrinnen im Sande, Werte von Millionen werden nicht genützt.
Steyr — die erste elektrisch beleuchtete Stadt — wird zeigen, wie diese Kräfte auszuwerten sind und dieser Faktor scheint uns von so kolossaler Bedeutung, dass die Welt mit ihm rechnen muss. Ich sage nicht zu viel, wenn ich der Hoffnung Ausdruck gebe, dass wohl von Steyr aus dieses neue Licht Gegenstand des allgemeinen Gebrauches werden wird.“39)
In der Folge kam es zur Gründung einer „Elektrischen Ausrüstungsgesellschaft“, wobei sich die Waffenfabrik mit einer Million Gulden beteiligte, indem sie zehntausend Stück neue Aktien auflegte, welche die Länderbank zum Kurs von fl 150 übernahm.40)
Im Jänner wurden technische Vorstudien für den Bau einer elektrischen Bahn Steyr — Bad Hall gemacht, derentwegen ein Ingenieur der Firma Siemens & Halske in Steyr sich eingefunden hatte.41)
Werndl ging es vor allem um die Massenerzeugung von elektrischen Maschinen und Lampen durch die Waffenfabrik.
Als Vorbereitung auf die Ausstellung muss auch die unentgeltlich durchgeführte elektrische Beleuchtung des Linzer Volksfestes im September 1883 angesehen werden, die dort „in jeder Hinsicht“ ihre Bewährungsprobe bestanden hatte. Die Linzer Zeitung berichtet:
„Besonders bewährte sich während der Panik zur Zeit des Sturmes die elektrische Beleuchtung. Nachdem die Gasflammen erloschen waren, handelte es sich darum, die elektrischen Lampen um jeden Preis intakt zu halten. Und sowohl die Ingenieure als auch die Arbeiter erstiegen unerschrocken die Säulen, um die Kohlenstäbe auszuwechseln. Zahlreiche Verletzungen der hin- und hereilenden bestürzten Besucher sind so glücklich vermieden worden.“42)
Die Elektrische, Landes-, Industrie-, Forst- und Kulturhistorische Ausstellung zu Steyr 1884
a) Quellen
Die Hauptquellen zu diesem Kapitel befinden sich im Archiv bzw. in der Registraturabteilung der Stadt Steyr.
Neben den beiden Lokalblättern Alpen-Bote und Steyrer Zeitung muss nun die von beiden herausgegebene Steyrer Ausstellungszeitung angeführt werden, die vom 1. August bis 19. August ungefähr jeden zweiten Tag, von da an täglich erschien. In ihr wurde ausführlich über die Ausstellungsneuigkeiten berichtet.
Der Offizielle Katalog der elektrischen, Landes-, Industrie-, Forst- und kulturhistorischen Ausstellung zu Steyr in Oberösterreich gibt eine übersichtliche Zusammenstellung der einzelnen Abteilungen mit detaillierter Beschreibung derselben.
Der Faszikel Ausstellung beinhaltet in drei Mappen Zeichnungen und Pläne vom Ausstellungsgelände, Programme für die Feierlichkeiten während der Besuche der kaiserlichen Hoheiten, Plakate zur Ankündigung einzelner Veranstaltungen (zum Beispiel Vorführung dressierter Stiere u. a.) sowie unbedeutende Rechnungen von den einzelnen Komitees.
Vom Zentralkomitee wurde ein Fremdenführer für Steyr und Umgebung herausgegeben, in dem nicht nur die herrliche Lage der Stadt, sondern auch die von der Waffenfabrik erzeugten Gegenstände sowie die Waffenfabrik selbst beschrieben wurden.
Im Museum der Stadt Steyr kann man einen Elektrogenerator und zehn Stück Glühlampen (Kohlenfadenlampen) aus dem Jahre 1884 sowie Zeichnungen des Ausstellungsgeländes von F. Hölzlhuber besichtigen.
b) Höhepunkte zur Zeit der Ausstellung
Höhepunkte der Ausstellung waren zweifellos die Besuche des Kaisers und der übrigen Angehörigen der Kaiserfamilie.
Am Vormittag des 2. August wurde die Ausstellung von Erzherzog Carl Ludwig für eröffnet erklärt. Dieser hatte, wie es bei den hohen Gästen üblich war, die Nacht im Schloss des Grafen Lamberg verbracht.
Am Abend des Eröffnungstages wurden die kaiserlichen Hoheiten von Josef Werndl durch die beleuchteten Teile der Stadt geführt. Das Programm für den Aufenthalt des Erzherzogpaares (siehe Abbildung Seite 56) gibt einen Einblick in die Feierlichkeiten.43)
Interessant ist vielleicht, dass die Augenblicke der Inbetriebnahme der vielen Beleuchtungsanlagen in keinem der drei Blätter festgehalten wurden. Zum Vergleich ein Zitat aus J. M. Oliver:
„Als die kleine Stadt Wabash (Indiana) im Jahre 1880 ihre altmodische Gasbeleuchtung abschaffte und Brushs System der elektrischen Beleuchtung installierte, war der Einweihungsabend ein Festakt. Tausende von Menschen kamen, um Zeugen des Ereignisses zu werden. Einige waren sogar aus entfernten Städten gekommen. Die Menschen fielen auf die Knie, Stoßseufzer wurden beim Anblick ausgestoßen und viele waren starr vor Staunen.“44)
An der Menschenmenge hatte es in Steyr nicht gefehlt, doch lassen einige Hinweise die Vermutung aufkommen, dass an den ersten Abenden noch nicht alle Beleuchtungsanlagen funktioniert haben.
