Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)
Von Erlefried Krobath
Fast während des ganzen 16. Jahrhunderts galten die Händl als das tonangebende Geschlecht Steyrs. Sie waren Hammerherren und Eisenhändler und hatten sich als solche ein riesiges Vermögen erworben.
Aus ältester Zeit sind zwei in der Eisenerzeugung und im Eisenhandel tätige Linien dieser Familie bekannt, von denen eine ihren Sitz in Vordernberg und die andere in Weyer aufgeschlagen hatte. Sicherlich bestand zwischen ihnen ein Verwandtschaftsverhältnis, das sich heute nicht mehr nachweisen lässt1). Der Stadt Steyr schenkte diese Familie eine Reihe von Bürgermeistern, Stadtrichtern, Ratsherren und tüchtigen Bürgern.
Ein Mitglied der Weyrer Linie2), der Hammerherr Gotthardt Händl, war nach Steyr gezogen und gehörte schon 1531 der Bürgerschaft der Stadt an. Seiner Ehe mit Barbara Colmanin aus Wels entstammten vier Söhne3) und zwei Töchter. Wolff, der Viertgeborene, wurde der Bekannteste der Familie. Er kam 1558 von Weyer nach Steyr.4) Auf sein eigenes Ansuchen wurde ihm am „Freidtag vor dem Heilligen Christag Im Fünfzehnhundert vnd zu Eingang des Achtundfünffzigsten Jahrs“ von Richter und Rat in Weyer der Abschiedsbrief aus der Weyrer Bürgerschaft ausgestellt. Nach dem außerhalb Steyrs gelegenen Edelsitze, den er 1567 von den Vormündern der Reinprechtischen Kinder kaufte, wurde er „zu (von) Ramingdorf“ genannt.5) 1561 scheint Wolff als Ratsbürger der Stadt auf,6) in weiterer Folge wurde er für die Jahre 1571—1575, 1577—1578, 1582 bis 1583 und 1587—1589 zum Bürgermeister gewählt.7)
Die Sitzungen des Rates der Stadt scheinen zu Beginn der Amtszeit und auch späterhin nicht gut besucht worden zu sein. Bürgermeister und Rat beschlossen nun am 13.2.1571, dass bei Einberufung einer Sitzung die Eingeladenen „gehorsamblich“ erscheinen sollten und nur bei glaublicher Verhinderung durch „leibsschwachheit“ fernbleiben dürften. Für Zuwiderhandelnde wurde, ohne Ansehen der Person, eine Geldstrafe von 4 bis 15 Kreuzern bestimmt. In der gleichen Sitzung wurde auch beschlossen, dass das Amt des Bürgermeisters alle zwei Jahre neu besetzt werden sollte und künftighin jeder Bürgermeister wieder zum Richter erwählt werde. Auch sei der „junge Rat“ erst nach Erwählung des „alten Rates“ zu bestellen und, falls jemand, der bereits zuvor Richter oder im „alten Rat“ gewesen war, neuerlich durch die Gemeinde gewählt werden würde, hätte er in den „alten Rat“ genommen zu werden.8)
Wie aus den Ratsprotokollen dieser Zeit hervorgeht, hielten die Störungen der Versorgung mit Lebensmitteln als Folge des Türkenfeldzuges 1571 auch in den folgenden Jahren noch an. Der Magistrat bemühte sich weiterhin, Getreide anzukaufen und im Städtischen Getreidekasten Lager zu halten.9)
Mehrfach beschäftigte sich der Rat in seinen Sitzungen auch mit den Elementen, die aus der allgemeinen Versorgungslage Vorteile zu ziehen versuchten. Trotz des ergangenen kaiserlichen Generalmandates, bei den Untertanen Aufkäufe zu unterlassen, kauften verschiedene Müller, unter ihnen auch der Müller in Raming, ein Untertan der Herrschaft Steyr, Getreide auf, das sie ohne Wissen der Obrigkeit an anderen Orten zu erhöhten Preisen abgaben, und so den Steyrer Wochenmarkt und damit auch die Versorgung der Stadt gefährdeten.10)
Der Rat traf verschiedene Maßnahmen, um die Versorgung der Bevölkerung mit den wichtigsten Lebensmitteln zu sichern. Den Bäckern wurde bei Androhung einer Strafe an Leib und Gut bis auf „enntliche abhanndlung der Neuen gepächtsordnung“ befohlen, ordentliches Gebäck herzustellen.11) Schließlich wurde ihnen im Dezember 1572 auferlegt, dass sie Semmeln und Roggengebäck gut backen sollten. Das Gewicht für ein Paar „Zwailling“-Semmeln wurde mit 18 Lot und das des Leibes Roggenbrot mit 4 Pfund 20 Lot festgesetzt; der Zweikreuzer- Laib sollte halb so schwer sein. Bei Nichteinhaltung dieser Gewichte und unter Festlegung gewisser Toleranzen, die nicht einer Strafe unterlagen, müssten die Bäcker für jedes Lot Mindergewicht zwei Golddukaten und für schwarze oder schwammige Semmeln einen Dukaten als Strafe erlegen.12)
Um eine Preisstabilisierung zu erzielen, beschloss der Rat, aus seinen Lagern an die Bürgerschaft und armen Bäcker Getreide zu bevorzugtem Preise gegen bare Zahlung abzugeben und zwar den Metzen Korn um zwei Gulden, den Metzen Weizen um 19 sh Pfg.13)
Aber auch andere Güter waren begehrt. So hielt der Wirt „am Moß“ die Säumer (Transportfuhrleute) auf den Straßen an und kaufte ihnen den zugeführten Süßwein ab, den er mit erheblichem Aufschlag weiterverhandelte.
Wolff Händl war es vorbehalten, die als größte bekannte Hochwasserkatastrophe, die Steyr bis auf den heutigen Tag zu verzeichnen hat, zu erleben und als Bürgermeister an der Behebung der angerichteten Schäden mitzuwirken.
