Von Josef Ofner
Das am Erzberg in Steiermark gewonnene Eisen wurde in ältester Zeit mit Landfuhrwerken auf der Eisenkammerstraße und mit kleinen Flößen auf der Enns stromabwärts geführt. Dieser Eisentransport war aber sehr unwirtschaftlich, denn ein Floß trug nicht mehr als 60 Zentner, und zur Herstellung der vielen Flöße wurde eine beträchtliche Menge „Rafholz“ (Floßholz) benötigt. Doch auch für die Eisengewinnung war dieses Material unentbehrlich, denn gut geblähtes Eisen konnte nur bei reichlicher Verwendung von Holzkohle erzeugt werden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren daher die Wälder in der Umgebung des Erzberges schon stark gelichtet. Ein fühlbarer Holzmangel machte sich bemerkbar, der die Regierung veranlasste, die Verfrachtung des Eisens statt auf Flößen auf Schiffen vorzunehmen. Um diesen Plan aber durchführen zu können, war für die Bergfahrt die Anlage eines Schiff- und Rossweges längs der Enns notwendig.
Schon die erste Uferbegehung im Oktober 1533 hatte gezeigt, dass sich der Errichtung einer solchen Weganlage in dem an vielen Stellen felsigen, schluchtartigen Talgelände bedeutende Hindernisse entgegenstellen würden und jedes Hochwasser eine stets wiederkehrende teilweise Erneuerung des Schiffweges zur Folge haben müsste. In den nächsten Jahrzehnten nahm man die Arbeit auch nicht in Angriff. Erst im August des Jahres 1553 wurde die Flussstrecke von Steyr bis Reifling abermals einer eingehenden „Beschau“ unterzogen und in den folgenden Jahren mit dem Bau des Rossweges begonnen. Es war zumeist eine äußerst beschwerliche und gefährliche Arbeit. Zahlreiche Felsen am Ufer und im Wasser mussten gesprengt werden, viele Steine waren aus dem Flussbett zu heben. „Schlachten“ gab es aufzurichten und im steilen Gemäuer konnte oftmals nur an Seilen gearbeitet werden. Das Unternehmen litt aus diesem Grunde an Arbeitermangel, denn für diese „genug schieche“ Beschäftigung waren nicht allzuviele „Knechte“ zu gewinnen. 1562 verzögerten außerdem Hochwasser und ansteckende Krankheiten die Fertigstellung dieses Werkes, sodass es nur langsame Fortschritte machte. Aber trotz aller Schwierigkeiten war der Schiffweg von Steyr bis Haimbach zu Beginn des Jahres 1568 vollendet. Der Innerberger Amtmann und Forstmeister Christoph Frölich richtete deshalb an den Bürgermeister, Richter und Rat der Stadt Steyr im Februar des genannten Jahres die Einladung zur Überprüfung der geleisteten Bauarbeiten. Es dürften sich aber doch verschiedene Mängel gezeigt haben, denn von einem Schiffverkehr zwischen Steyr und dem Kasten bei Weyer hören wir erst im Jahre 1565. Das wichtigste Transportmittel waren jedoch immer noch die Flöße.
Nach mehrjährigen Verhandlungen schloss Erzherzog Karl im November 1569 mit dem bekannten „Wasserkünstler“ Hans Gasteiger einen Vertrag, worin sich letzterer verpflichtete, die Regulierungsarbeiten an der Enns von Haimbach bis Hieflau durchzuführen. Gasteiger, ein Tiroler, war Uhrmacher in München, zog 1554 nach Wien und kam um 1565 nach Großreifling. Wegen seiner hervorragenden technischen Fähigkeiten wurde er 1561 in den Adelsstand erhoben und mit einer goldenen Gnadenkette ausgezeichnet. Zu seinen bedeutendsten Leistungen zählen die Räumung der Donau von Krems bis Wien von zahlreichen Schifffahrtshindernissen, der Rechenbau zu Großreifling und seine Neuerungen auf dem Gebiet der Eisengewinnung und des Eisentransportes. Prevenhuber schildert Gasteiger als einen „grob-bäurischen Mann von kurzer Resolution“ und erzählt folgende Anekdote: „Dann als er, bei gehaltenen Augenschein, wohin und an was Ort der Rechen zu Reifling zu erbauen, von Erzherzog Carls zu Oesterreich hierzu deputierten vornehmen Commisiarien gefragt wurde: Ob man auch bey seinem Vorhaben gesichert sey, daß solchem Rechengebäu vom Wasser künftig kein Schaden geschehen könne? Hat er mit Unwillen gleich auf den nächsten Berg gezeigt und gemeldet: Ja, wann man die Rechen da hinauf bauen wollte, könnte er vor solchen Schaden wohl stehen. Gedachte Fürstliche Commissarii begehrten unter andern auch von ihm zu wissen: Wie hoch sich beyläufig die Bau-Unkosten belauffen möchten? Das weiß ich nicht, sagte Gasteiger, wann halt ein Sack voller Geld wird leer seyn, muß man den andern, dritten, vierten, und so fortan, hernehmen und angreifen.“
Wenn auch nach den obigen Ausführungen der „kaiserliche Oberbaumeister der Wassergebäude“ nicht, wie in mehreren Abhandlungen über die Ennsschifffahrt zu lesen ist, als der erste und alleinige Erbauer des Rossweges angesehen werden kann, so leistete er dennoch eine gewaltige Arbeit. Hochwasser, Teuerung und „Infektion“ stellten sich der Ausführung seiner Pläne hindernd in den Weg. Als 1575 an den gefährlichsten Stellen in der Strub und Kripp gearbeitet wurde, sagten die Leute: „Kein Bauer wird mehr leben, wenn an diesen Orten Rosse durchkommen.“ Aber auch diese Schwierigkeiten wurden gemeistert, doch erlebte Gasteiger die Vollendung seines Werkes nicht mehr. Als er am 26. Dezember 1577 die Augen schloss, war der Schiffweg nur bis zur Wandauerbrücke fertiggestellt. Erst im Jahre 1583 schienen alle Hemmnisse für den Eisentransport auf Schiffen von Hieflau bis Steyr beseitigt, aber die Instandhaltung der ungefähr 80 Kilometer langen Flussstraße blieb immer kostspielig. Wie es sich bald herausstellte, hatte Gasteiger den Rossweg zu tief angelegt; statt ihn durch die Felsen zu bauen, senkte er neben den Wänden Schlachten in die Enns, die dem Hochwasser besonders ausgesetzt waren. Es wurde deshalb schon 1584 dort, wo es notwendig war, der Treppelweg höher angelegt und in der Strub und in der Kripp durch das Gemäuer gebrochen.
