Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)
Von Dr. Erlefried Krobath
Der erste Abschnitt der Bürgermeistertätigkeit Manns in den Jahren 1616 und 1617 fiel in die Zeit, in der Steyr ganz dem evangelischen Glauben zugewandt war. 1617 gehörten nur mehr 18 Bürger der katholischen Religion an.1)
In die Zeit der politischen Gegenreformation der Jahre 1624 bis 1634 reichte die zweite Amtsperiode (1628, 1629, 1634 und 1635) hinein, Cosman Mann hatte inzwischen seine religiösen Ansichten geändert und war Katholik geworden.
Nach langen Unterhandlungen übergab der bayrische Kurfürst das Land ob der Enns am 5. Mai 1628 dem Kaiser Ferdinand II. Die bayrische Pfandherrschaft hatte damit aufgehört. Als Statthalter verblieb im Lande Graf Adam von Herberstorff, bei dessen Tod im Jahre 1629 der Protestantismus im Wesentlichen erloschen war. Wenn auch noch manche Bewohner der Stadt dem lutherischen Glaubensbekenntnis zuneigten, so konnte dies nur im geheimen geschehen, da in Durchführung der Reformationsbefehle jede religiöse Tätigkeit überwacht wurde.
Der dritte und letzte Zeitraum der Amtsführung Manns füllt zum Teil in jene unglückliche Periode der Geschichte Steyrs, die durch die mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) gekennzeichnet war. Die Wirtschaft lag darnieder, die Bevölkerung war verarmt, die Uneinigkeit der Bürger in religiösen Belangen hemmte jede gewerbliche Tätigkeit, die vermögenden Protestanten waren abgewandert oder ausgewiesen worden. Hierzu kamen die durch den Krieg bedingten hohen Abgaben und Steuern, die Entwertung des Geldes, häufige Durchmärsche und Einquartierungen von Truppen, die verpflegt werden mussten und die der Stadt mannigfaltige Leistungen abverlangten.
Es lässt sich nicht mehr feststellen, von wo die Familie Mann nach Steyr zugezogen war. Gegen Erlag einer Gebühr von 6 Talern wurde im Jahre 1572 der Vater des Bürgermeisters, Thoman Mann, vom Rat in Steyr als Bürger ausgenommen. Er und seine Vorfahren hatten im Innerberger Gewerkschaftswesen gearbeitet.2)
Sechzehn Jahre hindurch diente er dem Gemeinwesen in den drei Räten der Stadt.3) Aber erst vom Zeitpunkt seiner Heirat an beteiligte Thoman sich selbst am Eisenverlag. Er hatte sich mit Barbara Theiß, der Witwe des Bürgers Christoph Pichler, vermählt. Die Schwester Barbaras, Margarethe, war mit dem rührigen Hammergewerken Christoph Präntl in St. Gallen, Steiermark, verheiratet gewesen.4)
Von den Nachkommen Thoman Manns sind uns nur drei Söhne und eine Tochter bekannt. Der älteste Sohn, Cosman, und sein jüngster, Simon, hatten in Wittenberg studiert und waren im Oktober 1604 nach Steyr heimgekehrt, um die Erbschaft nach ihrer inzwischen verstorbenen Mutter anzutreten.5) Simon verbrauchte sehr bald sein ererbtes Geld und war dann einige Zeit als Prädikant bei Hans Fenzl auf Schloss Mühlgrub tätig. Von hier verzog er nach Wien und starb in Hernals. Cosman, der spätere Bürgermeister, wusste jedoch sein Erbe geschickt zu nützen. Er betrieb im Hause Stadtplatz 35 (heute Gasthof zum goldenen Ochsen) einen Eisenhandel und brachte es zu einem der bedeutendsten Verleger in der Messerindustrie.6) Durch seine Verehelichung mit Maria Waldner, der Witwe des im Jahre 1609 verstorbenen Bürgermeisters Colman Dorniger, hatte er Anschluss an die alteingesessenen Familien gefunden. Schon in jungen Jahren war Cosman in den Räten7) der Stadt tätig, 1613 und 1614 wurde er zum Stadtrichter gewählt. So lernte er die verschiedenen Sparten der Gemeindetätigkeit kennen, was für seine langjährige Amtsführung als Bürgermeister sicherlich von wesentlicher Bedeutung war. Nicht weniger als zehnmal war er in der Zeit von 1616 bis 1641 Oberhaupt der Stadt. Zu dieser Gegebenheit trug vielleicht vor allem seine politische Wendigkeit bei. Als es zur Durchführung der Gegenreformation kam, hatte er sich rechtzeitig der katholischen Seite zugewandt, was sehr bald belohnt wurde. Kaiser Ferdinand II. erhob ihn am 24. August 1634 in den rittermäßigen Adel mit dem Prädikat „von Mannsperg“. Außerdem wurde ihm eine Wappenänderung gewährt.8)
Nach vorher „ordentlich beschehner Aufkündigung“ war die „Erwehlung vnndt Veränderung der Ämbter bey Gem. Stadt“ für das Jahr 1616 am 16. Dezember 1615 „fürgangen“.9)
Schon nach drei Monaten10) versuchte der neue Bürgermeister, seine Stelle als Obervorgeher (höchster Beamter) der „Eisenhandels Compagnie“ zurückzulegen, da es ihm nicht möglich erschien, beide Stellen zu bekleiden und beiden in vollem Maße gerecht zu werden. Die nicht vollzählig anwesenden Räte konnten sich nicht entschließen, dieses Rücktrittsgesuch Manns anzunehmen und verschoben eine Entscheidung bis „mehrere der Eltern Herrn (Mitglieder des Rates der alten Herren)“ bei einer der nächsten Sitzungen anwesend wären.11) Gleich in der ersten Ratssitzung des Jahres 1617 hatte Mann dem Rat über Schwierigkeiten in der Eisencompagnie geklagt. Die Leiter der Gesellschaft, selbst Händler, kauften das Eisen zu dem für die Abgabe an die heimischen Handwerker bestimmten „Landsatze“. Die so erworbene Ware wurde dann ins Reich verhandelt. Dadurch wurde der ohnehin rückgängige Absatz der Compagnie geschädigt. Besonders war er über das Benehmen des Kassiers Haider verärgert, der weder auf schriftliche noch mündliche Anordnungen reagierte. Der Bürgermeister wollte daher schon damals auf das Obervorgeheramt verzichten, doch ließ er sich durch die Erklärung der Räte, dem Kassier eine schriftliche Verwarnung zu erteilen, beruhigen.12)
Am 26. und 28. April 1617 stellte Cosman Mann neuerlich das Vorgeheramt zur Verfügung. In beiden Sitzungen erklärten die Räte, dass sie eine Aufkündigung dieser Stelle während des Jahres nicht annehmen könnten. Nach der Sitzung am 28. April ließ man sogar ein Schreiben an den Bürgermeister ausfertigen, in dem ihm versichert wurde, dass man nach Ablauf des Jahres seinem Ansinnen nähertreten werde. Man könne jedoch auf seine Person nicht verzichten, da bei der Eisencompagnie „große vnrichtigkhait noch im weeg“ sei. Mit anderen Worten gesagt, herrschte bei der Eisenhandelsgesellschaft eine gewisse Unordnung, die der Bürgermeister abstellen sollte.13)
Cosman Mann verblieb bis zum Ende des Jahres 1617 Bürgermeister und wurde aus nicht ersichtlichen Gründen erst wieder elf Jahre später, am 30. Juli 1628 zum Stadtoberhaupt gewählt. Mit Vertrag vom 22. 2. 1628 war Oberösterreich wieder dem Kaiser zurückgegeben worden. Herzog Max von Bayern, dem das Land verpfändet worden war, wurde mit der Pfalz entschädigt. Die nächste ordentliche Wahl für das Jahr 1629 erfolgte im Beisein kaiserlicher Kommissare am 26. Dezember 1628. Zum Bürgermeister wurde wieder Cosman Mann erkoren.14)
Dieser hatte zu Beginn des Jahres 1629, über dringenden Vorschlag des Rates, wieder die Stellung als Obervorgeher der Eisenhandelskompagnie angenommen. Vor den Wahlen, am 8. Dezember 1629, verfasste er ein Schreiben an den Rat, in dem er für das erwiesene Vertrauen dankte und bat, ihn künftighin des Bürgermeisteramtes zu entheben. Er wies darauf hin, dass er 54 Jahre alt und neuerlich Obervorgeher sei und dieses Amt auf drei Jahre angenommen habe.15)
Trotzdem wurde Mann für 1630 wiederum mit Stimmenmehrheit an die Spitze Steyrs berufen. Er wandte sich nun an den Abt Anton Spindler, dass dieser seinen Einfluss als kaiserlicher Wahlkommissar geltend mache und die Wiederbestellung verhindere. Der Garstner Abt berichtete darüber am 3. Jänner 1630 dem Magistrat in Steyr. Er teilte mit, dass ihm Mann einen Bericht über seinen schriftlich abgegebenen Verzicht auf Wiederwahl als Bürgermeister übergeben und ihn gebeten habe, diesen, zusammen mit dem Berichte des Abtes über die durchgeführten Wahlen in Steyr, an die Regierung weiterzuleiten. Der Abt gibt in seinem Schreiben der Überzeugung Ausdruck, dass der Rat vor der Bürgermeisterwahl sicherlich ausreichende Überlegungen angestellt habe. Mann könnte nicht „Beede Müehsambe officia“, wie das Bürgermeisteramt und die Obervorgeherstelle, zu Nutzen der Stadt und ohne „Verabsaumbung“ des einen oder anderen, gleichzeitig ausfüllen. Es sei auch zu erwarten, dass das Innerbergische Eisenkammer-Grafenamt16) Einspruch erheben werde. Schließlich sei zu erwägen, ob nicht vielleicht der Rat, falls Mann nicht beide Ämter gleichzeitig versehen könne, ein anderes „qualificiertes subiectu“ als Obervorgeher vorschlage. Der Abt ersuchte den Rat, zu seinen Anregungen Stellung zu nehmen, damit er seinem Bericht an den Kaiser über die Wahl auch die Stellungnahme des Rates beifügen könne.
