Karl Holub

Von Hans Stögmüller

Bedeutendster Mitarbeiter Josef Werndls war Karl Holub, der am 29. Jänner 1830 in Stradonice (Pfarre Radowitz, Bezirk Saaz in Böhmen) geboren worden war und am 23. Mai 1903 in Steyr starb. Der Sohn eines Bauern besuchte die Dorfschule in seinem Heimatort Stradonitz und erlernte dann in einer Werkstatt auf dem Waldsteinplatz in Prag das Schlosser­handwerk. Später arbeitete er in einigen österreichischen Städten.

 

Zum sechsjährigen Militärdienst einberufen, wurde er zur tech­nischen Artillerie in Wien abkommandiert. Nebenbei betrieb er ein Selbststudium und hörte Vorlesungen über Mathematik und Mechanik am k. k. Polytechnischen Institut in Wien. Schon in der staatlichen Gewehrfabrik in Wien-Währing dürfte er Werndl kennen gelernt haben. Infolge eines Arbeitsunfalles wurde Holub aus dem Militärdienst entlassen. (Lugs II S. 198)

1857 kam Holub nach Steyr in die Nagelfabrik des Johann Reitmayr am Schleifersteg. 1861 trat er in die Werndl’sche Waffenfabrik ein, wo er Werkmeister wurde. (Kernmayr S. 176)

Als technischer Beirat begleitete er Werndl auf mehreren großen Reisen in das Ausland und erwarb sich besonders Während eines drei­monatigen Aufenthalts in Nordamerika reiche Kenntnisse in der maschinellen Erzeugung von Gewehrbestandteilen und in der Serien­fertigung, die er beim Ausbau der Waffenfabrik in Steyr gut ver­werten konnte.

Karl Holub war an der Erfindung und Produktion des ersten österreichischen Hinterladergewehres, des sogenannten Werndl­gewehres maßgeblich beteiligt. Das Nutzungsrecht trat er an seinen Chef ab. Der Patronanzieher zu diesem Gewehrsystem war allerdings Holubs alleinige Erfindung.

Am 1. August 1869 wurde Holub zum technischen Direktor der neu­gegründeten Österreichischen Waffenfabriks‑Gesellschaft bestellt. In dieser Funktion machte er sich auch um die Produktion aller übrigen bei der ÖWG hergestellten in‑ und ausländischen Waffen­modelle hoch verdient.

Erst 1970 fand Holub Gelegenheit, eine Familie zu gründen. Er heiratete ein Mädchen schlichter Herkunft, Agnes Bernhaider (1847‑1912), die aber eine Schönheit gewesen sein soll. (Richard Kutschera, Karl Holub, der Steyrer Erfinder, StZ 4/1950)

Wie auf einem Reisepass vermerkt ist, den Holub am 19. Juli 1873 für „sämtliche europäische Staaten“ ausgestellt bekam, hatte der „Director der k. k. priv. ersten österreichischen Waffenfabrik“ eine mittel untersetzte Statur, ein ovales, volles Gesicht, und blonde Haare und graue Augen. Der Pass war drei Jahre gültig.

Das Ehepaar Holub hatte acht Kinder. Oskar (1872‑1936) war Arzt und ab 1911 Stadtphysikus in Steyr. Ing. Hans (1871‑1946) war Oberbaurat, Mag. Karl (1870‑1928) war Apotheker. Agnes war mit dem Fachschuldirektor Dipl.‑Ing. Rudolf Pawlicka (1864‑1916) verheiratet, während Maria (1878~1961) einen Lehrer dieser Anstalt, Ing. Viktor Kempny ( 1870‑1944)9 ehelichte. Eine weitere Tochter heiratete den Landesregierungsrat Franz Pisecky (1878‑1930). Über Otto (1875‑1939) ist nichts weiteres bekannt.