Für den 19. August 1884 wurde der Kaiser persönlich in Steyr erwartet. Schon Tage vorher „bereiteten“ die Steyrer Lokalblätter die Bevölkerung auf dieses Großereignis „vor“. Besonders die Steyrer Zeitung schwelgte in höchsten Tönen. In der am 17. August erschienenen Nummer heißt es gleich auf der Titelseite:
„Ein Gedanke ist es, der heute in aller Seele lebt, ein Gefühl ist’s, das alle Herzen bewegt, ein Wort ist es, das auf allen Lippen liegt: der Kaiser kommt. Was man anfangs kaum zu ahnen gewagt und, als es verkündet wurde, kaum hoffen zu dürfen geglaubt, es wird zur Wahrheit: der Kaiser kommt…“
„Wenn die nächste Nummer dieses Blattes in die Welt hinausgeht, so wird sie jubelnd verkünden: ,Wir haben den Kaiser gesehen, wir haben den Kaiser beherbergt.’ “45)
Im Lambergschen Schloss, in welchem seine Majestät die Nacht verbrachte, hatte seit Leopold I. (1680) kein Kaiser mehr geruht. Zahlreiche Kaiser hatten Steyr in der Zwischenzeit besucht: 1732 Karl VI., 1771 und 1776 Joseph II., 1819 Ferdinand als Kronprinz, 1821 Franz I., 1854 und 1880 Franz Joseph.
In der Nummer 15 vom 20. August gibt die ab sofort täglich erschienene Ausstellungszeitung in einem Artikel mit der Überschrift: der Kaiser ist gekommen, die Begeisterung der Steyrer Bevölkerung wieder:
„Sobald der Wagen Seiner Majestät in Sicht kam, donnerten die Böller und sämtliche Glocken der Stadt begannen ihr harmonisches Geläute; die nach Tausenden zählende Menge aber brach in enthusiastischen Hochrufen und Ovationen aus.“46)
Und die Steyrer Zeitung vermerkte am 21. August mit sichtlicher Befriedigung:
„…Auch die zahlreich anwesende Landbevölkerung hat das Glück gehabt, Seine Majestät zu sehen . . . Durch seine Milde und Freundlichkeit, durch die wahrhaft väterliche Güte, mit welcher er der Bürgerschaft von Steyr die allerhöchste Anerkennung für ihre Bestrebungen ausgedrückt hat, hat er sich ein unauslöschliches Denkmal in den Herzen der Steyrer errichtet.“47)
Ausführlich ließ sich Franz Joseph die maschinellen Einrichtungen der einzelnen Abteilungen erklären. In der Heindlmühle (=Objekt XII der Waffenfabrik) stieg er bis zur Turbine in den Wasserraum hinab. Sehr interessiert zeigte er sich bei einer von Werndl konstruierten Bohr- und Schrämmaschine, welche von einem Dynamo angetrieben in einen 2000 Kilo Braunkohlenblock48) in ca. 20 sec. ein 1300 mm tiefes und 60 mm weites Loch vorantrieb.
Werndl kannte der Kaiser ja von den Vorsprachen, als es um die Annahme des „Werndl-Holubschen Hinterladers“ bzw. später um Erhalt von Lieferungsaufträgen gegangen war; mit ihm war er auch auf der Wiener Internationalen Elektrischen Ausstellung und auf dem Linzer Volksfest zusammengekommen. Die Zusammenkunft mit Werndl in dessen Heimatstadt bedeutete für diesen eine der größten Auszeichnungen seines Lebens.
Am 19. September 1884 gab es ähnliche Feierlichkeiten anlässlich des Besuches des Kronprinzen Rudolf mit Kronprinzessin Stephanie. Mit Wohlwollen stellte Kronprinz Rudolf, als er hörte, dass alles hier in Steyr erzeugt wurde, fest:
„Das ist schön; wir müssen uns in unseren Erzeugnissen vom Ausland ganz freimachen.“49)
Knapp vor Ende der Ausstellung schließlich beehrten Erzherzog Rainer und Erzherzogin Maria Carolina die Stadt Steyr mit ihrem Besuch.
c) Organisatorische und technische Details
Werndl war zwar der Urheber der Ausstellung (siehe Seite 51); er war aber am Arrangement nicht beteiligt, stellte jedoch die ihm verfügbaren Wasserkräfte und Beleuchtungsgegenstände bei.50)
Für das Arrangement war das Zentralkomitee mit Obmann Dr. Hochhauser an der Spitze, unterstützt von den verschiedenen Spezialkomitees, verantwortlich.
Die Ausstellung wurde entsprechend ihres Titels in eine elektrische Abteilung, in eine Abteilung für Landes-Industrie, in eine forstwirtschaftliche und endlich in eine kulturhistorische Abteilung unterteilt.
Die elektrische Abteilung war natürlich am bedeutendsten. Sie umfasste von den elektrischen Maschinen bis zur Bibliographie alles, was es auf dem Elektrizitätssektor gegeben hat.
Hauptaussteller war die österreichische Waffenfabriksgesellschaft. Sie besorgte a) die gesamte Beleuchtung des Ausstellungs-Hauptgebäudes durch 420 Glühlampen (darunter 250 in Beleuchtungskörpern von Hess, Wolf & Co.); den erforderlichen Strom lieferten Dynamomaschinen (eigenes Erzeugnis), welche im Objekt 2 (= Objekt IX der Waffenfabrik) durch Wasser- oder Dampfkraft betrieben wurden, b) Die gesamte Beleuchtung des äußeren Ausstellungs-Hauptgebäudes, des Ausstellungsplatzes nebst Zufahrtstraßen und Umgebung, des Palmenhauses, des Stadtplatzes, der Bahnhofstraße, der Ennsbrücke nebst Ortskai, des linken Steyr-Ufers mit dem Aichet und Eysnfeld, der Schwimmschule und Werndls Fischereianlagen durch ca. 210 Bogenlampen, welche den Strom aus den verschiedenen Objekten der Waffenfabrik erhielten. Die Motoren für diese Dynamomaschinen waren teils Wasser- teils Dampfmotoren. In der Enge und in der Pfarrgasse ließ Werndl zur Demonstration des Unterschiedes absichtlich die Gasbeleuchtung intakt.
Von den Objekten der Waffenfabrik waren für die elektrische Abteilung im Laufe der Zeit die Objekte III (Jochermühle), VIII (alte Schießstätte), das rückwärts von Objekt IX gelegene Maschinengebäude und Objekt XII (Heindlmühle) eingerichtet worden.
