Von Josef Fröhler
Die Niederlassung der Jesuiten, welche 1632 als Residenz begründet und 1634 zum selbständigen Kolleg erhoben worden war1), ist aus dem kulturellen Leben der Stadt Steyr im 17. und 18. Jahrhundert nicht wegzudenken. Die Patres des Kollegs bildeten nicht nur die Kerntruppe der Gegenreformation, sondern beeinflussten durch ihr Gymnasium, das am 3. November 1632 mit einem feierlichen Gottesdienst in der Spitalkirche eröffnet worden war2), recht wesentlich das geistige Leben der Stadt. Die Schüler des Gymnasiums, das bereits 1634 zur Vollanstalt ausgebaut worden war, führten in der Zeit von 1632 bis 1773 jährlich mindestens zwei, oft aber fünf und mehr Theaterstücke auf, die sich offenbar guten Zuspruchs seitens der Bevölkerung erfreuten. Da die Schulung im Theaterspiel und die öffentlichen Aufführungen einen integrierenden Bestandteil des Lehrplanes bildeten, fanden sie in den Berichten der Jesuiten nur so am Rande Erwähnung, sodass nur 99 Aufführungen mit dem Titel des jeweils ausgeführten Stückes zu belegen sind. Die Schüler des Gymnasiums wurden aber auch zur Gestaltung der Prozessionen herangezogen.
Diese waren ja nichts Neues, sondern stellten nur die Fortführung einer alten, volkstümlichen Tradition dar, die von den Jesuiten freudig aufgegriffen und mit Hilfe der Schüler ihres Gymnasiums in den bereits vorhandenen dramatischen Elementen ausgebaut und entsprechend der Vorliebe des Volkes für Sinnbilder und Prunk ausgestaltet wurden. Auch die Musik fand hierbei Verwendung3). Sie sind die Form des Dramas, an der das Volk aktiv teilnehmen und doch auch zugleich Zuschauer fein kann.
Sie bildeten von Anfang an einen wesentlichen Bestandteil der Seelsorge. Einen hervorragenden Anteil an diesen Prozessionen hatten die vier Kongregationen, die im Laufe der Zeit in Steyr gegründet worden waren4). Die Mitglieder dieser Kongregationen stellen sich für lebende Bilder, als Träger eines „labarum“ (auch feretrum oder ferculum genannt)5) zur Verfügung und werden so zum Kristallisationspunkt des dramatischen Elementes, zum Kern der oft mit riesigem Aufwand veranstalteten Prozessionen.
Diese waren vermutlich ebenso zahlreich wie die Dramenaufführungen und entwickelten je nach dem Fest oder festlichen Anlass ihre eigene Form. Die bedeutendste Stellung nahmen zweifellos die Karfreitags- und Fronleichnamsprozessionen, später die Katechistenprozessionen ein, die unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung abgehalten wurden. Daneben gab es noch alljährlich Prozessionen zum Marienheiligtum nach Garsten und solche zu besonderen Anlässen. Im Rahmen dieses Aufsatzes ist die erstgenannte Gruppe von besonderem Interesse, denn auf diese konzentriert sich die ganze Liebe und Sorgfalt des Ordens bzw. der Kongregationen.
Die Karfreitagsprozessionen
Bereits in den ersten Jahren des Bestandes des Steyrer Kollegs (so z. B. schon 1638)6) finden sich Belege über Geißler- oder Flagellantenprozessionen, die regelmäßig stattfanden, auch wenn sie der Chronist nicht immer ausdrücklich erwähnt. Sie werden nur dann aufgezeichnet, wenn sie sich durch besonders prunkhafte Ausgestaltung vom üblichen Rahmen abheben. In solchen Fällen werden die Berichte viel ausführlicher und wir bekommen von den Vorgängen ein viel genaueres Bild, als es die sparsamen Bemerkungen über die Dramenaufführungen zu bieten vermögen. Auffällig ist die Tatsache, dass die Karfreitagsprozessionen zu Beginn des 18. Jahrhunderts einen ungeahnten Höhepunkt erreichen, seit 1720 aber kaum mehr Erwähnung finden; von dieser Zeit an übernehmen die auch schon früher (seit ca. 1660) üblichen Katechistenprozessionen die prunkhafte Ausstattung und damit die führende Stellung.
