(Aus: Der Aufstand von 1596 und der Bauernkrieg von 1626 in und um Steyr)
Von Volker Lutz
Nach der blutigen Ahndung des Bauernaufstandes durch die Hinrichtung der Bauernführer im Jahre 1627 meinte man, den Bauern werde es nun sicherlich an Mut und Tatkraft mangeln, sich neuerlich gegen die Obrigkeit zu erheben.
Doch schon im Jänner 1627, als einhundert Mann des Pappenheimbschen Regimentes nach Weyer verlegt wurden und bei diesem Marsch das an der Route gelegene Gebiet von den Soldaten sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, regt sich der bäuerliche Widerstand. Der Zeugempfänger der bürgerlichen Eisenhandelsgesellschaft in Steyr Maximilian Luckner hatte dem Militär seine Führungsdienste zur Verfügung gestellt. Die Rache der Bevölkerung, vor allem der des geplünderten Ortes Losenstein, entlud sich auf den vermeintlich Schuldigen. Maximilian Luckner wurde am 5. Jänner 1627 in seinem eigenen Haus erschlagen, sein Leichnam in die Enns geworfen.1)
Die Bauern befürchteten einen Rachezug der Pappenheimbschen Reiter und verschanzten sich in den Bergen. Es kam aber zu keinen Kampfhandlungen. Nach einem Monat wurden die Soldaten wieder abgezogen, ein halbes Jahr später überraschend dreißig Rädelsführer verhaftet und auf die Steyrer Burg gebracht. Drei Bauern wurden hingerichtet, elf zur Arbeit in Eisen in die Wiener Stadtgräben verschickt, andere nach Gefängnisstrafen wieder freigelassen.2)
Im Jahre 1632 wandte sich das Kriegsglück wieder den protestantischen Mächten zu. Die Bauern glaubten nunmehr, ihre Lage ändern zu können.
Anlass der Unruhe und der Erhebung war die Einhebung einer Hausabgabe von je fünf Gulden durch die Landstände. Der Prädikant Jakob Greimbl tauchte im „Landl“ wieder auf und schürte den Aufstand im Hausruckviertel. Die Bauern hofften wieder auf ausländische Hilfe, diesmal auf die der Schweden, doch die Kriegsgunst wechselte zum katholischen Feldherrn Wallenstein.
Der Aufstand konnte insofern gefährlich werden, da nach Niederschlagung des großen Bauernaufstandes von 1626 und nach dem Ende der bairischen Pfandschaft durch die Verlegung der Truppen an die europäischen Kriegsschauplätze, das Land ob der Enns von Soldaten nahezu entblößt war.
Am 19. August 1632 eroberten die Bauern Markt und Kloster Lambach und vertrieben die dortigen Geistlichen. Am 21. August wurde die Steyrer Bürgerschaft befragt, ob sie dem Kaiser treu bleiben und für ihn Gut und Leben gegen die Rebellen einsetzen wolle. Zwei Tage später befahl der Landeshauptmann den Steyrern, ihre Bürger zu mustern und zu bewaffnen. Darüber hinaus wurden achtzig Kriegsknechte verpflichtet, für deren Sold und Verpflegung die Bürger bis zum 5. November 1632 aufzukommen hatten. Die Bürger wurden beauftragt, die regierungstreuen Bauern im Lager Arbeck zu verstärken. Zum Ausrücken kam es aber nicht.3)
Einige der vertriebenen Geistlichen kamen nach Steyr. Vier geistliche Herren wurden in Steyrdorf aus ihrer Kalesche gerissen und bedroht. Bezechte Scherschmiede und Messerer, das waren die Angreifer, schmähten sie „Schelmben, Dieb vnd Hurren Pfaffen.“ Am nächsten Tag wurden die Übeltäter verhaftet und bestraft.4)
Am 9. Oktober 1632 wurden die Rebellen geschlagen. Jakob Greimbl wurde dem Henker überantwortet und am 19. Februar 1633 auf dem Hauptplatz in Linz geköpft, wo schon viele Bauernführer ihr Leben gelassen hatten. Neun Anführer dieser Erhebung waren schon 1632 hingerichtet worden.5)
