Der „Teufelsturm“ in Waldneukirchen

Archäologische Ausgrabung 2002 – 2003

Im Sommer 2002 und 2003 erfolgten archäologische Ausgrabungen an der einstigen Burganlage in Waldneukirchen, die unter dem Namen „Teufelsturm“ in der Sage und in der lokalen Überlieferung bekannt ist. Wirklich auffallend ist das tiefe Loch, das einst eine Brunnenanlage der Burg war.

Skizze des Brunnens im Teufelsturm, der eine Tiefe von 30 Metern aufweist und durch die Schottermassen bis ins Grundwasserniveau reicht. Skizze 1989 von Josef Weichenberger

Das „Teufelsloch“ und der seitliche Eingang

„Im Steyrtal gab es einst viele Burgen, von denen aber mit Ausnahme der spärlichen Überreste der Burg Leonstein und der noch ziemlich gut erhaltenen Burg Klaus nichts mehr vorhanden ist. An Stelle der einstigen Burgen Steinbach, Grünburg und Frauenstein stehen heute Kirchen. Diese vielen Burgen sind ein Zeichen dafür, dass das Steyrtal schon in uralter Zeit reichbesiedelt gewesen sein muss. Zu den genannten fünf Burgen gesellte sich einst eine sechste Burg, von der aber heute auch nichts mehr vorhanden ist. Nur ein runder Schacht, der tief und senkrecht in das Konglomeratgestein gehauen ist, wird noch als Überrest dieser Burg bezeichnet. Diese Burg wird urkundlich kaum erwähnt, sondern ist nur sagenmäßig als solche bekannt. Es ist der sogenannte „Teufelsturm“ bei Waldneukirchen. In einer Niederung der smaragdgrünen Steyr, etwa eine halbe Stunde von dem hochgelegenen Dorfe Waldneukirchen entfernt, liegt am Flusse und angeschmiegt an den Berghang die etwas langgezogene Ortschaft „In der Höll“. Am Ende dieser Ortschaft, wo die Straße über den Kernstockberg sachte anzusteigen beginnt, öffnet sich rechterhand eine mit Waldbäumen und Sträuchern wild bewachsene Schlucht, die sich tief in den Berghang hineinzieht und „Teufelsgraben“ genannt wird.“ (aus: Franz Harrer: Sagen und Legenden von Steyr, 1965)

Der Grabungsbericht des Archäologen

Hier folgt der kurze Grabungsbericht des Archäologen Mag. Josef Engelmann, der im Ausstellungskatalog „Worauf wir stehen. Archäologie in OÖ. Linz 2003, S.199-200“ veröffentlich wurde.

Grabung 2002: Blick auf die Quadranten der Ausgrabung des Teufelsturms.
Im Sommer 2002 fand in Waldneukirchen, Bezirk Steyr-Land, eine bemerkenswerte Ausgrabung statt. Anders als bei gesetzlich „erzwungenen“ Grabungen waren Grundeigentümer, Gemeinde und Bewohner des Ortes begeistert über die Tatsache, dass Archäologen am Werk waren. Die Erforschung der Burganlage, die im Mittelalter auf dem Teufelsturm gestanden hatte, war geprägt von einer ungewöhnlich fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Heimatforschern, Bevölkerung und Archäologen.

Die positiven Erfahrungen während dieses Projektes haben möglicherweise eine neue Ausgrabungs-Ära des Oberösterreichischen Landesmuseums eingeleitet: Es ist geplant, in Zukunft verstärkt dort zu forschen, wo die ansässige Bevölkerung archäologische Ausgrabungen wünscht und fördert.

Durch die Sage von einer versunkenen Burg ist die Flur „Teufelsturm“ seit Generationen für die Bevölkerung von Waldneukirchen interessant. Auf Initiative von Mag. Katharina Ulbrich beschlossen mehrere Einwohner, der Sage auf den Grund zu gehen und eine Ausgrabung durchzuführen. So wurde mit dem Oberösterreichischen Landesmuseum Kontakt aufgenommen und um Hilfestellung ersucht.

Durch die Übernahme der wissenschaftlichen Leitung durch Frau Dr. Christine Schwanzar war nicht nur das archäologische Fachwissen gewährleistet, sondern auch das notwendige Ansuchen um Grabungsgenehmigung beim Bundesdenkmalamt lediglich eine Formsache. Das OÖ. Landesmuseum stellte das notwendige Wissen für eine archäologische Ausgrabung in Form mehrerer grabungserfahrener Mitarbeiter sowie die benötigte technische Ausrüstung zur Verfügung.