Ausführlichere Berichte über prächtig ausgestaltete Karfreitagsprozessionen finden sich erst im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts. So wird im Jahre 1679 die Befreiung der Juden aus babylonischer Gefangenschaft mit der Leidensgeschichte des Herrn in fünf auf Tragbühuen (super theatra bajulata) dargestellten Bildern in allegorischer Ausdeutung verbunden, ja man gab dieser Prozessionshandlung sogar den Titel „Cyrus“7). Wie bereits an anderer Stelle angedeutet wurde, handelt es sich hier um lebende Bilder, die auf Traggerüsten in der Prozession mitgeführt wurden. Die für 1689 bezeugte Karfreitagsprozession8) beschränkte sich auf ein einziges Traggestell, auf das man Figuren stellte. 1699 wurde von der Studentenkongregation eine Prozession vorbereitet, von der es heißt, dass Christus auf einem Traggestell als König und auf einem aus den Marterwerkzeugen kunstvoll zusammengefügten Thron als Schmerzensmann dargestellt wurde, dem die verschiedenen Gemütsstimmungen ihre Huldigung darbringen, u. zw. so, dass der Glaube in der Gestalt der Kirche, der Schmerz und die Zerknirschung an der Haltung des Petrus und der Magdalena und die übrigen Tugenden an besonderen Zeichen erkennbar waren9). Hier haben wir es mit Stummszenen zu tun, die von der Studentenkongregation dargestellt wurden, denn sie hotten ja vom Schuldrama her die entsprechende Übung.
Bei allen diesen Prozessionen ist der Einfluss des Schuldramas unverkennbar und die meisten von ihnen weisen vor allem das Charakteristikum des Barockdramas, die Doppelhandlung, auf, die unmittelbar die Beziehung zum Drama herstellt10). In der für 1679 erwähnten Prozession ist die Parallelhandlung dem Alten Testament entnommen, in den anderen wird die Passion mit der triumphierenden Kirche in Beziehung gesetzt.
Die Veranstalter, die Jesuiten und die Mitglieder der verschiedenen Kongregationen, sind selbstverständlich bemüht, diese Prozessionen so prunkvoll als möglich zu gestalten und man ersinnt immer wieder Neues, fügt immer mehr dramatische Elemente ein, bis sie schließlich einen Punkt erreichen, an dem das Dramatische das absolute Übergewicht erhält, wie dies z. B. bei der für 1715 in den Litterae Annuoe für Steyr belegten der Fall ist. In liebevoller Weise gibt der Chronist ein genaues Bild von diesem Ereignis und lässt die Vorgänge gleichsam plastisch vor unseren Augen wiedererstehen und sie uns miterleben. Hören wir, was er berichtet11).
„Ausführlicher und eingehender ist über die zu Steyr veranstaltete Flagellantenprozession zu berichten. Ihr Thema war die Fortsetzung und der Abschluß der Fastenpredigten in unserer Kirche; da nämlich im diesen die Möglichkeiten der Versöhnung des Menschen als Feind des Kreuzes mit dem Kreuze aufgezeigt wurden, bereitete die marianische Kongregation dem Kreuze einen triumphalen Einzug. Der Zug setzte sich aus drei Teilen zusammen: Der erste bestand aus Bildern und stellte ein Sinnbild aus dem alten Testamente dar und zugleich auch dessen, der in diesem starb; u. zw. als erstes Bild Isaak, wie er das Holz trägt, auf das er selbst als Opfer gelegt werden soll; als zweites war das Osterlamm zu sehen, das auf diesem Holz hingeopfert werden soll; als drittes ein Stab mit einer Schlange, ein ehernes Gefäß haltend; als viertes Moses mit dem wundertätigen Stabe; als fünftes eine Stange, welche die von Josue und Chaleb aus dem Heiligen Lande mitgeführte Traube hält; als sechstes Davids Wunden, die Rute (Geißel), das Schwert und der Schädel, die ihm und dem ganzen Zug (der im zweiten und dritten Teil folgt — Anm. d. Verf.) unter Führung des Propheten Gad mit dem Richterstab vorangetragen wurden. Diesen sogenannten wandelnden Bildern waren Genien beigegeben12), die sie erläuterten. Voraus gingen berittene Trompeter und der Paukenschläger13).
