Die Hammerwerke in Reichraming
von Hans Stögmüller und Wilhelm Schuster
Die Wirtschaft Reichramings stand früher auf drei Beinen: Holzgewinnung, Eisenverarbeitung und Messingerzeugung ernährten die Bewohner recht gut. Eisen und Messing sind aus dem Wirtschaftsleben Reichramings verschwunden. Gerade die Geschichte der Eisenverarbeitung ist uralt.
Der Ortsname Arzberg deutet darauf hin, dass dort in früherer Zeit Eisenerz abgebaut wurde. Schon 1255 wurde die Ortschaft „Erzperg“ genannt. Damals schenkte König Ottokar dem Kloster Garsten von mehreren Gütern, worunter sich das des „Leo in Erzperge“ und die Hube des „Piligrim Grupel“ befanden, den Zehent. Ähnliche Bergbaue gab es in Wendbach bei Ternberg und am Arzberg bei Kleinreifling. Am Reichraminger Arzberg dauerte die Ausbeutung des Erzvorkommens von 1538 bis 1548 an. Gewerke war der Pfandinhaber der Herrschaft Steyr, Freiherr Hans Hoffmann, der zur Verarbeitung des Erzes an der Stelle von drei Wälschen Hämmern, welche Innerberger Eisen verarbeitet hatten, drei Blähhäuser (Schmelzöfen) und einen neuen Wälschen Hammer errichtete.
Das Bergwerk war auch um das Jahr 1648 in Betrieb. Es gab aber so wenig Erz, dass der Unternehmer Hans Koller das eine Blähhaus in einen Kleinen Hammer verwandelte, das andere in eine Mühle und das dritte verfallen ließ.[1]
Heute noch sieht man 500 Meter westlich des Bauernhofes „Unter-Habichl“ oberhalb des den Hang querenden Fahrweges alte Halden, Pingen und verfallene Stollen. Kleinere Brocken von Braun- und Roteisenerz im Hangschutt sowie dünne Erzkrusten in Spalten und Klüften des anstehenden Wettersteinkalkes lassen erkennen, dass hier einst Bergbau auf Eisenerz betrieben wurde.[2]
Wenn auch die Eisenerzeugung nicht lange Bestand hatte, so war der Verarbeitung mehr Erfolg beschieden. Nach dem Urbar (Grundbuch) der Herrschaft Steyr vom Jahre 1424 gab es damals „auf der Reichen Raumig in Artzperger Vorsten“ gelegen einen großen Eisenhammer. Im 16. Jahrhundert vermehrte sich die Zahl der Hammerwerke bedeutend.[3]
Der Vorderhammer (Hammer am Platz)
Dieses Hammerwerk, das etwa 350 Meter oberhalb der Einmündung des Reichramingerbaches in die Enns lag (am „Vorderen Platz“) und sein „Aufschlagwasser“ von dem 450 Meter bachaufwärts gelegenen Schrabacherwehr erhielt, gehörte 1424 den beiden Hammerherren Georg Rottaler und Jörg Kernstock. (2) Jonas Schönthan, ein Bürger zu Steyr, war 1566 Hammerherr in Reichraming. Schönthans Bruder Esaias war zusammen mit Georg Steer Hammerherr in der Schallau.[4]
Peter Ochs besaß 1570 eine Hammergewerkschaft in Reichraming zusammen mit dem Steyrer Ratsbürger Bartlmae Stettner (gestorben 1585) je zur Hälfte, ferner einen Hammer in Hollenstein mit Margarethe Grueber und den Hammer am Hörhag bei Gaflenz. Er starb hochbetagt 1622 in Steyr und hinterließ das bedeutende Vermögen von 77.000 Gulden.[5]
Später kam die Familie Schrapacher in den Besitz des Unternehmens. Klement Schrapacher war 1588 Bürger in Steyr und Hammerherr in Reichraming. Er erhielt mit seinem Schwager Gregor Forster 1601 von Kaiser Rudolf die Konzession für einen Blechhammer und ein Zinnhaus am Wendbach samt Eisenerzbergbau. Klement Schrapacher, der seit 1608 die Gewerkschaft allein geführt hatte, starb 1614. Seine Tochter Magdalena, verehelichte Weidinger, übernahm die Hämmer zu Reichraming, die mit der Innerberger Hauptgewerkschaft (IHG) vereinigt wurden. Ihr Sohn, Hans Weidinger, verkaufte 1637 Haus und Wiesen in Reichraming an die IHG.[6]
1625 wurden folgende Gewerkschaften an die IHG übergeben:
Gregor Forster (besaß das Werk schon 1586): ein welscher Hammer und zwei kleine Hämmer, eine Mühl, eine Sag, alles auf einen Fluder, Wohnhaus usw., Wert 20.141 fl.
Thomas Prenner: Die Hälfte eines Hammerwerks mit einem welschen und zwei kleinen Hämmern, ein Sag, ein Hammer, ein Köhlerhaus und acht Kohlgruben, Wohnhaus usw., Wert 8140 fl.
Hans Hayden: die Hälfte eines Hammerwerks mit einem welschen und zwei kleinen Hämmern, Zugehör, eine Sag, Hammerhäuser und Kohlstätten, Wohnhaus (hatte später die Hausnummer Reichraming 44 und wurde 1899 von einem Hochwasser weggerissen) usw., Wert 6931 fl.
Magdalena Weidinger: ein welsches Hammerwerk und zwei kleine Hämmer, eine Mühl, eine Sag, drei Hammerhäuser, Zeug, Stadl und acht Kohlgruben, Wert 13.890 fl.[7]
Über die Zuordnung der einzelnen Hammerwerken zu den Besitzern gibt es unterschiedliche Angaben. So schreibt Anton von Pantz in seinem Verzeichnis der Rad- und Hammergewerken, deren Montanbesitz im Jahr 1625 der Innerberger Hauptgewerkschaft inkorporiert wurden,[8] dass Gregor Forster das Hammerwerk zu Reichraming besessen hätte, während Thomas Prenner und Hans von Hayden den Hammer zu Dürnbach und Magdalena von Weidinger den Hammer zu Schallau besessen hätte.