Beide Flüsse der Stadt, Enns und Steyr, waren am 8. Juli 1572 wegen der andauernden Regengüsse aus den Ufern getreten. Die Enge und der halbe Stadtplatz standen unter Wasser, der Verkehr konnte nur mehr durch Zillen aufrechterhalten werden. Alle Brücken der Stadt, die Stadtmauern und Türme entlang der Enns, die zwei oberen Tore, der hintere Teil des Rathauses und zahlreiche am linken Ennsufer gelegene Häuser waren stark beschädigt oder ein Raub der hochgehenden Fluten geworden. Auch die Lateinische Schule (das evangelische Gymnasium), die sich im heutigen Postgebäude (Grünmarkt 1) befand, stürzte ein. Mit aller Macht wüteten die entfesselten Wassermassen. Auf den tobenden Fluten kamen Holzstadel, Mühlen, Schleifen, entwurzelte Bäume und Tierkadaver geschwommen, die vom Wasser mitgerissen worden waren.14) Magister Georg Mauritius, Professor Extraordinarius aus Nürnberg und Nachfolger des am 28. 10. 1571 verstorbenen Magisters Thomas Pegaeus, Rektors der Lateinischen Schule in Steyr, verfasste anlässlich dieser über die Stadt hereingebrochenen Katastrophe nachstehendes Gedicht.15)
Nach der Geburt des Herrn Christ / als die Zahl nun herkommen ist / tausend fünffhundert siebenzig zwey / und Julius nun kam herbey. An einen Sonntag Abends spat / das Wasser angefangen hat / zu wachsen / grausam / grimmig sehr / daß es war wie ein tiefes Meer. Aus wenig Tage / regnet stett / dermassen zugenommen hätt / daß es führt Holz und grosse Baum die man zweymahl erklafftert kaum. Zugleich die Steyer und Ennß gar dick fürwahr viel manche tausend Stück ein Katz darauf wol hätt künen / sein Lauf übers Wasser gwünen: Die großen Aichen sammt der Wurtzl gantz ausgewachsen und im Burzl / ins Wasser fielen als umgeschlagen / was machet war daß drautz groß Zagen und Hertzenleid den leuten kam / Daß alles wegriß der Wasser-Strom; von grossen Buchen auch der Grund / sich mit dem Grieß umkehrn begundt. Montags früh um sechs Uhr ungefehr / die Brucken kamen geflossen her / vorm grausamen der Balcken Gewalt / der in der ganzen Stadt erschallt / wie auch denselben gantzen Tag mit vieler Herzenleid und Klag Städl/Hämmer/Heuser kamen geflossen die jämmerlich waren umgestossen / daß also manicher armer Mann / must sehen / wie sein Gut weck ran / elendiglich im Augenblick? war das nicht ein erbärmlich Stück das Saußn Praußn und grosser Grimm gieng nur mit aller Ungestimm / und obs wol wehrt den gantzen Tag jedoch war nicht so groß die Klag / noch Schmertzen als den andern Morgen am Dienstag da gieng an das Sorgen / dann fielen erst starck Häuser nieder / an manichen Orten hin und wider / das Wasser sah warlich so schüech / als es zuvor war gewesen nie / der Teufel streckt dran all sein Macht den Schülern grimmig er nachtracht / nach wehret GOTT sein argen Lüst / daß keinen nichts geschehen ist / in solcher grossen Leibs Gefahr deß seinen nahm ein jeder war / sie brachten kaum die Büchlein auß / ohn Ordnung in ein ander Hauß / nicht weit vom Abend es verliess / das Thor / und Schul in Wasser liess / thet fallen gehling / und der Grund weggrissen um die fünfste Stund; Gleich wie ein Aichen lange Zeit am Berg sein Ast hat ausgebreit und ausgestanden viel Schnee und Wind daß ihr gar nichts nit schaden künd / ein Windprauß unversehner Art kam grimmig und die Aiche hart riß aus der Wurzl / und ins Thal / gar schrecklich wurff mit grossen Knall daß sich erhub ein groß Gethan im gantzen Waldt soll ihr verstehn noch schabt es nit den Vögeln kein / so drunter hatten gnüstet ein / ich glaub fürwahr das sicherlich / aus Gottes Schickung sunderlich / so gewesen sey / daß durch sein Gnad gantz vätterlich beschützet hat / daß keinen nichts auch nicht ein Haar gekrümmet ist aus der Schüler Schaar: sonst waren ihrer ein grosser Hauff bey sechzig Seelen geflogen aus so in der Schul wohnten all / übereylt von den bösen Fall als nun erschollen das Geschrey / daß die Schul umgefallen sey / da war ein Schrecken überall von diesen unversehenen Fall. Zusammen kam der gantze Rath zu sehen diese traurig That… usw.
