Johann Sigmund Schuckert, Elektrotechniker und Gründer der Schuckertwerke. Wirkte von 1883-1884 in der Elektroabteilung der ÖWG in Steyr

 

 

(1846 – 1895)

Elektrotechniker und Gründer der Schuckertwerke. Wirkte von 1883-1884 in der Elektroabteilung der ÖWG in Steyr

Johann Sigmund Schuckert (* 18. Oktober 1846 in Nürnberg; † 17. September 1895 in Wiesbaden) war ein Elektrotechniker und Gründer der Firma Schuckert & Co. (Schuckertwerke).

Er war einer der Pioniere der Industrialisierung in Nürnberg.

Leben / Leistungen

Sigmund Schuckert wurde 1846 als Sohn eines Büttnermeisters geboren. Bereits in der Volksschule machte er bei Laboratoriumsversuchen Bekanntschaft mit der Elektrizität. Sigmund weigerte sich, die Nachfolge seines Vaters anzutreten, da er den Wunsch hatte, Feinmechaniker zu werden. Mit Hilfe seines Lehrers schaffte er es, eine Lehrstelle als Mechaniker bei Friedrich Heller zu bekommen, Nürnbergs ältester Elektrofirma. Nebenbei beschäftigte er sich mit seinem Steckenpferd, dem Telegrafenbau, und vertiefte autodidaktisch sein Wissen über Arithmetik, Geometrie, Physik und Chemie.

Als Geselle machte sich Sigmund Schuckert auf die Wanderschaft, die ihn über München, Stuttgart, Hannover nach Berlin auch zur Firma Siemens & Halske führte. Überall war er bedacht, die besten Fachleute der renommierten Betriebe kennenzulernen, um sein Fachwissen zu erweitern und sich in seinen eigenen Ideen anregen zu lassen. Bedeutsam war für ihn ein mehrjähriger Amerikaaufenthalt. Durch Auswanderer, die er in Hamburg kennenlernte, wurde in Sigmund Schuckert der Wunsch wach, in die Vereinigten Staaten zu gehen. Während er die Abteilung für elektrische Apparate im mechanisch-optischen Geschäft von Albert Krage leitete, lernte Sigmund Schuckert Englisch. 1869 startete er seine Reise. Von New York kam er über Baltimore, Philadelphia und Cincinnati nach New Jersey, wo er in der Telegrafenfabrik von Thomas Alva Edison arbeitete. Der rüde Ton in der Fabrik und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen trieben ihn bald zurück nach New York. 1873 kehrte er nach Deutschland zurück.

1873 mietete Sigmund Schuckert einen Werkstattraum in der Schwabenmühle in Nürnberg und beschäftigte sich anfangs mit der Reparatur von amerikanischen Singer-Nähmaschinen, mit denen sonst kaum jemand Erfahrung hatte. Die mittlerweile von Siemens konstruierten Dynamomaschinen begeisterten ihn und weckten seinen Ehrgeiz. 1874 erregte Schuckert mit der Konstruktion eines Dynamos nach dem Siemensschen Prinzip erstes Aufsehen und bekam dafür das Gewerbeprivileg erteilt. Ab 1875 war er mit seinen Maschinen erfolgreich auf dem Markt und erhielt dafür 1876 eine staatliche Subvention von 50.000 Mark vom bayrischen König, für den er 1878 im Schloss Linderhof eine elektrische Beleuchtung installierte. Die von Schuckert produzierten Maschinen waren günstiger und leistungsfähiger als die Konkurrenzprodukte. Der daraus resultierende Erfolg zwang zur Betriebsvergrößerung.