Die Hammerwerke (nach den früheren Besitzern benannt) umfassten künftighin:
Thomas Prenner und Johann Haider: 1 Zerrennhammer, 3 Zerrennfeuer, 1 Hammerschlag, 1 Stahlhammer, 2 Stahlfeuer, 1 Hammerschlag, 2 Eisenhämmer, 3 Streckhämmer, 2 Hammerschläge.
Georg Forster: 2 Zerrennhämmer, 6 Zerrennfeuer, 2 Hammerschläge, 1 Stahlhammer, 2 Stahlfeuer, 1 Hammerschlag.
Madalena Weidinger: 3 Zerrennhämmer, 6 Zerrennfeuer, 2 Hammerschläge, 1 Stahlhammer, 2 Stahlfeuer, 1 Hammerschlag, 1 Bratofen, 1 Bratfeuer.
Für die einzelnen Produktionsstätten der IHG wurden Hammerverwalter eingesetzt und Proviantkästen errichtet, so auch in Reichraming. Die Neugestaltung des Eisenwesens brachte Arbeit und Verdienst. Handel und Verkehr belebten sich durch die für den Eisenhandel günstigen Verordnungen.[9]
Das erforderliche Holz und die Holzkohlen bezog die IHG für die Reichraminger Hammerwerke aus den der Herrschaft Steyr gehörenden sogenannten Verlasswaldungen. 1649 verlieh Johann Maximilian Graf von Lamberg, Burggraf zu Steyr, der Innerberger Hauptgewerkschaft über ihr Ansuchen mehrere Waldungen: den Wald in „Prunnbach“ in dem kleinen Forst „Räming“, die „Gambssteinseitten“, hinter dem Hochkogl die „Wolfskhöpf“, den großen „Khien“ und den „Holzperg die Haßl“ genannt im großen Forst „Räming“. Da sich nach genommenem Augenschein zeigte, daß diese Waldungen „würchmäßig unnd herzuholzen sein“, so wurden sie der IHG solchergestalt verlassen, „daß Sie angeregte Holzperg“ nur zu den Hammerwerken in Reichraming gebrauchten mögen, „doch aber derselben Khaine ohne Vorwißen der Herrschafft nit angreiffen noch Ainigen Neuen Schlag machen, und wann Sye zu Ihrer Bewüertschafftung die Bewilligung erlagen, solch Holz von Nideristen bis zum Höchsten abholzen, auch zu wider Anzügl und Besambung deß Gehälzes, taugliche Feichten und Thannen stehen, sonnsten aber darinnen zum Verderben nichts Verligen, noch die Thiern und Windtföhl am stockh stehen, auch Oest und Wipfen im Schlag nicht zersträter liegen, sondern ebenermaßen abstokhen und Vleißig außund zusamben Raumben laßen, Ueber daß aug Ires thailß, souil an derselben nit gestatten oder Verschweigen, daß nach beschechener Abholzung in den Schlögen geprennt, oder sonnsten daß etwo hernachwachsende Junge Holz geschwendet, auch mit Vieh zumal mit gar kheiner Gaiß nit betreiben, sondern in allen Articuln der khayserl. Waldordtnung nachgelebt werde“.
Von diesen Holzbergen hatte die Gewerkschaft neben dem gewöhnlichen Kohlzins noch ein Verlassgeld zu zahlen und zwar vom „Prunnpach“ jährlich zwei Gulden und von den „Wolfskhöpfen“ einen Gulden vier Schilling. 1656 wurden der Gewerkschaft zur „Bearbeitung deren Hammerwerch in der Reichrämbing die Holzperg der Träxl- und der Eibegg-Graben im Groß und klein Vorst Rämbing gelegen“ überlassen.[10]
Damals blühte auch das Handwerk der Waffenschmiede in Reichraming. Da diese denen in Steyr große Konkurrenz machten, so verwehrten die Steyrer den Huf- und Waffenschmieden zu Losenstein, Neuhofen und Reichraming den Besuch der Steyrer Wochenmärkte, weshalb sie durch den Burggrafen von Steyr 1660 beim Magistrat von Steyr Beschwerde führen ließen.
Um 1658 existierten noch ein welscher und ein kleiner Hammer, zwei andere waren kurz zuvor zur Vergrößerung des Messingwerkes verkauft worden. In der Schallau und Dürrnbach gab es damals ebenfalls je einen welschen und zwei kleine Hämmer.
1757 bestand der Vorderhammer aus einem Welschhammer, zwei Stahlhämmern, einem großen Kohlbarren, einer Säge, einer Hausmühle und mehreren Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
Der Schallauhammer
Im Urbar der Herrschaft Steyr von 1424 sind neben anderen Besitzern von Bauernhöfen aus Reichraming Jörg Kernstock vom „gut am Schweiff“ und Andrae Vorster am „Schallerperg“ erwähnt. Daraus wird ersichtlich, dass zu dieser Zeit der Holzrechen in der Schallau schon bestand, da der Teil des Rechens an der rechten Bachseite „der Schweif“ genannt wird. Der Sage nach soll die Au von einem Steyrer Bürger namens Schaller gerodet worden sein, der dieser Gegend seinen Namen gab.
Die Schallauer Hämmer, 280 Meter oberhalb des Schrabacher Wehres gelegen, gehörten von 1567 bis 1573 den beiden Steyrer Eisenhändler Georg Steer und Isaias Schönthan. Letzterer wurde 1579 als Bürger und Salzbeförderer in Weyer erwähnt. Von 1575 bis 1605 gehörten sie dem Franz Hayden, von 1605 bis 1625 dem Hans Weidinger und dem Hans Hayden gemeinsam. 1625 wurde dem Hans Hayden die Gewerkschaft von der IHG um 6931 Gulden abgekauft. Sie bestand aus einem welschen Hammerwerk, zwei kleinen Hämmern samt Zugehör, einer Säge, Hammerhäusern und Kohlstätten.[11]
Das zweigeschossige Hammerherrenhaus mit Attikageschoß, Giebel und Uhr über dem Hauptportal ist noch vorhanden. Das schöne Gebäude weist im Erdgeschoß über ein Tonnengewölbe mit Stichkappen auf und wurde 1988 renoviert.[12]
1757 bestand der Schallauhammer aus einem Welschhammer, einem Stahlhammer und zwei Abschienhämmern, einem Kohlbarren, Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, einem Holz- und einem Kohlplatz, einer Wehranlage und einem großen Holzrechen, der nach seiner Gestalt der „große Schweif“ genannt wurde.