Das Ratsprotokoll vom 4. August 1572 vermerkt, dass durch die Überschwemmung an den Gebäuden der Stadt großer Schaden entstanden war. Da aber in Steyr keine tauglichen Werkleute vorhanden waren, beschlossen Bürgermeister Händl und der Rat in dieser Sitzung, aus Wien und Regensburg „Pauverständige leuth“ kommen zu lassen, um mit ihnen über die Wiederherstellung der zerstörten Häuser beraten zu können.16)
Die ungeheure Katastrophe, die über Steyr und die ganze Umgebung hereingebrochen war, erforderte, um der angerichteten Verheerungen Herr zu werden, die äußerste Anspannung und den Einsatz aller Kräfte von Bürgermeister und Rat. Besonders war es die Lateinschule, einer der Mittelpunkte des evangelischen Lebens der Stadt, deren Wiederherstellung dem protestantisch gesinnten Rate besonders am Herzen lag. Am 13. Oktober 1572 wurde dem Stadtkämmerer Hanns Khlingler dem Älteren zum wiederholten Male aufgetragen, die die allgemeine Sicherheit gefährdenden Ruinen der Lateinschule und des Klosters ehestens abtragen zu lassen. Falls durch des Khlingler „Hinlassigkeit“ das Wegräumen des Schuttes und der Mauerreste noch länger verzögert würden, habe er Strafe zu gewärtigen.17) Um aber inzwischen den Schulbetrieb des Gymnasiums aufrecht erhalten zu können, beschloss der Rat, mit Hanns Hueber in der Kirchengasse wegen Verkaufes seines Hauses für diesen Zweck zu verhandeln.18)
Aus Wien waren inzwischen kaiserliche Baumeister eingetroffen, die ihre Ratschläge zum Wiederaufbau der vernichteten Gebäude erteilten. Es wurden ihnen dafür vom Rat ein Honorar von 100 Rheinischen Gulden ausbezahlt; den zwei Baumeistern Bernhardt Camada und Merth Hager, die ebenfalls aus Wien stammten, wurden für ihre Beratung zur Wiederherstellung der „Güßgebeü“ 50 Gulden überreicht.19) Dem Bürgermeister und Rate scheinen besonders die Pläne des Baumeisters Camada gefallen zu haben, denn in der Ratssitzung vom 14. 11. 1572 wurde angeregt, des Betroffenen Einverständnis vorausgesetzt, ihn zum „Paumeister Gemainer Statt“ zu bestellen.20) Der Vorgenannte scheint also wesentlich am Planen des Wiederaufbaues vieler zerstörter Gebäude beteiligt gewesen zu sein. Im Jahre 1575 konnte Camada, der inzwischen besoldeter Stadtbaumeister geworden war, wegen „wahrhafter Leibßschwachhait“ dem Rate nicht mehr den allmonatlichen Bericht über die Bautätigkeit abgeben. Statt seiner hatte dies nunmehr der Ratsherr Magnus Ziegler zu tun.21)
Mit den Bauhandwerkern gab es allerlei Schwierigkeiten. Der Maurer Kaspar Innzinger wollte z. B. nicht mit den welschen Baumeistern zusammenarbeiten; überdies erzeigte er sich gegen den städtischen Baubeauftragten Ziegler „stolz“. Der Rat missbilligte dieses Verhalten und gab Innzinger einen „starken verweis“. Weiters wurde ihm aufgetragen, der Stadt „gebeü Vleissig Zuerrichten vnd sich vmb guettes gessinde Zubewerben“. Innzinger erhielt eine wöchentliche Besoldung von 12 ß.22)
Durch das Hochwasser waren auch fast alle Verbindungswege, Ross-, wie auch Schiff- und Landwege mit dem Ennstal zerstört worden. In einer Sitzung wurde festgelegt, die „mengeligen Vnd geferlichisten ortt“, so „es mit einem wenigen gelt zu wenden“, sofort passierbar machen zu lassen.23) Um den Umfang der Zerstörungen jedoch auch beurteilen zu können, wollte man den Landweg bis Mühlbach persönlich besichtigen.24) Die Instandsetzung des Wasserweges auf der Enns war von vordringlicher Notwendigkeit, da man das Eisenzeug aus den Anlieferungsgebieten nicht verschiffen konnte. Zur Durchführung der Arbeiten für die „Räumung der bösen und geferlichen ortt“ auf der Enns und in der Schmiedleiten wurden Hieronymus Händl und Eustachius Lindentaller bestellt.25)
Dem Ratsmitglied Georg Sterr wurde der Auftrag erteilt, den Weg von Dambach bis zum Mühlbach,26) wie den durch das Hochwasser vertragenen Steg über den Ramingbach27) und die Wasserbauten im Reichenschwall wieder errichten zu lassen.28) Mit der Durchführung des Baues im Reichenschwall wurden Wolff Nestler, Zimmermann und Gartenbauer aus Schwaming, sowie Sigmundt Hauenstein und Paul Mair, Bürger und Schleifer in Steyr, beauftragt. Hieronymus Hirsch wurde als Brückenmeister der Stadt beauftragt, die Neubrücke erbauen zu lassen und das nötige Holz für diese wie auch für die Erbauung der unteren Ennsbrücke zu besorgen.29) Vorerwähnter Nestler sollte laut Ratsbeschluss vom 7. 12. 1572 mit seinen zwei Söhnen sofort zur Arbeit an der Neubrücke und im Reichenschwall eingesetzt werden. Wenn er sich bei dieser Arbeit fleißig verhalten würde, sagte der Rat ihm und seinen Söhnen noch ein „Trinkgeld“ zu. Den mittätigen Zimmerknechten wurde beim Bau ein Tageslohn von 8 Kreuzern, den Tagwerkern ein solcher von 6 Kreuzern zugestanden.30)
Mit aller Tatkraft gingen Bürgermeister und Rat auch an die Behebung der zahlreichen anderen an den Straßen und Wegen der Umgebung Steyrs entstandenen Schäden,31) damit das Wirtschaftsleben wieder seinen geregelten Gang nehmen könnte.
