(Aus: Der Aufstand von 1596 und der Bauernkrieg von 1626 in und um Steyr)
Von Volker Lutz
Die Bauernaufstände, die Volkserhebungen des kleinen Mannes, die sich manchmal zu regelmäßigen Kriegen auswuchsen — 1525/26, 1594/97 und 1625/26 — richteten sich nie gegen Kaiser und Reich, sondern ausschließlich gegen die unmittelbare Obrigkeit, vor allem gegen den Adel und die Mitglieder des hohen Klerus und gegen aufgezwungene Fremdherrschaft. Die Niederlassungen der Stände wie Burgen, Schlösser und Klöster waren die Ziele des kriegerischen Plans; so auch im Bauernkrieg im Land ob der Enns und unter der Enns in den Jahren 1594 bis 1597 und in der Zeit der Bauernwirren von 1625/26 im Lande ob der Enns, deren sich in unserer Gegend abspielender Teil hier seine Behandlung finden soll.
Die Bauernkriege der Jahre 1525/27 mit ihren Kriegsschauplätzen vor allem in Süddeutschland, in Tirol, in Salzburg, in der Steiermark und in Kärnten haben in Oberösterreich keine so spektakulären Ereignisse gebracht wie die folgenden; desgleichen die Aufstände 1564 im Pongau und 1565 im niederösterreichischen Merkenstein und 1573 in der Untersteiermark.1)
Im Jahre 1525 sah der Landesherr die Gefahr, dass die Bauernunruhen in den umliegenden Gebieten auch auf das Land ob der Enns übergreifen könnten. Als erste Gegenmaßnahme fand der Landtag am 7. Juni 1525 in Linz statt. Am 29. Juni 1525 kam es zu einer Tagung in Steyr. Die Eisenstadt war deshalb gewählt worden, weil sie in einem von den Bauern noch ungefährdeten Gebiet lag. Die Aufgabe dieser Konferenz war es, Angelegenheiten zu behandeln, die die Erhaltung des Friedens wahren sollten.2) Als Teilnehmer werden genannt: Propst Peter von St. Florian, Abt Pankraz von Garsten, Achaz von Losenstein, Alexander Schifer von Freiling, Sigmund Ludwig von Polheim, der Pfleger der Herrschaft Steyr Eberhard Marschall von Reichenau und die Bürgermeister von Linz und Steyr Coloman Greinthaler und Michael Kernstock.
Die Verhandlungen brachten nicht das erwünschte Ergebnis. Die Bürger der sieben landesfürstlichen Städte — an ihrer Spitze Steyr — waren nicht bereit, die Kosten für die notwendigen Rüstungen und weitere finanzielle Belastungen auf sich zu nehmen. Ein Krieg mit den Bauern musste für die Bürgerschaft, die zum größten Teil aus dem Handel ihren Nutzen zog, weitere Einbußen mit sich bringen. Die Bürger sprachen sich daher für Neutralität aus und waren nicht für die gewaltsame Lösung, die die drei oberen Stände vorschlugen, zu gewinnen. Die Städte gaben vor allem dem Prälatenstand die Schuld am Ausbruch der Unruhen und verschanzten sich bezüglich der an sie gestellten Forderungen hinter große finanzielle Schwierigkeiten.3)
Nach der Bildung eines Bauernbundes um die Mitte des Juni 1525 versuchten die Stände energisch die Hilfe der Städte zu erreichen. Am 17. Juni 1525 erschienen über Befehl des Landeshauptmannes Cyriakus von Polheim Achaz von Losenstein und der Pfleger Eberhard Marschall von Reichenau in Steyr um den Forderungen nach Einquartierung und Verpflegung des aufgebotenen Kriegsvolkes Nachdruck zu verleihen. Der Rat der Stadt lehnte wiederum ab, mit dem Argument, die Auseinandersetzungen mit den Bauern betreffen ausschließlich die Adeligen und die Prälaten. Nur wenn das landesfürstliche Kammergut Schaden erleide, werde die Stadt tatkräftigen Beistand leisten.4)
Vor der klärenden Zusammenkunft am 29. Juni 1525 in Steyr trafen Bürgermeister und Richter Maßnahmen, die die Ordnung in der Stadt sichern sollten. Ein Schreiben des Erzherzogs Ferdinands vom 25. Juni 1525 hatte der Stadt Steyr schwere Strafen angedroht, wenn sie die ständischen Truppen nicht unterstützen sollte.