Der Dürnbachhammer
Erster bekannter Besitzer des Hammerwerks, etwa 950 Meter oberhalb des Schallauer Werkes gelegen, war Jonas Schönthan aus Steyr, der um 1566 erwähnt wird. Georg Weitzer (er starb 1577) besaß zwei Hämmer in Dürnbach. Außerdem besaß er um 1567 zusammen mit Esaias Schönthan den Teichthammer in Gaflenz. Weitzer war dreimal verheiratet, unter anderen mit Salome Kumpfner und einer Waidhofnerin namens Elisabeth. Er hinterließ die Waisenkinder Martin und Katharina. Martin (Mert) verkaufte einen der beiden Hämmer an Gregor Vorster. (22) Als Martin 1578 starb, war Katharina die Alleinerbin des Vermögens, das sich auf 7623 Gulden und zwei Häuser belief. Es umfasste unter anderem ein welsches Hammerwerk, zwei kleine Hämmer und eine Säge zu Hinterrist (Dürnbach) an der Reichraming. Diese wurden am 5. November 1577 dem Alexen Reichel um 2300 fl. verkauft.[13]
1580 wurden als Besitzer der Hämmer in Dürnbach die Reichlischen Erben erwähnt. Als nächster Besitzer scheint Gregor Forster auf, der das Hammerwerk um 1586 besitzt und mit der 1606 verstorbenen Anna Schrapacher vermählt ist. Von den beiden Töchtern dieser Ehe war Elisabeth an einen Händel und Ursula an einen Scheichenfelder verehelicht. Der Sohn Wolf besaß 1569 den Kasten an der Enns bei Weyer samt der Ladstätte (Kastenreith). Die Gewerkschaft des Gregor Forster ging 1625 um 20.141 fl. an die IHG über.[14]
Das gut erhaltene Herrenhaus (Reichraming 59) hat zwei Voll- und zwei Dachgeschosse. Im Erdgeschoß und teilweise im Obergeschoß gibt es Kreuzgratgewölbe, im Obergeschoß auch Tonnengewölbe und Steingewände mit Blumenmuster. Bemerkenswert ist ein Renaissancetor mit dem Zeichen „Halbmond im Kreis“ im Schlussstein (deshalb im Volksmund die Bezeichnung „Türkenhaus“), darüber Sgraffitireste und Inschrift: MDLXXXVI 1586. Auch an der Hauptfassade Reste von Sgraffiti. Im Erdgeschoß gotisches Tür und Fenstergewände.
1757 bestand das Hammerwerk aus einem Welschhammer, einem Stahl- und Eisenhammer, einer Holzsäge, einem großen Kohlbarren, einem Holzrechen mit dahinter liegendem Wehr und verschiedenen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden.[15]
Am Beginn der kleinen Siedlung Dürnbach steht, von Kastanienbäumen umgeben, die Dürnbach-Kapelle, zu welcher an den Bittagen in einer Prozession gewallfahrtet wurde und wo früher zur Maienzeit Andachten stattfanden. Die Inschrift ober der Eingangstüre besagt: „Mit Bewilligung des hochw. Herrn Pfarrers Joh. Hochhauser und der Herren Beamten erbaut 1859 von den Eheleuten Franz und Juliana Nerfarth zu Ehren der seligsten Jungfrau Maria“. Die Kapelle hat zwei Fenster, links und rechts je drei Sitzbänke und ist mit schönen Freskogemälden vom Maler Größer aus Steyr geschmückt. Ober dem bescheidenen Altar ist an der gewölbten Decke die Dreifaltigkeit, ober dem Sitzraum sind die vier Evangelisten mit dem Namen Jesu, an der Hinterwand ober der Türe das hl. Abendmahl farbenfrisch erhalten. Der Altarraum ist von dem außenanliegenden Erdreich durchnäßt und schadhaft.
Reichraming unter der IHG
Zum Werksbesitz gehörte ferner ein Hammerwerk in der Aschau (Aschahammer) bei Großraming, das 1666 von Hans Weissenberger gekauft wurde und einen Weichzerrennhammer sowie einen Blechhammer mit den nötigen Nebenbaulichkeiten umfaßte. Der Hammer stand mit den Reichraminger Betrieben wegen seiner abseitigen Lage nur in einem losen Zusammenhang.
Nach Auflassung des Stuckofenbetriebes befassten sich die Reichraminger Betriebe vorwiegend mit der Erzeugung weicher Eisensorten, ohne dass sich ihre Einrichtungen wesentlich verändert hätten. Die IHG stand in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts zum 19 Zwanzigstel des Kapitals im Besitz des Ärars, also des Staates. Damals gehörten zum Besitz der IHG:
7 Hammerschläge mit 13 Feuern in Kleinreifling,
15 „ „ 25 „ „ Reichraming, und
9 „ „ 17 „ „ Weyer, insgesamt also
33 „ „ 55 „ (13)
1833 bestanden in Reichraming drei Hartzerrennhämmer (Stahl), zwei Weichzerrennhämmer (Eisen), drei Stahlgerbhämmer, vier Zainhämmer und zwei Streckhämmer (Eisen). Beschäftigt waren 36 Arbeiter, die auf 22 Feuern 16.840 q Stahl und 16.906 q Eisen produzierten.
Geleitet wurde das Werk von der k. k. Hauptgewerkschaftlichen Hammerverwaltung, dessen Oberbeamter um 1840 Johann von Scheichenstuhl war. Der Unterhammerverwalter hieß David Eisank Edler von Marienfels, der Hammermanipulant Johann Laab.[16]
1841 gab es fünf Zerrennhämmer (2 für Eisen, 3 für Stahl), zwei Steckhämmer (Eisen) und drei Gerbstahlhämmer. Es gab 15 Feuer. Produziert wurden 7764 q Stahl und 10.537 q Eisen. Nach Produktarten aufgeglieder: 8079 q Grobeisen, 2458 q Steckeisen, 4787q Rohstahl, 2599 q Gärb- und Kistenstahl sowie 368 q Streckstahl. In den folgenden Jahren ging die Produktion stark zurück.[17]
1844 bestanden am Vorderen Platz ein Weichzerrenn-, ein Hartzerrenn-, zwei Stahl- und ein Eisenhammer, in der Schallau ein Weichzerrenn-, zwei Stahl- und ein Eisenhammer und in Dürnbach ein Hartzerrenn- und ein Stahlhammer. Anstelle des Aschauer Zerrennhammers war ein Eisenhammer getreten, so daß dort nunmehr zwei Eisenhämmer in Betrieb waren. 1844 zählten beide Werke, Reichraming und Aschau, 213 Beschäftigte, die 6376 q Roheisen, 2950 q Streckeisen, 4919 q Rohstahl und 3012 q Kistenstahl mit einem Wert von 100.737 fl. herstellten.[18]
1851 waren in Reichraming allein 110 Beschäftigte, die 5453 q Grobeisen, 428 q Streckeisen, 914 q Rohstahl und 3586 q Gärb- und Kistenstahl in einem Wert von 121.215 fl. produzierten.