Daran schließt sich der zweite in lebenden Bildern gestaltete Teil, nämlich die feierliche Kreuztragung des Gottmenschen. Bevor sich dieser Teil in Bewegung setzte, wurde Christi Verurteilung zum Tode aufgeführt u. zw. unmittelbar auf dem gegen die Straße und Ennsbrücke gelegenen Vorplatz unserer Kirche, der einige Klafter überhöht und mit Schranken und Stufen so eingerichtet worden war, wie der Vorhof des Pilatus allerorten dargestellt z» werden pflegt. Prozess und Urteil enthielten nur die Worte der Evangelisten, die zu einer Einheit verschmolzen worden waren. Während Herodes, Pilatus, Annas, Caiphas, die Priester, die Pharisäer und deren Gefährten nach der in der Zwischenzeit erfolgten Urteilsverkündigung ihre Pferde bestiegen, die von ihren Knechten herangeführt morden waren, brachten sechs himmlische Genien unserem Erlöser im Namen des Menschengeschlechtes Dankeshuldigungen dar und brachen in Jubelrufe aus. Den Vorplatz sperrten einige dreißig Soldaten aus dem Harrachschen Regiment, das hier im Winterlager gelegen hatte, ab, um das Volk fernzuhalten, welches alle Straßen ringsum und die ganze Brücke besetzt hielt. Während sich nun der Reiterzug mit einem römischen Feldzeichen an der Spitze in Bewegung setzte, säumten Soldaten, Hofleute, Juden und Fürsten den Weg. Vor der Reiterei gingen Johannes und Petrus, denen die Engel die Insignien der Kircha vorantrugen. Christus zwischen den Henkersknechten, wie man ihn nach der Geißelung und der Krönung mit Dornen dem Volke zeigte; ihn nimmt eine ungeheure Schar von Geißlern in Empfang. Nach den berittenen Richtern der kreuztragende Christus mit Engeln in loser Folge, die ihrem König auf mannigfaltige Weise Verehrung erweisen. An Christus schließen sich die Kreuzträger an, sowohl aus der Schar der unschuldigen Kleinen, als auch aus jedem Stande; diesen folgen andere Büßer.
Diesem feierlichen Zug folgte der Triumphwagen: Voran berittene Trompeter, die zusammen mit der Pauke heitere Weisen erklingen ließen. Dann Konstantins Bannerträger mit dem Kreuzesbanner, Herzöge und Ritter, deren Lanzen und Schilde das Kreuzzeichen trugen. Hierauf Hofbedienstete zu Fuß und die Pagen. Konstantin zu Pferd in silberner Rüstung, von persischen und maurischen Läufern umgeben, das Kreuzeszeichen auf der Brust, dem Schild und der Lanze. Dann fuhr der Triumphwagen, von vier Pferden gezogen, zwischen die erwähnten Harrachschen Soldaten, die sich zu beiden Seiten verteilt hatten, hindurch. Auf diesem nahm das von Strahlen schimmernde, mit Öl- und Lorbeerzweigen umgebene Kreuz die höchste Stelle ein und in seiner Mitte waren die authentischen Reliquien des hl. Kreuzes zu sehen. Daneben saß die Kaiserin Helena, und dicht neben ihr die Kirche, die über diesen von ihnen entdeckten Schatz frohlocken. Glaube, Hoffnung und Liebe nahmen den untersten Teil des Wagens ein, ein Teil (des Volkes) stimmt mit Gesang, ein Teil mit Instrumenten in den Jubel ein. Das Fleisch (Tod), der Teufel, die Abgötterei und der Judaismus sind mit ehernen Ketten an den Wagen geschmiedet. Dem Wagen folgten die vornehmen Stände der Ritterschaft, die Kreuzzeichen auf ihren Mänteln und Schilden trugen.
Nach dem Triumphzug kam der Leichenzug heran, der den am Kreuze gestorbenen Herrn im Grab begleitet. Voran ritten Totengerippe, Trauerlieder auf ihren Trompeten blasend und dumpf die Trommeln schlagend. Ihnen folgten Genien (Engel), die teils die Marterwerkzeuge, teils die Gefäße mit dem heiligen Blute trugen. Dann die Seelen der Verstorbenen aus der Familie Christi, der Fürsten, Richter, Priester und Könige, diese Fackeln, jene Rauchfässer tragend. Das Grabmal des Herrn, bei dem die Genien Trauerlieder sangen, die Klageweiber aber mit Saitenspiel und Gesang ein Trauerkonzert veranstalteten. Schließlich die Zugposaunen, der Klerus und als Abschluss das fromme Volk.“
Dass dies für Steyr ein außerordentliches Ereignis war, beweist nicht allein der Raum, den der Chronist dem Berichte einräumt, sondern auch das darin Beschriebene. Der Ablauf der Prozession muss auch ihn sehr stark beeindruckt haben, bot man doch offenkundig den ganzen dramatischen Apparat der Schule auf, um den Gläubigen das Karfreitagsgeschehen sinnfällig vor Augen zu führen und sie zur Buße und Bekehrung anzueifern14).