Alle diese Instandsetzungsarbeiten und Bauvorhaben erforderten aber große Geldmittel, die der Stadt in den benötigten Ausmaßen nicht zur Verfügung standen. Am 22. November 1572 fassten Bürgermeister und Rat erstmalig den Entschluss, den Kaiser um Hilfe anzugehen.32) Der „vilfaltigen Gemainer Statt sachen“ wegen wurde weiters im Februar 1573 beschlossen, an den kaiserlichen Hof nach Wien das Ratsmitglied Dorninger mit dem Stadtschreiber zu schicken. Bürgermeister Händl selbst wollte mit Adam Pfefferl zu Erzherzog Karl nach Graz fahren, doch kam es zu dieser Reise nicht, da in der Steiermark Bauernaufstände33) ausgebrochen waren. Erst am 10. 1. 1575 erschienen in der Stadt kaiserliche Kommissare zur Besichtigung der vom Hochwasser angerichteten Schäden;34) der Kommission überreichte der Rat eine Aufstellung der wahrscheinlichen Schadenssumme. So war die Stadt bei Beschaffung des benötigten Geldes im Wesentlichen auf sich selbst angewiesen. Ausständige Guthaben wurden mit aller Energie eingetrieben, bei der Stadt deponierte Hinterlassenschafts- und Mündelgelder gegen 4 %ige Verzinsung ausgeliehen. Bürger, die von Schäden betroffen waren, konnten sich bei der Stadt gegen 5 bis 6 %ige Verzinsung Geld ausborgen.35) Alle Vormunde und Amtsverwalter hatten bei Strafandrohung in der Zeit zwischen 1. Dezember und Weihnachten 1572 zwanzig ungarische Goldgulden bei der Stadt zu erlegen.36) Die Geldnot nahm in den nächsten Jahren immer drückendere Formen an. So begehrte Hieronymus Hirsch im Mai 1575 die Bezahlung einer Forderung von 600 Gulden, die er an den Magistrat hatte. Der Rat musste ihn vertrösten und erklärte in seiner Antwort, dass er derzeit an „gelt gannz entplößt“ sei. Wegen der „unerträglichen Schuldenlast“ wurde im gleichen Jahre verordnet, dass bei der Wiedererrichtung der Wehren an der Enns nur das Nötigste gemacht werde, ebenso stellte man den Bau einer Stampfe ein.37) 1582 war das Geld teurer, die Stadt musste nun das Leihgeld schon mit 6 % verzinsen.38)
Da durch das Hochwasser alle Brücken der Stadt zerstört worden waren, verfügten Bürgermeister und Rat am 13. 8. 1572 die Enns-Überfuhr dem Paul Khobrer wegzunehmen und diese selbst zu betreiben, um vorläufig eine geregelte Verbindung der Stadt mit den Vororten zu sichern. Der Preis für eine Überfahrt je Person wurde mit 1 Pfennig, für ein Pferd mit 4 Pfennig und für eine beschränkte Menge Mehl oder Eisenzeug ebenfalls mit 4 Pfennig festgesetzt. Am Wochenmarkt in Ennsdorf erkauftes Kleinzeug (Klingen etc.) konnte frei befördert werden. Ebenso konnten die Dienstboten, die aus Ennsdorf Fleisch holten, die Überfuhr gratis benützen. Zugleich wurde der Verkehr aller anderen Zillen, mit einer einzigen Ausnahme, in Ennsdorf und Steyrdorf eingestellt.39) Den Ennsdorfern behagte diese Anordnung nicht und sie baten, man möge sie wieder aufheben. Es wurde jedoch entschieden, dass es bei der ergangenen Verfügung bleiben sollte, gleichzeitig versprach der Rat jedoch, die untere Ennsbrücke baldigst erbauen zu lassen. In der gleichen Sitzung wurde vorgeschlagen, wegen des Brückenschlagens und der Entlohnung hierfür mit den Zimmerleuten Hieronymus Pundtschueh, Bischer und den Knechten zu verhandeln.40) Mit diesen Bescheiden unzufrieden, begehrte nun die Gemeinde Ennsdorf, dass man sie bis zur Fertigstellung der Brücke vom Überfuhrgeld befreie. Diesem Begehren wurde mit der Einschränkung Rechnung getragen, dass die Bewohner jedes Hauses täglich zweimal ohne Entgelt übergefahren werden dürften.“ Zum städtischen Kassier für die Fähre wurde Jakob Scheuber bestellt.42)
Auch die Häuser auf der Ennsleite waren während der Schreckenstage „faßt eingefallen“ und die Wege unpassierbar geworden.43) Drei Jahre später sprachen Vertreter der Gemeinde Ennsdorf und ihrer Nachbarschaft beim Bürgermeister vor und baten um Hilfe, da seit der Überschwemmung um die Ennsleite kein Fahrweg vorhanden wäre. Vor Jahren war um das ganze Ennsdorf ein Verteidigungsgraben gemacht worden, es wäre den Bewohner geholfen, wenn die Stadt einen Teil dieses Grabens außerhalb der Ringmauer zuschütten ließe.44) Schließlich fiel der Stadt auch die Aufgabe zu, die Verbindung zu Wasser mit der Stadt Enns wieder in Gang zu bringen. Am 30. 1. 1573 gab der Rat den Auftrag, die „mengligen Wasser fert gegen Enns“ instand zu setzen. An dieser Instandsetzung wurde noch im Jahre 1575 gearbeitet.45)
Durch das Hochwasser war in Steyr allerlei Unrat angeschwemmt worden. Die Bewohner, die ihre Häuser „in den Zwinger hinten hinaus“ besaßen, wurden von der Stadt unter Strafandrohung aufgefordert, „den Letten oder Khott“ innerhalb von vierzehn Tagen wegzuräumen.46) Dem Brückenmeister Hieronymus Hirsch wird der Auftrag erteilt, die Neubrücke zu erbauen und die Zäune an der unteren Ennsbrücke zu machen. Zur Errichtung der Wasserbauten auf der Enns wurden Georg Sterr und Adam Darninger vom Rate bestimmt.47) Im Jahre 1575 wurde Jacob Späz Marron48) zum obersten Baumeister der Lateinschule und des Neutores bestellt.49)
Verschiedene Schwierigkeiten ergaben sich noch bei der Klarstellung der Besitzverhältnisse des angeschwemmten Holzes. Am 11. 8. 1572 beschwerten sich die Steyrer Holzhändler und die Müller an der Enns beim Rate über den Stadtrichter Benedikt Stil, weil er das ihnen vom Hochwasser fortgeschwemmte Holz, das auf den Gründen seiner Hausfrau in Enns angetrieben worden war, dem Bürger Lukas Behann in Enns verkauft hatte.50) Die „Wührgräbler (Bewohner des Wehrgrabens)“ hingegen erschienen beim Rat und baten, dass man ihnen das in der Au angeschwemmte Holz überlasse.51)
Mit großem Gepränge wurde am 21. Oktober 1575 die Lateinische Schule, die, ebenso wie die Klosterkirche, „widerumb erbaut“ worden war, eröffnet. Die Stadtturner mit ihrer Musik wurden bestellt, „ain ganzer Ersamer Rat“, der Bürgermeister, Magister Mauritius samt seinen Kollegen „vnd ganzem schuelgesindl“ neben dem Arzte Dr. Maternus Hammer wurden eingeladen. Dem Magister Mauritius wurde hier aufgetragen, auf die Schüler „vleisssiges Aufsehen“ zu haben. Er wurde auch ermächtigt, seine Wünsche bezüglich des „Ingreisch“ (Mobiliars) der Schule dem Stadtkämmerer bekannt zu geben, der vom Rate die Erlaubnis hatte, die nötigen Einrichtungsstücke anzukaufen.52) Ein weiterer Vermerk im bezüglichen Ratsprotokoll besagt, dass die „Infestierung“ ohne die Turnermusik stattgefunden hatte.53)
Die alte Teutsche Schule „auf dem Perg“ (heute Berggasse 46) war auch schon so baufällig geworden, dass Einsturzgefahr bestand und sich der Spott der Stadtbürger mit ihr beschäftigte. Am 18.3.1577 wurde nun vom Rate der Umbau veranlasst. Die Kosten von 1500 Gulden, die hierfür notwendig waren, konnte die Stadt nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten und sie musste daher, um dieses Vorhaben ausführen zu können, Geld aufnehmen.54) Für die neue Teutsche Schule wurde gleichzeitig die Anschaffung von Öfen bewilligt,55) deren Fehlen Bürgermeister Händl nach einer Besichtigung als Mangel empfand.
