Unterhimmel und Christkindl sind die einzig dastehenden Namen von Ortschaften, die durch die Inkorporation des Jahres 1938 in das Stadtgebiet von Steyr gekommen sind.
Man möchte glauben, dass diese beiden Namen der nebeneinander – aber auf sehr verschiedener Höhe – liegenden Ortschaften in einem gewissen Zusammenhang stehen.
Sicher ist, dass beide Orte früher dem Kloster Garsten untertänig waren.
Das Kloster mag wohl bei der Namensgebung maßgeblich beteiligt gewesen sein.
Der Name Unterhimmel ist sehr alt; aber wie alt, wissen wir nicht.
Aus einem im Jahre 1572 geschriebenen Merkblatt geht hervor, dass damals am
„himmlitzer Wührgraben“ schon fleißig gearbeitet wurde.
Es heißt darin, dass auch die „unterm Himmel, dem Kloster Garsten mit Grundobrigkeit: untergehörig,“ am Fluß arbeiteten.
In einem Beschauprotokoll der Herrschaft Steyr werden im Jahre 1581 elf „Unterhimmler“ am Wehrgraben genannt.
Hat die Ortschaft den Namen Unterhimmel bekommen, weil sie tief unter der Ortschaft Christkindl lag, dem Christkindl, das im Himmel war?
In einer Versammlung, die Pilgrim, der Bischof von Passau, um das Jahr 977 in Mistelbach zur Ordnung des Zehents der Passauer Kirche hielt, wurden die Orte bestimmt, die den Zehent zur Hauptkirche Sierning zu liefern hatten.
Es waren dies Garstina, Sapinihca (Sarning), die Stirapurhc (Burg Steyr), Riuti und andere.
Unter Riuti vermutet man die Reitergüter in Christkindl.
Eine Ortschaft mit dem Namen Christkindl hat es damals noch nicht gegeben.
Rolleder schrieb in seiner Heimatkunde (S. 362):
„Christkindl taucht in der Geschichte viel später auf.
Die Veranlassung zur Erbauung der Kirche gab Ferdinand Serdel, Thurnermeister und Chorregent in Steyr.
An der hinfallenden Sucht leidend, suchte er gerne einsame Orte auf und verehrte das Jesukind.
Er stellte im Jahre 1695 ein Abbild desselben in einen hohlen Baum bei Christkindl und verrichtete hier seine Andacht“.
Vielleicht hat aber erst die Erbauung der Kirche im Jahre 1709 zur Benennung der Ortschaft geführt.
Sicher ist, dass der Name „Unterm Himmel“ schon 1572 geführt wurde, „Christkindl“ aber erst später gegeben wurde.
Es muß also das Hochplateau von Christkindl vorher „im Himmel“ geheißen haben.
Und dies soll tatsächlich so gewesen sein, doch fehlen noch Beweise.
Christkindl war ein bekannter Wallfahrtsort.
Seine hervorragend schöne Kirche wurde von den berühmten Baumeistern Prandtauer und Carlone erbaut.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein kurzer Blick auf die Geschichte der Papierer von Unterhimmel.
Schon vor 320 Jahren entstand in Unterhimmel aus der Eggerschen Drahtziehe eine Papiermühle.
Am 17.3. 1636 klagt Christof Grießer, Papiermacher in Steyr, den Jakob Wöber, wegen Erbauung einer neuen Papiermühle an.
Es war ja eine traurige, geschäftslose Zeit für Steyr, und so darf man sich über Grießer nicht wundern, dass er den Konkurrenten bekämpfte.
Wöber gab auf und wanderte 1639 nach Graz ab.
Aber die Papiermühle, die er aus der Eggerschen Drahtziehe erbaut hatte, blieb bestehen.
Georg Predtschneider hieß der nächste Papierer.
Daß die Mühle dem Kloster Garsten untertänig war, drückt er auch im Wasserzeichen seiner Papiere aus.
Sein Nachfolger Hans Silbereisen (1645) begann schon, das Wappen des damaligen Abtes von Garsten für eine gute Papiersorte als Wasserzeichen zu verwenden.
Um das Jahr 1700 übernahm sein Sohn Georg die Papiermühle in Unterhimmel.
Er geriet in Schulden und musste 1704 den ganzen Besitz hergeben.
Der Papiermachermeister Franz Müller erwarb die Mühle, starb jedoch nach wenigen Jahren.
Seine Witwe Anna Sophie heiratete 1713 den Papiermachermeister Jakob Döck, der bis 1729 an der Mühle verblieb.
Am 31. Mai 1706 wurde von Abt Anselm der Grundstein zur kleinen, aber einzig schönen Kirche in Christkindl gelegt. Christkindl war zum Wallfahrtsort geworden.
Da hat auch der nächste Papiermüller, Loren Häberl, das Christkind als Wasserzeichen in seine „feyn Canzley“ – Papiere aufgenommen.
Es ist sicher nicht leicht, die Figur einer menschlichen Gestalt aus feinem Draht zu biegen und auf das Sieb zu heften.
Man kann diese Figuren auch nicht immer schön nennen; doch man erkennt deutlich, was sie darstellen: Das Christuskind mit dem Kreuz in der einen, der Dornenkrone in der anderen Hand, schwebend auf einer Wolke.
Um das Jahr 1761 kam Wolfgang Mayr an die Papiermühle, starb aber nach wenigen Jahren.
Seine Witwe Anna heiratete Johann Michael Würz, einen der bedeutendsten Papierer Unterhimmels.
Franz de Paula Würz, sein 1783 geborener Sohn übernahm 1811 den Betrieb.
Er starb 1838.
Seine Witwe Anna heiratete den Papierer Johann Christian Ludwig Mahn aus Zellerfeld in Hannover.
Er behielt das Christkindl als Wasserzeichen bei.
Im Jahre 1853 übergab er die Mühle dem Sohne Franz de Paulas, namens Ferdinand.
Durch die maschinelle Erzeugung von Papier an anderen Orten wurde die handwerksmäßige Erzeugung unrentabel.
So wurde die Papiererzeugung 1860 eingestellt und der ganze Komplex 1862 verkauft.
Noch steht das mächtige und in der Barockzeit schön geschmückte Haus der Papierer in der Rosenegger Straße in Unterhimmel.
Ein barocker Bilderrahmen in Stuck zeigt – eine leere Fläche.
Das Christkind, das darin einst zu sehen gewesen sein soll, ist ein Opfer der Zeit geworden, wird aber hoffentlich bald wieder darauf zu sehen sein.
Es ist dies der Wunsch der Hausfrau, die für ihr schönes Haus und seine Geschichte viel übrig hat.
Die Papierer Unterhimmels haben nicht nur die Geschichte des Klosters Garsten und der Ortschaft Christkindl durch die Wasserzeichen festgehalten.
Sie mussten nicht nur gute Papiererzeuger, sondern auch tüchtige Zeichner, Drahtbieger und kunstvolle Meister des Holzschnittes gewesen sein, wie der abgebildete Ries – Umschlag mit dem Christkindl des Franz de Paula Würz es beweist.
Von Oberbaurat Dipl. Ing. Berndt, abgeschrieben von Ing. W. Hack aus: „Steyrer Zeitung“ Weihnachtsbeilage Nr. 31/19. 12. 1957