Eine typische Erscheinung im Alltagsleben unserer Stadt waren früher die Bettler, die von Haus zu Haus ziehend oder vor Kirchentüren sitzend um ein Almosen baten. Um Pilger und arme Leute aus der Fremde kümmerte sich in Steyr schon im Mittelalter eine karitative Vereinigung, die bereits 1412 erwähnte Elendszeche.
Die Überwachung der Bettler war dem vom Rate bestellten „Bettelrichter“ übertragen. Er bezog von der Stadt Kleidung und Holzgeld. Im Jahr 1700 nahm der Magistrat einen zweiten Bettelrichter auf, der wöchentlich 20 Kreuzer erhielt.
Die zum Betteln befugten Personen trugen ein Zeichen (Bettlzeichen, Bettlschild). Im Jahr 1589 bestimmte der Rat, dass Leute mit dem“ gelben Zeichen“ Almosen sammeln dürfen, jene aber, welche „die weiße haben“, abzuschaffen sind. 200 Stück Bettlerzeichen aus Blech „mit aufgeschlagenem Panthertier“ ließ der Magistrat noch 1767 anfertigen. Dieses Zeichen allein aber genügte nicht. Der Bettler musste sich auch mit einem von der Stadtkanzlei angefertigten „Almosenbrief“ legitimieren können.
Seit 1680 suchten mehrere landeshauptmannschaftliche Patente die Bettelei einzudämmen, gab es doch unter den Armen auch „arme Leute und pure Müßiggänger. Am 1.August 1725 erschien für das Land ob der Enns eine kaiserliche „Betl Ordnung“, ab 1727 bestanden eigene Kommissionen, die sich der Armen und Verwahrlosten anzunehmen hatten.. Die „müßigen Bettler“ waren nach dem Landschaftspatent vom 26.Sept.1730 in die Linzer Wollspinnerei einzuweisen. Die Stadtobrigkeit ließ seit diesem Jahr regelmäßig Almosen sammeln und gab sie in die Armenkasse. Doch auch hier zeigten sich Unzukömmlichkeiten. 1734 bedauerte der Rat, dass sich „in den Almosen Pixen“ viel falsches und „ungäbiges Geld“ vorfinde. Die Viertelmeister erhielten den Auftrag, den „Einsammler“ zu begleiten und das Geld, ehe es in die Büchse gegeben wurde, zu überprüfen.
In der Zeit nach 1746 befassten sich noch etliche Patente mit der Bettlerfrage. Eine weitgehende Besserung aber brachte erst das von Kaiser Josef II. begründete „Armen-Institut“ das in Steyr im Jahre 1784 eingeführt wurde.
Josef Ofner Steyr, Kurzer geschichtlicher und kulturelle Überblick S 104 und S 49