Die Industrialisierung der Eisenverarbeitung
Eine große Veränderung ergab sich erst, als sich die Innerberger Hauptgewerkschaft 1853 entschloss, ihre Eisenerzer Gussstahlhütte wegen der schwierigen Holkohlenaufbringung an einen anderen Ort zu verlegen und als solchen Reichraming auserkor, welcher mit Rücksicht auf die günstigen örtlichen Verhältnisse, die große Wassermenge des Reichramingbaches und des großen Waldreichtums für die Schaffung einer größeren Hütte sehr geeignet erschien.
Die Reichraminger Gussstahlhütte wurde nahe dem Schallauer Kohlplatz, und zwar auf der rechten Seite des Gerinnes errichtet und umfasste zunächst zwei holzkohlengefeuerte Gebläse-Gussstahlöfen, ein Zylindergebläse, einen Grob- und zwei Feinstreckhämmer mit Wasserkraftantrieb zum Gussstahlstrecken und eine Tiegelfabrik mit einem Pochhammer und mehreren Trockenkammern. Das Gebläse wurde derart bemessen, dass Raum für die Aufstellung zweier weiterer Öfen vorhanden war, wodurch die auf 280 bis 336 Tonnen veranschlagte Jahresleistung erforderlichenfalls auf 670 Tonnen gesteigert werden konnte. Um den Rohstahlbedarf der Gussstahlöfen zu befriedigen, wurden die zum Schallauer Weichzerrennhammer gehörigen beiden Weichzerrennfeuer in geschlossene Hartzerrennfeuer mit Winderhitzung umgewandelt.
Die Erzeugnisse der neuen Anlage erfreuten sich in den ersten Jahren ihres Bestandes einer lebhaften Nachfrage, so dass sie bereits 1856 durch Aufstellen zweier neuer Gussstahlöfen mit Abhitzekesseln und eines Dampfhammers vergrößert werden konnte. Gleichzeitig wurde in Dürnbach ein zweiter Hartzerrennhammer aufgestellt.
Die Erzeugung des Werkes belief sich 1857 auf 233 Tonnen Grob- und Streckeisen, 81,5 Tonnen Rohstahl, 32,4 Tonnen Mittelzeug, 20 Tonnen Feuer-Eisenmasseln, 36,2 Tonnen rohen Gussstahl, 190 Tonnen ausgeschmiedeten Gussstahl und 58,5 Tonnen Gärbstahl. 56 Prozent der Produktion von insgesamt 185.000 Tonnen entfielen auf rohen und fertigen Gussstahl.
Das Personal des Werkes bestand aus drei Beamten, drei Meistern und 46 Arbeitern. 1855 wurden von J. Jakob und Dr. Köller Versuche zur Erzeugung von Wolfram-Stahl durchgeführt.
Am 1. Februar wurde zwischen der IHG und der k. k. steiermärkischen österr. Stahlwerksgesellschaft ein Pachtvertrag auf achtzig Jahre abgeschlossen und die Hammerwerke in Reichraming, Weyer, Kleinreifling, Ascha und Hollenstein übergeben. Die k. k. priv. Stahlwerksgesellschaft, die den Betrieb Ende Februar 1858 übernahm, setzte den Ausbau des Werkes fort, indem sie anstelle des Weidingerschen Hammerwerkes eine Raffinierhütte mit drei Puddelöfen, zwei Schweißöfen, einem Dampfhammer und eine turbinengetriebene Luppen- und Fertigstrecke errichtete. Alle Öfen waren mit liegenden Abhitzekesseln versehen. Zur Beheizung diente Holz, das in sechs neben dem Walzwerk aufgestellten Dörrkammern getrocknet wurde. Dem Walzwerk wurde eine kleine mechanische Werkstätte angegliedert.
Die Hoffnungen, die sich an diese in einer Zeit guter Konjunktur geschaffenen Einrichtungen knüpften, erfüllten sich jedoch nicht, da das Werk mit der teuren Holzfeuerung den Wettbewerb mit den steirischen Puddelhütten, die mit Mineralkohle arbeiteten, nicht aufnehmen konnte. Es wurde durch die Kapfenberger Gussstahlfabrik, die zur selben Zeit Siemens-Gussstahlöfen eingeführt hatte, überflügelt.
Durch diese Umstände war die Beschäftigung des Werkes nach dem 1860 eingetretenen Konjunktur-Umschwung so schlecht und sein Betrieb so verlustbringend, dass die durch die Investitionen schwer belastete Stahlwerksgesellschaft den für zwanzig Jahre abgeschlossenen Pachtvertrag vorzeitig lösen musste, wodurch das Werk mit Ende 1862 an die Innerberger Hauptgewerkschaft zurückfiel.
Zudem wirkte sich das Hochwasser negativ auf die Wirtschaftsentwicklung aus, das 1859 viele Wehren zerstörte. Die Hammerwerke, die bisher durch den Krieg gegen Sardinien gut beschäftigt waren, mussten die Hälfte der Arbeiter kündigen.
Damals mussten die Hammerschmiede von 12 Uhr nachts bis 6 Uhr abends arbeiten. Die Lehrbuben verdienten bei schmaler Kost 3 bis 4 fl. vierteljährlich, die Köhler, Holzarbeiter und Hammerschmiede 10 bis 12 fl. vierteljährlich zuzüglich einer „Fassung“, die aus einer monatlichen Zubuße an Naturalien bestand. Die Arbeiter erhielten monatlich ein gewisses Quantum an Getreide, Korn, Weizen und Schmalz sowie ein dreiviertel Klafter Holz vierteljährlich.
