Das Strafgericht 1626

(Aus: Der Aufstand von 1596 und der Bauernkrieg von 1626 in und um Steyr)

Von Volker Lutz

 

Nach der Unterwerfung im September 1626 in Enns füllten sich die Gefängnisse. Mitte Dezember lagen über einhundert Rädelsführer in den Kerkern. Die Hauptschuldigen wollte man ursprünglich nach Wien überstellen, doch machte der bairische Kurfürst seine Rechte geltend. Der Kaiser entsandte Ende Oktober den früheren Kommissar Dr. Paul Haffner, den niederösterreichischen Regimentsrat Paul Hieronymus von Ello nach Enns, um die Untersuchungen durchzuführen. Herberstorff ließ sich ermächtigen, der Kommission die bairischen Statthaltereiräte Sturm und Riemhofer beizuordnen. Diese wurden im Jänner 1627 gegen Hofrat Dr. Ferdinand Hubstauder und den Regimentsrat Dr. Johann Schäufele ausgetauscht.1)

Zuerst war der Sitz der Kommission Enns. Nach der Ankunft der bairischen Teilnehmer übersiedelten Haffner und Ello nach Linz. Achaz Wiellinger wurde in Linz, Wolf Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner in Enns verhört. Achaz Wiellinger war der einzige Adelige, gegen den gerichtlich vorgegangen wurde. Andere Standespersonen waren rechtzeitig ins Ausland geflüchtet, gegen viele im Lande wurde überhaupt nicht untersucht, um nicht auf hohe Persönlichkeiten greifen zu müssen.

Dies erhärtet die Annahme, dass Wiellinger von den Bayern verhaftet worden war, die ihre Gefangenen ausnahmslos nach Linz brachten. Auch die Rolle der Landstände bei der Erhebung wurde teilweise von den Kommissaren untersucht, doch der Aufstand wurde dann als „reines Bauernwerk“ bezeichnet und so blieb dessen Ahndung an den Bauernführern hängen.2)

Viele der Hauptleute und Führer waren entweder gefallen oder noch flüchtig, andere im Gefängnis den Wunden, Krankheiten oder den Folgen der Folterung erlegen. An den noch lebenden Verhafteten wollten Kaiser, Kurfürst, Statthalter und Kommissäre ein Exempel statuieren.3)

In Steyr konzentrierten sich die Untersuchungen zunächst auf die gefangenen Bauernführer Wolf Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner. Der Rat der Stadt hatte ein Inventar des Eigentums der beiden aufzustellen und nach Enns zu übersenden. Zu Kommissaren in dieser Angelegenheit wurden Jakob Zetl, Hans Lutz, der Gerichtsschreiber Spannesberger sowie der Stadtrichter Niklas Frizler verordnet.4) Bei Dr. Lazarus Holzmüllner in Steyr wurden alle Aufzeichnungen untersucht, doch konnten keine belastenden Schriften im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand gefunden werden. Das durchsuchte Haus wurde dann versiegelt.5)

Auf die Bauernführer konzentrierte sich die gesamte Rache mit ungeteilter Schärfe, ob die Bauern schon lange verhaftet oder erst kurz im Gefängnis lagen oder sogar noch an den Kämpfen nach dem 23. September 1626 teilgenommen haben, denn nur so können bei manchen Bauernführern die grausamen Urteile erklärt werden. Wiellinger, Madlseder, Dr. Holzmüllner, Angerholzer und Hausleitner lagen nämlich längst im Arrest, als noch furchtbare Kämpfe entbrannten.6)

Die Frage war, ob man gegen die Verurteilten auch die Gütereinziehung aussprechen sollte. Diese Strafe war bei Majestätsbeleidigung und Hochverrat vorgesehen. Man wollte Abstand davon nehmen, weil die Bauern wegen Aufruhres verurteilt worden waren.7)