Ratsherr Strasser wurde im Frühjahr 1577 beauftragt, die meist von Stiftern angeschafften schönen, geschmolzenen Gläser der Fenster in der Stadtpfarrkirche, die durch den Wind „verderbt vnnd eingeworffen“ waren, zu besichtigen und auf Kosten der Stadt ausbessern zu lassen. Die nicht mehr zu reparierenden Fenster solle er mit „venedigischen gemainen Vngeschmolzten scheiben“ ersetzen.56)
Um die Stadt in gutem Verteidigungszustand zu erhalten, befahl der Rat die alten Geschütze, welche nicht mehr zu gebrauchen waren, durch den Ratschmied einschmelzen und aus dem so gewonnenen Metalle „Falckenettl vnd Schlängt (Falkonetten und Feldschlangen) souill Hieraus gemacht werden khann“ gießen zu lassen.57)
Nach und nach waren die Schäden der großen Überschwemmung beseitigt, an Stelle der zerstörten Gebäude Neubauten errichtet, die Wege und Wasserbauten in Ordnung gebracht. Es gab auch manchen Ärger mit den hiesigen Maurern und Steinmetzen, die, wie es in einem Ratsprotokoll heißt, die besten Bauzeiten versäumten und sich „vnfleissig, lessig vnd vnbeferdersam / auch mit schlechter schleiderischer vnd vnzierlicher arbeit in gemainer Stat vnd der bürgerschaft gebeten erzeigten“. Der Rat erlaubte daher welschen und anderen fremden Handwerkern den Zuzug in die Stadt.58) 1583 gab der Rat den Auftrag zur Erbauung des neuen Siechenhauses (beute Sierninger Str. 115) und bestellte zu dessen Baumeistern die Ratsmitglieder Michael Aidn und N. Resch.59) Auch die Wiedererbauung der während des großen Hochwassers eingefallenen Zwingmauer entlang der Enns wurde am 11. 7. 1588 beschlossen,60) an ihr sollten Eisenhaken und Ringe „daran die Schif vnd Fless haften können“ eingemauert werden.
Mit großen Aufwendungen wurden die Wegbauten nach Enns errichtet; 1578 wurde der Bau der Gaflenzer Brücke angeordnet.61) Um sich vor Preissteigerungen der Transportfuhrwerker zu schützen, wurde ebenfalls 1578 im Rate eine Preisregelung für den Transport von Baumaterialien beschlossen.62) 1571 verfügte der Rat den Bau der Aschacher Brücke und der Brücke in der Freising, sowie Ausbesserungsarbeiten anderer „böser orter“.63)
Auch der Weg nach Kastenreith64) und der nach Garsten führende vor dem Gilgentor (heute vor dem Areal der Stadtpfarrkirche) wurden instandgesetzt.65) 1588 wurde über den Weiterbau des Weges am Heuberg beraten.66)
Die „mengeligen“ für den Schiffszug wichtigen Orte auf der Enns wurden über Auftrag des Rates durch einen gewissen Jacob in Dambach in Ordnung gebracht. In „Anngelsbach“ hatten Wolff Hopff und Leopold Koller die Arbeiten durchzuführen.67)
Am 10. 6. 1583 gab der Rat den Ratsmitgliedern Resch und Aidn den Auftrag, für die Erbauung des neuen Siechenhauses Steine, Kalk und „allen Vorrath“ zu bestellen. Vorgenannte wurden gleichzeitig zu Baumeistern des Projektes bestellt.68)
Steyr war der natürliche Verlagsplatz und Sitz der eisenverarbeitenden Gewerbe für das Innerberger Eisen, da die Enns unweit des Erzberges und durch die Stadt zur Donau fließt. Auf der Enns konnten Eisen und Lebensmittel billig zu den Verarbeitungsstätten bzw. den Gewinnungsorten gebracht werden. Auf Grund der von Kaiser Maximilian I. durchgeführten Reformen unterstanden die gesamte Eisengewinnung und Eisenverarbeitung im Alpenvorlande der Jurisdiktion des Innerberger (Eisenerzer) Amtmannes, der dem Innerberger Amte, der Zentralbehörde des Eisenwesens, vorstand.