1863 standen in Reichraming bereits vier Dampfmaschinen mit 83 PS in Betrieb.[19]
Auch in den folgenden Jahren war das Werk ganz unzulänglich beschäftigt und ausgenützt. Statt der vorgesehenen 700 Tonnen Gussstahl pro Jahr wurden nur etwa 70 Tonnen erzeugt. Die Erzeugung an Puddel- und Walzware, die mindestens 2500 Tonnen betragen hätte sollen, erreichte bloß etwa 340 Tonnen Puddelstahl, wozu fallweise auch einiges Walzeisen kam. Von den vier Gussstahlöfen, drei Puddel- und zwei Schweißöfen, über die das Werk verfügte, standen 1667 nur je ein Ofen in Betrieb. Angesichts dieser misslichen Verhältnisse wurde in diesen Jahren auch nichts gebaut.
Durch den 1867 ganz unerwartet eingetretenen Konjunktur-Umschwung besserte sich die Lage wieder, doch verkannte man keineswegs, dass durchgreifende Maßnahmen nötig waren, um das Werk lebensfähig zu erhalten. Abgesehen von der Aufstellung eines Zementstahlofens 1868 kam es wegen der Verkaufsverhandlungen zwischen dem Montan-Ärar und der Innerberger Hauptgewerkschaft zu keinen weiteren Investitionen. Mit 1. Oktober 1868 wurde das Werk von der Innerberger AG übernommen, nachdem das k. k. Ärar seine 99,27 Prozent Anteile an der IHG samt den Ennstaler Regalitäts-Waldungen an die Österreichische Creditanstalt um 12 Millionen Gulden verkauft hatte. Die restlichen Anteile gehörten Gewerken. Damals bestanden folgende Montan- und Hüttenwerke:
In Niederösterreich: Eisenwerk Reichenau mit Grundbesitz und Hammerwerk Hollenstein,
in Oberösterreich: Hammerwerke Weyer, Reichraming und Kleinreifling mit Ober-Factorie in Steyr,
in der Steiermark: die Bergbaue und Hütten Eisenerz und Hieflau, die Hammerwerke Altenmarkt, Donnersbach und Golling und die Factorie in Leoben. Kaiser Franz Joseph und dessen Thronfolgern wurde das grundbücherlich verbriefte Recht eingeräumt, in sämtlichen Innerberger Wäldern jagen zu dürfen.[20]
1869 wurde das Walzwerksgebäude am unteren Platz erweitert, der gewonnene Raum zur Aufstellung zweier neuer Holzdörrkammern, zweier Puddelöfen und eines Dampfhammers benützt und an die bestehende Luppen- und Grobstrecke eine Feinstrecke angehängt. 1871 wurde der bestehende Zementstahlofen, um den Umweg über die Puddeleisenerzeugung zu vermeiden, in einen Glühstahlofen umgewandelt, der jedoch ebenfalls nur kurze Zeit in Betrieb war.
Das Werk erzeugte in diesem Jahr 430 Tonnen Gussstahl, 387 Tonnen Puddeleisen und 1372 Tonnen Puddelstahl, 62 Tonnen Herdfrischeisen und 129 Tonnen Herdfrischstahl. Der Betrieb der beiden Hämmer in Aschau, von welchen einer zum Gussstahlstrecken, der andere zum Stahlgärben verwendet wurde, wurde bereits 1867 eingestellt.
Wie man aus den vorstehenden Ziffern entnehmen kann, war die Erzeugung des Werkes auch in diesen guten Geschäftsjahren recht gering. Die Erwerbung der Mayer-Melnhofschen Eisenwerke in Donawitz, Leoben und Kapfenberg bot 1872 die schon seit Jahren herbeigewünschte Möglichkeit, die Produktionsverhältnisse des Unternehmens von Grund auf neu zu regeln. Die nach einer veralteten und teuren Methode arbeitende Gussstahlhütte wurde im Oktober 1872 geschlossen, um die gut eingerichete und billiger arbeitende Gussstahlhütte in Kapfenberg besser ausnützen zu können.
1874 wurden in Dürnbach 58.700 q Fertigwaren und Halbfabrikate mit einem Wert von 500.000 fl. erzeugt. Hinzu kamen die Erzeugnisse der Hammerwerke in einem Umfang von 7905 q Fertigwaren und Halbfabrikate mit einem Wert von 82.442 fl.[21]
Das Stahlwerk wird ausgebaut
Dagegen sollte die Puddelstahlerzeugung in Reichraming konzentriert und die Qualitäts-Puddelstahlerzeugung in die frei gewordene Gussstahlhütte in der Schallau verlegt werden, um für die weitere Entwicklung der Betriebe am unteren Platz Raum zu schaffen. Um die Erzeugung steigern und die Brennstoffkosten vermindern zu können, sollten in Hinkunft nur noch die Qualitäts-Puddelöfen mit gedörrtem Holz, sämtliche Öfen des unteren Werkes mit Steinkohlen beheizt werden.
Die Durchführung dieser Pläne hatte umfangreiche Umbauten zur Folge. 1872 und 1873 wurden zunächst die Gussstahlöfen in der Schallau abgetragen und an ihrer Stelle unter Benützung der Gussstahlöfen-Abhitzekessel und einiger frei gewordener Abhitzekessel im Walzwerk vier Puddelöfen mit Stehkesseln aufgestellt. Hierzu kam eine durch ein Wasserrad angetriebene Luppenstrecke, die aus alten Platten und Ständern, die in Gmeingrube vorhanden waren, zusammengebaut wurde. Der Dampfhammer wurde zum Luppendrücken umgeändert. Schließlich wurden auch die Einrichtungen der Tiegelwerkstätte abgetragen und in dem bestehenden Gebäude zwei Holzdörröfen aufgestellt.
Die Holzmanipulation wurde zur Gänze in die Schallau verlegt, wo ein größerer Platz zum Trocknen der Hölzer zur Verfügung stand und wodurch der untere Platz wesentlich entlastet wurde. 1874 wurde die Luppenstrecke mit einem Dampfantrieb versehen, ein zweiter Dampfhammer aufgestellt. und der bestehende gegen einen neuen Drei-Tonnen-Hammer ausgewechselt.
