Der Stadtrichter von Steyr

Das dauernde Recht, über Leben und Tod zu richten, besaßen die Stadtrichter seit dem Jahre 1523.

Die Schranne, in der der Stadtrichter Recht sprach, stand auf dem Stadtplatze vor dem Rathause. Die Malefizpersonen wurden im ordinari Gerichts – und Dienerhaus am Grünmarkt gefangen gehalten. War so ein armer Sünder zum Tode verurteilt worden, so wurde er nach einer eigenen „Ordnung“ behandelt.

(Ordnung und Observanz, so bey Hinrichtung eines Maleficanten bey allhiesig löblich Kaiserl. Königl. und Landesfürstlichen Stadt Steyr vor, bey, und nach Absprechung des Lebens allenthalben zu befolgen ist.)

Nach der Verkündung des Todesurteiles in der Gerichtsstube wurden dem Deliquenten zwey Geistliche beigegeben, die für die Vorbereitung des Sünders auf den Tod zu sorgen hatten. Der Gefangene konnte Besuche empfangen, aber nicht „zu viele“ Personen auf einmal. Die Wasenmeister von Unterhimmel und Wald hatten das zur Exekution nötige Gezeug (Leiter, Stuhl) auf den Richtplatz zu führen und zwar ohne Entgelt. Sie erhielten aber ein Trinkgeld.

Der Henker (Freimann) wurde aus Linz bestellt.

Am Tage der Hinrichtung wurden Richtschwert und Zepter in Begleitung des Äußeren Rates in die Wohnung des Stadtrichters gebracht. Sie wurden bei dem Zuge des Stadtrichters in das Rathaus von einem Knaben vorangetragen. Während des Zuges hatte der Bettelrichter die Rathausglocke zu läuten. Im Rathaus war der gesamte Rat versammelt. Der Stadtrichter frug die Räte, ob einer nach seinem Gewissen das Todesurteil verneine. War dies nicht der Fall, begab sich der Rat in die öffentliche Schranne vor dem Rathaus. Dabei läutete wieder die Rathausglocke. Nun wurde der Deliquent vorgeführt. Nachdem der Stadtrichter ihm vorgehalten hatte, dass nach dem Rechte niemand verurteilt werden könne, der sein Verbrechen nicht öffentlich bekennt oder dessen genugsam überwiesen wird, fragte er ihn, ob er seine Schuld bekenne. Bejahte der Verbrecher, so wurde das Urteil durch den Gerichtsschreiber verlesen.

Nun nahm der Stadtrichter das Wort und beschloss das Urteil im Namen Gottes des Vaters, Sohnes und heiligen Geistes. Dabei zerbrach er ein kleines Stäbchen. Dann rief er:“ Freimann! Zum Ersten, zum Anderten, zum Drittenmal. Hiemit übergib ich gegenwärtige Malefizperson in deine Hand und Band; vollziehe, was das abgelesene Urteil und Recht vermag“. Nun wurde Rathausglocke wieder geläutet. Die Polizeiwache, mit Helebarden bewaffnet, begleitete den Zug. Oft wohnte der Stadtrichter dann auch der Vollziehung des Urteils im Föhrenschacherl bei.

 

In. F. Berndt

Rate this post
Print Friendly, PDF & Email