Die Beschwerdebriefe der Bauern 1626

(Aus: Der Aufstand von 1596 und der Bauernkrieg von 1626 in und um Steyr)

Von Volker Lutz

 

Die Sorgen, Nöte und Beschwerden zeigen in anschaulicher Weise die beiden von den Bauern aufgestellten Petitionen im Juni und Juli des Jahres 1626. Die eine war von den Bauernausschüssen an die kaiserlichen Kommissare gerichtet, mit der zweiten appellierten die Bauern direkt an Ferdinand II.

Die in Ebelsberg gefangengenommenen kaiserlichen Kommissare wurden von Madlseder in der Steyrer Burg festgehalten. Lediglich Dr. Martin Haffner durfte am 19. Juni mit sechs Mitgliedern des Bauernausschusses nach Wien reisen.1)

Dieser Delegation wurde eine Beschwerdeschrift mitgegeben, die Wolf Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner als Urheber hatte.2)

Die erste Forderung war vor allen anderen die Erlaubnis der Ausübung der protestantischen Religion, wie diese ja schon früher zugestanden worden war. Dabei wurde neuerlich die Klage laut, dass den Steyrer Protestanten, die von ihnen um 500.000 Gulden erbaute Schul- (Dominikaner) Kirche ohne Entschädigung entzogen worden war, und dass den Steyrern bei Begräbnissen seitens der Pfarrherren unverschämt hohe Gebühren vorgeschrieben werden, „also daß man anfangs das erdreich und den glockenklang, nochmals das erdreich ohne glaid (ohne Glockenklang) für unser abgestorbenen begrebnus kaufen miessen!“3)

Klage wird auch darüber geführt, dass die Stadt Steyr seit dem 3. März 1621 mit der Abgabe von 126.000 fl. als Garnisonsgeld belastet worden war und dass sie darüber hinaus noch zusätzlich die Soldaten und deren Befehlshaber mit Speise und Trank aushalten müsste. Die Soldateska habe überdies die Bevölkerung drangsaliert und großen Schaden verursacht, der für die Zeit vom 5. August 1620 bis zum Juni des Jahres 1626 mit ca. 205.000 fl. beziffert wurde. In diesem Zusammenhang wurde auch auf das Gericht am Haushamerfeld hingewiesen, „das man 17 männer ohne urtl und recht aufhenken, spissen, schlaipfen und verbrennen hat lassen!“

Den Protestanten habe man zwar das Emigrationsrecht zugestanden, doch sei die Auswanderung nur mit sehr großen Schwierigkeiten und horrenden finanziellen Einbußen möglich. Durch die Reichung des „zehnten Pfennigs“, des Abfahrtsgeldes und der überhöhten Nachsteuer wird das Vermögen meist um ein Drittel verringert. In die Häuser von Protestanten bis zu deren eventueller Abreise werden bis zu einhundert Soldaten einquartiert, die nichts anderes täten, „als das sie sich mit siessem und prandwein, möth (Met), pier und allem Überfluss von speiss und trank tag und nacht überschüttet Gott gelästert, Unzucht getriben, ehrlicher leut kinder geärgert, zum fal gebracht und ehrlichen leuten ihr gut maistesthails durch den laib gelassen!“

Besonders hart war man in der Stadt Steyr gegen vornehme Bürger vorgegangen, habe deren Gut in die „Spörr“ genommen, die Bürger selbst in den Arrest geworfen und so deren ehrlichen Namen in den Schmutz gezogen. Die Protestanten waren auch sogar vom Bürgermeister, Stadtrichter, dem Stadtanwalt ihrer Religion wegen als Rebellen, Schelme, Diebe usw. bezeichnet worden.

Die Bücherbeschlagnahme wurde verurteilt und vor allem deshalb, weil „vill büecher anstatt des holzes zuem unterheizen gebraucht worden“ waren.

Die weiteren Beschwerden waren die Abschaffung aller protestantischer Prediger aus dem Lande ob der Enns, noch einmal die Hindernisse bei Emigrationen, die Grausamkeiten der Soldaten und die überhöhten Steueranschläge.

Die Schrift endet mit der Bitte um die „uncoditionierte freistellung unserer rainen christlichen religion“ und um Abstellung der genannten Missstände, damit „also das liebe vatterland in ganz fridlichen stand gebracht werden möge!  — Uns bevelend E. Gn. underthaenig gehorsambe N. und N. die gemain und paurschaft im erzherzogtumb Österreich ob der Ens.“

 

Die direkt an den Kaiser abgesandte Schrift der Bauern im Juli 1626 ist bedeutend umfangreicher als die vorhergehende.

Diese Schrift scheint in den ersten Julitagen abgefasst worden zu sein, als noch die Versammlung der Bauernausschüsse und der oberösterreichischen Stände in der Eisenstadt tagte.