Am unteren Platz wurden 1873 die auf der linken Seite des Gerinnes stehenden sechs Holzdörröfen und die liegenden Abhitzekessel durch stehende Kessel ersetzt, wodurch bedeutend an Raum gewonnen wurde. Anstelle eines gewöhnlichen Schweißofens wurde ein Siemens-Regenerativ-Schweißofen erbaut. Hierauf wurde die Feinstrecke auf die linke Seite des Gerinnes übertragen und mit einer neuen Dampfmaschine versehen sowie die an ihrem alten Platz verbliebene turbinengetriebene Luppen- und Grobstrecke umgebaut. 1874 wurde neben dieser eine neue Mittelstrecke mit einer liegenden Dampfmaschine aufgestellt welche alternativ auch zum Antrieb der Luppenstrecke verwendet werden konnte.
Im Zusammenhang mit diesen Bauten stand ein Umbau der Werkstätte, die Erbauung je eines Arbeiterhauses in der Schallau (1872) und am unteren Platz, sowie die Verlegung der Schmalspurbahn zwischen beiden Werksteilen. 1875 wurden die Bauten durch die Erbauung zweier neuer Holzdürrkammern in der Schallau abgeschlossen.
Obwohl in Reichraming die Produktion von Frisch- und Puddelstahl erweitert wurde, war der Absatz nicht sonderlich gewachsen. Der Puddelstahl war nämlich für die Kleineisenindustrie qualitativ nur beschränkt verwendungsfähig. Deshalb wechselte die oberösterreichische Sensenindustrie zum Beispiel auf Flussstahl über. Der hohe Preis der Erzeugnisse der Innerberger Hauptgewerkschaft veranlasste viele Betriebe, aus Deutschland bessere und billigere Rohstoffe einzuführen. Infolgedessen wandte sich die oberösterreichische Handelskammer 1880 gegen eine Erhöhung der Einfuhrzölle auf Roheisen.[22]
Das Eisenwerk im Jahre 1875
Zusammenfassend gab es 1875 in den einzelnen Werken folgende Einrichtungen:
Dürnbach: Vier Hartzerrennfeuer, ein Gärb- und ein Abschienfeuer, drei Hammerschläge und zwei Zylindergebläse mit einem und zwei Zylindern, von welchen letzteres 1858 an die Stelle dreier Kastengebläse getreten war. Das eine dieser Zylindergebläse wurde später zum Töllerlhammer nach Donawitz übertragen und stand um 1930 dort noch in Betrieb. Zum Werk Dürnbach gehörten ein großes Wehr, ein Holz- und Kohlplatz, Kohlbarren, Vorratsschuppen, Wohn- und Nebengebäude.
Schallau: Der große Holzrechen, ein Wehr, ein Holz- und Kohlplatz, das große Gebäude der ehemaligen Tiegelwerkstätte mit Säge, Holzspaltmaschine und vier Holzdörröfen, die ehemalige Gußstahlhütte mit vier holzgefeuerten Stahl-Puddelöfen mit stehenden Abhitzekesseln, zwei Luppen-Dampfhämmer, eine Luppenstrecke mit Dampf- und Wasserantrieb, das alte Hammerwerk mit zwei Hartzerrennfeuern und mehreren Streckfeuern, einem Zerrennhammer, drei Streck- und Gärbhämmern und verschiedene andere Baulichkeiten.
Am vorderen Platz: Das Walzwerk mit vier Puddelöfen, zwei Schweißöfen, alle mit direkter Feuerung und Abhitzekesseln, einem Siemens-Schweißofen mit Feinkohlengenerator, zwei Dampfhämmern, einer Luppen- und Großstrecke mit drei Gerüsten, welche wahlweise durch eine Jonwal-Turbine und eine liegende Dampfmaschine angetrieben werden konnten, mit dieser gekuppelt eine Mittelstrecke mit fünf Walzenpaaren, ferner einer durch eine liegende Dampfmaschine angetriebene Feinstrecke mit einem Vorgerüst und fünf rascher laufenden Fertiggerüsten, drei Scheren, zwei Bügelöfen und sonstigen Hilfseinrichtungen, die mechanische Werkstätte mit je zwei Hobel- und Bohrmaschinen und einem Riemen-Schwanzhammer, zwei Drehbänken, mehreren Magazinen und sonstigen Gebäuden. Sämtliche Öfen des unteren Werkes wurden, wie bereits erwähnt, mit Mineralkohlen beheizt, die aus den böhmischen Braunkohlerevieren bezogen wurden.
Die Beschäftigung des Werkes war seit Beginn der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig gut und blieb auch in der Zeit nach dem Börsenkrach zufriedenstellend, weil die rege Nachfrage nach Puddel- und Frischstahl anhielt. 1878 erreichte das Werk mit 1147 Tonnen Puddeleisen, 1397 Tonnen Puddelstahl, 73 Tonnen Frischeisen und 500 Tonnen Frischstahl, zusammen 3207 Tonnen Halbfabrikate, seine Höchsterzeugung. Seine Produkte wurden an die oberösterreichischen Sensenwerke, Hackenschmieden und an verschiedene Manufakturisten, an die Steyrer Waffenfabrik, an verschiedene Maschinenfabriken und die Schiffswerft in Linz abgesetzt. Ein Teil des erzeugten Puddel- und Frischstahles ging auch nach Kapfenberg als Einsatz für die dortigen Gussstahlöfen.
Ab 1878 ging die Erzeugung des Werkes wieder stark zurück. In diesem Jahr wurde die Herstellung von Puddel- und Streckeisen aufgegeben und stattdessen die Gussstahlstreckerei aufgenommen, was mit Rücksicht auf die große Entfernung zwischen Kapfenberg und Reichraming keine besonders glückliche Maßnahme war. 1879 begann auch die Nachfrage nach Puddelstahl stark abzunehmen, da die Sensenwerke mehr und mehr zur Verwendung von Flussstahl übergingen, nachdem auch Fußstahlsorten eine entsprechende Schneidehältigkeit erreicht hatten.