Das Antwortschreiben des Rates an den Abt vom 7. Jänner 1630 gibt uns ein genaues Bild über die enge Verflechtung der wirtschaftlichen Lage der Stadt mit dem Gedeihen der Eisenhandelsgesellschaft. Vorerst erwähnte der Rat, dass Cosman Mann auch im abgelaufenen Jahre beide Tätigkeiten zum Nutzen und Vorteile der Stadt verrichtet hatte. Obwohl man in Ratskreisen einsehe, dass Mann beide Ämter „in die lenge nit werde erschwingen mögen“, bat mau den Abt, seinen Einfluss für das Verbleiben Manns in beiden Stellen geltend zu machen. Der Abt solle erreichen, dass der Kaiser einen Befehl an die Innerösterreichische Kammer und das Innerbergische Kammergrafenamt erlasse, demzufolge Mann auch künftighin beide Stellen bekleiden müsste und dies „Zu beeder seits nuz vnd wol- fahrt“. Die Stadt hob hervor, dass sie an der Eisenhandelsgesellschaft mit einem nicht geringen Kapital beteiligt sei. Es sei der Bürgermeister als Obervorgeher daher die Brücke zur Gesellschaft und gleichzeitig der Garant für die Sicherheit der von der Stadt in die Eisenkompagnie eingebrachten Kapitalien. Schließlich erwähnten die Ratsherren in ihrem Antwortschreiben, dass die Stimmen für Cosman Mann „zu Nutz, Wohlfahrt und Auferbauung der Stadt als auch der Kompagnie“ gegeben wurden, da an „solchen Zwayen ortten vnnser Heil vnnd Wohlfahrt dependiert …“ (abhängig ist).17)
Mit Entschließung vom 9.1.1630 hatte der Kaiser jedoch schon Niclas Frizler zum Bürgermeister bestellt. Gleichzeitig wurde dem nunmehrigen Altbürgermeister Mann auferlegt, dass „Er nicht allein in wichtigen Sachen die Rhats Sessiones (Sitzungen) allwegen besuche / Sondern auch den Jetzt Neubestätten (neu bestätigten) Bürgermaister / alle guette Information gebe / außerdem zur Einbringung der von Jrem (der Stadt) bei der Compagnia (Eisenhandelsgesellschaft) habenden Capital / Järlich gebürenden Ertragnus / Zu abZahlung der außgezaigten CreditsPartheien (Gläubiger) / Verhilfflich sei vnd zwar so / alß man Er noch würcklich in administratione des Burgermaisters ambts“ wäre.18)
Für das Jahr 1634 war noch keine Wahl vorgenommen worden. So beschloss der Rat am 6. März 1634 den Ratsherren Wernberger nach Linz zu entsenden, um den Landeshauptmann und den Vizedom zur Ratswahl abzuholen. Wernberger wurde ersucht, am nächsten Tag „bey gueter Zeit Zu Ross neben dem Wagen“ nach Linz zu reiten. Es wurde ihm auch versichert, dass ihm seine Unkosten für diese Reise mit Dank ersetzt würden.19) Am 12. März kam der Landeshauptmann in Begleitung des Vizedoms und des Landschreibers zur Vornahme der Wahl in Steyr an. Die Ergebnisse wurden vom Landeshauptmann versiegelt und nach Wien gesandt. Auf Grund der erfolgten kaiserlichen Resolution wurde am 5. Mai im Rat ein Befehl des Landeshauptmannes verlesen, dass sich Cosman Mann am 26. Mai zur „glib laistung“ (Leistung des Gelübdes) für das Bürgermeisteramt nach Linz zu begeben habe. Als Begleiter wurden vom Magistrat drei Ratsherren, Gottlieb Hoffmann, Joseph Achtmarckht und Wolff Burger, beigegeben.20) Am folgenden Tag wurden der Bürgerschaft Cosman Mann als Bürgermeister und Gottlieb Hoffmann als Stadtrichter vorgestellt.
In der Ratssitzung vom 23. Juni erbrachten die Ratsherren Vorschläge, was dem Landeshauptmann, dem Vizedom und dem Landschreiber für ihre Anwesenheit bei der Ratswahl zu „verehrn sye“. Dem Landeshauptmann waren bereits 18 Zentner Eisen im Namen der Stadt gegeben worden, dieser hatte also nichts mehr zu bekommen. Dem Vizedom wollte der Magistrat 6 Zentner kleine „Gätter- eisen“ und 40.000 „Schindl Negl (Nägel zum Befestigen von Dachschindeln)“ überreichen, lassen, dem Landschreiber 4 „Schin Buschen“, 200 „Schinnegl“, 1 Zentner kleine „Gättereisen“ und 1 Dutzend Hufeisen. Die gehorsame Bitte mit diesen Geschenken vorlieb zu nehmen, da die Stadt „ganz verarmbt“ sei, sollte die Übergabe begleiten.21)
Zum Jahresende erhielt der Ratsherr Plauz den Auftrag, beim Landeshauptmann schriftliche Weisungen wegen der Wahl für das Jahr 1635 zu erbitten.22) Erst am 6. Mai 1635 antwortete Landeshauptmann Graf von Khuefstainn den „Fürsichtigen Ersamben Weißen N. Burgermaister, Richter vnd Rath der Stadt Steyr“. Er und der Vizedom hatten „woll vernomen“, dass Bürgermeister Mann wegen seiner „immer forth mehrers Zue wachsendten Leibß indisposition“ das Bürgermeisteramt nicht mehr bekleiden wolle. Da seit dem Ersuchen des Rates um Neuwahlen für 1635 und der Antwort durch den Landeshauptmann, der, wie er schrieb, „mit anderen wichtigen Verrichtungen occupiert (beschäftigt)“ war, fast ein halbes Jahr verstrichen sei, brauche in diesem Jahr keine Wahl vorgenommen zu werden. Den kranken Bürgermeister Mann hingegen solle mit „rath vnd vorwissen des Statt Magistrats biß Zu wider erhollung“ eine andere geeignete Persönlichkeit vertreten. Dieser möge, wenn nötig, mit „rath vnd Information alle guete ahsistenz“ geleistet werden. Zum Schluss bemerkte Graf Khuefstainn, dass dies auch der Wille und die Meinung des Kaisers sei.23)
Eine Teilwahl für 1638 erfolgte an einem Zeitpunkt zwischen dem 12. Jänner und 2. Februar 1638.24) Im Ratsprotokoll vom 3. Februar ist festgehalten, dass die Wahl an einem der nächsten Tage fortgeführt wurde. Bemerkenswert ist, dass beim Landeshauptmann angefragt wurde, ob vor Wahlbeginn eine Messe mit Predigt erwünscht wäre.25) Die kaiserliche Bestätigung der Wahl ließ auf sich warten, denn Cosman Mann scheint erst in der Ratssitzung vom 13. Juli 1638 als Bürgermeister auf.26)
Auf die Anfrage des Rates beim Landeshauptmann vom 13.12.1638 wegen der Wahl für das künftige Jahr kam zunächst keine Antwort. Bei einer Vorsprache des Ratsherren Sebastian Kueberger am 2. März 1639 äußerte sich der Landeshauptmann, dass die Wahl im vergangenen Jahr erst im Sommer vorgenommen worden war und noch später das Gelübde geleistet wurde. Man solle sich gedulden, da es „aniezo (jetzt) kalt“ sei.27) Endlich kam am 27. Mai der Auftrag des Landeshauptmannes, die Wahl am 8. Juni vorzunehmen.28) Um Genehmigung der Ratswahlen, „wie alters herkhomen“, für das künftige Jahr bewarb sich diesmal der Rat schon am 24. Oktober 1639.29) Mann verblieb weiter im Amt.