Für Ferdinand II. war diese Bauernunruhe der Anlass, neue Aktivitäten hinsichtlich der Gegenreformation zu setzen. Eine Kommission wurde beauftragt, in Steyr die „gehorsamen und ungehorsamen“ Bürger festzustellen. Aus diesem Grund wurde am 28. Februar 1633 die gesamte Bürgerschaft — vormittags die Männer, nachmittags die Frauen — ins Rathaus zitiert. Den Nichtkatholischen wurde ein neuerlicher Termin der Auswanderung gesetzt.6)
Eine neue, aus der Gegenreformation erwachsene Bedrückung ergrimmte die leicht reizbaren Bauern aus dem Mollner Gebiet. Zu Ostern des Jahres 1633 erfolgte eine Visitation der dortigen Pfarre, die die gleiche Aufgabe hatte, wie die Untersuchung vom 28. Februar 1633 in Steyr. Während in der Eisenstadt die Bürger dem Aufruf unter dem Druck des einquartierten Militärs fast lückenlos Folge leisteten, erschienen in Molln die Protestanten nicht bzw. erhoben keine Hand zum Schwur. Im Mai kam es dann zum offenen Aufruhr. Die Bauern verlegten Zugänge und Pässe, da der Zuzug von Militär zu erwarten war. Zunächst reisten Beamte der Herrschaft Steyr, der Rentmeister Elias von Seeau, der Gegenschreiber Andreas Wagenseil und der Pfleger Cyprianus Sentinger in dieses Gebiet, um den Bauern gütlich zuzureden, von ihrem Beginnen abzustehen und im Weigerungsfälle auf die Folgen hinzuweisen. Die Bauern von Grünburg unterstützten ihre Standesgenossen von Molln. Zum Katholizismus Konvertierte mussten zu ihrem alten Glauben zurückkehren. Die Bauern schlugen ihr Lager im Tiefenbachgraben auf.
Der Pfleger von Leonstein bekam vom Burggrafen Johann Maximilian von Lamberg den Befehl, beim Angriff der Bauern die Brücken der Steyr bis Klaus abtragen zu lassen, um so das linke Ufer zu schützen. Der Richter von (Bad) Hall machte einen Strafzug bis Adlwang, der aber nur eine „Zauberin“ als Gefangene einbrachte. Gegen die Bauern der Grünburger Pfarre wagte er nicht einzuschreiten.7)
Die Landstände sahen sich daher genötigt, ihrerseits Truppen einzusetzen. Am 8. Juni 1633 wurde der Richter von Steinbach beauftragt, für einhundert Mann Quartier und Verpflegung vorzusorgen. Um den Richter zu unterstützen, reiste der Rentmeister Adam Wolf dorthin.
Am 13. Juni kam Adam Wolf nach Molln, um das vom Landeshauptmann verfügte Patent den dortigen Untertanen zur Kenntnis zu bringen.
54 Untertanen gingen zur Beichte und Kommunion, einhundert sagten einem Glaubenswechsel zu, während 115 auswandern wollten. Der Gesinnungswechsel scheint mehr der Anwesenheit der Soldaten als dem Patent zuzuschreiben gewesen zu sein, denn Adam Wolf bemerkte selbst: „In summa, die Soldaten sind die besten reformatores!“ und „daß die Soldaten nicht abgezogen und ihnen einlogieret werden, ehe sie (die Untertanen) aus eigener Erkenntnis ihren Irrtum eingesehen und zur alleinseligmachenden katholischen Religion gekommen sind!“
Der Landeshauptmann befahl am 21. Juli 1633, die Soldaten aus dem Mollner Gebiet abzuziehen.8)
Schwierigkeiten mit den Bauern gab es auch im Ennstal. Die Herrschaft Steyr erließ am 17. Juni 1633 ein Patent an die Ämter Ternberg, Mitterberg, Laussa, Raming, Arzberg, Weyer und Garsten. Das Verhalten der Mollner Bauern wurde dabei als abschreckendes Beispiel hingestellt. Der Burggraf fand in einem Erlass des Landeshauptmannes Unterstützung. Darüber hinaus wurden militärische Maßnahmen angedroht.9)
Der Widerstand der Bauern im Steyr- und Ennstal gegen die Maßnahmen erklärt sich dadurch, dass diese Gebiete kaum mit der Gegenreformation bisher in Berührung gekommen waren und dadurch der Anteil an Protestanten sehr hoch war.