Diese Objekte hatten während der Ausstellung eine eigene Nummernbezeichnung51):
Objekt 1 der elektrischen Abteilung = Objekt XII
Es diente der elektrischen Kraftübertragung. Jede elektrische Kraftübertragung erforderte eine Reihe von Maschinen:
- die Kraftmaschine oder der Motor = entweder Dampfmaschine oder Turbine (Wasserkraftmaschine).
- die primäre Dynamomaschine von der Kraftmaschine wurde die Bewegung auf eine Dynamomaschine übertragen, durch welche mechanische Arbeit in Elektrizität umgewandelt wurde.
- die sekundäre Dynamomaschine von der Primärmaschine wurden die elektrischen Ströme durch Drähte zu einer zweiten geleitet.
Im Objekt 1 war die Turbine (wie es damals üblich war) mit zwei primären Dynamomaschinen gekoppelt, die 800 — 900 Touren pro Minute machten bei 450 Volt und 8 Ampere. Das ergab zusammen ca. 14 PS. Davon langte etwa die Hälfte effektiv in der ca. 1300 m entfernten Halle für die Kraftübertragung am Ausstellungsplatze an. Der Verlust war also ca. 50 %.
Objekt 2 der elektr. Abteilung = Objekt IX d. WF.
Es veranschaulichte die verschiedenen Beleuchtungsarten in der Weise, dass ein Trakt mit 32 Bogenlampen, ein zweiter mit ca. 80 großen Glühlichtern, endlich ein dritter mit Gas erleuchtet war. Der für den Betrieb erforderliche Strom wurde zum Teil durch Wasserräder, zum Teil durch Dampfmotoren erzeugt.
Objekt 3 der elektr. Abteilung = Objekt VIII d. WF.
Die elektrotechnische Abteilung der Waffenfabrik stand unter Leitung des Herrn Oberleutnant Strachowsky. Hier wurden Dynamomaschinen, Bogenlampen und Messinstrumente erzeugt sowie alle einschlägigen Mess- und Prüfoperationen vorgenommen.
Der in diesen Objekten erzeugte Strom wurde durch 3 mm starke Kupferdrahtleitungen über ca. 1000 m zur Zentralstelle (Kraftübertragungshalle am Ausstellungsplatz) geführt. Hier war in jedem der 16 Stromkreise ein Mess-, ein Regulier- und ein Signalsystem eingeschaltet. Erst von dieser Kontroll- und Sicherungsstelle wurden alle Lichter mit Strom versorgt.
Aus einem der Inserate, die Werndl in den Zeitungen und Broschüren veröffentlichen ließ, geht hervor, dass die Steyrer Waffenfabrik damals alles lieferte, was zur Errichtung einer elektrischen Anlage notwendig war.
Bei den Bogenlampen standen zwei Systeme in Verwendung: System Krizik und System Klostermann. Am Ausstellungsgelände waren alle 18 m hohe Holzmasten aufgestellt, versehen mit Bogenlampen von je 1100 Kerzenstärken (vergleiche Abbildung Seite 61).
Die gesamte Lichtintensität soll in Steyr 500.000 Normalkerzen betragen haben. Das war mehr als auf der ersten Internationalen Elektrischen Ausstellung in Paris 1881, jedoch weniger als bei der ein Jahr zuvor abgehaltenen Ausstellung in Wien. Der Rang, der Steyr innerhalb der elektrischen Ausstellung zukommt, dürfte aus den Vergleichszahlen52) von Bogen- und Glühlampen hervorgehen. Es waren an Bogenlampen in Paris 514, in Wien 480 und in Steyr 210 vorhanden. Glühlichter gab es in Paris 915, in Wien 3.400 und in Steyr 420.
Die Glühlampenerzeugung wurde dem Prager Physiker Dr. Johann Puluj übertragen, der sich auf diesem Gebiet bereits Verdienste erworben hatte. Es wurden Kohlenfadenlampen von 90 und 45 Volt erzeugt. Der Kohlenfaden einer 90 Volt Lampe (vergleiche Abbildung Seite 63) war 190 cm lang und hatte im kalten Zustande einen Widerstand von 214 Ohm. Die Lampe gab bei einer Stromstärke von 0,53 Ampere eine Leuchtkraft von 20 Normalkerzen. Mit einer elektrischen Pferdekraft konnte man somit ungefähr 15 solche Lampen speisen. Bei schöner Weißglut erreichte die Puluj-Lampe eine durchschnittliche Brenndauer von 1.000 Stunden.53)
Kaum gewürdigt wurden von der Fachwelt die telegraphischen bzw. telefonischen Anlagen. Es waren die Orte der Stromerzeugung mit jenen der Beleuchtung und Kraftübertragung telefonisch verbunden, überdies hatte J. Berliner aus Hannover eine telefonische Musikübertragung eingerichtet. Es genügte aber doch, um die Bevölkerung in Staunen zu versetzen.
Schließlich sei noch die Vorführung der Sedlaczek’schen Sonnenlampe erwähnt, die auf einer Lokomotive montiert war und die Bahnstrecke auf nahezu 500 m „taghell“ erleuchtete.54)
Auch die kultur-historische Ausstellung erregte das Interesse aller. Hier fand man vorgeschichtliche und römische Altertümer, Urkunden, Münzen, Medaillen, Waffen, Wappen, Trachten und ähnliches.