Die Delegation aus der Steiermark konnte an der Tagung in Steyr nicht teilnehmen, weil sie in Kastenreith an der Enns von Bauern angegriffen wurde und sich zurückziehen musste. Unter dem Schutz einer bewaffneten Gruppe von Steyrer Bürgern und Dienstleuten der Herrschaft Steyr konnten die Steirer in die Eisenstadt reisen. Trotzdem scheint es in Steyr zu keinen Verhandlungen gekommen zu sein, denn es wurde eine neue Zusammenkunft für den 12. Juli nach Wiener Neustadt einberufen.
Nach dem Sieg der Bauern unter Michael Gruber am 3. Juli 1525 in Schladming, zog eine Gruppe von zweihundert Bauern, von der Steyrer Bürgerschaft ungehindert, durch die Stadt. Diesem Durchzug scheinen Verhandlungen mit dem damaligen Bürgermeister der Stadt Steyr. Coloman Dorninger, vorausgegangen zu sein.5)
Die Erfolge der Bauern ermutigten unzufriedene Stadtbürger zu Aktionen gegen den Stadtrat.
Von dieser überraschend großen Gruppe wurden an den Rat der Stadt folgende Forderungen gestellt:
- Bei der Veranschlagung der Steuern sollten aus der „Gmain“ jedes Stadtviertels zwei bis drei Bürger dem Rat „adiungieret“ — und
- sollen den Bürgern die Freiheiten der Stadt aus dem Jahre 1499 verlautbart werden.
Beschwerden gegen den Rat der Stadt waren zu dieser Zeit berechtigt, weil die Ratsmitglieder — aus reichen Handelsfamilien stammend — den größten Einfluss auf die Beschlüsse hatten und diesen mitunter zum eigenen Vorteil ausnutzten.
Doch der Sache der Bauern war kein Erfolg beschieden. Schon im Juli 1525 zerfiel der Bauernbund und die 27 daran beteiligten Pfarren unterwarfen sich. Die Städte beteiligten sich weiterhin nicht am ständischen Aufgebot. Schließlich kamen die Steyrer Ratsherren zur Einsicht, dass weiterer Ungehorsam Folgen haben könnte und sandten dreißig Mann zum einberufenen Aufgebot in die Welser Heide. Diese nahmen dann an der Strafexpedition des Alexander von Schifer gegen den Attergau teil. Gegen die aufständischen Bauern wurde mit Geldstrafen vorgegangen. Dieser Aufstand hatte auch kein Zentrum und keine bedeutenden Persönlichkeiten als Anführer. Der protestantische Glaube spielte um 1525 in der Motivation der Aufstände noch keine Rolle. Diese Kriterien stellen auch die wesentlichsten Unterschiede zu den späteren Bauernkriegen dar.6)
- Franz, Der deutsche Bauernkrieg, 8. Auflage, 1969. — A. Czerny, Der erste Bauernaufstand in Oberösterreich, 1882. —
- Kammerhofer Ernst, Steyr und die oberösterreichischen Bauernunruhen, Dissertation an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, 1949, S. 15. — OOLA, Landständische Annalen, Band 1, Bl. 538. —
- Czerny, S. 137. — Kammerhofer, S. 19.
- Preuenhueber, S. 222. — Kammerhofer, S. 20. —
- Preuenhueber, S. 222. — Kammerhofer, S. 23. —
- S. 25 ff.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 33, 1976