Am 5. Juli 1633 entbot der Burggraf von Steyr die Untertanen des Ennstales vor sich. Es erschienen 140, von denen alle, bis auf zehn sich zur katholischen Religion bequemten. Als sich nach Drohungen drei Tage später weitere sechzig Personen unterwarfen, stieg die Zahl der Konvertiten auf 190.10) Die zehn unbelehrbaren wurden in Eisen gelegt und nach Linz gebracht. Dort traten sie im Kerker zum Katholizismus über. Einige wurden in Steyr zur Zwangsarbeit verpflichtet oder sogar zur Einbringung der Ernte vom Gefängnis beurlaubt!
Mit diesen Unruhen fand der Bauernaufstand in und um Steyr sein Ende. Der Grund, dass die Bauern auch noch nach 1626 hofften zu ihrem Recht zu kommen, war die Zusicherung der Hilfe durch die Schweden und Sachsen.11)
Im Aufstand des Laimbauer wurde das Gebiet der Herrschaft Steyr nicht mehr beeinträchtigt, obwohl der Burggraf Maximilian von Lamberg am 10. Mai 1636 auf Befehl des Landeshauptmannes ein Aufgebot nach Enns senden mußte.12)
- Krobath, VKST 25/1964, S. 3. — Alfred Hoffmann, Die Quellen zur Wirtschaftsgeschichte im Land ob der Enns, S. 189. — Der jüngere Sohn des ermordeten Maximilian Luckner bekam 1632 in Steyr das Bürgerrecht und war von 1696 bis 1677 Bürgermeister der Eisenstadt. — RP 1632, 34. —
- Georg Grüll, Ein Nachspiel zum oberösterreichischen Bauernkrieg im Ennstal anno 1627, Heimatgau 7. Jg., S.213 ff. —
- Kammerhofer, S. 250. — Zetl, S. 120. — Pritz 1857, S. 283. —Krobath, VKST. 23/1962, S. 43 ff. —
- Zetl, S. 121. —
- Friedrich Schober, Zur Geschichte des Bauernaufstandes 1632, Mitteilungen des Oö. Landesarchives, Band 2, 1952, S. 175 ff. — Albin Czerny, Bilder aus der Zeit der Bauernunruhen in Oberösterreich (1626, 1632, 1648), Linz 1876, S. 157 ff. —
- Zetl, S. 126. — Ludwig Edelbacher, Landeskunde von Oberösterreich, Wien 1883, S. 262. — Pritz, 1857, S. 286. —
- Kammerhofer, S. 252. — Preuenhueber, S. 380. —
- OÖLA; Archiv der Herrschaft Steyr, Fasz. 326, Nr. 39. — Politica, Religion Molln 1633. — Pritz, 1857, S. 285. — Bericht an den Landeshauptmann über die Mollner vom 25. Juni 1633. — detto vom 25. Juni 1633. — Landeshauptmann an den Burggrafen vom 21. Juli 1633. —
- Landeshauptmann an den Burggrafen in Steyr vom 20. Juni 1633; OÖLA; Archiv der Herrschaft Steyr, Fasz. 326, Nr. 39. —
- OÖLA; Archiv der Herrschaft Steyr; Bericht des Rentmeisters an den Landeshauptmann vom 8. Juli 1633. —
- Aussage des achtzigjährigen Schneiders Sigmund Mayrhofer „sein Lebtag lutherisch” vom 4. Juli 1633. —
- OÖLA; Archiv der Herrschaft Steyr; Fasz. 501; Nr. 17; Militaria 1621 — 1637; Landeshauptmann an den Burggrafen vom 10. Mai 1636. —
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 33, 1976