Anzuführen wären: Merowinger Schwert, Stadtrichterschwert, Originalausgabe des Theuerdank mit Albrecht Dürers Holzschnitten sowie die älteste Urkunde des Stadtarchivs, nämlich das „Große Privilegium“ Albrecht I. aus dem Jahre 1287 (Verleihung des Stadtrechtes).
d) Praktische Bedeutung der Steyrer Ausstellung
Die Bedeutung der Weltausstellungen im 18. und 19. Jahrhundert untersuchte W. Schmidt, in einem Aufsatz und meint:
„Will man das Fortschreiten der Technik im entscheidenden 19. Jahrhundert ganz begreifen, so darf man an den Wechselwirkungen zwischen Ausstellung und technischer Entwicklung nicht vorübergehen. Die frühen Ausstellungen hatten vor allem das Ziel, Anregungen zu geben und anzuspornen, indem vorbildliche Arbeiten als Beispiel für den Gewerbefleiß gezeigt wurden.“55)
Diese Funktion der Weltausstellung als Dokumentation des technischen Fortschrittes übernahmen im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts zunehmend Spezialveranstaltungen. Auf dem Gebiet der Elektrizität wurde die erste solche Veranstaltung 1881 in Paris abgehalten. Es folgten: 1882 München, 1883 Wien und 1884 Steyr, Turin und Philadelphia.
Fassen wir die Bedeutung der Steyrer Ausstellung zusammen:
(1) wirkte sie direkt auf die Weiterentwicklung der Technik durch unmittelbare Anschauung, durch Vergleich, durch direkte Belehrung oder durch das Gespräch unter Fachleuten (selbstverständlich waren die führenden Kapazitäten dieses Sektors in Steyr). Die Folge waren oft neu oder verbesserte Konstruktionen oder Verfahren.
(2) wirkte sie indirekt auf die Weiterentwicklung der Technik, indem die Besucher angeregt wurden, die neuen Maschinen und technischen Vorrichtungen anzuwenden. Bei vielen musste erst das Interesse für technische Fragen geweckt werden. Es war Aufgabe, diese Leute in die Geheimnisse der Elektrizität einzuweihen. Dies geschah durch Publikationen, Vorträge und Diskussionen.
Der Festkalender der Ausstellung56) zeigt eine Anzahl von Vorträgen, die von Experten gehalten wurden. Diese Vorträge hatten etwa die Form und das Niveau des heutigen Physikunterrichtes an einer Hauptschule oder Unterstufe eines Gymnasiums.
Oft wurden sehr primitive Beispiele gegeben. Ein Auszug aus einem Vortrag über Induktion, populär dargestellt von E. Hromoda, soll dies verdeutlichen:
„… Ich gehe nun auf ein drastisches Beispiel aus dem Leben über; stellen wir uns eine recht rohe und verdorbene Gesellschaft vor, betrachten wir dieselbe als einen Strom. In die Nähe eines solchen Stromes kommt ein mit Herz und Geist begabter Mensch. Er wird nun all die Verworfenheit und Schlechtigkeit jener Leute kennen lernen, sie werden ihm von Moment zu Moment an elender Vorkommen. Mit dem größten Ekel wendet er sich nun von ihnen ab; er wird bestrebt sein, sich so weit als möglich von dieser schlechten Richtung des Hauptstromes fernzuhalten; mit größter Vorsicht wird er dem Entgegengesetzten, dem Edlen und Guten nachstreben. Sein Leben können wir nun als einen Sekundärstrom betrachten . . .“57)
Wieviel Misstrauen dieser neuen technischen Errungenschaft entgegengebracht wurde, zeigt eine Notiz über die telegraphischen Einrichtungen in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 1. September 1884:
„Das oberösterreichische Landvolk, welches an Sonntagen massenhaft zu den Wundern nach Steyr wallfahrtet und den Erklärungen der Aufseher ungläubig zuhört, sieht in dem Telefon wohl noch immer entweder einen schändlichen Betrug oder das reinste Werk des Teufels.“58)
Ergänzend sei noch angeführt, dass sich die Kirche damals gegen das Emporkommen der Elektrizität stellte. Als konservative Institution sah sie darin einen Eingriff in die natürliche Abfolge von Tag und Nacht.
Eine weite Verbreitung der Elektrizität war erst nach Überwindung aller dieser Vorurteile möglich.
(3) brachte die Ausstellung schließlich in wirtschaftlicher Hinsicht sowohl der Waffenfabriks-AG. als auch der Stadt Steyr Vorteile. Die Vorteile, die eine große Ausstellung der veranstaltenden Stadt bringt, brauchen nicht extra erwähnt werden. Die eigentliche Bedeutung für die Waffenfabrik ergibt sich aus dem auf S. 38 Gesagten: Die Aufnahme einer zusätzlichen Fabrikation garantierte kontinuierliche Vollbeschäftigung, und die neuen Produkte müssen weithin bekannt werden.
e) Würdigung und Stellung in der Technikgeschichte
Die Steyrer Ausstellung wurde in in- und ausländischen Blättern gewürdigt. Es wurde besonders hervorgehoben, dass die Waffenfabrik mit ihrem großen Namen dieses jungen Zweiges sich angenommen hatte und daher — wie bereits auf S. 48 erwähnt — den durch die verschiedenen Gesellschaftsgründungen ramponierten Ruf der Elektrizität wieder aufpolierte.