1879 bezog er auf Anraten des Kaufmanns Alexander Wacker, seines späteren kaufmännischen Leiters, einen Teil der Meßthalerschen Maschinenfabrik. Hier wurden Bogenlampen in großer Stückzahl produziert, deren Qualität auf der Pariser Weltausstellung 1889 große Anerkennung fand. Da die angemieteten Räumlichkeiten bald zu eng wurden, baute er in der Schloßäckerstraße seine eigene große Fabrikanlage und wurde damit zum Unternehmer im eigentlichen Sinn. Er ließ die handwerklichen Traditionen hinter sich, kaufte Teile zu und stellte Mitarbeiter ein. 1885 nahm er Alexander Wacker als Teilhaber auf und stellte Ingenieure, Vertriebsfachleute und andere Spitzenfachkräfte ein, mit denen er seine Fertigung weiter ausbauen konnte. Bald hatte Schuckert & Co. über 280 Mitarbeiter und machte einen Jahresumsatz von 1,53 Millionen Mark. Um die großen Aufträge erfüllen zu können, wurden ab 1889 weitere Grundstücke in der Landgrabenstraße bebaut. Die Erfindung des Scheinwerfers beschleunigte den Aufstieg. Die Scheinwerfer, ein komplettes Produkt der Nürnberger Industrie, wurden in alle Welt exportiert. In den Schuckert-Werken wurden auch komplette elektrische Anlagen bis hin zur Straßenbahn gebaut.

Sigmund Schuckert musste sich 1892 wegen eines Nervenleidens aus dem Betrieb zurückziehen und verstarb 1895 in Wiesbaden. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden.

Sein 1893 in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen EAG (Elektrizitätsaktiengesellschaft) umgewandeltes Werk wurde 1903 von Siemens & Halske übernommen und zusammen mit deren Starkstromsparte in die Siemens-Schuckertwerke GmbH ausgegliedert; man produzierte zu dieser Zeit jährlich etwa 2.500 Dynamomaschinen und eine entsprechende Anzahl Bogenlampen, elektrische Mess-, Kontroll- und Steuerungsgeräte. 1966 erfolgte die Fusion zur Siemens AG.

Werke

  • 1876 experimentierte Schuckert in der Nürnberger Kaiserstraße mit selbstregelnden Bogenlampen. Den benötigten Strom produzierte ein selbstkonstruierter Generator in der Almosmühle.
  • 1878 baute er in Schloss Linderhof die erste fest installierte elektrische Beleuchtung Bayerns ein.
  • Im Moskauer Kreml installierte er eine Lichtanlage.
  • 1882 erbaute er mit drei Bogenlampen in der Nürnberger Kaiserstraße die erste dauernd betriebene elektrische Straßenbeleuchtung Deutschlands.
  • 1886 gelang ihm, entgegen dem Rat erfahrener Optiker, den ersten Glas-Parabolspiegel für elektrische Scheinwerfer zu schleifen.

Soziales Engagement

Sigmund Schuckert setzte Sozialmaßnahmen für Angestellte und Mitarbeiter ein, die weit über das gesetzliche Maß hinausgingen und auch die Familienmitglieder mit einschlossen. Er gründete 1883 eine Kranken- und Pensionskasse, bezahlte Weihnachtsgratifikationen und führte den Zehn-Stunden-Tag ein. Während im Industrie-Milieu im Allgemeinen starke soziale Spannungen vorherrschten, nannten die Firmenmitglieder der Firma Schuckert ihren Dienstherren vertrauensvoll „Vater Schuckert“. Er eröffnete eine Konsumanstalt, um Mitarbeitern günstiges Einkaufen zu ermöglichen, eigene Werkschulen und schuf schließlich die „Sigmund-Schuckert-Stiftung“ zur Förderung würdiger und bedürftiger junger Schüler und Studenten, mit evangelischem Bekenntnis.

Das größte soziale Denkmal setzte er sich in der Stiftung der „Wohnbaugemeinschaft Sigmund Schuckert“. Der Baustil erlangte Modellcharakter für das Genossenschaftswesen im Arbeiterwohnungsbau für das Deutsche Kaiserreich. Schuckert war auch Mitglied des mäzenatischen Zirkels der Morgengesellschaft.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Schuckert Juni 2011

Die Siemensstadt

Einst stand der Name Schuckert für elektrotechnische Innovation, und er besaß den gleichen guten Klang wie AEG, Bergmann, Loewe, Lorenz, Siemens, Telefunken und andere. 1966 tilgte die Firma Siemens & Halske mit der Umstrukturierung ihres Unternehmens in die Siemens AG den Namen „Schuckert“ ihrer Siemens-Schuckertwerke AG aus dem Firmenschild. Seit dem halten nur noch Schulen und Straßen die Erinnerung an das Unternehmen Schuckert und seinen Begründer, Sigmund Schuckert, wach.

