Der Leopoldsbrunnen auf dem Stadtplatz
An den Anfang sei die Wiedergabe eines Aktenstückes gestellt, das dem Verfasser von dem besten Kenner der Archivalien Oberösterreichs, Prof. Georg Grüll (1900 — 1975), vor vielen Jahren überlassen worden war. Es bezieht sich auf die Kosten der Übernahme des monumentalen Leopoldibrunnens auf dem Stadtplatz aus dem Schloss Windhaag und soll die Schwierigkeiten darlegen, dieses interessante Werk vom Unteren Mühlviertel nach Steyr zu bekommen. Leider gibt die Aufzeichnung keinen Hinweis auf den — erst nach dem Transport in Tätigkeit tretenden Bildhauer, der die Leopoldsfigur angefertigt hat.
Selbstverständlich beschrieb die heimatkundliche Literatur den Brunnen schon oft3, auch die Gesamtkosten der Aufstellung wurden bereits genannt (2012 fl 2 ß 4 d).4 Gelegentlich werden auch Meldungen über Restaurierungen des Brunnens in der Literatur gebracht.5 Aus einer anderen Quelle ist zu erschließen, dass es auch bei dem Abtransport des Brunnens aus Schloss Windhaag nicht ohne Komplikationen abgegangen ist. Die Stadt Steyr brachte gegen die Steinmetzen Rebhändl und Pichler beim Marktgericht Münzbach am 8. Juli 1682 eine ‚Klage wegen Nichteinhaltung der Arbeiten ein.6
„Summari Particulare“ über die Unkosten „auf den zu Windthag erkauften, alher gebrachten und alhier in der stadt aufgesetzten steinernen prunnen“
Kaufschilling 300 fl
Schiffmaut 310 fl
Fuhrlohn 57 fl 4ß 28d
„Reiß unkhosten“ 18 fl 313 18 d
Botenlohn 4 fl 1ß 18d
Brunnenaufsetzerlohn 743 fl 213 26 d
Maurermeister 219 fl 5ß 2d
Kalk 67 fl
Zimmermeister 77 fl 4ß 22 d
Hufschmied 241 fl 1ß 8d
Steinmetzarbeit 140 fl 3ß 22d
Rohrschmiedarbeit 66 fl 413 12d
Staffeln 2 fl 3ß 18d
Leinöl 165 fl 713
Blei 135 fl 6 13 24 d
Glasscherben 34 fl 24 d
Füllstaub 5 fl 6 13 12 d
Gold, Bleiweiß, Kienruß 60 fl 3ß 14d
Pinsel und Pech I fl 113 10d
Mörtel 8 fl 2ß
Zinngießer 2 fl
„Graimbel“ 12 fl
Fuhren 130 fl 6ß
Tagwerker 14 11 1 ß 2d
Summa 2819 fl 6ß 20d
Steyr, 10. Juli 1683
Tobias Hager, Steueramtsverwalter Wolf Josef Weingner (?), Gegenhandler
,,Uncosten, welche wegen des zu Windthag erkauften und allhier zu Steyr aufgesetzten steinernen prunnen
an kaufschilling, schöffrnauth, aufsetzung des prunnens und ansonsten albereits auferloffen“:
Joachim Enznallner hatte 1636 die Herrschaft Windhaag erwerben können, nach der er sich ab 1651/52 als Freiherr und ab 1669 als Graf nannte.
Er begann unmittelbar nach dem Kauf (dieser war in der Zeit der Gegenreformation bei völliger Entwertung des Grundbesitzes leicht möglich) mit dem Bau eines neuen Schlosses im Renaissancestil. Dort waren auch Bibliothek, Kunst-und Münzsammlung des Grafen untergebracht.
1664 gründete Graf Windhaag für seine einzige, ins Kloster eingetretene Tochter ein Dominikanerinnenkloster im alten Schloß.
Eva Magdalena wurde 1668 erste Priorin.
Nach dem Tode des Vaters 1678 ließ die Tochter das neue Schloß —es war kaum fünfzig Jahre alt! — abtragen und begann 1681 mit dem Neubau eines Klosters und einer Kirche.‘
Vor diesem Hintergrund ist der Ankauf des Windhaager Renaissancebrunnens durch die Stadt Steyr im Jahre 1682 zu sehen.
Als die Kunstschätze in Windhaag in alle Winde zerstreut wurden8, erwarb eben die Eisenstadt Steyr einen prächtigen Brunnen und wollte ihn —dem Geist der Zeit folgend — mit einer Leopoldsstatue bekrönen.
Der damals regierende Kaiser hieß Leopold I., er hatte 1663 den babenbergischen Markgrafen zum „Schutzpatron des gesamten Landes Österreich“ gemacht, die kaiserliche Familie beging das Leopolds-fest von da an immer im Stift Klosterneuburg, St. Leopold wurde verstärkt zu einem Symbol für Österreichs Geschichte.
Auch auf dem Graben in Wien wurden, neben der Dreifaltigkeitssäule, Brunnen und Standbilder der Heiligen Leopold und Josef errichtet.9 Das Wahrzeichen vor dem Rathaus der Stadt Steyr, der Steyrer Leopoldsbrunnen, ist hier einzuordnen
1 Manfred Brandl — Josef Ofner: In: Herbert Knüller: Die Städte Oberösterreichs. österreichisches Städtebuch 1. Wien 1968. S. 277.
2 Siehe auch: 00. Heimatblätter. Jg. 35 ( 1981). H.3/4. S. 245 ff.
3 Z.B.: Steyrer Zeitung vom 24. September 1929.
4 Anton Rolleder Heimatkunde von Steyr. Nachdruck. Steyr: Ennsthaler 1975. S. 175.
5 Besonders wurde die Bemalung der Fahne des hl. Leopold (sonst ist dort das Fünf-Adler-Wappen Niederösterreichs dargestellt) beanstandet.
6 Münzbacher Marktgerichtsprotokoll. 1655 — 1722. Marktarchiv Münzbach. (Auch diese Mitteilung verdanke ich Prof. Georg Grüll.)
Handbuch der historischen Statten ( )stet leieli 1 ltand: 1 ), nauländer und Burgenland 1 Irsg. Sintirai t 19 /11
- 142.
Georg Grün: Geschichte des Schlosses linzl dci 1 lel seliatt Windhaag bei Perg (Oberösterreich). In: hin Inich des ( Hier-österreichischen Musealvereines. 87.11am‘. 1937. 5.185 lt. Brunnen werden darin S. 23(11. und (Ahlelieh) 5.255 genannt.
9 Georg Wacha: Leopold III.. der 1 heilige ein Symbol in Osterreichs Geschichte. Wissenschailiche Schriftenreihe Niederösterreich. Heft 14. 1. Aufl. 1975. 5. 19.
Aus einem Artikel „Steyrer Miszellen“ von Georg Wacha