Die Michaelerkirche

St. Michael, Bild W. Hack

Das Gotteshaus St. Michael am Fuße des Tabors gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Eisenstadt. Im Gegensatz zu anderen Kirchen liegt es in der Nord-Südrichtung, wodurch die Hauptfassade wirkungsvoll zur Geltung kommt. Den barocken, dem Gotteshaus St. Michael in München verwandten Bau ließ in den Jahren 1635 bis 1677 die Gesellschaft Jesu aufführen, die im Zuge der katholischen Glaubenserneuerung mit kaiserlicher Unterstützung 1630 in Steyr eine Niederlassung gegründet und 1632 ein Gymnasium eröffnet hatte. Elf Bürgerhäuser wurden abgetragen, um für die Kirche und den von 1657 bis 1661 erbauten Kollegiumtrakt (heute Bundesrealgymnasium) Platz zu schaffen. In großzügiger Weise förderten den Kirchenbau die Lamberge, Bernhard Graf von Thonhausen und der Fürst von Eggenberg. Kaiser Ferdinand gab 8000 Gulden.

Im Jahre 1715 erhielt das Gotteshaus durch eine Spende des Bürgermeisters Adam Wilhelm und andere Wohltäter eine große Glocke, 1737 musste das von einer Muttergottes-Statue gekrönte mächtige Kirchenportal erneuert werden.

Größere Bauarbeiten wurden in der Zeit von 1766 bis 1770 durchgeführt, u.a. erfolgte eine Erhöhung der Türme. Der Zeichenmeister Franz Xaver Gürtler schmückte damals das Giebelfeld der Kirche mit dem Fresko „Sturz der gefallenen Engel“.

Das einschiffige helle Langhaus, das zu beiden Seiten je drei Kapellen mit Emporen einsäumen, geht in einen eingezogenen Chor über. Der in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts errichtete Hochaltar wird einem italienischen Meister zugeschrieben. Das Altarblatt. darstellend den hl. Michael. schuf ebenfalls F. X. Gürtler. Der bekannte Kunsthistoriker M. Riesenhuber bezeichnet den Altar „als den schönsten der klassizistischen Kunst“ im Lande ob der Enns. „Dieses um 1766 aufgestellte Prachtwerk“, schreibt er, „stellt uns so klar und glücklich die Vereinigung des strengen, aber durchaus nicht schwerfälligen Säulenbaues mit den überaus zierlichen und hübschen Rokokovasen und Schnörkelornamenten vor Augen“.

Besondere Beachtung verdient die Kanzel. Den Abschluss des wappengeschmückten Schalldeckels bildet die Statue des Guten Hirten. Bemerkenswert sind die Gemälde im Langhaus, Chor und in den Seitenkapellen.

Am 21. Juni 1773 befahl Papst Klemens XIV. die Auflösung des Jesuitenordens. Die Aufsicht über die Kirche führten nun der Stadtpfarrer Anselm Egger und Benefiziat Johann Michael Wessiken. Nach Gründung der Vorstadtpfarre in Steyrdorf im Jahre 1784 wurde das Gotteshaus der Jesuiten, in dem 1779 neue Kirchenstühle aufgestellt worden waren, zur Kirche dieser Pfarre erhoben und J.M. Wessiken zum Pfarrer ernannt. Die alte, „gänzlich ruinierte“ Orgel ersetzte man 1778 durch die Egedacher Orgel aus der Stiftskirche Garten

Dr. Josef Ofner

(Archivalien im Stadtarchiv Steyr. – J. Fröhler, Zur Geschichte der Schule und des Schuldramas der Jesuiten in Steyr, 1955. – M. Riesenhuber, Die kirchliche Barockkunst in Österreich, 1924. – Dehio, Die Kunstdenkmäler Österreich/ Oberösterreich, 1958. – J. Bayer, Die Älteste Orgel von Steyr, 1967. – J. Lenzenweger, Die Entwicklung des Pfarrnetzes der Benediktiner-Abtei Garsten, 1939)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 3/1971

Rate this post
Print Friendly, PDF & Email