Die kaiserlichen Kommissäre hatten sich auch aus dem Grund gegen die Gütereinziehung gewendet, weil das beschlagnahmte Gut den bairischen Pfandherrn zufallen und dadurch das Land verarmen würde. Doch nur einem Teil der Verurteilten wurde die Gütereinziehung erlassen.8)

Die grausamen Leibesstrafen wurden vom Kaiser gemildert, sodass sich vor allem die bairischen Kommissare kritisch äußerten: „Nos putamus, diese Straff sei zu gering!“9)

Vor dem Urteilsspruch wurden die Untersuchungen bekanntlich in Enns und Linz durchgeführt. Madlseder und Dr. Holzmüllner waren der Tortur unterworfen worden, die aber keine nennenswerten Aussagen brachte.10)

Madlseder hatte zu Beginn des Aufstandes den Schein zu wahren gewusst, er suche zwischen den Bayern und den Bauern zu vermitteln, indem er sich auf die Vollmacht des Herberstorff stützte, die nun die kaiserlichen Kommissare veranlasste, den Bauern die Wahl eines eigenen Ausschusses zu gestatten, eines Gremiums, an dessen Spitze überraschend Madlseder dann selbst trat.11)

Der Adelige Achaz Wiellinger betonte, dass Wolf Madlseder aus Steyr der eifrigste Förderer des Bauernkrieges gewesen war. Dr. Lazarus Holzmüllner gab im Verhör zu, Madlseder sei wiederholt von Stefan Fadinger ins Vertrauen gezogen und um Entscheidung gebeten worden. Diese Wertung Madlseders bestätigte eine Bemerkung des Vizedompflegers am 6. November 1626. Madlseder sei über dem Fadinger und dem Wiellinger gewesen und wies neuerlich auf den Betrug hin, dass Madlseder die kaiserlichen Kommissare bis in den dritten Monat hin betrogen habe, er suche den Aufstand gütlich beizulegen.12)

Madlseders Verhalten auf der Folter veranlasst zu einem günstigen Urteil über seinen Charakter. Die Aussagen sind nicht verlustlos erhalten geblieben. Er bekannte offen seinen Anteil an dem Bauernaufstand ein. Es könnte ihn dazu auch, da er sein Leben verloren wusste, sein Stolz getrieben haben, eine Eigenschaft, die er während des Aufstandes auch gegenüber den protestantischen Adeligen zeigte und die Madlseder auch bei den Bauern etwas unbeliebt gemacht hatte.

Die Verhörprotokolle der anderen Bauernführer zeigen die hohe Stellung von Wolf Madlseder in der Bauernschaft. Achaz Wiellinger: … „wisse kaine andere complices zu nennen alss den Wolf Madlseder von Steyr!“ — Sebastian Penzinger: … „dass der Madlseder unter den pauern das directorium fiehre!“ — Hans Hausleitner: … „dass Madlseder und Dr. Holzmüllner die ganze canzlei im ausschuss gefiert und regiert und nichts hat kinnen aussgeförtigt werden auch nicht tractiert, so nicht durch ir beede hant oder in die kanzlei kommen!“ — „Durch den Madlseder, Holzmüllner und … sein die geheime Sachen tractiert und expediert worden!“

Bei den Verhören Madlseders klingt auch die später überhaupt nicht verfolgte Beteiligung von Standespersonen am Bauernaufstand durch. So schreibt am 6. November 1626 der Vizedom Pfliegl an die bairischen Räte: „Wann der Holzmüller und Madlseder in hiesige verhafft weren kommen, wie etliche vorneme uf der andern seiten aus der examination izt sagen, hette man inner wenig tag auf die interessierten grandes sicherlich kommen mögen, dan ich kenne den Madlseder ein so subtillen martyr sein, dass er nach harten bietten, geschwaigen aufziehen nit ein stund gehalten hette!“ und die bairischen Inquisitionskommissare an ihren herzoglichen Herrn: „Der stend (Stände) halber hat man verhofft beim Madlseder, alss der bei vergangener rebellion der meiste rädlführer gewest, die meiste erfarung zu bekommen, wie dan desswegen zu Ens in ine mit starker tortur gesezt und sogar mit prinnendem Schwefel am blossen leib gesprengt worden. Damalss er zwar auf etliche stend und andere, so dises aufstand Urheber und fomentatores gewesen sein sollen, bekannt und ausgesagt, hernach aber extra torturam durchgehend und mit protestation, das er inen vor Got unrecht und dise bekantnuss allein wegen grosser und noch merer besorgender marter gethan, widersprochen und also, was er in der tortur der stend halber bekent, alles wider zu sich genommen!“13)