Nach dem Tode Kaiser Ferdinands I. und der darauffolgenden Länderteilung im Jahre 156469) war die Steiermark von Ober- und Niederösterreich getrennt worden. Diese Teilung wirkte sich für das Eisenwesen unvorteilhaft aus. Die Verleger in Steyr70) bevorzugten die österreichischen Hammerwerke, wodurch die steirischen Hämmer unter unregelmäßiger Abnahme ihrer Rohprodukte zu leiden hatten. Erzherzog Karl, der Landesherr der Steiermark, wollte sich um andere Verlagsorte umsehen und den Verlag mit Steyr abbrechen, wenn sich nicht in Steyr eine eigene „Gesellschaft der Eisenhandlung“ unter Teilnahme der ganzen Stadt bilden würde. Wohl unternahmen Kaiser Maximilian II. und Erzherzog Karl noch einen Versuch, durch eine „Ordnung und Abtheilung der Hammerwerke im Lande Österreich und Steyr“ den Schwierigkeiten zu begegnen. Doch auch dieser schlug fehl. Die wenigen Steyrer Verleger, die eine Monopolstellung innehatten, hielten sich nicht an diese Ordnung und teilten das Roheisen weiterhin meist nach ihrem persönlichen wirtschaftlichen Vorteil auf. Trotz der Gegenwehr vieler dieser einflussreichen Handelsleute, die selbst oder deren Verwandte im Rate der Stadt saßen, kam es auf Drängen Erzherzog Karls 1581 unter Garantie der Stadt zur Gründung der „Compagnie der bürgerlichen Eisenhandlungsgesellschaft von Steyr“.
Bürgermeister Händl war ein heftiger Gegner der Gründung dieser Compagnie, durch die der Privatverlag der Hammerwerke seitens der Steyrer Verlagshäuser beseitigt wurde. Er soll gesagt haben: „Nun wohlan, die Compagnie ist geschlossen, aber Gott helfe dem, welcher wird müssen der letzte darvon sein“.71)
Auf Ersuchen des damaligen Stadtschreibers Melchior Haber schickte der Bergwerkssachverständige Hannß Steinberger aus Schladming ein Gutachten, in welchem er vor der Gründung einer großen Kapitalgesellschaft warnte. Er kenne, führte er in seinem Schreiben aus. Beispiele solcher Gesellschaften in Aussee, Hall in Tirol und Gastein „die anfänglich wohl überleget waren doch gar balde wieder zergangen sehnd / noch täglich sich zerschlagen / vnd keine lange bestehet“.72) Diese Gründung müsste zwar als Maßnahme gegen den großen Eigennutz habgieriger Handelsleute, die dadurch die alten Privilegien der Stadt in Gefahr gebracht hätten, erfolgen. Steinberger war der Ansicht, dass kleine Gesellschaften niemals ein Monopol schaffen und so den Markt beherrschen könnten, diese Gefahr bestünde jedoch bei Gesellschaften mit großen Kapitalien. Große Kapitalgesellschaften verdürben außerdem den Charakter der Jugend, die dadurch, dass sie fast mühelos aus dem Unternehmen Gewinne zöge, zu Bequemlichkeit und mangelnder Tatkraft erzogen werde. Wie man später sehen wird, trafen die Voraussagen der Gegner dieser Gründung ein, denn zu Beginn des folgenden Jahrhunderts erfolgte ein katastrophaler Zusammenbruch der Compagnie.73)
Im November 1581 beschäftigte sich der Rat in einer Sitzung mit der „Zusammenbringung des aelts“, das die hiesige Bürgerschaft für die „Eisenhandlungs Campania“, wie die Eisenhandelsgesellschaft genannt wurde, zu zeichnen gewillt war.74) Es wurden dazu später die Ratsmitglieder Abraham Spannesperger, Hanns Matlseder, Thomas Mann, Samuel Kholb und Leonhard Mätschperger beordert.75) Abraham Spannesperger sollte Hauptverwalter werden, er lehnte jedoch ab. Zum Hauptinspektor wurde der spätere Bürgermeister Hanns Adam Pfefferl ernannt.76) In einer weiteren Sitzung wurde angeordnet, dass man allen „vleiß“ anwenden solle, damit das Geld bis zum Neuen Jahre eingebracht werden möge.77) Im folgenden Jahre mangelte es der Gesellschaft schon an Barmitteln, denn die Ratsprotokolle verzeichnen, dass die „Compania“ 5850 Gulden benötigt, aber keinen Heller besitzt.78) 1583 wird dem Stadtschreiber befohlen, 4000 bis 5000 Gulden im Namen der Stadt aufzubringen, damit die „Compania nicht an Gelt Mangel leidet“.79) Auch ein von den Khölnpeckhs aufgenommenes Geld, 600 Gulden, soll in die Kasse der Gesellschaft zugeschossen werden.80)
Mitglied dieser Eisenhandelsgesellschaft konnte jeder Steyrer Bürger werden, wenn er eine Einlagesumme von mindestens 100 fl. einbringen konnte und sich verpflichtete, vier Jahre Mitglied zu bleiben. Vier vom Rate gewählte Mitglieder, wovon zwei Ratsbürger und die übrigen aus der Bürgerschaft sein mussten, besorgten die Leitung. Ein Buchhalter, zwei Kassiere und vier „Zeugsempfaher“, die Eisen in Empfang nahmen, die Lieferanten besuchten, Kontrakte abschlossen, Verlagsgelder überbrachten und Handel mit auswärtigen Kaufleuten führten, besorgten die laufenden Geschäfte. Kassa, Buchhaltung und Oberleitung hatten ihre Amtsräume im Rathaus. Kreditaufnahmen für die Zwecke der Eisenhandelsgesellschaft konnten nur mit Wissen des Rates erfolgen, der dafür auch die Rückzahlungsgarantie leistete. Das Vermögen der Stadt diente als Deckung. Den Privathändlern war so der Verlag entzogen und einer öffentlichen Körperschaft übergeben worden.