Bereits vor Grabungsbeginn erfolgte eine vermessungstechnische Aufnahme des gesamten Geländesporns. Die örtliche Grabungsleitung übernahm der Berichterstatter.

Die Flur „Teufelsturm“ ist ein Geländesporn einer Schotterterrasse über der Steyr. Der Sporn wird im Westen, Norden und Osten vom Teufelsbach umflossen. Diese günstigen landschaftlichen Voraussetzungen wurden im Mittelalter zur Anlage einer Abschnittsbefestigung genützt. Im Gelände sichtbar sind der Abschnittsgraben im Süden und ein Brunnenschacht im Norden der Anlage. Letzterer war bereits vor rund fünfzehn Jahren durch Einheimische von Schutt befreit worden. Mauerzüge sind im Gelände nicht erkennbar. Sie sind durch Steinraub bis in die Fundamente zerstört.

Ausgrabung 2002: Archäologe Engelmann erklärt die Grabungsfortschritte
Das Wegtragen der Steine ist wohl auch der Grund für das „Versinken“ der Burg in der Sage. Der Schwerpunkt der Untersuchungen wurde auf den südlichen Bereich der Anlage gelegt. Durch Verfärbungen im Schotter und durch ein gut erhaltenes Mörtelbett konnte eine zumindest 2,80 m starke Umfassungsmauer auf einer Länge von 23,00 m dokumentiert werden, mit der der Sporn im Verlauf des Abschnittgrabens gesichert war. Parallel dazu konnte rund 5,50 m weiter nördlich, also im Innern der Burganlage, der Ausriss einer zweiten Mauerflucht auf einer Länge von 12,00 m dokumentiert werden. Im Westen endete er an der Abbruchkante des Steilhanges zum Teufelsbach. Im Osten wurde er von einer rund 0,50 m tiefen, humos verfüllten viereckigen (?) Grube von ca.6,00 m x 8,00 m begrenzt.
Mauerwerk fand sich nur an einer Stelle im Bereich einer Quermauer zwischen den beiden oben beschriebenen Mauerresten. Dieses Mauerwerk bestand aus hartem Kalkmörtel und großen Flussschottern. Es wurde in Fundlage belassen.

Im nordöstlichen Bereich der Anlage konnte eine Lehmschicht dokumentiert werden, bei der es sich um einen gestampften Lehmboden handeln dürfte. Durch darüber liegende, massive Schottermassen konnte die Lehmschicht allerdings nur über einen kurzen Bereich hin verfolgt werden.

Ausgrabung 2002 am Teufelsturm

Zu den erwähnenswerten Fundstücken zählen Teile eines Radsporns, das Bruchstück einer Schwertspitze sowie Bruchstücke mehrerer Noppenbecher.

Dabei handelt es sich um gläserne Trinkbecher, die im Mittelalter an vornehmen Tafeln verwendet wurden. Die Funde wurden bereits während mehrerer Veranstaltungen in Waldneukirchen präsentiert und werden nun zur Restauration und wissenschaftlichen Bearbeitung im OÖ. Landesmuseum aufbewahrt. Einige offen gebliebene Fragen sollen durch weitere Untersuchungen im Sommer 2003 geklärt werden.

Ausgrabung beim Teufelsturm 2003

Außergewöhnlich an der Ausgrabung am Teufelsturm waren die aktiven Hilfestellungen durch die Gemeinde und die Bewohner von Waldneukirchen: Rund zweitausend freiwillige Arbeitsstunden wurden geleistet. Vom Quartier, das vom Gemeindeamt zur Verfügung gestellt wurde, über Baustrom, Traktor- oder Baggerstunden reichte die weitere Palette der Hilfeleistungen. Dadurch konnte der Aufwand für das OÖ. Landesmuseum in einem vertretbaren Rahmen gehalten und ein optimales archäologisches Ergebnis erzielt werden. Es bleibt zu hoffen, dass diese fruchtbare Art der Zusammenarbeit Schule machen und in kommenden Jahren auch von anderen Gemeinden genützt wird.

Ausstellung von Tonscherben aus dem 12.-15. Jahrhundert vom Teufelsturm in der Volksschule Waldneukirchen 2003.

Literatur: Ausstellungskatalog 2003 „Worauf wir stehen“.- Ortschronik Waldneukirchen 2011.- Alle Fotos: Ulbrich

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