Dr. Lazarus Holzmüllner schneidet im Urteil seiner Zeitgenossen nicht gut ab. Er sei verschlagen und feig gewesen. Bei den Verhören gab er vor, von den Angelegenheiten der Bauern nur sehr wenig gewusst zu haben. Er wälzte stets die Schuld auf andere ab. In den Verhandlungen mit den kaiserlichen Kommissaren hatte er den Friedfertigen gespielt und zum Frieden geraten, bei den Bauern jedoch soll er gehetzt und Gewaltmaßnahmen vorgeschlagen haben.

Es ist nicht endgültig zu klären, ob Wolf Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner die Ziele und Absichten der Bauern teilten. Auch ist die Motivation nicht zu eruieren. Bei Madlseder ist anzunehmen, dass es ihm wirklich um die Abwehr der strengen Gegenreformation gegangen ist, während der verschuldete Stadtadvokat Dr. Holzmüllner darüber hinaus von einem Umsturz auch die Änderung seiner schlechten finanziellen Lage erhoffte. Beide waren aber überzeugt, dass Kaiser Ferdinand nicht auf die Durchführung der Gegenreformation verzichten werde. Der zweite Grund war das Ende der bairischen Pfandherrschaft und die Vertreibung der Soldaten des Kurfürsten aus dem Land ob der Enns bzw. die Verhinderung des Einrückens weiterer Truppen.

Am 26. März 1627 wurden die ersten Verurteilten hingerichtet. Zur Sicherheit hatte man die Stadttore zu Linz gesperrt. Die zwölf Delinquenten, davon fünf Steyrer, führte man vor das Rathaus und verlas ihnen die von der Untersuchungskommission gefällten strengen, und dann die vom Kaiser gemilderten Urteile: Sebastian Penzinger, Hieronymus Scharschmidt, Andreas Schmied, Franz Straßer, Hans Vischer, Achaz Wiellinger, Wolf Madlseder, Dr. Lazarus Holzmüllner, Hans Hausleitner, Balthasar Mayr, Tobias Angerholzer, Kilian Hötzenbauer (Haizenauer) und Georg Hoffmann.14)

Sebastian Penzinger wurde, nachdem er zum katholischen Glauben übergetreten war, wegen „seiner Verdienste bei den Waffenstillstandsverhandlungen“ begnadigt; ebenso Hieronymus Scharschmidt. Andreas Schmied und Franz Straßer wurden zur Zwangsarbeit in den Stadtgraben zu Wien verschickt. Bis auf den Bauernführer Hans Vischer waren alle Verurteilten zum katholischen Glauben übergetreten.

Der Edelmann Achaz Wiellinger wurde mit dem Schwert hingerichtet. Wegen seines adeligen Standes durfte ihn der Scharfrichter nicht berühren, sondern der Kopf wurde später zum Leichnam in den Sarg gelegt und in geweihter Erde bestattet.