Aufbau und technische Durchführung dieser Prozession verraten auf den ersten Blick die geübte Hand des Dramatikers. Es ist eigentlich schon keine Prozession mehr, sondern eher ein in Stummszenen aufgeführtes Passionsspiel. Die drei Akte des Dramas15) sind in den drei Teilen Aar zu erkennen, die einzelnen Teile sind wie beim Drama in Szenen aufgegliedert. Überall treten die Wesenszüge barocken Denkens in voller Klarheit zutage, das in der Verbindung von Natur und Übernatur, Diesseits und Jenseits, Vergangenheit und Gegenwart so sichtbaren Ausdruck findet. Alle dramatischen Mittel jener Zeit werden auch zur Gestaltung der Prozession verwendet. Selbst die Bühne fehlt nicht, die eigens für die einzige gesprochene Szene aufgestellt wird (… in ipso templi nostri atrio … orgias aliquot edito cancellisque et gradibus ita instructo…). Hier zeigen sich auch die Fäden, die das Drama und die Prozession der Jesuiten mit dem Volksstück verbinden16).
Der erste Teil stellt mit seinen auf Stangen und Gestellen getragenen Bildern eine allegorische Vorschau auf das künftige Geschehen dar. Mit Isaak, der das Holz für das Feuer trägt, auf dem er selbst geopfert werden soll, beginnend, wird die ganze Leidensgeschichte des Herrn an sechs Bildern des Alten Testamentes vorausgedeutet und zum besseren Verständnis werden Tafeln mit Erläuterungen mitgeführt. Bis dahin weicht dieser Teil nicht wesentlich von den damals üblichen Prozessionen ab. Anders verhält es sich mit dem zweiten Teil, der zum Unterschied vom ersten zur Gänze in lebenden Bildern gestaltet wird und den eine gesprochene Szene, welche die Verurteilung Christi zum Gegenstand hat, einleitet17). Hier verdichtet und verstärkt sich die Anwendung dramatischer Mittel bis zum gesprochenen Wort, die Prozession ist in diesem Teil vollständig zum Drama geworden. Das Eigenartige an dieser Szene ist zunächst die Tatsache, dass sie auf einer eigens hierzu angebrachten Bühne spielt, ferner, dass der Text sich nur aus den Worten der vier Evangelisten zusammensetzt18). Die weiteren Bilder oder — um beim Vergleich mit dem Drama zu bleiben — Szenen rollen in der biblischen Reihenfolge ab: der gegeißelte und mit Dornen gekrönte Christus, umgeben von den Geißlern, der kreuztragende Christus mit den Kreuzträgern. Dazwischen — wie im Drama die Chöre — die Engel, die dem Erlöser huldigen, und Petrus mit den Insignien der Kirche; beide Bilder allegorisch vorausweisend und die Beziehung zur jenseitigen Welt und zur Kirche in der Gegenwart herstellend. Im 3. Teil folgt die Krönung des Erlösungswerkes; das hl. Kreuz, von der Kaiserin Helena aufgefunden und von der Kirche gehütet, hat über Tod und Teufel gesiegt, sie in Ketten geschlagen, und wird im Triumphzug von Konstantin und seinen Rittern begleitet19). Jubelnde Musik geht voraus. Dieser Sieg aber war nur möglich durch den Tod Christi am Kreuze, der in der letzten Szene dieses gewaltigen Dramas durch den Leichenzug, in welchem das Grab Christi mitgeführt wird, seinen sinnbildlichen Ausdruck findet.
Die kurze Verurteilungsszene auf der Bühne wurde ohne Zweifel lateinisch gesprochen, konnte doch ihr Inhalt, soweit er nicht durch die Mimik, Kostüme usw. ohnedies deutlich gemacht wurde, als bekannt vorausgesetzt werden.