Im Heft 19 der Zeitschrift für Elektrotechnik heißt es:
„Um wieder seine großen Fabriksanlagen sowie die in solchem Maße selten vorhandene Wasserkraft benützen zu können, beschloss Werndl, sich auf die Erzeugung von elektrischen Maschinen und Objekten zu verlegen. Von vielen Seiten wurde dies mit Freude begrüßt. Die Elektrizität nämlich, die anfangs so allgemeine Sympathien gewann, büßte dadurch, dass viele Faiseurs ohne die nötigen Kenntnisse und Geldmittel sich durch Gründung von Aktiengesellschaften und Ausbeutung oft zweifelhafter Erfindungen rasch bereichern wollten und mehr versprachen, als sie halten konnten, im großen Publikum viel von ihrem Ansehen ein.59)
Der Alpen-Bote brachte am 1. November 1884 den Abdruck eines Artikels mit dem Titel „Die Verwendung der Wasserkraft zur Elektrizitätserzeugung“ von Ing. Krämer, Dozent für Elektrotechnik in Wien. Darin heißt es unter anderem:
„Ich habe schon früher hervorgehoben, dass die Steyrer Ausstellung nur dann eine Berechtigung hat, wenn bei derselben — wie Herr Werndl versprochen hat — das Problem der Wasserkraftausnutzung gelöst oder doch der Lösung nähergebracht wird. Ich habe ferner im selben Artikel meinen Zweifel an der Erreichung dieser Lösung in Steyr Ausdruck gegeben, indem ich betonte, dass es den Franzosen mit ihren so sehr passenden Einrichtungen und mit ihrer regen Intelligenz, den Engländern mit ihren reichen Mitteln und Erfahrungen trotz angestrengter jahrelanger Arbeit nicht gelungen ist, verwendbare Elektrizität mittels Wasserkraft zu erzeugen. Nun, nachdem ich in letzter Stunde Gelegenheit fand, die vortrefflichen Beleuchtungsanlagen in Steyr eingehend zu studieren, beglückwünsche ich Herrn Werndl zu seinem Erfolg und konstatiere gerne, dass die allerdings reichen Wasserkräfte in Steyr durch die Energie und das Talent des Herrn Werndl und seiner glücklich ausgewählten Organe derart bezwungen sind, dass sie sich willig und andauernd zu regelmäßiger und konstanter Arbeit in ein praktisch ausgeführtes Joch fügen. Eine durch die Steyr betriebene Turbine bietet per Minute 30 Umdrehungen, diese werden durch passende Übersetzungen derart multipliziert, dass schließlich jene Hunderte von Rotationstouren an den Dynamo-Armaturen erzielt werden, die nötig sind, um brauchbare und konstante Elektrizität zu liefern. Rotationen erzielte man früher wohl auch durch Turbinen, aber jene peinliche Regelmäßigkeit, die zum Betriebe von Dynamo-Maschinen nötig ist, die erzielte man in so großem Maße wohl zuerst in Steyr, und das ist der Erfolg der Steyrer Ausstellung, ein Erfolg, der selbst von Fachleuten gar nicht genug gewürdigt wurde.“60)
Mit dem Satz „Rotationen erzielte man früher wohl auch durch Turbinen, aber…“ meinte Dozent Krämer vermutlich jene wenigen, vereinzelt bestehenden Anlagen, zur Gewinnung von Elektrizität aus Wasserkraft, denen die „peinliche Regelmäßigkeit“ noch fehlte, weil ihnen im Gegensatz zu Steyr noch nicht genügend präzise arbeitende Reguliervorrichtungen zur Verfügung standen.
Nach Reindl, Entwicklung der Wasserkraftnutzung,61) geht die Heranziehung des Wassers zur Erzeugung elektrischer Energie auf das Jahr 1876 zurück, wo beim königlichen Schloss Linderhof in Oberbayern eine Gleichstrombeleuchtungsanlage zur Effektbeleuchtung der berühmten Grotte und des maurischen Kiosks errichtet worden war.
In der Schweiz scheint Joh. Badruff 1879 Erfolge erzielt zu haben, als er sein Kulm-Hotel in St. Moritz mittels aus Wasserkraft gewonnenem Strom beleuchtete.
In England (Cragside) wurde 1882 ein Siemens Gleichstromdynamo für 90 Volt aufgestellt, welcher von einer 8 PS Turbine für 9 m Fallhöhe mittels Riemen angetrieben wurde. Die gewonnene Elektrizität leitete man mit Hilfe von blanken Kupferdrähten, die auf Porzellanisolatoren befestigt waren, in eine etwa 1500 m weit entfernte Werkstätte zum Antrieb von Maschinen.62)
Am 19. März 1877 berichtete die Nürnberger Stadtzeitung von Versuchen Schuckerts, in welchen er eine dynamo-elektrische Maschine durch Wasserkraft in Bewegung setzte. Am 7. Juni 1882 war Nürnberg dauernd beleuchtet, wenn auch anfangs nur durch drei Schuckertbogenlampen von 8 A. Eine Haagsche Turbine lieferte den dazu nötigen Strom.63)
Die bekannte Firma Ganz & Comp., Budapest, hatte einige Mühlen mit Turbinen für den Antrieb von Dynamomaschinen ausgestattet. Die Zeitschrift für Elektrotechnik berichtet von der Mühle eines Herrn Brunner in Krumau, nahe Berlin, welche überdies mit 54 Glühlampen versehen gewesen sein soll: „Der Antrieb der Dynamomaschine geschieht von der Transmission des Mühlenwerkes, welches von Turbinen betrieben wird. Um den ungleichmäßigen Gang, welcher bei Wassermotoren unvermeidlich ist, auszugleichen, und für die Beleuchtung unschädlich zu machen, ist ein eigentümlicher, sehr einfacher automatischer Regulator der Stromspannung angebracht worden.“64)
Wie in Steyr die nötige Regelmäßigkeit der Umdrehungen erzielt wurde, ist nicht genau bekannt. Die Waffenfabrik, die die ersten Turbinen von der Maschinenfabrik der Gebr. Fischer in Wr. Neustadt bezog, stellte jedenfalls nach der Ausstellung selbst komplette Wasserkraftanlagen her. Schon 1885 wurde eine davon an die Kleinmünchner Baumwollspinnerei (bei Linz) geliefert, wo sie nach Lettenmair noch 1959 einwandfrei in Betrieb war.65)
Neben der Verwendung von Wasserkraft zur Gewinnung elektrischer Energie und der Tatsache, dass etwa die Hälfte der Stadt elektrisch beleuchtet war, gab es nicht viel Neues zu sehen, da auf dem elektrischen Sektor fast nur die Waffenfabrik ausgestellt hatte, übereinstimmend wurde jedoch die herrliche Lage der Stadt mit ihrer Umgebung hervorgehoben, die so manchen Besucher, der seine Erwartungen zu hochgeschraubt hatte, wieder entschädigte. So auch Ing. Krämer:
„Durch geschickte Ausnutzung günstiger Umstände, insbesondere jedoch durch eine weitgehende Inanspruchnahme der Presse, wurde diese Ausstellung zu einer derartigen Bedeutung emporgeschraubt, dass der ankommende Besucher Erwartungen mitbrachte, die nicht selten empfindlich getäuscht wurden, wobei die Bitterkeit der Enttäuschung allerdings durch die geradezu prächtige Lage der Stadt und deren liebreizende Umgebung so gemildert wurde, dass ein unangenehmes Gefühl nicht leicht aufkommen konnte.“66)
Die vielfach verbreitete Aussage, Steyr sei die erste beleuchtete Stadt Europas gewesen bzw. habe das erste elektrische Kraftwerk der Welt besessen, muss nach dem Gesagten etwa so präzisiert werden: Steyr war die erste größere Stadt, die durch teilweise Ausnutzung von Wasserkraft verschiedene Stadtteile elektrisch beleuchtet hatte. Und noch eine kleine Einschränkung muss angefügt werden. Bald nach Ende der Ausstellung wurden die Beleuchtungskörper wieder abmontiert. Die elektrische Beleuchtung war also nur eine vorübergehende.