Für das Jahr 1640 war der frühere Stadtrichter Gottlieb Hofman zum Bürgermeister gewählt worden. Es war ihm auch am 21. März 1640 aufgetragen worden, zur Ablegung des Amtseides beim Landeshauptmann zu erscheinen. Da sich Hofman aber „auß Villen Vrsachen vnd motiven von solchem officio entschuldiget“, also das Bürgermeisteramt nicht übernehmen wollte und auch beim Landeshauptmann auf das „höchstflechendlichiste“ bat, ihm die Amtsübernahme zu erlassen, erklärte Graf Khuefstainn, dass er das Ersuchen beim Kaiser vorbringen wolle. Dem Cosman Mann aber befahl der Landeshauptmann „daß bishero von ihm bediente Burgermaister Ambt provisorio modo (provisorisch) gebürlich“ zu versehen.30)
Am 9. Juni 1640 wurde dem Magistrat vom Landeshauptmann mitgeteilt, dass auf seinen Bericht dem erwählten Bürgermeister Hofman vom Kaiser die Übernahme des Bürgermeisteramtes „mit gnaden erlassen“ worden sei. Es solle jedoch eine andere „taugliche und qualifizierte Person fürgenomben“ werden, über die dann der Kaiser entscheiden werde. Landeshauptmann und Vizedom hätten darüber bereits einen „gehorsambisten bericht“ an die niederösterreichische Regierung abgesandt und erwarten eine endgültige Entscheidung.31) Erst am 29. August traf diese ein. In ihr wird der „bishero geweste Burgermaister Cosman Mann“ für 1640 neuerlich als Stadtoberhaupt bestätigt. Gleichzeitig wurde ihm aufgetragen, am 5. September beim Landeshauptmann den Amtseid zu leisten.32)
Über die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen für 1641 wurde, da der bezügliche Bescheid des Landeshauptmannes schon eingetroffen war, am 18. Dezember 1640 beraten. Ratsherr Wernberger wurde beauftragt, sich mit dem „Wagen vnd anderer Raiß Notturft (Notwendigkeiten)“ am kommenden Freitag nach Linz zu begeben und den Vizedom als Wahlkommissär abzuholen. Unter dessen Vorsitz wurde am 21. Dezember die Wahl des Stadtrichters33) und am folgenden Morgen die Wahl des Bürgermeisters vorgenommen. Acht Kandidaten waren vom alten Rat und sechs vom jungen Rat für diese Stelle vorgeschlagen worden. Von den abgegebenen 14 Stimmen entfielen auf Joseph Achtmarckht vier, aus Cosman Mann nur drei, auf Johann Egger drei, auf Nikolaus Frizler zwei, auf Johann Spindler und Ägydius Sippachmayr je eine Stimme.34) Trotz dieses Abstimmungsergebnisses verblieb, über kaiserliche Entschließung, Mann weiter im Amt. In der zweiten Jännerwoche erfolgte bei der Innerberger Hauptgewerkschaft, der der Magistrat als drittes Glied35) angehörte, die Abrechnung für das verflossene Jahr. Mann als Obervorgeher hatte namens der Stadt auch daran teilzunehmen. Deshalb wurde vom Rat festgestellt, ihn für die Zeit der Abwesenheit von Nikolaus Frizler, als „angesetztem“ Bürgermeister, vertreten zu lassen.36) Wider Erwarten sollte Mann nicht mehr auf den Bürgermeisterstuhl zurückkehren. Ende Jänner ereilte ihn der Tod und beendete damit ein bewegtes und schaffensreiches Leben.
In Anwesenheit des „angesetzten“ Bürgermeisters Frizler, des Stadtrichters Georg Wernberger und der Räte Achtmarckht, Bürger, Sippachmayr, Wagner und Wagendorffer wurde am 31. Jänner über das Leichenbegängnis des verstorbenen Bürgermeisters beraten. Es wurde angeordnet, dass der „Todte Leichnamb“ am 4. Februar der Erde übergeben werde. Vor der Leiche sollten zwei Stück Tuch getragen werden, die dann an Arme zu verteilen waren. Der „Corpus“ habe durch Angehörige des Messererhandwerks getragen zu werden. Alle Zünfte sollten zum Begräbnis eine Deputation entsenden. Den Ratsdienern wurde als „Khlag Claidt (Trauerkleidung)“ ein Mantel, ein Hut und ein „reverendo par strumpff“ zu kaufen beschlossen.37)
Im Sterbebuch der Stadtpfarre Steyr ist der 3. Februar 1641 als Todestag Manns angegeben. Sicherlich ist diese Eintragung erst nachträglich erfolgt, da sich ja der Rat schon am 31. Jänner mit den Vorbereitungen für den Leichenzug beschäftigte. Am 2. Februar verfügte der Rat mit der Testamentseröffnung bis nach der Beerdigung zuzuwarten.38) Über Ersuchen der Erben und der „nächsten Befreundeten“ wurde eine städtische Kommission zur Aufnahme des Inventars gebildet, da „wegen der vor Augen stehenden Feindts vnd anderen gefahr die Inventur soviel Immer Möglich schleinigist Zuewerckh gesetzt“ werden sollte. Vorerst ließ der Rat mit Vorwissen der Erben39) die bei den Gewerken Panz und Bischofs liegenden Waren des Verstorbenen nach Steyr bringen.40) Der Landeshauptmann, dem vom Ableben Manns durch die Stadt Mitteilung gemacht worden war, verfügte, dass man mit der Verteilung des Nachlasses warte, bis „fernere Verordnungen“ erfolgt seien.41) Vom Landeshauptmann langte dann noch ein weiterer Befehl ein, durch den die Bekanntgabe der Bargeldsumme des Nachlasses gefordert wurde.42)
Manns Testament ist nicht erhalten geblieben. Aus der kommissionellen Schätzung kann man ersehen, dass Mann außer dem Stadthaus (Stadtplatz 35), das damals einen Wert von 800 Gulden darstellte, ein von seinem Vater ererbtes Haus, mit 600 Gulden bewertet, am Ketzerfriedhof (zu dem ein Garten gehörte) und überdies eines „bey der stigl aldort“ (beim Ketzerfriedhofe) zum geschätzten Werte von 300 Gulden besaß.43) Cosman Mann hatte auch der Stadt in Form eines Legates in einer heute nicht mehr festzustellenden Höhe gedacht. Dieses wurde von einem Gläubiger der Stadt, Oberstleutnant von Rhomazoll, der sich einen Exekutionsbefehl des Landeshauptmannes verschafft hatte, beschlagnahmt.44) Auch die Dominikaner hatte der Verstorbene bedacht. Ihr Prior, Sengler, ersuchte beim Magistrat um Einantwortung des „legierten Güetls in der Räming.45) Aus nicht bekannten Gründen protestierte im Juli 1641 der „römisch kaiserlichen Majestät Raith Rat“ (Rechnungsrat) Corphin gegen Verteilung der Mann’schen Nachlassenschaft.46) Beim Magistrat langte weiters eine Bitte der „Ehehalte“ (weiblicher Dienstbote) des Verstorbenen ein, die Erben zu veranlassen, ihr den „Lidlohn“ (Dienstbotenlohn) auszuzahlen und ihr den Abschied zu geben.47)
Sehr mannigfaltig waren die Probleme gewesen, mit denen sich der Magistrat Steyr in der Zeit, da Cosman Mann das Bürgermeisteramt bekleidete, beschäftigen musste. So wandten sich die in Admont ihres evangelischen Glaubens wegen des Landes verwiesenen Hammermeister, die Mitglieder der Eisenhandelsgesellschaft waren, an den Magistrat um Hilfe. Der Rat beschloss, den Stadtrichter Madlseder zum Abt von Admont zu entsenden und ihn um seine Fürsprache zugunsten der Vertriebenen zu ersuchen. Am 23. September 1616 berichtete Madlseder im Rat, dass er den Abt nicht angetroffen habe, da dieser verreist gewesen sei. Doch hatte er mit dem Pfleger von Gallenstein, der „alle beuelch (alle Vollmachten)“ besaß, in der gegenständlichen Angelegenheit verhandelt. Der Pfleger erklärte, dass jede Fürsprache zugunsten der „außgeschafften“ Hammermeister vergeblich wäre, sie hätten das Land zu verlassen. Würden sie nicht gehorchen, so hätten, über Befehl der Regierung in Graz, der „Landt Profoß“ den Auftrag, sie festzunehmen. Die Hammermeister hätten noch vor dem Feste Michaelis (29. September) abzureisen. Auf diesen Bericht hin beschloss der Rat, drei seiner Mitglieder zum Eisenobmann zu entsenden, die diesem über die Maßnahmen gegen die Hammermeister berichten und ihn um sein Gutachten befragen sollten. Nach Admont hatten Bürgermeister Mann, der Stadtrichter oder der Stadtschreiber und der Buchhalter der Kompagnie mit den Geschäftsbüchern zu reisen. Weiters solle über die Angelegenheit dem Landeshauptmann, der niederösterreichischen Regierung in Wien, ja selbst dem kaiserlichen Hof nach Prag berichtet werden. Den Entsandten schlug der Eisenobmann vor, vom Gallensteiner Pfleger Albert Wirich einen schriftlichen Bericht über die vor gesehenen Maßnahmen zu verlangen und ihm zu sagen, dass er ohne Vorwissen des Landesfürsten nichts Präjudizierliches unternehmen könne.48)
Neuerlich baten die Hammermeister im Mai 1617 den Rat um ein „Fürschreiben“ an den Abt von Admont, dass dieser einen Aufschub für ihre Landesverweisung bewillige. Diesmal wurde Stadtrichter Madlseder beauftragt, den Hammermeistern „anzudeuten“, dass ein neuerlicher Aufschub nicht bewilligt werden würde.49) Vom September 1617 an wurde den Hammermeistern auch das Betreten des Landes verboten.50)
Bis 1620 lebte der Großteil der Ausgewiesenen in Steyr und seiner Umgebung. Als aber 1624 auch in diesen Gebieten die Gegenreformation einsetzte waren sie gezwungen, sich neue Aufenthaltsorte in anderen Gebieten des Reiches zu suchen.
