Von Erlefried Krobath
Mit der Errichtung eines Sensenhammers im Hofe des Heimathauses der Stadt Steyr wurde dem einst in aller Welt bekannten österreichischen Handwerke der Sensenschmiede ein dauerndes Denkmal gesetzt.
In den wasser- und waldreichen Tälern der österreichischen Alpenländer spielte schon im Mittelalter die Verarbeitung des Eisens eine große Rolle. Bereits zu Ende des 15. und am Beginn des 16. Jahrhunderts kann in diesen Gegenden die Existenz von Sensenschmieden nachgewiesen werden. Aus den sogenannten Sensenknütteln, flachen Stäben aus gegarbtem Stahl, schmiedeten die Handwerker der damaligen Zeit in mühevoller Arbeit die Sensen. Zu Ende des 16. Jahrhunderts wurden, wegen der großen Nachfrage nach Eisenhalbzeug, rationellere Methoden gesunden und kleinere Hämmer, Zain- oder Stockhämmer genannt, aufgestellt. An der Steyr und im Ennstal sind diese Zainhämmer, die das grobe Produkt der schweren Hämmer zu feineren Eisen- und Stahlsorten verarbeiteten, in großer Zahl entstanden. Der Bedarf an Sensen führte in weiterer Folge dazu, dass auch die Sensenschmiedemeister solche kleine mit Wasserkraft betriebene Hämmer errichteten und sich die Sensenknüttel selbst anfertigten. Die Zainhämmer der alpenländischen Sensenschmiede waren als Schwanzhämmer, d. h. als zweiarmige Hebel, ausgebildet. Erwähnt sei, dass z. B. die Sensenhämmer im Kirchdörfer Gebiet schon 1570 von derartiger wirtschaftlicher Bedeutung waren, dass Kaiser Maximilian II. den Befehl erteilte, diese Sensenschmiede bevorzugt mit Stahl zu versorgen.
Mit der Erfindung des Micheldorfer Konrad Eisvogel im Jahre 1584, die Wasserhämmer auch zum Ausschmieden der Sensenblätter zu verwenden, waren die Tage der mit dem Fausthammer arbeitenden Sensenschmiede zu Ende. Es entwickelte sich das Großhandwerk mit Arbeitsteilung: zu den Zainhämmern kamen die diesen sehr ähnlichen, aber schwerer ausgeführten Breithämmer zum Ausschmieden des Sensenblattes. Die mühevolle Arbeit des Sensenbreitens, die bisher durch eine Reihe von Gesellen mit Handhämmern durchgeführt werden musste, wurde nun, mit Hilfe des neuen Hammers, vom Essmeister ausgeführt. Auch andere Arbeitsgänge wurden im Laufe der Zeit spezialisiert. Solche waren um 1800 die des Auswägers, des Hammerschmiedes, des Heizers, des Breitenheizers, des Abrichters und Abrichtgehilfen, des Beschneiders und seines Gehilfen, der Grob- und Feinabschaber, der Hammerer und des Kramrichters.
Das im Hofe des Heimathauses aufgestellte Hammergebäude ist, wie dies bei den Hammergebäuden des 18. Jahrhunderts üblich war, ein ungeteilter, an den beiden Giebelseiten mit hohen schmalen Fenstern versehener Raum. Die hölzerne Längswand an der sogenannten Wasserseite des Gebäudes, der eine Radstube vorgebaut ist, zeigt einige breite und niedrige Fenster, die hoch über dem Fluder stehen. Außer dem Breit- und dem Zainhammer sind in der Werkstätte vier Feueressen aufgestellt, von denen drei an der gemauerten Längswand und einer an einer der gegenüberliegenden Ecken angeordnet sind. Als wichtige Einrichtung sind weiters die den Feueressen zugehörigen Blasbälge, ein Härtetrog, eine Schleife und eine Reihe von Ambossen für die Handarbeit vorhanden. In einem kleinen Vorraum, der „Kram“, werden verpackte und Formensensen gezeigt.
Das große Verdienst, diese historisch getreue Sensenschmiede aufgestellt zu haben, gebührt dem Sensengewerken Josef Zeitlinger in Leonstein und seinem Mitarbeiter A. Windhager. Herr Zeitlinger hat schon in frühester Jugend nicht nur die Belegstücke für die Ausstellung eines solchen, vielleicht des letzten noch vorhandenen Hammers, gesammelt und somit vor der Vernichtung bewahrt, sondern auch in einer Arbeit „Sensen, Sensenschmiede und ihre Technik“ die Arbeit der alten Meister des Sensenschmiedehandwerkes und ihrer Mitarbeiter vor dem Vergessen bewahrt.
Den stilvollen Bau erstellte Dipl.-Architekt Franz Koppelhuber nach den Angaben Herrn Zeitlingers.
Dem weitblickenden Wirtschaftsmanne Zentraldirektor Kommerzialrat Walther Glöckel blieb es vorbehalten, die finanziellen Mittel zur Errichtung des Hammers zum Großteil beschafft zu haben. Ein „Kuratorium zur Errichtung eines Eisenmuseums in Steyr“, bestehend aus den Herren Vizebürgermeister Prof. Anton Neumann, Bundesrat Gustav Hack und Obermagistratsrat Dkfm. Dr. Erlefried Krobath als Geschäftsführer, stand ihm nach besten Kräften zur Seite.
Die neue Zeit hat neue Methoden gefunden, die Feuer der Essen im Enns- und Steyrtal beginnen zu verlöschen. Möge der Sensenhammer helfen, die Tradition dieses einst so blühenden Handwerkes zu bewahren.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 17, November 1957