Der Niedergang der bäuerlichen Sache 1626

(Aus: Der Aufstand von 1596 und der Bauernkrieg von 1626 in und um Steyr)

Von Volker Lutz

 

Die kaiserlichen Kommissare waren nach ihrer Haft und Freilassung in Steyr am 15. Juli 1626 in Wien angekommen. Doch sie hielten die erzwungenen Zusagen nicht ein, bezüglich der Beschwerden der Bauern einen baldigen Bescheid anzustreben.1)

Am kaiserlichen Hof war man sich über das weitere Vorgehen gegenüber der Bauern nicht klar. Einerseits sollte das Problem mit Gewalt gelöst werden, andererseits wäre sicherlich auch eine friedliche Lösung zu erreichen. Zunächst wurde beschlossen, den Weg der Verhandlungen zu beschreiten. Die Kommissäre bekamen die Anweisung, bei den Bauern zu erreichen, dass diese auf Kampfhandlungen verzichten, sich nach Hause begeben und einen Ausschuss ihres Vertrauens zu Verhandlungen abordnen. Aber auf Zugeständnisse hinsichtlich der Religion sollten sie sich keinesfalls herbeilassen. Als Zusagen könnten sie nur die Verminderung der Besatzung und ein Einschreiten gegen die Exzesse der Soldaten geben. Würde es dennoch zu keiner Einigung kommen, sollten die Verhandlungen nicht abgebrochen, sondern nur verschoben werden.

Bezüglich der Beschwerden über die bairische Besatzung sollte den Bauern mitgeteilt werden, dass der Kaiser bemüht sein werde, die Pfandschaft möglichst bald auszulösen. Andererseits seien aber die Anstifter und Führer des Bauernaufstandes ohne Gnade auszuliefern. Alles Raubgut müsse den rechtmäßigen Besitzern zurückgestellt werden.2)

Mit zwei Gesandten der Bauern als Geiseln reisten die Kommissare nur bis Melk, weil ihnen die Weiterfahrt zu gefährlich erschien. In das Land ob der Enns sandten sie Nachricht über ihren Auftrag und die Aufforderung, die Verhandlungen zu beschicken.3)

Gleichzeitig erging ein Befehl an die Führer des kaiserlichen Kriegsvolkes, sich weiterer Kriegshandlungen und Plünderungen zu enthalten.4)

Doch die Ausschüsse der Bauern konnten sich nicht sofort entscheiden. Sie reagierten nicht auf die Einladung der Kommissäre. So entschlossen sich die Kaiserlichen zum Angriff. Unter der Gefahr des nunmehr herannahenden Militärs brachen Wolf Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner am 11. August 1626 von Wels nach Melk auf, wo sie erst am 14. August ankamen.5)

Sie überreichten dort den Kommissaren die im Juli verfasste Beschwerdeschrift. Madlseder und Dr. Holzmüllner verlangten vor der Verhandlung Religionsfreiheit, die ihnen die Kommissäre ihrer Weisung gemäß natürlich nicht zugestehen konnten. Die Bauernvertreter zogen die Verhandlungen in die Länge, weil ihnen die Hauptforderungen abschlägig beschieden worden waren. Als sich Madlseder und Dr. Holzmüllner verbürgten, alles, was nunmehr beschlossen würde, sei für alle Bauern verpflichtend, wurde ihnen ein Waffenstillstand vorgelegt, der ab 22. August 1626 acht Tage dauern sollte.6) Nur die Aufhebung der Belagerung von Linz durch die Bauern, wollten Madlseder und Dr. Holzmüllner nicht zugestehen, solange sich der Statthalter Herberstorff dort befände.

Die Verhandlungen wurden in Niederwallsee fortgesetzt. Madlseder und Dr. Holzmüllner hofften, dass Linz bald in die Hände der Bauern fallen werde und so ihre Verhandlungsposition stärken werde. Sie richteten darauf ihre Verhandlungsweise ein und wiesen alle Vorschläge der kaiserlichen Kommissare zurück.7)

Nach der Einnahme von Wels am 27. August und der vorherigen Befreiung der Stadt Linz am 25. August 1626 schwand für die Unterhändler der Bauern, die bisher die Verhandlungen in die Länge gezogen hatten, jegliche Hoffnung.

Wolf Madlseder, Dr. Lazarus Holzmüllner und Achaz Wiellinger suchten für ihre Personen um Begnadigung an und beeinflussten die Verhandlungen des restlichen Bauernausschusses mit den kaiserlichen Kommissaren nicht mehr.

Da sich die Sache der Bauern im Niedergang befand, wagten die Kommissare nach Enns zu übersiedeln. Der Statthalter Herberstorff, der sie dort aufsuchte, sah weitere Verhandlungen an diesem Ort als Einmischung in bairische Angelegenheiten an.