Sigmund Schuckert wurde am 18. Oktober 1846 als Sohn eines Böttchermeisters in Nürnberg geboren. Er erlernte hier das Feinmechanikerhandwerk, das er nach den damals vier Lehrjahren 1864 mit Auszeichnung beendete. Nach Wanderjahren mit Beschäftigungen in Stuttgart, Hannover, Hamburg und Berlin kehrte er 1866 nach Nürnberg zurück, wo er in einer optisch-mechanischen Werkstätte Arbeit fand. Ab 1869 war er wieder unterwegs, diesmal in den USA, wo er in New York, Baltimore, Cincinnati und Newark tätig war. 1873 kehrte Schuckert nach Europa zurück und besuchte die gerade stattfindende Weltausstellung in Wien. Hier sah er erstmals Maschinen, die nach dem von Werner Siemens (1816-1892) 1866 gefundenen dynamo-elektrischen Prinzip arbeiteten (sie Dynamomaschine) und deren von Zénobe Théophile Gramme (1826-1901) zur Gebrauchtauglichkeit weiterentwickelte Ausführung. Diese und andere Exponate der aufstrebenden Elektrotechnik beeindruckten Schuckert derart, dass er sich am 17. August 1873 mit einer Mechanikerwerkstatt in Nürnberg selbstständig machte, um sich diesem Fach gänzlich zu widmen.

Das Hauptbestreben Sigmund Schuckerts richtete sich dabei auf den Bau von Dynamomaschinen, für die er eine große Zukunft voraussah, und von der er mehrere Versuchsanordnungen konstruierte, bis er Anfang 1874 das erste Exemplar an eine Nürnberger Metallfirma ausliefern konnte, das dann 18 Jahre hindurch praktisch störungsfrei in Betrieb war. In der folgenden Zeit konstruierte Schuckert immer bessere Dynamos, komplette elektrische Antriebe für Werkzeugmaschinen und Fahrzeuge, Schaltanlagen, Akkumulatoren, Messgeräte, Scheinwerfer und anderes. Viele seiner sehr zuverlässig arbeitenden Erzeugnisse erhielten Staats- und Ehrenpreise oder wurden sogar auf internationalen Ausstellungen mit Goldmedaillen ausgezeichnet.

Vor allem mit seinen Stromerzeugern Dynamomaschinen und Akkumulatorenanlagenbegründete Sigmund Schuckert seinen Ruf als innovativer und zuverlässiger Partner in der sich lebhaft entwickelnden Elektrotechnik (ein Begriff, den Werner Siemens im Jahre 1876 prägte). Die Produktion in seiner ständig vergrößerten Werkstatt erweiterte er auf Elektrizitätszähler, Bogenlampen, Hochleistungsdynamos und elektrische Kleinbahnen. 1882 installierte Schuckert in Nürnberg die erste Straßenbeleuchtung mit elektrischen Bogenlampen in Deutschland, wobei drei Lampen 35 Gaslaternen ersetzen konnten. 1884 begann er mit der Serienproduktion elektrischer Messinstrumente. Bald folgte der Bau von Straßenbahnen, kompletten Bahnnetzen, Gleich- und Wechselstrom-Netzzentralen und im Jahre 1893 das erste Elektrizitätswerk in Hamburg.

Um den finanziellen Schwierigkeiten beim Übergang vom Handwerksbetrieb zum Großunternehmen begegnen zu können, nahm Sigmund Schuckert 1884 den Kaufmann Alexander Wacker (1846-1922) als Gesellschafter und kaufmännischen Leiter auf, der seit 1877 die Vertretung seiner Erzeugnisse übernommen hatte. Die nunmehrige Firma Schuckert & Co. OHG (ab 1885) errang im aufstrebenden Starkstromgeschäft rasch auch internationale Bekanntheit. Im Vergleich zur Firma Siemens baute Schuckert schon sehr frühzeitig einen in das Unternehmen integrierten Vertriebsapparat auf. So entstanden ab 1885 in allen deutschen Städten Zweigniederlassungen und Technische Büros (Siemens tat dies erstmals Anfang 1890). 1888 erfolgte die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft mit Schuckert, Wacker, Hugo Ritter von Maffei, der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg und dem Schaaffhausenschen Bankverein. Ende 1893 firmierte das auch international bedeutende Unternehmen unter der Bezeichnung „Elektrizitäts-AG vorm. Schuckert & Co.“.