Der ehemalige Stadtrichter von Steyr Wolf Madlseder musste als zweiter das Schafott besteigen. Nach seiner Köpfung wurde er von den Henkersknechten gevierteilt, ein Verfahren, das auch später am Leichnam des Steyrer Dr. Lazarus Holzmüllner angewandt wurde. Ein gütiges Schicksal ließ Holzmüllner schon im Kerker sterben doch die Hinrichtung, mit allen Einzelheiten wurde an seinem toten Körper vollzogen!15)

Dann wurden der Pfleger zu Parz und einer der wichtigsten Bauernführer Hans Hausleitner, dann Hans Vischer, Balthasar Mayr und Tobias Angerholzer, dann Kilian Haizenauer und Georg Hoffmann enthauptet.16)

Die Köpfe Hausleitners und Angerholzers wurden zu Grieskirchen und in der Weiberau aufgesteckt. Die Körperteile Wolf Madlseders und Dr. Holzmüllners wurden am Ortsausgang zu Linz in Richtung Steyr und in Richtung Wels zur Abschreckung angebracht. Die Köpfe beider brachte der Scharfrichter nach Steyr und befestigte sie am 29. März 1627 auf einer eigenen Säule beim Pranger auf dem Stadtplatz vor dem Rathaus — „vnd oben darüber ein Eissene Klampffen miz Zwayen aufstehenden Spizen, da wurde auf ieden Spiz ein Kopff gestekht, vnd Ihre Gesichter Gegen dess Mädlseders Hauss (Stadtplatz Nr. 39) herauff, Zu einem Exempl, dass disse Zway Heubter vor dissem Vast die ganze Statt Steyr regiert!“17)

Auch Mitläufer und Sympathisanten der Bauern wurden verfolgt. Am 22. Oktober 1626 kam der Befehl aus Linz, alle katholischen Bürger, die in der Bauernrebellion in der Eisenstadt geblieben waren, sind zu befragen, vor allem über das Verhalten von Elias Ybbser und Matthäus Wagner, ob nichts über deren Kollaboration bekannt sei.18)

Am 5. November 1626 wurde den Viertelmeistern zu Steyr aufgetragen, keine Rädelsführer in ihren Vierteln Aufenthalt zu geben. Nach dem 17. Oktober musste eruiert werden, welche Bürger mit den Bauern sympathisiert und welche Schmähreden gegen den Statthalter und die katholische Religion ausgestoßen hätten. Jakob Zetl, Simon Beck, Hans Lutz, und Georg Dill wurden befragt — eine Untersuchung, die sechs Stunden dauerte! Die angezeigten Bürger wurden sofort verhaftet.19)

Am 7. Dezember 1626 wurden über Veranlassung des Kaisers und des bairischen Kurfürsten, Hans Himmelberger, Kaspar Reinhard, Hans Wötzl, Dr. Joachim Anomäus und Gottlieb Hoffmann verhaftet und deren Häuser mit der „Spörr“ belegt. Tags darauf mussten Jakob Zetl, sein Schwager Hans Mayr und Matthäus Vitsch auf Befehl der Kommissare die Besitzungen von Adam Wassy, Elias Kessler, Nikolaus Kipferling, Dr. Lazarus Holzmüllner, beim „jungen“ Dunst, beim Hutmacher Hagenecker, beim jungen Scheffler, beim Widy, bei Lobetsberger, bei Baumüllner in Ennsdorf, beim Bindermeister David Schmidt, beim Schmied Pankraz Wollrab, beim Kürschnermeister Bartholomäus Kaltenmarkter und beim Zimmermann Hans Löcherer sperren.20)

Am 10. Dezember 1626 wurden alle katholischen Bürger neuerlich vor die Kommissare gefordert. Am 13. Dezember wurde beim ehemaligen Bürgermeister Joachim Händl eine Begehung und Inventur durchgeführt.21)

Am 19. Dezember 1626 wurden die verhafteten Bürger von den Kommissären verhört und einige darauf der Haft entlassen. Vor ihrer Freilassung musste jedoch jeder zwei Bürgen stellen. Caspar Reinhard, Kaspar Pruckner, Hans Himmelberger, Dr. Johann Joachim Anomäus, Hans Wötzl, Elias Kessler, verblieben im Gefängnis.22)

Die Steyrer Bürger wurden getrennt verwahrt. Caspar Reinhard kam in „dess Herrn Niclass Frizlers Hauss“ (Bummerlhaus, Stadtplatz Nr. 32), desgleichen Kaspar Pruckner. Die anderen sperrte man in das Haus des Bürgers Georg Pichler. Es wurde niemand zu den Arrestanten gelassen. Auch Schreibzeug und Tinte wurde ihnen verweigert.23)