Wie einem Ratsprotokoll zu entnehmen ist, war trotz des anfänglichen Widerstandes gegen die Eisenhandelsgesellschaft doch ein großer Teil der früheren Verleger als Gesellschafter diesem Unternehmen beigetreten. Bei der „Raitungsaufnembung“ (Rechnungslegung) des Jahres 1587 waren vom Rate Stadtrichter Hans Stampfhofer, Michael Aidn und Hanns Khäppler anwesend. Als Vertreter der Gesellschafter fungierten: Bürgermeister Wolff Händl, seine Verwandten Hieronymus und Simon Händl, Daniel Strasser, Hans Adam Pfefferl, Thomann Mann, Wolff Guetprodt, Leonhard Mätschperger, Samuel Kholb, Geörg Grueber, Wolff Grueber und Hanns Stauder.81)
Die Gründung der Eisenhandelsgesellschaft hatte nicht nur für Steyr eine große Bedeutung, darüberhinausgehend bedeutete sie den Anfang der Industriegesellschaften in Österreich.
Mit dem Tode Sigmund II. August erlosch der Mannesstamm der Jagellonen in Polen. Zum König wurde nun Heinrich von Valois erwählt, der jedoch nach fünf Monaten das Land verließ, um nach seines Bruders Tod den französischen Thron zu besteigen. Es wurde nun von einer Partei der polnischen Stände Kaiser Maximilian, von der anderen der Woiwode Stephan Bathori zum König erwählt. Obgleich der Kaiser die polnische Krone angenommen und die bedungenen Pacta conventa beschworen hatte, gewann die Partei Bathoris die Oberhand. Da Auseinandersetzungen zu erwarten waren, übersandten am 1.8.1575 Landeshauptmann und Vizedom durch einen reitenden Kammerboten einen kaiserlichen Befehl, wonach die Stadt eiligst, wegen der „vorstehenden not“ das Aufgebot des 30. Mannes ergehen lassen sollte, damit dieses ohne jeden Verzug zur Musterung und Bereitschaft gebracht werden könnte. Gleichfalls erging der Auftrag, drei erfahrene Ratspersonen nach Linz zu senden und die notwendigen finanziellen Mittel zur Unterhaltung von 300 Pferden („Ringes Pherdt“) bereit zu stellen. Zur Beratung nach Linz wurden die Ratsherren Emanuel Fennzl, Georg Sterr und Adam Dorninger angeordnet.82) Wie die Abgeordneten in der Ratssitzung vom 22.9.1575 den Versammelten berichteten, verlangten die Stände, dass die Stadt in „Jeziger vorstebnder Khriegs gefhar“ ein Fünftel der in Oberösterreich für die Vorbereitungen auflaufenden Kosten erlege. Dem Rate ging gleichzeitig der Auftrag zu, auf Erfordernis, das Aufgebot des 30. Mannes in Marsch zu setzen und den 5. und 10. Mann in solche Bereitschaft zu bringen, dass man im Notfalle auch auf dieses Aufgebot zurückgreifen könne.83)
Um der Stadt größere Einkünfte zu sichern, beschloss der Rat im Jahre 1583 einhellig, auswärtige Handelsniederlassungen abzuschaffen. Allen Faktoren wurde mitgeteilt, dass sie diese bis Weihnachten zu schließen hätten. Nürnberger und andere „äussere“ Kaufleute, die in der Stadt einen Handel mit Buchsholz (das von den Messerern für die Beschalung der Messer gebraucht wurde) oder mit anderen Waren unterhielten und im Steyrer Lager einen Diener beschäftigten (der, wie „von alters gebreüchig… Zwei Monat lanng“ dieses Lager offenhielt), durften nur mehr einen Monat lang ihre Waren feilbieten.84) Es wird sich bei dieser Abschaffung sicherlich auch um eine Beseitigung der Konkurrenz gehandelt haben.
Den fremden Kaufleuten soll auch das Benützen von Gewölben zum Feilhalten von Waren in den Vorstädten künftighin verboten werden. Man hoffte, die Bürger der Vorstädte über diese Maßnahmen beruhigen zu können. Auch dachte man daran, diese Handelsleute durch die Verfügung dahin zu bringen, dass sie sich in der Stadt um Gewölbe umsehen würden. Ebenso wie die Maßnahme, dass alle Waren zur Abwaage in die Stadt gebracht werden müssten, hoffte man, eine Verlagerung des Standortes der auswärtigen Kaufleute aus den Vorstädten in die Stadt zu erreichen. Schließlich wurde auch die Möglichkeit ins Auge gefasst, unter dem Rathaus Gewölbe zu errichten und die dort befindlichen Fleischbänke zu entfernen. Dies könnte man aber jetzt noch nicht durchführen, da die Stadt derzeit mit anderen Aufgaben überlastet sei. Inzwischen könnten die Fremden mit ihren Waren ja noch in Steyrdorf verbleiben.85)
Die Sperrung der Steyrer Faktoreien hatte zur Folge, dass z. B. die bayrischen Handelshäuser, deren Faktoren in der Stadt waren, erklärten, sie würden „Pux“ nur an diese abgeben.86) Bürgermeister Händl beschloss nun, solches Holz in Linz einzukaufen und ordnete hierzu die Ratsherren Pfefferl und Seyringer ab,87) die in Linz 26 „Puxvas“ einkauften.88) Während dieses von den Messerern so begehrte Holz in Linz je Fass 98 Gulden kostete, betrug der Preis in Steyr 100 Gulden für das Fass.89)