Karl Holub war Inhaber eines ausschließlichen Privilegs (Patents), das vom k.k. Handelsministerium und vom königlich ungarischen Ministeriums für Landwirtschaft 1873 ausgestellt worden war. Es handelt sich dabei um die Anbringung eines Patronenmagazins sowie um eine Verbesserung am Züngel des Hinterladers. Die Dauer der Gültigkeit wurde mit zwei Jahren angegeben. (Pfaffenwimmer S. 179, AB 31.8.1873)

Eine 1872 entwickelte Verbesserung des Hinterladersystems wurde sieben Jahre privilegiert. 1874 reichte Holub ein Privilegium für die Verbesserung von Gewehrseitenschlossen ein. Das wurde ihm im Mai 1874 bewilligt und 1876 für drei Jahre verlängert. 1875 bekam er neuerlich ein zweijähriges Privilegium ausgestellt, lautend auf einen Repetiergewehrmechanismus. 1877 wurde eine Verlängerung von fünf Jahren bewirkt. (Pfaffenwimmer S. 179)

Als Mitglied der Waffenfabrik konstruierte Karl Holub 1878 ein Magazin für den deutschen Hinterladerkarabiner Modell 71. Längs des Laufs ist links ein Röhrenmagazin mit einer innenliegenden Spiralfeder befestigt. Die Patrone wird beim Öffnen des Verschlusses in die Patroneneinlage gerollt. Der 480 Gramm schwere Mechanismus von Holub funktionierte sehr gut, er war jedoch, besonders für die verschienenen Stößen ausgesetzten Reiterkarabiner, höchst empfindlich. (Lugs S. 117)

Anlässlich der 1881 gefeierten Vermählung von Kronprinz Rudolf und Prinzessin Stephanie schenkte Holub der Steyrer Bürgerschule ein Bild des Paares samt Goldrahmen. (ABl 5/1981)

Im Februar 1885 trat Holub aus Meinungsdifferenzen wegen der Leitung der zwei Jahre früher eingerichteten elektrotechnischen Abteilung der Waffenfabrik von seiner Direktorstelle frei­willig zurück, wobei er auf eine Pension verzichtete.

Karl Holub war auch Mitglied des Steyrer Gemeinderates, und zwar von 1882 bis 1885 und von 1887 bis 1890, wobei er sich in der Bausektion eifrig betätigte. Er gehörte der konservativen Partei an, war also im gegnerischen Lager von Josef Werndl. Er war auch langjähriges Mitglied des Kuratoriums der k.k. Fachschule und Versuchsanstalt sowie des Verwaltungsrates der Steyrtalbahn und zwei Jahre Vorstand des Steyrer Musikvereines. (StKal 1904, 172 f. mit Bild, ABl 6/1963)

Als sich am 13. Oktober 1891 der Kirchenrestaurierungsverein der Stadtpfarre konstituierte, war auch Karl Holub im Vereins­vorstand vertreten. Er war offenbar der angesehenste konservative Mann Steyr, wenigstens unter jenen, die sich in der Stadt öffent­lich betätigten. (Brandl, Regotisierung S. 16)

Dem Ehepaar Carl und Agnes Holub bewohnte das Haus Pfarrplatz 2, heute Brucknerplatz 3, das früher Bürgermeister Dr. Kompaß gehört hatte. Außerdem besaß es seit 1870 noch das Haus Sarning 21 (heute St. Berthold-Allee 45). (Begsteiger, Garsten)

Karl Holub, der mit dem Franz‑Josef‑Orden und dem rumänischen Offizierskreuz ausgezeichnet wurde, liegt in der Familien­gruft im Steyrer Taborfriedhof begraben, die sich am nordöstlichen Eck des zweiten Abschnittes unweit der Werndlgruft befindet. Die mit einer Glaskuppel und einer Schmiedeeisenhaube überwölbte Gruft wurde Anfang November 1903 fertiggestellt. Der Entwurf stammte vom Professor der Fachschule S. Weber. Die Arbeiten wurden ausgeführt vom Wiener Bildhauer Michael Powolny, der in Steyr geboren worden war, vom Kunstschlosser Johann Gruber und vom Stadtbaumeister Franz Stohl in Steyr, von der Wiener Kunst­schlosserei M. Toman, von der Kunst‑ und Bauglaserei Pschierer in Wien und vom Steinmetz Linser in Linz. (StKal 1905/129)

Die Witwe Holubs, Agnes, starb am 24. August 1912 im 65. Lebensjahr. Sie hinterließ fünf Söhne und drei Töchter. (StKal 1913)

Nach Karl Holub wurde in Steyr eine Straße benannt, die von der Ennser Straße zum Taschlried führt.

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