Die Schiffe, die man für den Warentransport auf der Enns benützte, nannte man „Zillen“ oder „Waldein“. Ihre Herstellung besorgten die „Schiffhacker“ oder „Schoppenmeister“. Vorne, am „Kranzel“ („Gransl“) liefen die Schiffwände in eine Schneide zusammen und waren hier niedriger gebaut als am rückwärtigen Ende, an der „Stuhr“ oder dem „Stoir“, damit die Zillen beim Bergfahren nicht Wasser schöpften. Sie hatten eine Länge von 14 ½ Klafter, eine Breite von 9 ½ Schuh und einen Tiefgang von 28—29 Zoll, zwei kurze Ruderbäume am vorderen und zwei am rückwärtigen Ende dienten zur Steuerung.
Zur Bemannung eines Waldels gehörte der Zillenmeister, auch Nauführer oder Kranzelmeister genannt, der Steurer, einige ordinäre Schiffleute, zwei Schiffreiter und ein Aufleger, der mit einer Stange das Zugseil über die felsigen Hindernisse hinwegleiten musste. Die Schiffleute werden als durstige, harte und fromme Menschen geschildert, die den hl. Nikolaus als Schutzpatron verehrten. Ihren Jahrtag feierten sie im Gasthaus zum „Goldenen Schiff“ am Grünmarkt.
Die Bespannung einer Zille bestand in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus vier Pferden, deren Zahl in früheren Zeiten jedoch größer war.
Flussaufwärts beförderten die Schiffe Getreide aus den „Frucht- oder Troadkasten“ der Innerberger Hauptgewerkschaft (Innerbergerstadel) und sonstige Güter. Da der Schiffweg mehrmals das Ufer wechselte, mussten an solchen Stellen die Pferde in der Zille zum gegenüberliegenden Ufer geführt werden.
Die Instandhaltung des Schiffweges oblag den „Wasserleuten“. Sie hatten angeschwemmte Hindernisse zu beseitigen und mussten Streifbäume auflegen, damit das Zugseil nicht beschädigt wurde.
Auf der Rückfahrt nach Steyr bestand die ungefähr 240 bis 280 Zentner schwere Ladung zumeist aus Roheisen, Stahl und Kleineisenzeug, außerdem wurden die zum Gegenziehen verwendeten Pferde im Schiff mitgeführt. Die Talfahrt, die mit einer durchschnittlichen Stundengeschwindigkeit von 10 Kilometern vor sich ging, war nicht ungefährlich. Der Nauführer musste mit der Flussstrecke genau vertraut sein und die Stromschnellen, Engstellen sowie die im Wasser befindlichen Felsen, die „Kugeln“, genau kennen. Manche dienten zur Feststellung des Wasserstandes und trugen besondere Namen, z. B. der Has, die Sau, der Wolf, der Ochs, der Bachofen u. dgl.
Die zahlreichen Hammerwerke in den Seitengräben des Ennstals erhielten über die Ladstätten ihr Eisen. Solche Landungsplätze waren in Hieflau, Großreifling, Altenmarkt, Kastenreit und Großraming.
Die Eröffnung der Kronprinz-Rudolf-Bahn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte das Ende der Ennsschifffahrt herbei, die vor ihrer Stilllegung jährlich ungefähr 56.000 Zentner Eisen nauwärts und 20.000 Metzen Getreide sowie 1200 Zentner andere Güter gegenwärts verfrachtete. Bald wurde es still auf dem Landungsplatz hinter der Dominikanerkirche, der einst mit großen Kosten und Mühen erbaute Treppelweg wurde dem Verfalle preisgegeben, nur an wenigen Stellen vermögen wir noch heute dessen Verlauf Erkennen. Von den bildlichen Darstellungen, die den Schiffzug veranschaulichen, seien erwähnt das Altarbild des einstigen Flößeraltares an der inneren Südwand der Pfarrkirche in Großraming, eine Zeichnung im städt. Museum und das verwitterte Fresko am uralten „Kasten“ an der Eisenstraße in Kastenreit.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Dezember 1951