In Garsten war Anton Spindler von Hofegg seinem verstorbenen Vorgänger Johann Wilhelm Heller als Abt gefolgt.51) Mit großem Eifer nahm sich das neue Oberhaupt des Klosters der Wiedereinführung des katholischen Gottesdienstes in den Steyrer Kirchen an. Er leitete seine Bemühungen im Juni 1616 mit einer großen Fronleichnamsprozession ein. Dem Stadtrichter wurde aus diesem Anlass vom Magistrat aufgetragen „gebürliche Fürseh vnd Anordnungen“ zu tun, also zu achten, dass das Fest nicht gestört werde.52) Im Juli darauf teilte der Abt dem Magistrat mit, dass er sowohl in der Bruderhaus- als auch in der Spitalkirche Gottesdienst halten wolle.53) Der Rat beschloss, dieses Ansinnen des Abtes beim Landeshauptmanne „glimpflich“ anzubringen und von ihm einen „gemeßnen stillstandt“ bis zur rechtlichen Austragung zu erreichen. Inzwischen solle Abt Spindler bewogen werden, „wo nicht mit der Bruderhauß Capellen“, doch wenigstens mit der „Mittelkirchen (Spitalskirche) stillstandt“ zu halten.54)
Als sich Abt Spindler im April 1617 wieder wegen der Rekonziliation der Spitalskirche an den Magistrat wandte, wurde das Schreiben einfach unerwidert abgelegt.55) Der geistliche Würdenträger verfolgte jedoch hartnäckig sein Ziel und teilte der Stadt mit, dass er mit der Wiederaufnahme des Gottesdienstes in der Kirche am 9. Juli beginnen werde.56) Auf diese Mitteilung hin beschloss der Rat den Ratsherren Talhammer mit dem Stadtschreiber nach Garsten m entsenden, um den Prälaten zu „persuatirn“ (überzeugen), er wolle zuwarten bis die niederösterreichische Regierung entschieden habe, da es der Abt selbst war, der die Regierung zur Stellungnahme aufgefordert hatte. Der Rat fasste überdies den Entschluss, sich an den Landeshauptmann zu wenden, der den Abt beauftragen solle, mit der Wiedereinweihung der Spitalskirche bis zum Eintreffen der Entscheidung aus Wien zu warten.57) Bürgermeister Mann berichtete am 8. 9 in der Ratssitzung, dass alle Bemühungen, die Spitalskirche für den evangelischen Kult zu erhalten, vergeblich seien und dass es die Stadt „darbei beruehen laßen“ müsse. Um Ungelegenheiten mit der Bevölkerung zu vermeiden, wurde den Viertelmeistern der Auftrag gegeben „fleißig aufzupassen“.58) An den Abt soll aber ein Protestschreiben abgefasst werden. Ohne aber eine Entscheidung abzuwarten, begab sich Prälat Spindler am 24.10.1617 nach Steyr und weihte hier die Spitalskirche neu ein. Er hielt ein Hochamt, bei dem Kapuzinerpater Dominikus die Predigt hielt. In derselben Woche wurde auch die Bruderhauskirche geweiht.59)
Abt Anton verfolgte auch mit aller Energie die Errichtung eines Kapuzinerklosters in Steyr.60) Zu Beginn des Jahres 1616 schon waren die Mönche eingetroffen, die für das zu erbauende Kapuzinerkloster vorgesehen waren. Der Burggraf und frühere Landeshauptmann von Oberösterreich, Georg Sigismund Lamberg, hatte ihnen als vorläufige Wohnstätte ein Haus im Hofgarten (heute Schlosspark) eingeräumt, später bekamen sie noch eines in Pyrach, im Ketzerfriedhof. Im Kampf um die Rekatholisierung der Stadt sollten fürderhin die Kapuzinermönche wertvolle Helfer werden. Sie trieben den Bau des Klosters mit aller Energie voran und wurden hierbei vom Garstener Abt und dem Burggrafen Lamberg unterstützt.61) Schon im Juli 1616 hatten sich die Äbte von Garsten, Kremsmünster und Seitenstetten getroffen, wobei der Baugrund bestimmt worden war. Bei diesem handelte es sich um einen Garstener Klostergrund vor dem ehemaligen Gilgentor (heute Werndlpark), um den die Stadt Prozess geführt und ihn verloren hatte.62) Die Räte waren über den Ausgang des Prozesses sehr verstimmt. Als Abt Spindler sie zur Grundsteinlegung einlud, wurde in der Ratssitzung vom 10. April 1617 beschlossen „mit Stillschweigen zu verantworten“.63) Einer weiteren Einladung glaubte man sich nicht mehr entziehen zu können und entschied am 14. April, wenigstens ein „gebührlichs vnnd Glimpffliches Antwortt schreiben“ abzusenden.64) Wie der Chronist Lindner berichtet, wurde die Grundsteinlegung am 6. Mai 1617 in Anwesenheit der Äbte von Garsten, Kremsmünster, Seitenstetten und des Burggrafen mit großem Gepränge und unter Geschützdonner begangen.65) Vom Rat waren bewaffnete Bürger abgeordnet worden, um Zwischenfälle mit der Stadtbevölkerung, die ja in ihrer großen Mehrheit der evangelischen Lehre huldigte, vorzubeugen.66) Ein anderer Chronist, der Färbermeister Zettl aus Ennsdorf, verzeichnete, dass den Steyrern und ihren evangelischen Predigern diese Feier nicht gefallen habe, „dieweillen die Ganze Stadt biß auf unser 18. Burger Erz Lutrisch“ war. Er kommentiert weiter: „Vermuthlich hat ihnen vielleicht die Lufft nicht gedaugt.“67)
In der Ratssitzung vom 11. Jänner 1616 wurde Jakob Zetl das Bürgerrecht verliehen. Er hatte hierfür ein „Burgergelt“ von sechs Talern zu entrichten und sich außerdem eine Muskete sowie eine „Seittenwehr“ anzuschaffen. Am 9. September 1635 richtete er an den Rat ein „Ladungsschreiben“ für seine Hochzeit. Zu dieser bekam er von der Stadt sechs Reichstaler als „Präsentation“. Jakob Zetl starb im Alter von 80 Jahren und wurde am 30. November 1660 begraben.
Universitätsprofessor DDr. Karl Eder schreibt, dass die Chronik Zetls „bedeutend für die Geschichte des Bauernkrieges und, im Übrigen, als Arbeit eines lebenskundigen Bürgers bemerkenswert“ ist.
