Von Hans Stögmüller
Erich Übelacker war 1938 bis 1940 Chefkonstrukteur der Steyr-Daimler-Puch AG.[1]
Übelacker wurde am 19. Oktober 1899 geboren. Er studierte in Prag an der Technischen Hochschule Maschinenbau. Sein Professor Dr. techn. h.c. Rudolf Dörfl erkannte Übelackers Talente und machte ihn nach dem Studium zu seinem Assistenten. 1927 begann er seine Industrie-Karriere bei Tatra in Nesselsdorf/Koprivnice und war dort bis 1938 Leiter der Entwicklungsabteilung.
Unter der Leitung von Hans Ledwinka entwickelte er zusammen mit Erich Ledwinka den Tatra Typ 57 und entwarf er den Stromlinienwagen Tatra 77 und die Nachfolge-Typen 77, 77A, 87 und 97.
Übelacker konstruierte den Typ 23/24, eine voll geländetaugliche Sechsachser-Zugmaschine für den 30,5-cm-Mörser von Skoda, war maßgeblich für den Typ 82 beteiligt sowie am Typ 92 mit 100-PS-V-Motor, der in der tschechischen und rumänischen Armee auch als gepanzerter Wagen lief. Übelacker fiel die Verantwortung für den Typ V 357 zu, einem Rad-Raupen-Trecker mit 12,5 Tonnen Leergewicht und luftgekühltem 140-PS-Motor und nicht zuletzt für einen 32-Tonnen-Panzer mit Servolenkung, den Typ V 397.[2]
Bei Steyr arbeitete er von 1938 bis 1941 als Chefkonstrukteur. Er arbeitete an einem fünfsitzigen Stromlinienwagen mit wassergekühltem V8-Motor, der 180 km/h erreichen sollte. Außerdem wurden nach seinen Plänen Fahrzeuge für die deutsche Wehrmacht gebaut.[3]
Übelacker wechselte dann zu Daimler-Benz in die Entwicklungsabteilung für Düsentriebwerke. Im November 1945 stellten die französischen Besatzer in Bregenz eine Gruppe von rund 125 deutschen Ingenieuren zusammen, die hauptsächlich aus der Daimler-Benz Flugmotorenentwicklung stammten. Diese Gruppe, zu der Übelacker gehörte, wurde in das französische Städtchen Pau am Fuß der Pyrenäen verfrachtet. Dort sollten bei der Firma Turboméca Strahltriebwerke entwickelt werden.
Bei Borgward in Bremen
Nach dieser Zwangsverpflichtung kam Übelacker um 1949 zur Autofabrik Carl F. W. Borgward GmbH. in Bremen als Chefkonstrukteur. Der Werksfahrer Karl Günther Bechem baute 1954 auf dem Fahrgestell eines Borgward-Rennsportwagens eine zweisitzige Karosserie, deren Linie Übelacker entworfen hatte. Die pontonförmige Karosserie ohne Seitentüren bestand aus Kunststoff. Angetrieben wurde der Wagen von einem 110-PS-Einspritzmotor. Mit diesem Wagen startete Bechem bei mehreren Autorennen in den Jahren 1954 und 1955. 1956 brannte der Wagen nach einem Unfall auf dem Nürburgring aus.[4]
Übelacker baute 1955 den Prototyp einen „Traumwagen“ mit riesigen Heckflossen für den amerikanischen Markt, der allerdings nicht zur Serienreife kam. Der Wagen hatte Frontantrieb, Scheibenbremsen, Aluminiumaufbau und aufklappbarer Plexiglaskuppel, der mit verschiedenen Boxermotoren von 2 bis 2,5 Liter Hubraum mit bis zu 130 PS bestückt wurde. Man erprobte Saugrohr-Einspritzanlagen, aber auch Vergaser. Der Traumwagen verunglückte am 26. August bei einer Testfahrt.
Übelacker übernahm die Leitung der Abteilung „Sonderentwicklung”, wo hauptsächlich Konstruktionen für den militärischen Einsatz gemacht wurden. Die rund 80 Personen starke Abteilung beschäftigte sich unter der despotischen Regie Übelackers mit u.a. folgenden Projekten:
– Leichtbau-Sportwagen („Traumwagen”)
– Verschiedene Boxermotoren mit 4 bis 10-Zylindern
– „Raumnocke” für das Management der Zündung und der Kraftstoffzumessung
– Getriebe mit elektrischer oder hydraulischer Schaltung
– Entwicklung eines 30-Tonnen-Panzers für die Bundeswehr (die allerdings den Leopard bevorzugte, da Übelackers Konstruktion zu außergewöhnlich und dadurch vermutlich zu störanfällig war). Der Panzer sollte großteils aus Aluminium gebaut werden. Durch geringes Gewicht und starke Motorisierung sollte er extrem schnell und wendig sein, dafür schützte die Panzerung nur gegen Projektile aus leichten Waffen. Übelacker verzichtete auf einen Turmaufbau, die Kanone war freischwingend gelagert.
– Bau eines Panzerturms, dessen Kanone bei Fahrt des Panzers auf das Ziel gerichtet blieb.
– Luftfederung für Schützenpanzer
– Amphibienfahrzeug für die Bundeswehr (nur Prototyp).
Die Abteilung “Sonderentwicklung” und ihr Chef Erich Übelacker wurden nach dem Konkurs der Firma 1961 von Rheinstahl-Hanomag übernommen.[5] Im Werk Bremen-Sebaldsbrück wurden Kleintransporter, leichte Lkw und Baumaschinen produziert. Das Werk ging 1971 an Daimler-Benz.
Übelacker war der Autor einer großen Zahl von Patenten im Automobil-Wesen. Übelacker starb am 30. Juni 1977.[6]
[1] Günther Nagenkögl/Hans Stögmüller, Hans und Erich Ledwinka. Die Autopioniere und Chefkonstrukteure in Steyr und Graz, ihr Leben, ihre Technik, Gutau 2015
[2] Wolfgang Schmarbeck, Hans Ledwinka. Seine Autos – sein Leben, Graz 1990, 147
[3] Wolfgang Schmarbeck, Hans Ledwinka. Seine Autos – sein Leben, Graz 1990, 153
[4] http://autolexikon-thyssen.de/index.php?aktion=detail&datsatz=&marke=&typ=&konstrukteur=&hersteller=&bj_von=&bj_bis=&land=&ps_von=&ps_bis=&volltext=&nummer=636&id=alZSesNm5sFF6Pk17HZuQ6uMPc6PLD20150207235559
[5] http://www.peterkurze.de/museum/html/ubelacker.html
[6] http://en.wikipedia.org/wiki/Erich_%C3%9Cbelacker