Am 22. Dezember 1626 führten Jakob Zetl, Nikolaus Praunfalk und Wolf Burger eine Inventur im Brauhaus des Kaspar Pruckner durch, desgleichen wurden die Besitzungen des Georg Winter am Laichberg und die dortigen Liegenschaften des Kaspar Reinhard begangen.24)

In der Weihnachtszeit 1626 war auch Garnisonswechsel in Steyr. Ein Auerspergisches Regiment wurde einquartiert, die Pappenheimbschen Soldaten — fünf Kompanien Reiter und fünf Fahnen Fußvolk — verließen die Eisenstadt.25)

Zu Beginn des Jahres 1627 wurden Jakob Zetl, Hans Mayr, Wolf Kirner, Wolf Burger, beauftragt, in den Besitztümern der verhafteten Bürger Elias Kessler, Adam Wassy, Andreas Lobetsberger, David Schmidt, Hans Löcherer, Inventur zu machen und unverzüglich den Kommissaren zu berichten.26)

Nach der Exekution Madlseders und der symbolischen Hinrichtung von Dr. Holzmüllner und den Veranlassungen in der Stadt Steyr gingen die Kommissare nunmehr scharf gegen den ehemaligen Stadtrichter Hans Himmelberger vor. Himmelberger wurde am 7. Dezember 1626 verhaftet. Vier Tage später wurden die Schriften Holzmüllners auf Schuldbeweise Himmelbergers hin untersucht. Am 18. April 1627 wurden Jakob Zetl, der Advokat Rayth und Hans Lutz in das Pichlersche Haus, wo Hans Himmelberger arrestiert war, beordert. Dem Himmelberger wurde bedeutet, er möge seine Verteidigung zu Papier bringen bzw. dem Advokaten Rayth diktieren. Einen halben Tag dauerte es, bis Himmelberger seine vierzehnteilige Erklärung verfasst hatte.27)

Schon am 21. April brachte der Landesprofos Hans Himmelberger nach Linz. „Weillen Er auch ein Rädlfüehrer vnter den Rebellischen Paurn gewessen“, wurde tags darauf das Urteil über Himmelberger gesprochen. Ein Kapuziner wurde zu ihm befohlen, der Himmelberger auf seinen Tod vorbereiten sollte. Himmelberger brach darauf völlig zusammen, denn im Unterschied zu Madlseder und Dr. Holzmüllner hatte er nicht solche Bestrafung erwartet. Im Vergleich hatte er bei den Bauern eine geringe Rolle gespielt, und seine Vergehen waren sicherlich nicht todeswürdig.28)

Vor seinem Tod durch das Schwert trat er zum katholischen Glauben über. Am 23. April 1627 wurde der Steyrer Hans Himmelberger auf dem Stadtplatz in Linz hingerichtet.29)

Ursprünglich hätte der Kopf Himmelbergers, ähnlich denen des Madlseders und des Dr. Holzmüllners aufgespießt und als Abschreckung zur Schau gestellt werden sollen. Doch wurde auf Bitten des Delinquenten und auf Fürsprache der Geistlichen davon Abstand genommen.30)

Kaspar Reinhard, in dessen Haus am Grünmarkt der Prädikant Andreas Geyer gewirkt hatte, wurde nach einer Eingabe vom Februar 1627, weil er doch schon ein 74-jähriger Greis sei, entlassen. Er verteidigte sich, dass er ja nach Bewilligung des Statthalters Herberstorff und im Aufträge der Stände den Prediger aufgenommen habe. Er habe Schaden genug erlitten, weil die Zehrungen des Predigers nicht bezahlt worden waren.31)

Andreas Geyer, der von 1608 bis 1623 in Ottensheim und anschließend in Ennsdorf (bei Enns) gewirkt hatte und im Juni 1626 nach Steyr gekommen war, wurde vom Obristen Löbl in Wels gefangengenommen und am 23. August nach Enns gebracht.32)