Am 30. September 1884 war die Ausstellung zu Ende. Die Ausstellungszeitung verkündete auf S. 1: „Perfectum et consumatum est.“
Laut Werndl hatten 200.000 Menschen die damals etwa über 10.000 Einwohner zählende Stadt besucht.67) Eine Zahl, die mir etwas zu hoch erscheint. Es dürften eher 200.000 Eintrittskarten gewesen sein. Dies würde, wenn jeder durchschnittlich drei Eintrittskarten gelöst hatte, mit der Aussage des Herrn Hoffmann, Mitglied des Elektrotechnischen Vereines in Wien, übereinstimmen, der in einem Bericht über „Die Ausstellung in Steyr“ angibt, dass in den ersten drei Wochen gegen 70.000 Einzelkarten (= ca. 20.000 Personen) verkauft worden seien.68)
Leider sind keine brauchbaren finanziellen Unterlagen zur Ausstellung vorhanden.
Das Auslaufen des elektrischen Zweiges
Sowohl die Ausstellung als auch der Ruf der österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft gaben hinreichend Gewähr dafür, dass der industrielle Absatz elektrischer Artikel nicht ausbleiben konnte. Dennoch konnten sich die Aktionäre der Waffenfabriks-Gesellschaft nicht entschließen, den neuen Industriezweig auszubauen, obwohl Werndl im Oktober 1884 nochmals eine Anzahl von Arbeitern entlassen musste. Die geplante „Elektrische Gesellschaft“ wurde nicht gegründet. Vermutlich war es noch nicht möglich, die elektrischen Artikel in Serie wirtschaftlich herzustellen.
Schon im Bericht zur 15. ordentlichen Generalversammlung der österreichischen Waffenfabriks-Aktiengesellschaft, die am 29. November 1884 abgehalten wurde, heißt es:
„Wir haben die Wasserkräfte für die elektrische Beleuchtung mit Vorteil angewandt und haben dadurch Bedenken behoben, welche gegen die Verwendung der Wasserkraft bisher im Umlauf waren. Aus den bisher durchgeführten Einrichtungen sind wir zur Überzeugung gelangt, dass wegen der manchen Veränderungen, denen dieser junge Industriezweig noch unterworfen ist, die Rentabilität eines eigenen Aktienunternehmens nicht mit Sicherheit angenommen werden kann. Aus diesem Grunde mussten wir vorläufig von der Gründung einer selbständigen Elektrischen Installationsgesellschaft Abstand nehmen und werden diesen Industriezweig mit unseren eigenen Mitteln entwickeln.“69)
Im 17. und 18. Geschäftsbericht (aus den Jahren 1886 und 1887) der Waffenfabriks-Aktiengesellschaft lesen wir jeweils über die elektrischen Abteilung: „In diesem Gebiete unserer Tätigkeit beschränken wir uns auf die Ausführung eingelangter Bestellungen, weil dieser Zweig der Erfindungen noch lange nicht abgeschlossen ist und bei den großen Umwandlungen, welchen derselbe unterliegt, keine Massen-Erzeugung gestattet.“70) Die Aktionäre wollten zunächst kein Risiko eingehen, zumal die Einführung des Repetiergewehres in der österreichisch-ungarischen Armee zu erwarten war. 1886 war es soweit. So schnell wie möglich hatte die österreichische Waffenfabrik 148.000 Stück dieses neuartigen Gewehres zu liefern. Alles musste in den Dienst der neuen Sache treten. Der elektrischen Abteilung mangelte es ab nun an Räumlichkeiten, Arbeitskräften und Geld.
Als sich bei der Gewehrlieferung Schwierigkeiten ergaben (die auferlegten Liefertermine konnten nicht eingehalten werden), wurde Werndl dafür verantwortlich gemacht und musste schwere Vorwürfe einstecken. Es ist verständlich, dass seine Wünsche bezüglich der elektrischen Abteilung nun auf taube Ohren stießen.
Im 20. Geschäftsbericht der Waffenfabriks-Aktiengesellschaft (aus dem Jahre 1889) heißt es: „Unsere elektrische Abteilung haben wir ausschließlich auf den Fabriksbedarf eingeschränkt, weil wir die sämtlichen Räume zur Bewältigung unserer Gewehrlieferungen benötigen und uns kein Platz mehr für einen größeren Betrieb dieses Fabrikationszweiges bleibt.“71)
Immerhin lieferte Steyr bis 1889 neben einigen Wasserkraftanlagen noch 170 Dynamomaschinen, ca. 2000 Bogenlampen und etwa 92.000 Glühlampen. Ebenso eine große Anzahl von elektrischen Apparaten.
Der Aufsichtsrat der Waffenfabriks-Aktiengesellschaft verfolgte nur rasch greifbare Gewinnmöglichkeiten. Kurzsichtigkeit verbaute den Weg zu kontinuierlichen Erfolgen. Vielleicht wäre es zu einer Verbindung Werndl – Schuckert, zu einem Werk von Weltbedeutung, gekommen. Die Vorbedingungen wären gegeben gewesen.
Den endgültigen Todesstoß versetzte dem elektrischen Unternehmen das plötzliche Ableben Werndls am 29. April 1889. Im Geschäftsbericht des nächsten Jahres wurde die elektrische Abteilung gar nicht mehr erwähnt.