Dr. Lazarus Holzmüllner hatte die Abfassung schon im Juni angeregt, doch war es damals nicht dazu gekommen.4)

Zunächst hatten die Steyrer Bürger Kaspar Reinhard und Cosmas Mann die Beschwerden der Bürger von Steyr aufgeschrieben und sich dabei von einigen anwesenden Ständemitgliedern, so auch von Weikhard von Polheim beraten lassen.5)

Ähnlich wie bei der ersten Schrift war die zweite von Madlseder und Dr. Holzmüllner unter Beiziehung von Hans Hausleitner und Christoph Mosburger verfasst und von den Bauernausschüssen in Steyr genehmigt worden. Die Bauern vor Linz und in der Weiberau hatten diese nicht zu sehen bekommen, doch wurde diese Schrift den am 12. Juli freigelassenen und abreisenden Kommissaren nicht mitgegeben.6) Die Schrift weist viele Klagepunkte auf, die schon in der früheren enthalten waren, so auch Beschwerden der Steyrer Bürgerschaft. Viele Argumente stammten aus dem Vortrag, den Dr. Lazarus Holzmüllner am 6. Juli 1626 vor den Ständen in Steyr gehalten hatte. Wie in der ersten Schrift beteuerten die Bauern, dass sie nicht vom Kaiser als Landesfürsten abfallen wollten, sondern dass sie vor allem bäten, dass dieser sie vor dem Statthalter Herberstorff schützen möge.

Dann wurde die Bitte geäußert, der Kaiser möge die protestantische Religion nach Maßgabe der von Kaiser Matthias bewilligten Kapitulationserklärung vom 9. März 1609 genehmigen und alle anderen Beschwernisse beseitigen und allen Verzeihung gewähren.

Im Folgenden werden Inhalt der Punkte des Schreibens an den Kaiser zitiert und behandelt, soweit sie nicht mit den früheren übereinstimmen.

Beim Einfall der Bayern im Jahr 1620 hat das Land großen Schaden erlitten, durch den „Statthalter, vizdomb (vicedominus), obriste, haubtleut, (andere) bevelchshaber und (vor allem) Soldaten“ sei es zum Ruin getrieben worden. Dies habe dem früher doch „„wohlhabenden Land, Städten und Marktflechen (usw.) die landschädlichste und unbarmherzigste regierung von der weit“ eingetragen.

Das Kriegsvolk habe unschuldige Menschen ermordet. Der Statthalter habe sich zu Beginn seiner Regierung freundlich gezeigt, ein Verhalten, das jetzt im krassen Gegensatz zur Wirklichkeit steht. Sein Wirken gegen die Protestanten könne nicht verstehen werden, war er doch einige Zeit seines Lebens in diesem Glauben. Herberstorff habe sich unrechtsmäßig bereichert. In der Beschwerde werden einige Beispiele ungerechten Vorgehens des Statthalters genannt, so gegen die Untertanen des Klosters Pulgarn, gegen die Schiffleute der Altmünster Pfarre am Traunsee. Die mit Recht und nach alter Tradition freigewählte Stadtverwaltung habe er beseitigt und oft untaugliche, aber ihm und der katholischen Religion geneigte Personen zu Ratsherren und Bürgermeister bestellt und der ungefragten Bürgerschaft aufgezwungen. Die abgesetzten Bürgermeister und Ratsherren hatten in kürzester Zeit abzudanken und die noch nicht abgeschlossenen Angelegenheiten zu übergeben. Untauglichen Personen in den hohen Positionen und ungeordnete Sachen brachten den Kommunalverwaltungen großen irreparablen Schaden. Dazu kam noch die latente Geldentwertung.

Die Beschwerden bezüglich der Enteignung der protestantischen Schulkirche und die Entfernung der protestantischen Prediger, der hohen Stolgebühren usw. wurden erneut vorgetragen. Die Katholiken seien in den ehemals protestantischen Gotteshäusern bilderstürmerisch vorgegangen, hätten alte Kanzeln abgebrochen, Grabsteine umgeworfen, die Messgewänder, die Kelche und Musikinstrumente profanen Zwecken zugeführt.

Die beiden Schriften hatten die gleichen Verfasser. Das geht aus der Identität der Beschwerdepunkte und aus der oft gleichen Wortwahl hervor.

Wiederum werden angeführt: die Verhinderung von Emigrationen, die übermäßige Einquartierung von Soldaten in protestantischen Bürgerhäusern und deren Ausschreitungen, die Verleumdung von Protestanten, die Trennung der Kinder von ihren protestantischen Eltern, die hohen Strafen bei Nichteinhaltung der katholischen Kirchengebote, des Messebesuches und der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen, die Bestechlichkeit der bairischen Beamten, die eigenmächtige Erhöhung der Nachsteuer auf 300 % durch den damaligen Bürgermeister der Stadt Steyr, die Unsicherheit auf den Straßen, sowie die Einziehung und Vernichtung protestantischer Bücher.

Nach Meinung der Bauern müsse der Kaiser als Landesfürst eingreifen, bevor das Land und deren Bewohner gänzlich ruiniert werden. Unter Beteuerung der Untertanentreue erhoben sie neuerlich die Forderung nach Religionsfreiheit und verwiesen dabei auf die Resolution von 1609.7)

  1. Khevenhüller, X, S. 1141. — Stieve, S. 122, Anm. 2; Unter den Abgesandten waren keine Steyrer.
  2. Stieve, S. 134. —
  3. Text der Schrift nach der Edition in Stieve ii, S. 260 ff., Beilage II.
  4. Stieve, S. 175, Anm. 4, Aussage Dr. Holzmüllner bei einem späteren Verhör: Im Juni hat er den Richter und einige Ratsherren in Gmunden im Beisein „drei tisch voller paurn proponiert, man solle die gravamina zusamen tragen!“
  5. Stieve, S. 175. —
  6. Stieve, S. 175. — Kurz I, S. 361. —
  7. Anm. 3.

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 33, 1976

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