Am 11. August 1617 ersuchten die Kapuziner den Rat um Eisen und Nägel sowie um eine neuerliche finanzielle Beihilfe zum Klosterbau.68) Die Räte entschlossen sich jedoch erst am 6. Dezember, den Patres weitere 200 Gulden als „gebeu Hilff“ zu gewähren.69) Den Bau des Klosters leitete der Kapuzinerpater und Pfarrprediger Dominikus. Es wurde in zwei Jahren bis zur Dachgleiche aufgeführt. Wegen des Konfliktes zwischen den Ständen und dem Kaiser geriet der Weiterbau ins Stocken.70) Das Datum der Einweihung des Klosters kann nicht mehr festgestellt werden. Die Glockenweihe wurde am 3. Dezember 1621 begangen, der innere Chor der Kapuzinerkirche am 6. Juni 1622 fertiggestellt.71) Als man in der Nähe der Baustelle nach Sand grub, stießen die Arbeiter auf große Mengen Totengebein, das wahrscheinlich aus einer Pestzeit Steyrs herrührte.72)
Es ist verständlich, dass in einer Stadt, deren Bevölkerung 1619 noch fast ausschließlich den Lehren Luthers zugewandt war, nicht innerhalb kürzester Frist ein aufrichtiger Gesinnungswandel in religiösen Dingen hatte erfolgen können. So sah sich der Rat, der 1628 durch katholische Bürger ersetzt wurde,73) öfters genötigt, im Sinne der katholischen Gegenreformation auf die Bevölkerung einzuwirken. So wurde, z. B., 1629 den Handwerkern der Feilhauer, Zirkelschmiede und Schuhmacher „allen Ernstes auferlegt“, die Gottesdienste zu den üblichen Jahrestagen halten zu lassen und diese auch zu besuchen.74) Für das Fronleichnamsfest im Jahre 1638 traf der Rat alle Vorbereitungen, dieses feierlich zu begehen. Bisher waren jene, „die sich hierzu gebrauchen“ ließen, immer durch die Stadt mit Wein, Brot und Bier bewirtet worden. Da hierdurch der Bürgerschaft jedoch „höchstbeschwerliche Unkosten und Schaden entstand“, wurde in der Ratssitzung vom 30.5.1638 beschlossen, die Bewirtung zu verbieten, da ja überdies auch die jüngst anwesend gewesenen kaiserlichen Kommissare erklärt hatten, dass durch Bewirtung an einem so heiligen Tage vielmehr gesündigt als Gott verehrt werde.75) Auch für die Feierlichkeiten anlässlich des Pfingstfestes 1639 wurden auf Kosten der Stadt „etliche Hellebardiere“ und Musketiere beigestellt. Die Viertelmeister (Zechmeister) der Handwerker wurden ins Rathaus geladen, um ihnen „Andeüttung zu thun“, mit ihren Fahnen beim Umgang zu erscheinen. Vor dem Rathaus wurde ein Altar aufgerichtet. Außerdem wurden „Doppelhacken“ aufgestellt, um Salutschüsse zu feuern.76)
In allen Belangen hatte sich das Verhältnis zwischen dem nunmehr katholischen Magistrat und der katholischen Geistlichkeit gebessert. Als am 1. Juni 1629 der Garstener Abt zu einer Primiz einlud, wurden zu dieser Bürgermeister Mann und Ratsherr Wuschletitsch abgeordnet.77) Zu Silvester 1634 begehrten die Kapuziner vom Rat Wein. Dieser bewilligte ihnen 2 Eimer alten Weines.78) Auch den Jesuiten wurden die für den Gottesdienst notwendigen „Waxkörper“ (Kerzen) bezahlt.79) Den Dominikanern bewilligte der Rat im Februar 1635 über ihr Begehren ein wöchentliches „Deputat“ von 5 Gulden.80)
Als die „Singer der Weihnachtslieder“ im Dezember 1639 schriftlich um Erlaubnis baten, zu den Festtagen singen zu dürfen, wurde ihnen vom Rat bedeutet, dass sie ihr Gesuch vorerst vom Pfarrer unterschreiben zu lassen hätten. Weiters hatten sie dem Magistrat mitzuteilen, ob die Singgruppe aus nicht mehr als sieben Personen bestünde. Erst nach diesen Vorbedingungen würde ein Bescheid erfolgen.81)
Im November 1628 erreichte die Stadt ein Befehl der Landeshauptmannschaft, dass der Rat alle Emigranten, die wieder nach Steyr zurückgekehrt waren, nach Linz zu schicken hätte. Jenen Bürgern der Stadt, die „nicht leicht zur katholischen Religion schraitten“, solle ein „öffentlicher Spott angethan“ werden.82)
Die trostlose finanzielle Lage Steyrs und der früheren Eisenhandelsgesellschaft machte es 1628 notwendig, eine Gläubigerversammlung einzuberufen. Unter Vorsitz der kaiserlichen Kommissare, Vizedom Konstantin Grundmann und Stadtrichter Johann Baptista Spindler, versammelten sich am 10. September 1628 im Rathaus 200 „ansehentliche Herren“ mit ihren Schuldbriefen. Hier eröffneten ihnen die Kommissare, dass die Stadt durch ihre „früheren Vorsteher“ in große Schulden geraten sei und sich außerstande sehe, ihren Verpflichtungen voll nachzukommen. Unter Hinweis auf die durch die unruhigen Zeitläufte eingetretene Wertverminderung des Geldes (das „lange Geld“) wurde den Gläubigern nahegelegt, auf die Zinsen zu verzichten, damit sich die Stadt wieder wirtschaftlich erholen könnte. Außerdem wurde den Geldgebern mitgeteilt, dass die Stadt anstrebe, den Gläubigern jährlich 30.000 Gulden abzustatten.
Auf Grund dieser Auseinandersetzung mit den Kreditären wurden am 9. Jänner 1629 vorerst 102 neue Schuldverschreibungen ausgefertigt, mit dem Stadtsiegel versehen und nach Linz geschickt. Die Schulden der Stadt und der früheren Eisenhandelsgesellschaft, für deren Verbindlichkeiten ebenfalls die Stadt haftete, betrugen 900.000 Gulden. Wie vorerwähnt, sollten diese in jährlichen Summen von 30.000 Gulden bezahlt werden. Die Gläubiger, an die bezahlt werden sollte, und auch jene, die noch zu warten hätten, würden jeweils verständigt werden. Der Chronist Zetl meinte hierzu: „… wird mancher in 30 ober 40 Jahren Kaumb bezalt werden.83)
Am 30. September 1629 erschienen wieder kaiserliche Kommissare beim Magistrat. Sie verlangten von ihm die Beantwortung nachstehender Fragen innerhalb von 14 Tagen: 1. Welche Schulden wurden innerhalb der letzten 50 Jahre bei der Eisenhandelsgesellschaft gemacht? 2. Wieviel Geld wurde im selben Zeiträume ausgenommen? 3. Von wem? 4. Wie verwendete man es und in welchem Jahr? 5. Welche Summen wurden für die lutherischen Prädikanten und ihre Schulen gebraucht? Weiters interessierte die Kommissare, ob und warum den aufständischen Bauern seinerzeit mit Geld, Munition oder Kriegsausrüstung Hilfe geleistet wurde und welche Unkosten dadurch entstanden waren. Ferner wollte man wissen, ob nicht für gehaltene Mahlzeiten und „Gastereien“ das Geld verschwendet wurde. Es wurde auch gefragt, ob die Einlagen der Stadt bei der Eisenhandelsgesellschaft Erträge abwarfen und wer der Verwalter dieser Gelder war. Die Kassenein- und -ausgänge, sowie die Personen, die die „Ämter bedient“ hatten, sollten ausgezeichnet werden. Zum Schluss war noch zu beantworten, welche Schulden in der Stadt und bei der Eisenhandelsgesellschaft vorhanden waren und welche Summen jährlich rückgezahlt werden könnten.84)
Aber nicht nur Steyrs ökonomische Lage war verzweifelt. Am 6. November 1628 teilten die oberösterreichischen Stände der Stadt mit, dass auch sie große Schulden hätten, für deren Abzahlung ihnen von Kaiser Ferdinand II. ein Aufschlag auf die im Lande verkauften Viktualien bewilligt worden sei.85) Die in Steyr eingehobenen Zuschläge waren nach Linz abzuführen.86)
Die Not in der Stadt war jedoch so groß geworden, dass sich Unbemittelte gezwungen sahen, beim Rat um die Erlaubnis zum Betteln anzusuchen. So wurde der „armen Betrüebten Wittib“ Catalina Ritlerin am 7.3.1629 vom Rat gestattet, „Almosen zu sammeln.“87) Auch die Witwe des wegen seiner Teilnahme beim Bauernaufstände hingerichteten Stadtrichters Madlseder, Regina Khollerin, richtete im Juli 1629 an den Rat ein „durch Gott diemüetiges bitten“ um Geldhilfe.88)