Im Jahre 1900 besaß das Schuckertsche Unternehmen in Nürnberg einen riesigen Werkkomplex, in dem etwa 8.500 Beschäftigte einen Umsatz von 77 Millionen Mark erwirtschafteten. Allerdings war die finanzielle Lage durch diverse Beteiligungen instabil geworden. Dies wurde 1901 offenbar, als sich der Umsatz um über 30 % verringerte, was erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten zur Folge hatte und Kurseinbrüche an der Börse verursachte. Nach Bemühungen um liquide Partner kam es schließlich März 1903 zu einer „freundlichen“ Übernahme durch Siemens, die am 1. April 1903 zur Schaffung der Siemens-Schuckertwerke GmbH (ab 1927 AG) mit Sitz in Berlin-Siemensstadt führte.

Obwohl diese Aktion kaum optimal für das Werk Schuckert war, sicherte es doch Arbeitsplätze und bedeutete damit den Fortbestand der Firma bis in die 1960er Jahre hinein. Erst mit dieser Übernahme bzw. Fusion stieg die Firma Siemens, die bisher hauptsächlich in nachrichtentechnischen Bereichen erfolgreich tätig war, in das lukrative Starkstromgeschäft ein.

Im Juli 1939 erfolgte die Liquidierung der Elektrizitäts-AG vorm. Schuckert & Co., seit dem sind die Schuckertwerke eine 100-ige Siemens-Tochter. Mit der Umstrukturierung des Hauses Siemens im Jahre 1966 verschwand der Name „Schuckert“ aus dem Firmenbereich. Aus der elektrochemischen Abteilung von Schuckert, die damals nicht von Siemens übernommen wurde, entstand im Jahre 1914 die heute noch existierende Wacker-Chemie mit Sitz in Burghausen.

Dem Gründer Sigmund Schuckert blieb es erspart, den Niedergang seines Unternehmens erleben zu müssen. Als sich erste Anzeichen eines so genannten Nervenleidens bemerkbar machten, zog er sich 1892 – noch nicht 46 Jahre alt – aus der aktiven Arbeit zurück und übergab die Geschäfte seinem nunmehrigen Freund Wacker. Schuckert hatte nur noch (formell) Sitz im Aufsichtsrat und beschäftigte sich nunmehr mit dem Ausbau seiner bislang schon vorbildlichen sozialen Einrichtungen. Bereits 1883 hatte er eine firmeneigene Krankenkasse gegründet, 1889 den Zehnstundentag eingeführt und 1890 eine eigene Pensionskasse initiiert. Nach dem Tode Schuckerts führte seine Ehefrau Marie Sophia Giesin, die er 1885 geheiratet hatte, im Sinne ihres Mannes das soziale Werk fort und erweitertes es ab 1896 um Werks und Haushaltsschulen, Fortbildungseinrichtungen und einen Bauverein. In seinem Testament hatte Schuckert sein Vermögen, von dem seine kinderlos gebliebene Gattin nur die Nutznießung hatte, seiner Vaterstadt Nürnberg.

Ausgezeichnet mit vielen nationalen und internationalen Staats-, Ehren- und Fachpreisen, Medaillen für seine Produkte sowie persönliche Ehrungen wie die Ernennung zum Kommerzienrat im Jahre 1885, starb Sigmund Schuckert am 17. September 1895 im Alter von nur knapp 49 Jahren nach langer, schwerer Krankheit in Wiesbaden. Zu seinen Ehren sind in Deutschland mehrere private und öffentliche Einrichtungen benannt. In Siemensstadt tragen der Schuckertdamm und der anliegende Schuckertplatz seinen Namen sowie früher die Schuckertstraße.

Quelle: http://w3.siemens.de/siemens-stadt/schuker0.htm  (Juni 2011)

Diashow aus der Ausstellungszeitung 1884 Steyr:

Steyrer Pioniere

Dieser Blog ist eine Sammlung von Materialien, Bildern, Berichten und Biografien von verstorbenen Persönlichkeiten aus und in Steyr. Initiiert durch ein Schulprojekt der HAK Steyr und der Redtenbacher Gesellschaft Steyr

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