Kaiserliche und bairische Truppen wüteten im Land ob der Enns. Am 5. September 1626 baten die Bauernausschüsse um einen Waffenstillstand, damit man ungestört verhandeln könne. Am gleichen Tag kamen Vertreter der Bauern aus dem Lager zu Weiberau mit der Mitteilung, dass sich die Bauern in den Kaiser Gehorsam und Schutz begeben wollten, wenn ein Waffenstillstand vereinbart und dem Wüten der Soldateska Einhalt geboten werde. Zwei Tage später wurde der Waffenstillstand zu den im August 1626 ausgehandelten Bedingungen für 10. bis 18. September abgeschlossen.8)

Schon am 12. September 1626 wurden den Bauern von den Kommissären folgende Forderungen gestellt:

  1. Die Bauern sollen dem Kaiser die schriftliche Versicherung abgeben, sich an keinem Aufstand mehr zu beteiligen.
  2. Bis zum Ende des Waffenstillstandes am 18. September sollen alle Bauern nach Hause gehen.
  3. Die Bauern sollen ihre Waffen abgeben.
  4. Die Rädelsführer, die Anstifter, die ausländischen Agenten und der Briefwechsel mit diesen, soll ausgeliefert werden.
  5. Den durch den Aufruhr Geschädigten soll voller Ersatz geleistet werden.
  6. Die Bauern sollen sich dem Kaiser als angestammten Landesherrn völlig unterwerfen.9)

Das einzige Zugeständnis an die Bauern war das Verbot des Plünderns durch die Soldaten.10)

Willigten die Bauern in diese Forderungen ein, so verzichteten sie auf die angestrebte Religionsfreiheit und auf die Beseitigung der bairischen Herrschaft. Auch ihr Leben war dem Kaiser ausgeliefert. Doch die strategische Lage machte eine Gegenwehr unmöglich. Am 15. September 1626 sagten sie den Bedingungen zu und überreichten ein Verzeichnis der Führer und Anstifter. Von jedem Viertel des Landes waren nunmehr 25 Abgeordnete nach Enns zu schicken, um Abbitte zu leisten und dem Landesherrn Treue zu geloben.11)

Am 23. September 1626 leisteten die Bauernvertreter dieser Aufforderung Folge und Unterzeichneten das Gehorsamgelöbnis gegenüber dem Kaiser und dem Kurfürsten von Bayern als derzeitigem Pfandherrn.12)

Das Ziel der Kommissare war erreicht. Ferdinand Unterzeichnete am 23. September 1626 das Begnadigungspatent. Veröffentlicht wurde es erst am 13. Jänner 1627! Der Kaiser nahm die Bauern wiederum in seine landesfürstliche Huld auf. Die Rädelsführer schloss er dagegen aus.13)

Ferdinand schrieb nun auch dem bairischen Kurfürsten Maximilian, dass das Land ob der Enns nunmehr befriedet sei, mit der Genugtuung, dass ja der Aufstand durch bairische Beamte ausgelöst worden wäre, und dass die Unruhen ausschließlich durch seine Beauftragten, die kaiserlichen Kommissare, eingedämmt und durch sein Militär niedergeschlagen worden wären.14)

 

  1. Stieve, S. 200. —
  2. Stieve, S. 202. —
  3. Kurz I, S. 576, 216, 508 f. —
  4. Stieve, S. 202. —
  5. Stieve, S.238. — Khevenhiller X, S. 1166. — Zetl, S. 65 und 71. — Kammerhofer, S. 194. —
  6. Stieve, S. 238. —
  7. Stieve, S.240, Anm. 8: spätere Aussage Dr. Holzmüllners. —
  8. Stieve, S. 243. — Kurz I, S. 387 ff. — Die Vereinbarungen waren für die Bauern verhältnismäßig milde, denn es wurde bestimmt, dass die Bauern, wenn sie nicht heimgehen wollten, die bisher besetzten Orte bis zum 18. September 1626 innehaben sollten. Die Aufständischen wurden von den Kommissaren als Gleichberechtigte behandelt. Die Kommissare waren froh, einen Waffenstillstand erreicht zu haben und legten sogar bei Verletzung durch bairische Truppen Protest ein. — Stieve, S.244, Anm. 1.—
  9. Stieve, S.244. —
  10. Stieve, S. 245, Kurz I, S. 593 f. —
  11. Stieve, S. 245, Anm.1. — Stieve, S. 246. —
  12. Stieve, S.246. — Kurz I, S. 596. —
  13. Stieve, S.246, Anm. 5. —
  14. Stieve, S. 247. — Khevenhiller X, S.1193 f. —

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 33, 1976

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