Ehe das Werk an die 1881 gegründete ÖAMG überging, war seine Produktion bereits auf wenig über 1000 Tonnen pro Jahr gesunken, welche zu ungefähr gleichen Teilen aus Puddelstahl und Herdfrischstahl bestand. Die Gestehungskosten der Werkserzeugnisse waren schon zu jener Zeit mit Rücksicht auf die Verwendung teuren Holzkohlenroheisens auf die kostspielige Holzfeuerung und die infolge der Frachtkosten ebenfalls nicht billige Mineralkohlenfeuerung und nicht zuletzt infolge der Kleinheit des Betriebes viel zu hoch, als dass es mit Erfolg den Wettbewerb mit anderen Werken hätte aufnehmen können. Auch der Niedergang der oberösterreichischen Messer- und Sensenschmieden wirkte sich auf die Beschäftigung des Werkes aus.
Der Abstieg des Reichraminger Werkes
1880 war die Puddelhütte außer Betrieb. Sechs Dampfmaschinen mit 246 PS, ein Lokomobil mit 12 PS, eine Turbine mit 80 PS, 16 Wasserräder mit 36 PS, acht Puddelöfen, ein Siemens-Martin-Ofen, zwei Zerrenn-, zwei Streck- und drei Gerbhämmer sowie zwei Walzwerke waren vorhanden. 144 Beschäftigte erzeugten 1958 Tonnen Halbfabrikate und 1094 Tonnen Fertigwaren. Fünf Jahre später betrug die Produktion nur noch 2221 Tonnen Halb- und Fertigwaren.[23]
Infolge des bedeutenden Produktionsrückganges wurde 1879 der ganze Puddelbetrieb am vorderen Platz zusammengezogen, so das in der Schallau nur noch der Zerrenn- und Streckbetrieb aufrecht blieb. Für die Erwärmung der Streckware wurde ein Flammofen neu aufgestellt.
Unter der Österreichischen Alpine Montan Gesellschaft (ÖAMG), welche das Werk 1881 mit dem ganzen Besitz der Innerberger Hauptgewerkschaft übernahm, spielte es keine Rolle mehr. Es wurde zwar im Zusammenhang mit Plänen zur Errichtung eines Kokshochofens in Eisenerz oder Hieflau in den achtziger Jahren einige Male erwogen, zwischen Hieflau und St. Valentin ein größeres Raffinierwerk zur Versorgung des oberösterreichischen und süddeutschen Marktes zu errichten. Alle diese Pläne, bei welchen auch ein Ausbau des Werkes Reichraming erwogen wurde, wurden jedoch anlässlich der Erbauung einer Puddelhütte in Schwechat bei Wien endgültig fallen gelassen. Später, als der Brennstoffaufwand der Raffinierhütten bereits bedeutend geringer geworden war und die Frage der Brennstoffdeckung eine geringere Rolle spielte als früher, hätte dieser Plan mehr Aussicht auf Verwirklichung gehabt. Diese Zeit erlebte das Werk aber nicht mehr.
Nachdem sie durch eine Reihe von Jahren mit einer Erzeugung von etwa 1000 Tonnen pro Jahr dahingesiecht war, entschloss sich die Gesellschaft 1887 anlässlich des Verkaufes ihrer ausgedehnten Waldungen im Ennstal, den Betrieb in Reichraming aufzulösen und das Werk zu verkaufen. Die zu diesem Zweck eingeleiteten Verhandlungen führten am 13. Mai 1889 zum Abschluss eines Vertrages, aufgrund dessen das Werk zugleich mit einem sehr bedeutenden Grund-, Wald und Realitätenbesitz um einen Betrag von 1,44 Millionen Gulden an den oberösterreichischen Religionsfonds überging. Die faktische Besitzübergabe erfolgte bereits am 1. Jänner 1889, doch blieb der Gesellschaft eine sechsmonatige Frist zur Aufarbeitung der Vorräte und zur Räumung des Werkes gesichert. Da diese am 30. Juni 1889 ablaufende Frist für die Durchführung dieser Arbeiten nicht ausreichte, nahm die Gesellschaft das Werk noch bis zum 31. März 1890 von seiner neuen Besitzerin in Pacht. Die Einstellung des Betriebes und die Räumung der Betriebslokalitäten und Lagerplätze erfolgte innerhalb dieser Zeitspanne.
Der Reichraminger Chronist Ludwig Girkinger, der es wahrscheinlich auch selbst miterlebt und gesehen hat, schrieb hierüber: „Im Jahre 1889 schlug beim letzten Hammerschlag am 20. Oktober die Todesstunde unserer alten Eisengewerksindustrie. Der letzte Hammerverwalter, Herr Jonas, musste zusehen, wie aus den Werken alles herausgerissen und zerstört wurde und der Verwalter Apold unseligen Andenkens besorgte dies im Auftrag der mächtigen Österreichischen Alpinen Montangesellschaft sehr gründlich“. 150 Arbeiter wurden dadurch brotlos. Sie zogen mit ihren Familien in die Steiermark, um dort wieder Arbeit zu finden. Zurück blieben leere Werkstätten.
Die Werkseinrichtung von Reichraming wurde zum Teil verkauft, zum Teil in andere Betriebe überstellt. Um den oberösterreichischen Bedarf an Eisen und Stahl decken zu können, baute die Gesellschaft den Stahlhammer in Kleinreifling aus. Nach dem verheerenden Hochwasser von 1899, der die meisten Wasserbauten zerstörte, wurde auch dieses Werk 1901 stillgelegt.
Vom Verkauf ausgeschlossen blieb nur ein Arbeiterwohnhaus in der Schallau, welches zur Unterbringung von Pensionisten herangezogen wurde und noch um 1930 mit der gleichen Verwendung in gesellschaftlichem Besitz stand.
In den Baulichkeiten der Gussstahlhütte und des Walzwerkes richtete die k. k. Forst- und Domänenverwaltung, welche die Betriebsführung für den oberösterreichischen Religionsfonds übernahm, Sägewerke ein, doch wurde später ein großer Teil derselben nach eingetretener Baufälligkeit abgetragen.
In Dürnbach, dessen Hämmer bis zum 20. Oktober 1889 in Betrieb waren, standen um 1930 nur noch einige Wohngebäude, darunter das Gewerkenhaus. Der Fluder, die Säge- und Hammergebäude wurden am 14. September 1899 durch das gleiche Hochwasser weggerissen, das auch die Kleinreiflinger Betriebe vernichtet hatte. Der Holzrechen und das Wehr wurden in den Jahren 1908 und 1909 abgetragen.