Anmerkungen
- Lettenmair, 1, S. 1.
- Matschoß, S. 2.
- Nach diesem Prinzip kann sich ein Gleichstromgenerator infolge eines remanenten Magnetismus selbst erregen.
- Die Streitfrage, ob Gleichstrom oder Wechselstrom besser sei, die dann unter anderem zwischen Siemens-Halske und Schuckert ausgefochten wurde, wurde endgültig 1893 auf der Chicagoer Weltausstellung zu Gunsten des Wechselstromes entschieden (Zischka, S. 171 ff.).
- Arnold, S. 51.
- Nach der Schaltung unterscheidet man bei den Bogenlampen Hauptstrom-, Nebenstrom- und Differential-Bogenlampe. Letztere vereinigt die Eigenschaften der beiden anderen, d. h., durch sie wird sowohl die Stromstärke als auch Spannung konstant gehalten.
- Siemens stellte dort auch die erste brauchbare elektrische Bahn der Welt vor.
- Sequenz, OHZ 19/8/21.
- Arnold, S. 52.
- Th. Groß, Zeittafel zur Entwicklung der Elektrizitätsversorgung; in: Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie 27 (1936) S. 126 – 138.
- Matschoß, S. 4.
- Groß, S. 126.
- Unter Kraftübertragung ist hier die Übertragung von elektrischer Energie zu verstehen. Der Energieverlust betrug also 74% (Zahlen differieren). Heute werden für Energieübertragung wesentlich höhere Spannungen verwendet und dadurch die Verluste wesentlich geringer gehalten (unter 10%).
- Zum Vergleich die Leistung von Ybbs-Persenbeug: 200.000 KW.
- Groß, S. 127.
- Wohl waren zunächst die Kosten des Strompreises für den Verbraucher noch höher als die des Gaspreises, doch wurde schon vom ersten öffentlichen Elektrizitätswerk Europas, Mailand 1883, versucht, den Grundpreistarif wettbewerbsfähig mit dem Gaspreis zu gestalten.
- Die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin gibt ein Gemälde von Prof. Saltzmann wieder. Er stellte (1884) besonders gut die tiefe Schattenwirkung, die farbigen Lichter und die kreidigen Gesichter der beleuchteten Personen — eine längst überwundene Kinderkrankheit der elektrischen Beleuchtung — dar (abgebildet bei Antz, S. 178).
- Alpen-Bote (in Hinkunft zitiert A. B.) 1882, Nr. 18, S. 3.
- Schloss Trautenfels, Besitz der Grafen Lamberg in der Steiermark.
- Kopierbuch (in Hinkunft abgekürzt Kb.) 454/6 (Brief) Nr. 649.
- 454/6 Nr. 729 (vom 19. Nov. 1882).
- B. 1882, Nr. 48, S. 2.
- B. 1882, Nr. 96, S. 3.
- In folgenden Objekten wurde eine elektrische Abteilung eingerichtet: III, VIII, IX und XII. Die Objekte VIII und XII blieben auch, als die Erzeugung auf den Eigenbedarf eingeschränkt wurde, die Objekte der elektrischen Abteilung.
- 454/6 Nr. 787.
- B. 1883, Nr. 10, S. 3.
- 454/6 Nr. 887 (vom 5. Februar 1883).
- 454/6 Nr. 917 (an Rudolf Scherz, Wien).
- B. 1883, Nr. 12, S. 3.
- B. 1883, Nr. 16, S. 3.
- 454/7 Nr. 32 und 39.
- B. 1883, Nr. 53, S. 4.
- Lettenmair, 2, S. 1.
- Klein, S. 397 ff.
- Zeitschrift für Elektrotechnik, Jg. 1 (1583), S. 166.
- 454/7 Nr. 360.
- Zitiert nach Lettenmair, 3, S. 2.
- Lettenmair, 3, S. 3.
- Das Aktienkapital der Waffenfabrik betrug damals 3 Mill. fl in 30.000 Aktien zu 100 fl (vgl. Kb. 454/7 Nr. 394).
- B. 1884, Nr. 4, S. 3 — Es wurde damals diese Bahn noch nicht gebaut.
- Zitiert in A. B. 1883, Nr. 72, S. 3.
- Nach einem Original aus dem Faszikel Ausstellung 1884, II.
- 44) Oliver, S. 352.
- Steyrer Zeitung (in Hinkunft zitiert St. Z.) 1884, Nr. 66, S. 1.
- Steyrer Ausstellungszeitung (in Hinkunft abgekürzt St. A. Z.) 1884, Nr. 15, S. 1.
- Z. 1884, Nr. 67, S. 1.
- Der Block stammte aus dem Wolfsegger Kohlenrevier, das zum Besitz Werndls gehörte. Dort hatte er sich stets um Rationalisierung der Arbeitsmethoden bemüht.
- A. Z. 1884, Nr. 40, S. 2.
- 454/7 Nr. 649 (vom 5. Juni 1884; an Ludw. Lehmann)
- Nach Offiz. Kat. d. Elektr., Landes-, Ind.-, Forst- und kulturhist. Ausst., S. 3 ff.
- Klein, S. 385.
- Widmann, S. 116 — 117.
- A. Z. 1884 Nr. 26 S. 2.
- Schmidt, S. 177.
- Faszikel III; St. A. Z. 1884 Nr. 2 S. 6 u. 7.
- A. Z. 1884 Nr. 11 S. 2.
- Allgem. Ztg. 1884 Nr. 1621, abgedruckt in: A. B. 1884 Nr. 72 S. 4; vgl. auch S. 63 Mitte.
- f. Elektrotechnik II (1884) Heft 19, S. 604.
- B. 1884 Nr. 88 S. 3.
- Reindl, Die Entwicklung der Wasserkraftnutzung und der Wasserkraftmaschinen; in: Wasserkraftjahrbuch 1924 (München 1924) S. 1 —32.
- Lettenmair, 4, S. 2.
- Cohen, S. 14 f.