Selbst der höchste Beamte der Stadt, Stadtschreiber Balthasar Greimoldt, sah sich am 2. Juni 1634 genötigt, den Rat um Bezahlung der ausständigen Besoldung zu ersuchen. Es wurde beschlossen, diese Bitte an Bürgermeister Mann weiterzuleiten, dieser „wolle dann auf mitl gedenkhen“, damit dem Bittsteller noch vor Pfingsten Geld ausgefolgt werden könne.89) Sogar der „Wachter“ Ch. Zauner musste den Magistrat um „ausständiges Wachtgeld“ mahnen.90) Der Rat selbst stellte in einer Sitzung am 23. Juni 1634 fest, dass die Stadt ganz verarmt sei.91) Als der Maurer Jakob Eder im Juli des gleichen Jahres als „Stadtmaister“ ausgenommen werden wollte, wurde ihm erklärt, dass er diesen Dienst antreten könne, jedoch mit keiner Entlohnung rechnen dürfe.92)
Eine Vorstellung, welche mannigfaltigen Leistungen durch die Stadt allein für das Militär erbracht werden mussten, gibt ein Bericht des Rates an die „Landschaft“. Dieser Bericht war abgefasst worden, Ersatz zu bekommen für Leistungen, die im Folgenden angeführt werden. 1. Gewöhnliche Leistungen (hierzu gehörten Unterkunft und Verpflegung an die in der Stadt befindlichen Soldaten, Vorspanndienste, Fasszieherlöhne, Botenlöhne u. a.); 2. Verpflegsleistungen und sonstige Dargaben an durchziehende Truppen;93) 3. Erlittene Schäden (beschlagnahmtes und geraubtes Vieh, geplünderter Hausrat und Sonstiges).94)
In allen Belangen musste gespart werden. Da zum Beispiel die jährlichen Ratswahlen „nambhafte“ Unkosten verursachten, wurde, über „aller unterthännigstes Anlagen“ des Magistrates, am 31.3.1639 vom Kaiser bewilligt, dass künftighin Wahlen nur jedes zweite Jahr durchgeführt werden sollten.95)
Der Niedergang Steyrs nahm seinen Fortschritt. Trotzdem 228 Häuser in Steyr leer standen, von denen schon viele verfallen oder für Wohnzwecke unbrauchbar geworden waren, hatte die Stadt an die Stände die Steuern so zu entrichten, als ob diese bewohnt wären. Auch für die elf Häuser, die dem Jesuitenorden und die zwei Häuser, die den Dominikanern übergeben und die von Kaiser Ferdinand II. schon im Jahre 1631 und später wieder im Jahre 1635 als steuerfrei erklärt worden waren, hatte die Stadt Steuern zu entrichten. Alle Einsprüche des Rates wurden verworfen.96)
Zum Jahresbeginn 1639 beauftragte Kaiser Ferdinand III. eine Kommission, die wirtschaftliche Lage Steyrs zu prüfen. Von dieser Prüfung erwartete sich der Rat irgendwelche Maßnahmen zur Gesundung der städtischen Wirtschaft. Große Bestürzung löste daher in der Ratssitzung vom 8. April 1639 ein Schreiben der „Abgeordneten“ aus Wien aus, in dem mitgeteilt wurde, dass der Kaiser auch beschlossen hatte „ain oder zwei Zu Jnspectoren vber die Statt zu setzen.97) Dieser kaiserliche Befehl rief im Rat eine einmütige Ablehnung hervor. Jeder der anwesenden Räte wurde aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen; die Abwesenden hatten ihre Meinung schriftlich niederzulegen. In umfassendster Weise äußerte sich der Altbürgermeister und jetzige Ratsherr Frizler, der erklärte, er nehme mit Verwunderung vom kaiserlichen Beschluss Kenntnis. Man habe vermutet, dass die jüngst anwesende kaiserliche Kommission der Stadt Hilfe bringen werde. Doch werde mit diesem Beschluss der Stadt indirekt der Vorwurf gemacht, „alß wuerde die Wüerthschafft nicht, wie sich gebüert, gefüerth“. Er wies auf die Schwierigkeiten Steyrs während der bayrischen Pfandherrschaft, auf die Münzverschlechterung, auf den Bauernaufstand und die Gegenreformation hin, während welchen Zeiten man „tag vnd nacht vnd noch laborirt, wie der Statt mechte geholffen werden.“ Auch sei der Befehl nicht mit den Privilegien der Stadt in Einklang zu bringen.
Die geplante Einsetzung zweier Inspektoren, die als höchste Instanz der städtischen Verwaltung zu gelten hätten, würde übrigens „allerhandt „consuhsiones“ mit sich bringen. Jene, die bisher Tag und Nacht im Interesse Steyrs gearbeitet und sich bemüht hätten, würden nunmehr Spott anstatt des Dankes ernten. Die verarmte Bürgerschaft, von der man bisher mit guten Worten manches hatte erreichen können, würde den Gehorsam verweigern. Sicherlich würden auch die Ratsherren bei Ernennung zweier Inspektoren auf die weitere Mitarbeit im Rat verzichten.
Der Rat beschloss einhellig, in einem Schreiben an die „Abgeordneten“ in Wien alle Umstände aufzuzeigen, die gegen die kaiserliche Anordnung sprachen. Es sollte im Schreiben auch erwähnt werden, dass in solchem Falle alle „secreta“ (geheim zu haltende Angelegenheiten der Geschäftsgebarung) Steyrs bekannt werden würden und die Stadt dann in der „Handlung vnd sonsten zurückgeschlagen“ werde. Die Abgeordneten sollten gebeten werden, alles zu unternehmen, um diesen kaiserlichen Beschluss rückgängig machen zu lassen.
Die Sitzungen des Rates wurden in dieser Zeit sehr schlecht besucht. Bürgermeister Mann sah sich gezwungen, in der Session vom 21. Juni 1639, an der nur fünf Räte teilgenommen hatten, vorzuschlagen, einen kaiserlichen Befehl zum besseren Besuche der Sitzungen zu erbitten. Es wurde beschlossen, bei der nächsten Reise nach Wien in dieser Angelegenheit bei Hof vorzusprechen.98)
Auf den Bericht der kaiserlichen Kommission, die die Wirtschaftslage Steyrs geprüft hatte, verfügte die Regierung Maßnahmen, die „der durch Kriegsgefährlichkeiten so herabgesunkenen und dem Untergange nahen Stadt“ wieder auf die Beine helfen sollten. Vorerst wurden die 228 „öden“ Häuser und ebenfalls die von geistlichen Orden bewohnten 13 Häuser von allen Abgaben und Steuern frei erklärt. Diese Verfügung wurde auch den Ständen in Linz bekanntgegeben, die deshalb die entsprechende Steuersumme weniger nach Wien abzuliefern brauchten.99) Im Rat wurden am 6. Juni 1639 die vom 17. Mai datierten bezüglichen kaiserlichen Befehle verlesen. Als erster einer an den Landeshauptmann, der ein Zahlungsmoratorium (Zahlungsaufschub) für Steyr auf drei Jahre und ein rückwirkendes Stillhalteabkommen100) für die Zeit von 1635 bis 1640 enthielt. Von diesem Moratorium waren geistliche Personen auszunehmen. Weiters wurde angeordnet, dass die Stadt, so viel als möglich, mit Truppeneinquartierungen und -durchzügen zu verschonen sei. Ein weiterer Befehl erging an die Verordneten der Stände in Linz, dass sie sich über diese Bevorzugung Steyrs nicht beschweren dürften. Zur Besserung der Stadtfinanzen wurden, versuchsweise auf ein Jahr, auf alles Getreide, das am Wochenmarkt feilgeboten wurde, Preisaufschläge bewilligt: für Weizen 3 Kreuzer, Korn 2 Kreuzer, Gerste 6 Kreuzer, Hafer u. Linsen 4 Kreuzer je Metzen (61,487 l).101) Getreide für die Eisengewerkschaft war von diesen Aufschlägen befreit.102) An alle Mauteinnehmer erging ein Patent des Inhaltes, dass die Waren der Steyrer Bürger und Handelsleute auf die Dauer von drei Jahren abgabenfrei zu behandeln wären. Außerdem wurde der Herrschaft Steyr befohlen, den „Fürkauf“ (Schwarzhandel) mit Waren in Sierning zu unterbinden. Auch dem Salzhauptmann wurde aufgetragen, den Steyrern das Salz ohne Zwischenhandel zu liefern. Mit Salz hatte sich ein Handel der Bauernschaft in den Orten Steinbach, Aschach, Sierninghofen, Ternberg, Losenstein, Haidershofen und Kronstorf zuungunsten Steyrs entwickelt. Pritz führt noch an, dass vom Kaiser verschiedene Privilegien der Stadt erneuert wurden.103)