Mit der Schilderung dieser Prozession, die einen glanzvollen Höhepunkt darstellte, brechen die Berichte über Karfreitagsprozessionen fast unvermittelt ab. Nur noch 171820) wird eine beschrieben, die aber nicht im Entferntesten an die des Jahres 1715 heranreicht. Von etwa zwanzig Kreuzträgern wurde eine Bühne getragen, auf der sich ein Berg mit einer Höhle befand, die das Grab Christi darstellte. Auf dem Berg ein strahlendes Kreuz, darunter das apokalyptische Lamm, die vier Erdteile mit seinem Blute benetzend. Das Dramatische ist also schon stark in den Hintergrund getreten.
Andere Prozessionen
Die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts häufig erwähnten Katechistenprozessionen übernehmen — wie bereits gesagt — mit dem Zurücktreten der Karfreitagsprozessionen deren Funktion. Auch sie erfahren reiche Ausgestaltung, die unter starkem Einfluss des Schuldramas steht. Im Bericht über die Prozession des Jahres 174721) wird sie eingehend beschrieben. Vorangetragen wurden Schutzengelfahnen und unter der Schar der Knaben befand sich eine lange Reihe „Aloysianer“, die nach spanischer Sitte gekleidet waren und vom hl. Aloysius mit zwei Engeln angeführt wurden. Auch wurden die bei anderen Prozessionen üblichen „sercula“ mitgeführt, die allerdings dem Anlass entsprechende Bilder trugen wie z. B. der seinen Eltern gehorsame Jesus, Tobias, seinem Sohne weise Lehren gebend, u. dgl. Bemerkenswert ist auch bei diesen Prozessionen, dass sie dem Anlass entsprechend eine ausgeprägte Eigenform entwickelten. Dass sie eine ähnliche Beziehung zum Drama hatten wie die oben besprochenen Karfreitagsprozessionen, erhellt aus der Bemerkung zum Jahre 1748: Praeter duo feretra pro mora circumlata tria alia portata sunt, et actoribus, et picturis ornata. Ein Beweis, dass man auch lebende Bilder zusammenstellte und auf Tragbühnen mitführte. In den folgenden Jahren ist fast regelmäßig von „tria feretra“ die Rede, die von den Katechisten alljährlich mit anderen, dem Anlass entsprechenden Bildern versehen wurden. Seit 1755 werden diese Tragbühnen überhaupt nicht mehr erwähnt, obwohl die Tradition der Katechistenprozession bis zur Auflösung des Ordens verfolgt werden kann22). Ihnen dürfte ein ähnliches Schicksal wie dem Schuldrama widerfahren sein.
Anmerkungen
Abkürzungen: Haller, Passionsspiele — Haller Edmund, Oberösterreichische Passionsspiele, Heimatgaue, 9. Jg. (1928) I, S. 55—57, und 12. Jg. (1931) II, S, 20—33, — L. A. — Litterae Annuae Provinciae Austriae. Manuskript m der Nationalbibliothek in Wien. Für die Jahre 1633—1739 Cod. 12218—12250, für die Jahre 1740—1771 Cod. 12134-12164.
- das bei Nagl-Zeidler, Deutsch-österreichische Literaturgeschichte, I. Band (1899), S. 662, über Fronleichnamsspiele Gesagte, das im gleichen Maße für die Karfreitagsprozessionen gilt.
- Haller, Passionsspiele I, S. 57 f; II, S. 25 f.
- Das bei Nadler, Literaturgeschichte des Deutschen Volkes (4. Auflage, 1939), I. Bd., S. 350, vom Drama Gesagte gilt auch für die Prozession.
- Sodalitas Beatissimae Virginis in Coelos Assumptae, auch Reginae Angelorum Natae genannt, gegr. 1635 (Studentenkongregation von der Himmelfahrt, Mariens); 2. Sodalitas Agoniae Christi in Cruce (Todesangstbruderschaft); 3. Sodalitas Angeli Tutelaris (Schutzengelkongregation); 4. Sodalitas (civica) Beatissimae Virginis sine Labe Conceptae (Bürgerkongregation von der Unbefleckten Empfängnis). Alle vier Kongregationen finden in den L. A. häufig Erwähnung.
- Das labarum, volkstümlich laubrum genannt, welches meist Darstellungen der Leidensgeschichte enthielt, fand auch bei Prozessionen, die nicht von Jesuiten veranstaltet wurden Verwendung, vgl. Haller, Passionsspiele I S. 58.
- A. 1638.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 14, Dezember 1954