Der Steyrer Stadtgraben

Stich Hausser 1584 (Ausschnitt)

Der Steyrer Stadtgraben (W. Hack)

„Die erste urkundliche Erwähnung der Stirapurhc zwischen 985 und 991 finden wir im ältesten Traditionsbuch des Hochstiftes Passau im Zusammenhang eines Berichtes über die Synoden des Bischof Pilgrim von Passau.

Rund um die 1275 erstmals genannte (Stadtpfarr-)Kirche entwickelte sich der zweite Siedlungsbereich, der im 13. und 14. Jahrhundert allmählich verbaut wurde.

Da Zwischenbrücken und die Enge Richtung Schlossberg bereits früh befestigt waren, ordnete

Kaiser Friedrich III. 1478 den Ausbau der restlichen Stadtbefestigung an, wobei die Innenstadt gegen Westen von doppelten Mauern und einem 1871 zugeschütteten Stadtgraben geschützt wurde.“ [1]

D.I. Berndt beschreibt die Entwicklung:[2]

„Wahrscheinlich um 1480 wurde das Garstnertor gebaut, welches mit dem Pfarrtor zusammen St.-Gilgen-Tor genannt wurde.

Sein militärischer Zweck war die Flankierung des Grabens, welcher der Stadtmauer bis zum Schlossgraben vorgelegt war, wie auch die Sicherung der Stadtpfarrkirche.

Die neun Meter hohe Verteidigungsmauer vom Pfarrtor bis zum Schloss war am Fuße 1,70 Meter stark.

Oberhalb des Durchganges zur Mayrstiege ist noch ein Stück des alten Wehrganges zu sehen.

Dieser Mauer vorgelagert und mit ihr den Zwinger bildend, war die niedere Stadtmauer,

von welcher beim Gasthof „Deutsches Haus“ auf der Promenade wie auch an anderen Stellen noch Teile zu sehen sind. Sie war 1,70 Meter hoch.

Der Turm bei der Mädchenschule auf der Promenade bildete den Abschluss der Stadtbefestigung“

Im Jahr 1820 schreibt  F.X. Pritz über den Stadtgraben[3]:

„Am 3. July wurde der Bau zu dem Damme auf dem Stadtgraben begonnen;

diese neue Kommunikation war wohl wegen der Feuersgefahren nöthig, und überhaupt bequem.

Dieser gab zugleich Veranlassung zur Entstehung der Promenade, denn im März 1821 wurde die Gegend daselbst mit schönen Kastanienbäumen besetzt, welche vom Losensteinleythen hierher gebracht worden waren.“

Dr. Ofner berichtet über die Nutzung des Stadtgrabens[4]:

„Die im Jahre 1506 in Steyr geründete „Vereinigung der Schützenmeister und Schießgesellen“ hatte ihre Schießstätte im 16. Jahrhundert in dem zur westlichen Stadtbefestigung zwischen Stadtpfarrkirche und Styraburg gehörigen Stadtgraben.

In der Biedermeierzeit bestand diese Anlage aus dem Schießstand, der Zielerhütte, einer Kegelstatt, einer Abschlußplanke und einem Stadel.

Die Schützengesellschaft zahlte für den von ihr benützten Teil des Grabens

(990 Quadratklafter, etwa 3560 m2) einen jährlichen Pachtzins von acht Gulden, musste aber dieses Grundstück zur Abhaltung der seit 1818 bestehenden Vieh – und Pferdemärkte am 19. März und 10. Oktober gratis zur Verfügung stellen.

1821 bestätigte das Kreisamt des Traunviertel in Steyr, dass „die Schießstätte vollkommen gefahrlos sei.

Das Fenster des dem Schneidermeister Höller gehörige Haus (heute Promenade 21) wäre zur Vermeidung von Schäden mit Gittern zu versehen.“

Zwei Jahre später beschwerten sich Höller und vier weitere Hausbesitzer über die Schützen, da sie manchmal auch Böller abbrannten. Dadurch würden auch kranke Leute „beunruhigt“ und auch seine Frau liege deshalb „schwer krank darnieder“.

Daraufhin verbot die Stadtobrigkeit das „polizeiwidrige Böller-Abbrennen beim Scheibenschießen“.

Als am 11. Juli 1831 der Lamberg´sche Forstrat Wenzel Koralek seine Amtskanzlei im Schloss verließ und entlang der Gartenmauer seiner Wohnung zuschritt, wurde er durch einen Prellschuss am linken Ohr verletzt.

Bei der Einvernahme durch die Stadtbehörde gab Koralek zu Protokoll:

„Die Kugel kam von der Schießstatt, in welcher damals sein Freischießen gehalten worden, und folglich ein Schuss dem anderen gefolgt war, mir seitwärts entgegen, zerquetschte oder zerriss mir die obere Ohrwindung oder Ohrschnecke, streifte dann an dem Gehörbeine so nahe vorüber, dass die Haut hieran von dem Luftdruck blau unterlaufen war und fuhr dann durch den rückwärtigen Teil des Hutschirmes hinaus.“

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse forderte das Kreisamt die dauernde Schließung,

im April 1834 wurde die Schießstätte abgebrochen.

Über Vorschlag Josef Werndls wurde in den Jahren 1870 bis 1874 der größte Teil des Stadtgrabens zugeschüttet.

Nur etwa ein Viertel dieser mittelalterlichen Wehranlage ist bis heute hinter dem Gebäude der Musikschule erhalten geblieben.“

 

[1] Österreichischer Städteatlas, 7. Lieferung 2002, Steyr

[2] D.I. Friedrich Berndt, Die Wehrbefestigungen der Stadt Steyr

[3] F.X.Pritz, Beschreibung der Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebung, Linz 1837

[4] Dr. Ofner, Die Stadtgraben – Schießstätte, J. Kautsch, Aus den Aufzeichnungen eines Steyrer Bürgers, Stadtarchiv Steyr

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