- für Elektrotechnik II (1884) Heft 13 S. 415.
- Lettenmair, 5, S. 2. Leider bekam ich von Herrn Voggeneder von der Kleinmünchner Baumwollspinnerei trotz wiederholter Vorsprachen keine Erlaubnis, mich bezüglich Kontroll- und Vergleichszwecken genauer zu informieren.
- B. 1884 Nr. 88 S. 3. %
- 454/7 Nr. 829 (vom 16. Okt. 1884; an Boteano).
- f. Elektrotechnik II (1884) Heft 19, S. 604.
- B. 1884 Nr. 97 S. 4.
- B. 1886 Nr. 100 S. 3 und 1887 Nr. 103 S. 4.
- B. 1889 Nr. 99 S. 2.
Quellen und Literatur
Da diese Arbeit (verfasst 1970) einen Teil meiner Dissertation (Steyrs Beitrag zur europäischen Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts) bildet, sind die Quellen- und Literaturangaben auf das eigentliche Thema der Elektrizität beschränkt. Für das erste, überleitende Kapitel „Josef Werndl“ verweise ich daher auf die im Literaturverzeichnis angeführten Werke zur Geschichte der Stadt Steyr bzw. der Steyr-Daimler-Puch A. G., die biographische Angaben zu Werndl enthalten.
Schriftliche Quellen:
- Kopierbücher, Archiv der Stadt Steyr, Nr. 454/6 und 454/7 — das sind die in der Waffenfabrik verbliebenen Abschriften der abgegangenen, meist von Josef Werndl persönlich Unterzeichneten Briefe. Die Bände sechs und sieben enthalten ca. 2000 Briefe für die Zeit vom 4. März 1881 bis 9. Februar 1885.
- Ratsprotokolle, Archiv der Stadt Steyr Nr. 382 — 389
- Faszikel Ausstellung, 1884 I — III, Registratur beim Magistrat Steyr
- Offizieller Katalog der elektrischen Landes-, Industrie-, Forst- und kulturhistorischen Ausstellung zu Steyr in Oberösterreich (Steyr 1884)
- Alpen-Bote, Jahrgang 26 — 32 (1880 — 86) — liberales Lokalblatt der Stadt Steyr, gegründet 1855
- Steyrer Zeitung, Jahrgang 5 — 11 (1880 — 1886) — zweites Lokalblatt von Steyr, konservativ, gegründet 1876
- Steyrer Ausstellungszeitung, hg. von der Redaktion des Alpen-Boten und der Steyrer Zeitung in der Zeit vom 1. August — 30. September 1884
- Zeitschrift für Elektrotechnik, hg. Elektrotechn. Verein in Wien, Jg. 2 (Wien 1884)
- Internationale Elektrotechnische Zeitschrift und Bericht über die elektrische Ausstellung in Wien (= Zeitschrift für Elektrotechnik, Jg. 1, Wien 1883)
- Widmann, Fremdenführer für Steyr und Umgebung (Steyr 1884)
Für Archivarbeit kommt eigentlich nur das Archiv und die Registraturabteilung der Stadt Steyr in Betracht, da das Archiv der Steyr-Daimler-Puch A. G. im zweiten Weltkrieg abgebrannt ist.
Von den Bibliotheken sind in erster Linie die Bibliothek an der Technischen Hochschule Wien, die Bibliothek des Elektrotechnischen Vereines in Wien sowie die Bibliothek des Technischen Museums in Wien anzuführen.
Literatur:
- L. Antz, Zur Geschichte der öffentlichen elektrischen Beleuchtung in Berlin; in : Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie Bd. 20 (1930) S. 178 — 180
- Arnold, Bilder aus der Geschichte der Kraftmaschinen (München 1968)
- Borchardt, Technikgeschichte im Lichte der Wirtschaftsgeschichte; in: Technikgeschichte Bd. 36 (1967) S. 1 — 13
- Cohen, Schuckert (Festschrift o. O. 1923)
- Klein, Bericht über die Internationale Elektrische Ausstellung in Wien 1883 (Wien 1885)
- G. Lettenmair, 75 Jahre Elektrizität aus Wasserkraft; in: OKA Hauszeitung, Jg. 9 (1959) Nr. 1 — 5
- Matschoß, Geschichtliche Entwicklung der Berliner Elektrizitätswerke von ihrer Begründung bis zur Übernahme durch die Stadt; in: Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie Bd. 7 (1916) S. 1 — 25
- v. Miller, Erinnerungen an die Internationale Elektrizitätsausstellung im Glaspalast zu München im Jahre 1882; in: Deutsches Museum, Abhandlungen und Berichte Bd. 4 (1932) Heft 6
- W. Oliver, Geschichte der amerikanischen Technik (Düsseldorf 1959)
- Reichel, Aus der Geschichte der Wasserkraftmaschinen; in: Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie Bd. 18 (1928) S. 57 — 68
- Schmidt, Die frühen Weltausstellungen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Technik; in: Technikgeschichte Bd. 34 (1967) S. 104 — 178
- F, Schnabel, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Bd. 6: Die moderne Technik und die deutsche Industrie, Herder Taschenbuch 208 (Freiburg 1965)
- Sequenz, Beiträge Österreichs zur Entwicklung der Elektrotechnik; in: OHZ 19 (1967) Nr. 8/21
- Zischka, Pioniere der Elektrizität (Güterloh 1962)
Werke, die bei der Lebensbeschreibung Werndls, auch auf das „elektrische Zwischenspiel“ eingehend zu sprechen kommen:
- Brandl, Neue Geschichte von Steyr (Maschinschrift beim Verfasser 1966)
- Doppler, 75 Jahre Steyr-Werke (Steyr 1939)
- M. Meixner, Männer, Mächte, Betriebe (= Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich Bd. 2, Linz 1952)
- Narbeshuber, Der Pionier von Steyr (Wien 1961) — Roman
- Ofner, Die Eisenstadt Steyr (Steyr 1956)
- Seper, 100 Jahre Steyr-Daimler-Puch A. G. (Wien 1964)
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 31, April 1974