In Enns hatten ihn die Kommissare trotz seiner Unterwerfung wie einen „Rebellen examiniert“. Er sollte auch hingerichtet werden. Den protestantischen Ständen gelang es durch Zahlung von fünfhundert Gulden an den Obersten Löbl, Geyer gegen den Willen der Kommissare freizubekommen.33)

Am 5. Mai 1627 begann die Untersuchung bezüglich der Herstellung der Sperrkette über die Donau bei Neuhaus. Mit der Untersuchung dieser Angelegenheit wurden die Steyrer Bürger Jakob Zetl, Georg Dill und Hans Lutz beauftragt. Der Zeugsverhandler Wolf Ortner sagte aus, es sei sein diesbezügliches Schreiben von der Bauernschaft aus Wels gekommen. Kosmas Mann hätte es geöffnet, gelesen und die Durchführung verweigert. Madlseder habe darauf dem Ortner befohlen, das Eisen herauszugeben. Wiellinger hatte bei den Verhören, zu dieser Angelegenheit befragt, ausgesagt, Madlseder habe sich durch einen selbst verfassten Befehl, den Wiellinger unterzeichnen musste, die nachträgliche Weisung zur Bestellung der Kette geben lassen.34)

Dr. Joachim Anomäus lag noch immer im Kerker. Am 6. Mai 1627 kam er vor das Stadtgericht. Gegen Zahlung von einhundert Reichstalern und Stellung von Bürgern ging er frei.35)

Am 15. Mai 1627 wurde die gesamte Bürgerschaft hinsichtlich der Religionsangelegenheit befragt, wer katholisch werden oder auswandern wolle. Der Bürgermeister befragte die Bewohner der (heutigen) Altstadt und die Viertel Ketzerfriedhof, Kirchberg, Laichberg und Gsang, während der Stadtrichter Steyrdorf, Wieserfeld und Aichet zu beschreiben hatte. Die Bewohner von Ennsdorf hatten sich vom Stadtschreiber befragen zu lassen. Als Beisitzer wurden Johann Spindler, Simon Beck, Georg Dill, Marx Wuschletitsch und Jakob Zetl herangezogen.36)

Am 30. Mai 1627 forderte der Abt von Göttweig Dr. Falb in seiner Predigt auf, katholisch zu werden, denn es sei einerseits der Wille der kaiserlichen Majestät, andererseits werde ihnen bei der eventuellen Auswanderung von der Landesregierung und von der Stadtverwaltung nicht geringe Abgaben vorgeschrieben.37)

So hatte in der Folgezeit Achaz Puchhofer, dem seine Mobilien und drei Häuser auf fünftausend Gulden geschätzt worden waren, 1.750 Gulden als „Abfahrtsgeld“ leisten müssen; zusätzlich war die Einbuße zu verschmerzen, weil er für die Häuser als Zwangsverkäufer nur geringen Erlös bekam.38)

Am 13. Juni 1627 wurde allen jenen, die in der Bauernrebellion den Aufständischen dienlich gewesen waren, Generalpardon gegeben.

Am 22. August 1627 kam der Befehl des Stadthalters Herberstorff, die letzten fünf Arrestierten in Steyr freizugeben. Doch mussten diese, der Schneider Jakob Flieher, der Ratsdiener Georg Roth, N. Lobetsberger, Friedrich, der Sohn eines ungenannten Bürstenbinders und der Kellner Fischer auf ewige Zeiten das Land ob der Enns meiden.39)

 