Im Februar 1635 befasste sich der Rat mit einer Beschwerde der Bierbrauer, die sich über die zugemuteten „ganz beschwerlichen“ Aufschläge auf das Bier beklagten. Er beschloss, die Brauer ins Rathaus zu laden und ihnen ihre „Straffmessige anzeig“ vorzuhalten. Sie sollten in den Arrest gebracht und dort so lange festgehalten werden, bis sie die Beschwerde schriftlich zurückgezogen hätten. Außerdem wurde ihnen eine Strafe von 100 Reichstalern zugemessen, da sie ein seit vier Jahren von ihnen gefordertes Verzeichnis über die „halben Preü“ nicht vorgelegt hatten.104)
Zu den wirtschaftlichen und politischen Sorgen der Amtszeit Bürgermeisters Mann kamen auch noch andere, nicht minder schwere. Im Sommer 1616 waren durch die drückende Hitze zahlreiche kleine Brände in Steyr und seiner Umgebung entstanden. Der Rat sah sich veranlasst, dem „Obristen Wachtmeister“ Himelperger den Auftrag zu erteilen, wegen der latenten Brandgefahr Wachen zu bestellen.105) Aus diesem Grund wurden auch die Johannisfeuer, bei denen man schoss und Raketen warf, untersagt. Ebenfalls im Jahre 1617 wurden die „Sonabent Feür“ verboten. Dieses Verbot wurde von den Kanzeln verkündet und die Viertelmeister hatten für die Einhaltung Sorge zu tragen.106)
Nach der Ermordung des kaiserlichen Feldherrn Wallenstein am 25.2.1634 rückten die verbündeten Schweden und Franzosen überall in den kaiserlichen Landen vor. Es musste daher eine neue Armee ausgestellt werden, zu der Steyr 20 Mann stellen sollte. Nur mit Mühe gelang es, dieses Kontingent aufzubringen. Den einzelnen Angeworbenen musste 20 bis 30 Gulden Handgeld gezahlt werden. Mit diesem Heer errang Ferdinand von Ungarn, ein Sohn des Kaisers, bei Nördlingen einen großen Sieg über die Schweden. Zu dieser Zeit wütete in Steyr und den umliegenden Orten wieder die Pest. Als Begräbnisstätte sah der Rat in seiner Sitzung vom 6. Oktober 1634 eine Wiese in der Nähe der Ortschaft Gmain bei Ennsdorf vor. Hierzu musste aber die Herrschaft Steyr die Erlaubnis erteilen. Diese hatte keine Bedenken, verlangte jedoch, dass die „Todten cörper was; Tüeffer (tiefer) alß sonst“ eingegraben würden.107) Die Seuche ließ sich, trotz aller Gegenmaßnahmen, nicht so rasch eindämmen. Am 13.12. behandelte der Rat ein Ersuchschreiben des Stadtpfarrers, der um eine „bstallung“ (Gehalt) des „caplan für die infizierten Personen“ ansuchte. Es wurden ihm monatlich 15 Gulden zugesagt.108) Bis zum Jahresende waren in der Stadt 200 Opfer der Seuche zu beklagen.109) Wegen der Pest wurde im Jänner 1635 in der Stadtpfarrkirche die Sebastiani-Bruderschaft begründet.
Die Bautätigkeit der Stadt beschränkte sich in dieser Zeit der leeren Stadtkassen im Allgemeinen nur auf dringende Reparaturen. So musste im September 1617 das „Armenhaus bei der Steyr“ repariert und das Dach gerichtet werden.110) Die Schäden waren auf die „güße“ im August zurückzuführen, die in Steyr viel Schaden getan hatten.111) Im Oktober 1634 bekam der Stadtkämmerer den Auftrag, das baufällig gewordene Rathaus und die Kanzlei auf das „biliegist“ (billigste) instandsetzen zu lassen, jedoch soweit, dass man sich darinnen ohne Gefahr aufhalten könne.112) Über Bitten der Steyrdorfer Gemeinde wurde im August 1638 ein „Brunnenchor“ (Erweiterung der Wasserversorgung) errichtet.113) Beim Ölberg war eine Mauer und nächst der „Schlagbrücke“ ein Gewölbe eingestürzt. Für die Instandsetzung dieser Bauten beschloss der Rat am 12.3.1639, einen Kostenersatz von der Herrschaft Steyr zu verlangen.114) Da auch der Stadtpfarrturm baufällig war und der Stadt keine Mittel für seinen Wiederaufbau zur Verfügung standen, verfügte der Rat am 27.10.1639, dass Stadtrichter Wernberger 100 Gulden vom „Ungelt aufm Lanndt“ (am Lande eingehobene Getränkesteuern) für diesen Zweck flüssigmache.115)
Über Antrag des Bürgermeisters wurde im Juni 1619 eine Beschau der „an der Leüthen“ (Leite) am Tabor neuerbauten Stiege vorgenommen.116)
In diesem Zusammenhang mag ein Blick auf die Arbeits- und Lohnverhältnisse dieser Zeit interessant erscheinen. Im Rat wurde am 18.6.1639 über eine Lohnforderung der Zimmerleute gesprochen. Diese begehrten einen Tageslohn von 16 Kreuzern. Der Rat stimmte der Forderung zu, jedoch mit der Aufgabe, dass die Zimmerleute morgens um 4 Uhr und „nicht nach vnd nach vnd also spader“ mit der Arbeit beginnen und sie um 7 Uhr abends beenden müssen.117) Ein Pfund (rund 56 dkg) Rindfleisch kostete 3 bis 3,5 Kreuzer.
Um das kulturelle Leben Steyrs in dieser harten Zeit war es schlecht bestellt. Die Ratsprotokolle erzählen, dass im Februar 1629 von den Messerern eine „comedi“ (Komödie) aufgeführt wurde.118) Als im Jänner 1635 einige Handwerksgesellen ebenfalls eine „comedie“ zur Ausführung bringen wollten und deshalb um die Genehmigung des Magistrates ansuchten, wurde ihnen dies aus „erheblichen Ursachen“ untersagt.119)
Ein Schlaglicht auf die wirtschaftliche Lage der Lehrer gibt uns die Anstellung des Hannß Simon Stecher, der am 2.10.1634 auf „versuechen“ (probeweise) als Schulmeister angestellt wurde. Von der Stadt bekam er ein Zimmer zugewiesen, sein „Solarium“ (Gehalt) sollte er, „waß recht ist“, von den Schulkindern „einfordern“ und zwar „wie anndere“ (Schulmeister).120)
Literaturverzeichnis
- Preuenhueber Valentin, Annales Styrenses, Nürnberg 1740.
- Pritz Franz Xaver, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Linz 1837.
- Pritz Franz Xaver, Geschichte her ehemaligen Benediktinerklöster Garsten und Gleink. Linz 1841.
- Ofner Joses Die Eisenstadt Steyr. Geschichtlicher und kultureller Überblick. Steyr 1958.
- Schiffmann Konrad, Die Annalen (1590—1622) des Wolfgang Lindner. Linz 1910.
- Zetl Jakob, Fortsetzung der Stadt Steyrischen Annalen des Valentin Preuenhueber 1612—1635. Manuskript St.A.
- Neumann Ilse, Steyr und die Glaubenskämpfe. V. d. K. d. St. Steyr, Feber 1952
- „Statt Steyris Raths Wall“ 1500—1660. St.A.
- Verzeichnis der Bürgermeister, Richter und Räte 1500—1651. St A.
- Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlenbuch. St.A.
- Eder Karl, Ein Reformationshistoriker — Karl(?) Preuenhueber. V. d. Kulturamtes der Stadt Steyr, Dezember 1955.
- Eder Karl, Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung 1490—1525 Linz 1933.
- Eder Karl, Glaubensspaltung und Landesstände in Österreich ob der Enns 1525—1602. Linz 1936.
- Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler. XXVII. und XXVIII. Bd.
- Ofner Josef, Nikolaus Lindtwurm, Bortenschläger und Meistersinger zu Steyr. V. d. Kulturamtes der Stadt Steyr. Dezember 1955.
- Bittner Ludwig, Das Eisenwesen in Innerberg-Eisenerz bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625.
- Hack Irmgard, Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen V. d. K. Steyr, März 1953.
- Pantz Anton von, Die Innerberger Hauptgewerkschaft 1625 bis 1783.
- Sturmberger Hans, Georg Erasmus Tschernembl. Linz 1953.
Ratsprotokolle, Steuerbücher, Taufbücher und Totenregister der Stadtpfarre Steyr, Testamente, Eisenakten, Mautakten, Emigrantenakten.
Abkürzungen: LV = Literaturverzeichnis; RP = Ratsprotokoll; St.A. — Städtisches Archiv; K. = Kasten; L. = Lade; Stb. — Steuerbuch.
- LV 6, 3.
- Resignation Cosman Manns, präs. 8.12.1629, Nr. 492, Mk., L. 10, St.A.
- LV 8; Genannter 1578, 1581, 1585; Junger Herr 1588 bis 1591; Alter Herr 1596—1600.