Vom eigentlichen Werk bestanden um 1930 noch der große Holzrechen, beide Wehre und die zugehörigen Fluder, die Wohn- und Wirtschaftsgebäude und ein kleiner Teil der Betriebsgebäude, darunter das in der Schallau gelegene Hammerwerksgebäude und die beim seinerzeitigen Walzwerk gelegene Werkstätte. Der größte Teil des seinerzeitigen Werksareals wurde in der Folge als Holzplatz benützt.
Private Hammerwerke in Reichraming
Aus einem der schon längere Zeit stillstehenden Hämmer in der Schallau errichtete der Industrielle Michael Grill eine Messerfabrik, die seit Oktober 1891 in Betrieb war.[24]
In Reichraming gab es außerdem ein Zerrennhammerwerk, das 1840 dem Joseph Moisl gehörte, der neben dem Zerrennhammer eine Nagelschmiede betrieb. 1868 gehörte das Werk dem Ignaz Moisl, dem Michael Marxrieser, dem Ignaz Vorderwinkler und dem Franz Stropek gemeinsam. 1874 war M. Markrieser Besitzer des Zainhammers (vermutlich Michael Marxrieser).[25]
Daneben muß es noch zwei weitere private Hammerwerke gegeben haben. So wurde um 1820 der Pfannenhammer Fahrendorf erwähnt. (19).
Ein weiterer Betrieb war der Zerrennhammer am Krenngut (Kirengut, Reichraming 94 und 95), der im Rohrbachgraben lag. Dazu gehörte das Haarstubenhäusl (Reichraming 96) und das Herberhäusl (Nr. 97). Die Krennbrücke über die Enns an der Mündung des Rohrbachgrabens hat von dem Hof ihren Namen. Sie war mehrmals von den Grundbesitzern des Rohrbachgrabens mit Landeshilfe erbaut worden. 1831 gehörte der Hammer Georg Kugfarth, der 1845 dort auch eine Nagelschmiede betrieb. 1839 ist Joseph Moisel als Besitzer angeschrieben. Nach Auflassung des Hammers wurde ein Gasthaus gegründet, das an den Besitzer Wolf kam, der wirtschaftlich „verunglückte“, worauf es der Holzhändler Felbinger erwarb, der das Gasthaus abkommen ließ. Nach längerer Zeit übersiedelte Felbinger nach Steyr. Der Nachfolger Oberndorfer errichtete eine Messerfabrik, die einen guten Betrieb aufwies. Nach dem Tod des Besitzers ehelichte die Witwe einen gewissen Hödl und musste den Hof an den Bauer Kittinger verkaufen, der nicht lange Besitzer blieb. Der Nachfolger Max Wildfeuer aus Wien errichtete eine Wirkwarenfabrik, die nicht lange Bestand hatte.[26]
Angeblich befand sich in Unterweißenbach eine zur Messingfabrik gehörige Zeugschmiede, die eventuell früher ein Eisenhammer war. Dort befindet sich noch heute eine Kapelle.
Illustrationen:
Reichraming mit Erzberg und Eisenhämmern. Federzeichnung 1613 im OÖ. Landesarchiv, Handschrift 1041 des Herrschaftsarchivs Steyr.
Das Messingwerk Reichraming, Ortsansicht Anno 1763, Öl auf Leinwand, Stiftssammlung Seitenstetten
Das Messingwerk Reichraming, Innenansicht, Anno 1763, Stiftssammlung Seitenstetten
Messingwerk Reichraming, Fresko im Vedutensaal des Stiftes Seitenstetten, 19. Jh., im Katalog „Seitenstetten – Kunst und Mönchtum“ auf Seite 120.
[1] Pirchegger, Steir. Eisen 1564-1625
[2] Wilhelm Freh, Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns, in: Erzberges, Jahrbuch Adler 1917/18, S. 297
[3] Urbar der Herrschaft Steyr; Rolleder, Heimatkunde von Steyr
[4] Pantz Anton, Die Gewerken im Bannkreis des steir. Erzberges, Jahrbuch Adler 1917/18, 297
[5] Pantz, Gewerken, 219
[6] Pantz, Gewerken, 306, 374
[7] Karl Langensteiner, Reichraminger Eisenwerke _ Einst Voest für Oberösterreich, Steyrer Zeitung
[8] Pantz Anton von, Die Innerberger Hauptgewerkschaft 1625 – 1783. Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark IV/1, 1906
[9] Ludwig Girkinger, Geschichtliche Nachrichten über Reichraming, Steyrer Zeitung
[10] Rolleder Anton, Heimatkunde von Steyr, Steyr 1894, Nachdruck 1975
[11] Pantz, Gewerken, 121
[12] Sperl Gerhard/Stögmüller Hans/Tippelt Werner, Österreichische Eisenstraße – Ein Kulturführer in Farbe, Steyr 1992
[13] Grüll, Archiv Weyer
[14] Pantz, Gewerken, S. 60
[15] Grundbuch der Innerberger Hauptgewerkschaft von 1757 im Archiv der Bergdirektion Eisenerz
[16] Löw, Topographie, siehe Anmerkung 21
[17] Otruba/Kropf, Entwicklung von Bergbau und Industrie in OÖ., OÖ. Heimatblätter Heft 3/4 1969, 1971 und 1973
[18] Wilhelm Schuster, Geschichte des Stahl- und Walzwerkes in Reichraming. Manuskript im Archiv des Vereines Freunde des Radwerkes IV in Vordernberg (ca. 1928). Auch folgende Passagen stammen aus dieser Quelle
[19] Otruba/Kropf, Industriegeschichte
[20] Alpenbote vom 3.12.1868
[21] Anmerkung von Dr. Hans Jörg Köstler, Fohnsdorf
[22] Otruba/Kropf, Industriegeschichte
[23] Otruba/Kropf, Industriegeschichte
[24] Rolleder, Heimatkunde
[25] Otruba/Kropf, Industriegeschichte
[26] Löw Josef, Topographisch statistisch und technische Beschreibung der … an den Flüßen der Steyer, Enns, Traun, Krems, Alben und Yps anlegenden Hammergewerken und Fabriken… Steyr 1832 (richtig 1840),Manuskript Nr. 339/b im Stadtarchiv Steyr