  1. Stieve, S.310, Anm.4. —
  2. Zetl, S. 86 u. 88. — Stieve S. 310, Anm. 14. — Kurz I, S. 433. — Stieve, S. 311, Anm. 2. — Stieve, S. 73 u. 311. —
  3. Welser Beschreibung, S. 65. — Stieve, S. 311, Anm. 6. —
  4. Zetl, S. 77. — Wahrscheinlich Tobias Spannesberger. — Krenn, H. 170. — Durch die Heirat mit der Witwe Susanne nach Ulrich Auracher kam er 1611 in den Besitz des Hauses Enge Nr. 5 (Ennskai Nr. 3). Er wird bis 1629 als Messer- und Sensenhändler genannt. — StB 1620, Bl. 78. — Er emigriert 1628. —
  5. Zetl, S. 81. —
  6. Schlacht bei Gmunden erst am 15. November 1626.
  7. Stieve, S. 311. — Kurz I, S. 443. — Khevenhiller X, 1470. —
  8. Zetl, S. 95 f u. S. 105. —
  9. Zetl, S. 312, Anm. 6. —
  10. Zetl, S. 82. —
  11. Czerny, S. 174 f. —
  12. Stieve, S. 113. —
  13. Stieve, S. 112, Anm. 7. — In den Verhörprotokollen wird berichtet, dass Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüllner die Belagerung von Linz veranlasst hätten. — Stieve, S. 140, Anm. 5. — Stieve, S. 113/3, 4 und 6. — Stieve, S. 70/9 u. S. 71/1.
  14. Stieve, S. 312. — Zetl, S.85. — Stieve, S. 313, Anm.4. —
  15. Kammerhofer, S. 211. —
  16. Stieve, S. 313. — Khevenhiller X, 1470. — Zetl, S. 95 f u. S. 105 f. — Tobias Angerholzer und Ursula, verwitwete Schiferl, von 1617 bis 1620. — Bäcker auf dem Hause Grünmarkt Nr. 12. — Krenn, H.7, Anm. 7. —
  17. Zetl, S. 86. —
  18. Zetl, S. 78. —
  19. Zetl, S. 77 ff. —
  20. Zetl, S. 80 ff. —
  21. Zetl, S. 81. —
  22. Zetl, S. 82. —
  23. Zetl, S. 82. — Grünmarkt Nr. 18. — Krenn, H.47. —
  24. Zetl, S. 82 f. —
  25. Zetl, S. 83. —
  26. Zetl, S. 83. —
  27. Zetl, S. 27. —
  28. Zetl, S. 86. —
  29. Stieve, S. 313. — Kammerhofer, S. 214. — Zetl, S. 87. — Hans Himmelberger kaufte im Jahre 1608 das Haus Stadtplatz Nr. 36 — Gasthof „Zu den drei Rosen“ — und besaß es bis zu seinem Tode. Seine Witwe Maria emigrierte. — Krenn, H. 60, Anm. 8. —
  30. Stieve, S. 314. —
  31. Zetl, S. 58. — Stieve, S.163. -—
  32. Stülz, Wilhering, S. 312, Anm.1. — Zetl, S. 54 ff. — Stieve, S. 232. —
  33. Stieve, S. 315. —
  34. Zetl, S. 87 ff, — Stieve, S. 192. — Zetl, S. 64. — Wolf Ortner war um 1625 auf dem Hause Grünmarkt Nr. 19 (Ennskai Nr. 42) angeschrieben. — Krenn, H. 121, H. 122, Anm. 6. —
  35. Zetl, S. 88. —
  36. Zetl, S. 88. —
  37. Zetl, S. 89. —
  38. Zetl, S. 103. —
  39. Zetl, S. 90. — Der Schneider und Fragner Jakob Flieher wohnte von 1593 bis 1627 mit seiner Gattin Kunigunde im Hause Pfarrgasse Nr. 10. — StB 1620, S. 12. — Am 22. August 1627 wurde Jakob Flieher des Landes verwiesen, gegen Androhung des Stranges im Falle der Wiederkehr. — Krenn, H. 48, Anm. 3. — Jakob Flieher besaß auch von 1597 bis zu seiner zwangsweisen Auswanderung das Haus Pfarrgasse Nr. 8. — StB 1597, Bl. 7. — Krenn, H. 59. —

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 33, 1976

 

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