- Ihre Eltern Leopold und Katharina Theiß waren von 1567 bis 1577 Besitzer des Hauses Stadtplatz 6. Außerdem besaßen sie die Häuser Schulstiege 1, Stadtplatz 4 und Berggasse 25 (Stb. 1567, 1573).
- LV 5, 121, 204: „Hoc etiam mense duo Styrenses iuvenes Studiosi post mortem suae matris Thomae (!) Manin, Cosmas et Simon Man pro adeunda relicta haereditate a studiis Wittenberga domum Styram reversi sunt“.
- LV 14, 192-194. LV 8.
- Genannter 1611 u. 1612, Junger Herr 1613, Alter Herr 1615.
- RP 1615, 330.
- LV 14, 194.
- Am 13. 3. 1617.
- RP 1617, 79.
- RP 1617, 1.
- RP 1617, 129, 121.
- LV 6, 112; LV 2, 277.
- 492, Mk., L. 10, St.A.; RP 1629, 221.
- 495, Mk., L. 10, St.A.
- 496, Mk., L. 10, St.A.
- 497, Mk., L. 10, St.A.
- RP 1634, 36.
- RP 1634, 38; LV 6, 154, 155; Nr. 521, 523, 526, Mk., L. 10, St.A.
- RP 1634, 53.
- RP 1634, 147.
- 553, Mk., L. 10, St.A.
- RP 1638, 25, 47, 60, 84, 103, 108, 109.
- RP 1638, 14.
- RP 1638, 125.
- RP 1639, 2.
- RP 1639, 105.
- RP 1639, 218.
- 0) 547, Mk., L. 10, St.A.
- 548, Mk., L. 10, St.A.
- 549, Mk., L. 10, St.A.
- Von den vorgeschlagenen neun Kandidaten erhielten sieben Stimmen, und zwar Wernberger 165, Wagendorffer 46, Egger 13, Achtmarckht 12, Riß 10, Spindler 6, Schröffel 1; Plauz und Burger erhielten keine Stimme. RP 1640, 175.
- RP 1640, 180.
- Das erste Glied der Innerberger Hauptgewerkschaft waren die Radmeister mit ihren Werken in Eisenerz; die Hammermeister mit ihren Betrieben, Wäldern, Grund, Eisen, Holz und Kohls waren das zweite Glied; das dritte Glied war der Magistrat Steyr mit seiner Einlage, zu dieser gehörte auch das Geld, das die Stadt bei Rad- und Hammerwerken liegen hatte. Dis drei Glieder waren in der Gewerkschaft vereinigt.
- RP 1641, 187.
- 1641, 194.
- RP 1641, 203.
- Nur mehr ein Sohn Cosman Manns kann nachgewiesen werden. Dieser vermählte sich am 12.8.1652 mit Barbara N., die ihm einige Kinder gebar. Die einzige bekannte Schwester des Bürgermeisters, Elisabeth, heiratete den Vorgeher der Innerberger Hauptgewerkschaft, Abraham Schröffl. Vom zweiten bekannten Bruder des Bürgermeisters, Colman, stammten mehrere Söhne: Hans, Georg, Johann, Wolf und Laurenz. Diese waren in Steyr und seiner Umgebung als Messerer tätig.
- RP 1641, 195.
- RP 1641, 199.
- RP 1641, 218.
- RP 1641, 218.
- RP 1641, 245, 247.
- RP 1641, 218, 245.
- RP 1641, 285.
- RP 1641, 251.
- RP 1616, 220, 221, 230.
- RP 1617, 154. — In jedem dieser Hammerwerke waren mindestens 40 bis 50 Personen beschäftigt, die zu beaufsichtigen waren. Außerdem hielt jeder Hammermeister 10 bis 12 Pferde. Es ist also verständlich, dass die Eigentümer bei den Werkgaden, den Holz- und Kohlenarbeiten, Nachschau halten wollten.
- LV 18 17.
- LV 3, 96.
- RP 1616, 134.
- RP 1616, 169.
- RP 1616, 200; auch RP 1617, 76, 102.
- RP 1617, 106.
- RP 1617, 243.
- RP 1617, 241.
- RP 1617, 257.
- LV 6, 5. — Pritz (S. 242) schreibt, dass in der Bruderhauskirche am 29.7.1616 der erste katholische Gottesdienst gehalten wurde.
- LV 2 243; LP 6, 2.
- Lamberg versprach 4.000 Gulden beizutragen; er kaufte am 9 11. 1617 12.000 Ziegel.
- LV 5. 297, LP 6, 3.
- RP 1617, 102.
- RP 1617, 109.
- LV 7. 85; LV 5, 309; Lindner und Preuenhuber geben den 16.4. als den Tag der Grundsteinlegung an. Pritz behauptet, dass mit beim „Bau um 1615 begonnen“ wurde.
- „Plurimi etiam cives Styrenses interim pro aliqua tutela ad hoc senatu ordinati in armis steterunt“.
- LV 5, 309; LV 6, 4.
- RP 1617, 227.
- RP 1617, 372.
- LV 6, 5.
- LV 6, 23; LV 5, 402, 408; LV 17, 85; Pritz (LV 2, 25) schreibt, dass 1620 der Bau geendet“ war.
- LV 6, 4, 5.
- LV 6, 109.
- RP 1629, 30, 31.
- RP 1638, 92; LV 4, 75.
- RP 1639, 129, 131.
- RP 1629, 90.
- RP 1634, 147a.
- RP 1634, 129.
- RP 1635, 23.
- RP 1634, 139.
- LV 6, 112.
- LV 6, 109, 114; LV 2, 176, 277. Ein Fass Kohle (ungefähr 3 hl) kostete zu Ende des 16. Jhdt. 24 Pfennige, zu Beginn des 17. Jhdt. 40 bis 48 Pfennige.
- LV 6, 110. — Am 3.1.1629 war an die Städte Linz und Vöcklabruck ein kaiserlicher Erlass ergangen, wonach nur Katholiken zur Bürgermeister- und Stadtrichterwahl zuzulassen waren. Dem Vöcklabrucker Erlass war noch beigefügt worden, dass zur Wahl des Stadtrichters ein kaiserlicher Kommissar entsandt wird, dem auch die Überprüfung der Rechnungen über das städtische und Kirchen- vermögen oblag. Diese Maßnahme wird wohl eine im ganzen Lande gültige gewesen sein.
- Auf den Eimer Wein waren einzuheben 6 Kreuzer, auf das Pfund Rind-, Kalb- oder Lammfleisch 1 Pfennig, auf das Pfund Schweinefleisch, Schmer oder Unschlitt 2 Pfennig, auf den Metzen Weizen 8 Pfennig, auf den Metzen Korn 6 Pfennig, auf Wicken, Gerste und Hafer je Metzen 4 Pfennig
- LV 6, 111.
- RP 1629, 40.
- RP 1629, 138.
- RP 1634, 46. Verschiedene Schreibweisen des Namens Greimolbt: Grienwaldt, Grünwald.
- RP 1634, 132.
- RP 1634, 53.
- RP 1634, 64.
- So waren am 3.2.1634 „unversehens“ vier Regimenter zu Fuß durch die Stadt gezogen, die verpflegt werden mussten. Mehrfach musste durch die Stadt auch das sogenannte „Rüstgeld“ eingehoben werden. Über kaiserliches Patent waren im Februar 1629 von jedem Hause 20 Schilling zu zahlen.
- RP 1634, 61.
- 544, Mi., L. 10, St.A.
- LV 2, 289.
- RP 1639, 69—72.
- RP 1639, 132.
- LV 2, 290.
- „… reductionem temporis von 1635 bis 1640, außer der Geistlichen Miser person: …“
- Pritz gibt auf S. 291 andere Aufschlagsummen an.
- LV 2, 291.
- LV 2, 291: Handel mit Venediger Waren; Vorrechte der Stadt wegen Feilbietung des Holzes; weiters, dass niemand eine Meile um die Stadt ein Wirtshaus oder einen Ausschank errichten durfte, es sei denn, er besähe eine alte Berechtigung hierfür.
- RP 1635, 23, 115.
- RP 1616, 163; LV 2, 242.
- RP 1617, 187.
- RP 1634, 102.
- RP 1634, 137.
- LV 2, 285.
- RP 1617, 257.
- RP 1617, 221.
- RP 1634, 101.
- RP 1638, 165.
- RP 1639, 49, 63.
- RP 1639, 214.
- RP 1619, 106.
- RP 1639, 129. — Im Jahre 1614 hatten die Zimmerleute, die im Monat Jänner bei großer Kälte die Stadtbrücken reparierten, 10 Kreuzer Tageslohn bekommen.
- RP 1629, 33.
- RP 1635, 23.
- RP 1634, 99.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 22, Dezember 1961