Von Friedrich Berndt
Halten wir ein Papier aus dem 16. bis 18. Jahrhundert gegen das Licht, so werden wir ein helles Netz von senkrecht sich kreuzenden Linien bemerken. Die horizontalen, feineren Linien liegen eng aneinander, die vertikalen, stärkeren Linien sind weiter voneinander entfernt. Diese Linien rühren von dem an einen Rahmen gespannten Sieb aus feinen Kupferdrähten her, welches der Papierer zur Erzeugung seines Papieres benützte. Die dünnflüssige, aus Leinenlumpen hergestellte Papiermasse wurde auf das Sieb geschöpft. Die festen Teilchen der Masse lagerten sich zwischen den Drähten stärker, über den Drähten schwächer ab und so entstanden dünnere Stellen im Papier, welche die Siebform erkennen lassen.
Um ihr Papier zu kennzeichnen, haben die abendländischen Papierer sogenannte „Wasserzeichen“ in ihr Papier gegeben. Sie nähten eine aus dünnem Draht geformte Figur, die bei jedem Papierer und jeder Papiersorte anders gestaltet war, auf das Schöpfsieb auf. Die Figur zeigte sich dann als dünne Stelle im Papier.
Vom einfachen Zeichen entwickelte sich das Papierwasserzeichen zum bildlichen und handwerklichen Volkskunstwerk. Mag sein, dass die Meister nicht immer in die strengen Regeln der Heraldik eingeweiht waren, oder dass sie sich beim Aufnähen der Figuren irrten: wir finden häufig, dass der Steyrer Panther nach der verkehrten Seite aufsteigt oder ein Wappen das Spiegelbild zeigt.
Eines muss jedoch den Papierern nachgesagt werden: sie beachteten stets die Stilformen ihrer Zeit, sodass ihre Wasserzeichen einen wertvollen Beitrag zur Stilgeschichte liefern. Dies soll auch auf den drei Zeichentafeln zum Ausdruck kommen, welche Wasserzeichen aus der Renaissance-, Barock- und Biedermeierzeit zeigen. Durch Vergleich der drei Tafeln lernen mir erkennen und fühlen, wodurch sich diese Stilperioden der Hauptsache nach unterscheiden.
Mit Rücksicht darauf, dass die Papierer ja keine gelernten Zeichenkünstler waren, müssen manche Darstellungen der Wasserzeichen unsere volle Bewunderung hervorrufen.
Diese kleinen Kunstwerke sind jetzt in den Archiven in staubbedeckten Aktenbündeln verborgen. Diese Zeilen sollen auf ihr Dasein Hinweisen, dem alten Papierhandel zur Ehre.
Die dargestellten Wasserzeichen wurden alle in den 3 Papiererwerkstätten Steyrs hergestellt- Eine 4. Werkstätte lag in Unterhimmel und war dem Kloster Garsten untertänig.
Am linken Ufer des Wehrgrabens lag in der 1. Zeugstätte am Fuß des Hammerschmiedberges eine um das Jahr 1700 errichtete Papiermühle, die „Neumühle“ genannt1).
Die zweite Papiermühle lag in der 2. Zeugstätte, welche nach ihr auch „Papiererzeug“ genannt wurde. Sie ist die älteste in der Stadt und hieß im Volksmunde die „Altmühle“. Die zirka 1550 gegründete Mühle lag am linken Ufer des Wehrgrabens. In ihrer Nähe stand das Wohnhaus des Papierers2).
Die dritte Papiermühle in der Stadt wurde in der Puffer-Au am Saggraben um 1621 aus der Plautzischen Säge errichtet. Das Wohnhaus des Papierers ist das heute Wehrgrabengasse 28 bezeichnete Haus, welches durch den reizenden Barockschmuck in der Gasse auffällt.
Die Papiermühle in Unterhimmel stand am rechten Ufer des Unterhimmler-Wehrgrabens. Das Wohnhaus des Papierers trug die Hausnummer 5. Die Mühle wurde um 1636 gegründet.
Der erste Papierer in Steyr hieß Balthasar Vischer. Von ihm stammen die noch recht einfachen Wasserzeichen 2 und 3 aus Tafel I. Sehr hübsch sind bereits die Wasserzeichen 4 und 7 des Valentin Brämer. In einer Zeit, als die Wogen der Gegenreformation recht hoch schlugen, fühlte er sein Ende nahen und schrieb in sein Wasserzeichen: Mein Glück und End steht in Gottes Händ.
Von den nächstfolgenden Papieren der Altmühl war Christoph Gießer mit gutem Geschmack begabt. Von seinen Wasserzeichen 1, 6, 8, 12 und 13 ist 8 das gefälligste.
Die Papiermühle am Saggraben ist durch die Papierer Georg Kirchmayer (Zeichen 10: Kirche im Schild), Hans Müller (Zeichen 9, ähnlich Zeichen 7) und Hans Wibmer vertreten. Des Letzteren „Alle Mode-Papier“ ist einzig in der Art seines Motivs.
Von der Unterhimmler Werkstätte sind Georg Predtschneider (Zeichen 5), Hans Silbereisen (Zeichen 11 mit dem Halbmond und Stern, welche zum Wappen des Klosters Garsten gehörten, Zeichen 14 und 16) zu nennen.
Von den auf Tafel II gezeichneten Wasserzeichen der Barockzeit sind von der Altmühl Christoph Gießer jun. (Zeichen 6), Elias Gießer (Zeichen 1), Ferdinand Pock, dessen Wasserzeichen 4 (Panther als Schildträger), 8 (Wappen der Innerberger Gewerkschaft), 9 (ein Bock im Rahmen, an den Namen des Papierers erinnernd), 11 (ein Adler, mit dem Schwerte den Halbmond zerhauend — eine Erinnerung an den Einfall der Türken in Österreich) und 12 (ein Postillion zu Pferd) bemerkenswert. Sein Nachfolger war Johann Gottlieb Döck, nach dessen Tod das Wasserzeichen 14 entstand.
Von der Mühle am Saggraben war Rupert Kienmoser (Zeichen 3) wohl der bedeutendste Papierer.
Die Unterhimmler Papiermühle ist durch Lorenz Haberl (Zeichen 5: Bischofmütze und Krummstab) und Zeichen 10 (Christkindl) und Johann Michael Würz (Zeichen 13, Wappen des Abtes von Garsten) vertreten.
Zuletzt seien noch einige Wasserzeichen der Biedermeierzeit gezeigt. Jakob Bogl schuf die Zeichen 2 und 3. Josef Vogl die Zeichen 4 und 7 in der Mühle am Saggraben. Johann Michael Würz (Zeichen 1, 5, 8 und 9) war ein hervorragender Papierer in Unterhimmel. Das Wasserzeichen Johann Georg Jochers von der Altmühle (Zeichen 6) hat noch barocke Elemente.
Die 1819 anderorts eingeführte maschinelle Erzeugung des Papiers drängte die Handarbeit immer mehr zurück. 1862 musste auch die Altmühle ihre Pforten schließen.
Die Neumühle war bis 1907 in Tätigkeit. Wegen Krankheit des Besitzers musste der Betrieb eingestellt werden. Die Neumühle ging in die Hände der Österr. Waffenfabrik über.
Die Papiererzeugung in Unterhimmel nahm 1860 ihr Ende.
- Heute Pelz, Gitterstricker.
- Heute Fabrikstraße 44.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft November 1950