Die Finanzmittel der Stadt wurden durch den Landesfürsten häufig in Anspruch genommen. Am 14. März 1572 wandten sich die sieben landesfürstlichen Städte in Oberösterreich an den Landeshauptmann Dietmar von Losenstein und den Vizedom Cosman Kienger wegen Rückzahlung eines von diesen Städten dem Kaiser gewährten Darlehens von 16.000 Gulden.90) Zwei Monate später befahl Maximilian II. dem Vizedom, da er den Städten vorläufig die Zinsen für drei Jahre auf vorerwähntes Darlehen auszahlen solle.91) Auch im Jahre 1576 will der Kaiser von den Städten neuerlich eine Anleihe erreichen;92) der Rat der Stadt gab den nach Linz entsandten Ratsmitgliedern Instruktionen, falls das begehrte Darlehen vom Kaiser für Zwecke der Übernahme der polnischen Krone dienen sollte.93) Weitere Verhandlungen folgten:94) am 28.3.1578 wurden die Ratsmitglieder Pfefferl und Sebold nach Linz entsandt, um über den kaiserlichen Befehl, dass die Städte Steyr und Linz 7900 Gulden auszubringen hätten, zu beraten.95) Kurz nach seinem Regierungsantritt verlangte auch der neue Kaiser. Rudolf II. für sich und seine Mutter ein Darlehen von 30000 Gulden.96) Nach einigen Verhandlungen stellte die Stadt zunächst eine erste Bürgschaftsverschreibung für das vorerwähnte Darlehen aus. Für den 1582 in Augsburg stattfindenden Reichstag hatten die Städte Steyr, Linz und Enns ebenfalls eine Anleihe aufzubringen.97)
Da auch in „anndern orthen die Salz Hänndl in der Stat Hanndten“, soll man auch in Steyr, wie in Wels und Linz, den Salzhandel durch die Stadt betreiben lassen. Dieser soll einem Bürger auf Rechnung übergeben werden, Überschuss und Gewinn soll man für arme Leute verwenden Die Stadt will jedoch vor der endgültigen Inangriffnahme dieses Planes sich noch in den vorgenannten Städten über die Durchführung dieser Handelsart erkundigen.98)
Wie ein dunkles Gespenst schwebte über der Stadt die stetige Gefahr des Ausbruches von Infektionskrankheiten. Es scheint sich nicht bei allen Epidemien, die in der Stadt auftraten und die gewohnheitsmäßig als Pest bezeichnet werden, auch wirklich um eine Pest gehandelt zu haben. Das Wort „Pestilennz“ wird in den Ratsprotokollen erstmalig im Jahre 1582 verwendet, während bis zu diesem Zeitpunkt in diesen immer nur von Infektionskrankheiten geschrieben wird. Gegen diese Seuchen traf der Magistrat sehr modern anmutende Maßnahmen.
1575 traten in zwei Orten der Umgebung Infektionskrankheiten auf. Der Rat ließ vorerst seine 1570 erlassene Infektionsordnung in Erinnerung bringen.99) Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen war aber die Seuche doch in die Stadt eingesickert, und es erging ein Auftrag an die Kirchendiener, Bader und Barbiere, sofort jene Kranken, zu denen sie allenfalls gerufen würden, zu melden. Eine Gefahr für die Einschleppung bildeten die Flößer, die ja auf ihren Fahrten oft verseuchte Orte berührten und so als Bazillenträger in Frage kamen. Es erging daher vom Rate der Befehl, falls sie, wie üblich, oft auch Geld überbrachten, sie kurz abzufertigen. Die Suppe, die man ihnen gebräuchlicher Weise für diesen Dienst zu geben schuldig war, sollte man in anderer Form erstatten.100)
Als 1582 in Böhmen, Schlesien und auch an anderen Orten Infektionskrankheiten wüteten und die Gefahr einer Übertragung bestand, wurde es den Gastgebern und Bürgern Steyrs untersagt, Handwerker, Landsknechte oder andere Personen ohne Genehmigung des Stadtrichters zu beherbergen ober zu behausen. Neuerlich wurde verboten, Abfälle und Abwässer aus den Häusern auf die Straßen zu schütten, wie es anscheinend in der Berggasse oft geschah. Die Misthaufen in den Häusern der Stadt und entlang der Enns sollten entfernt werden. Wenn Schweine in den Stadthäusern oder unter Brücken gehalten wurden, mussten sie abseits von Straßen, außerhalb der Orte, gebracht werden. Dem Marktrichter wurde aufgetragen, diese Verfügung des Rates in jedem Hause zu publizieren.101) Trotz aller dieser Vorsichtsmaßnahmen erkrankten Leute in den Stadtteilen Ort und „am Güssibl“. Bei Androhung einer Strafe an Leib und Gut untersagte der Rat auch das Verlassen der Häuser die Erkrankte beherbergten.102) Dem Papierer wurde verboten, seine, für die Papiererzeugung notwendigen Hadern in die Stadt zu bringen.103)
Zur Betreuung der infizierten Kranken im Spital wurde der Prädikant Caspar Wunderlich bestellt, dem die Stadt hierfür als Honorar 5 Gulden in der Woche bezahlte. Überdies wurden ihm für seine seelsorgerische Tätigkeit ein Kelch und ein neues Bartuch angeschafft.104)
Trotz der anderweitigen finanziellen Sorgen, welche die Gemeindestube belasteten, beschloss der Rat im Jahre 1574, die Bücherei des verstorbenen ehemaligen Rektors Pegaeus anzukaufen.105) Diese Bücherei wurde 1583 aus dem Winklerischen Hause in die „Liberey Gemainer Stat“ (Stadtbücherei), die sich im Kloster befand, gebracht.106)
Zu Ehren des Rates veranstaltete Rektor Georg Mauritius am 11.2.1578 ein „Comedie oder Spill“ im Rathaus. Da auch dem früheren Rektor der Lateinschule für ähnliche Veranstaltungen „am Verrechnung beschehen vnd diese Comedie dem Jezigen Rektor auch nit geringe bemuehung gegeben hat“, schlug Händl dem Rate vor, dem Mauritius für die Aufführung ein Honorar der Höhe, wie es auch früher bezahlt wurde, zu bewilligen.107) Rektor Mauritius erhielt am 26. 2. zwölf Taler ausgefolgt.108)
1582 brachte Bürgermeister Händl in einer Ratssitzung vor, dass es bisher Brauch war, allen Stadtbewohnern, die sich verheirateten und in Steyr Hochzeit hielten, gewisse Räume des Rathauses zur Hochzeitsfeier und dem folgenden Tanze zur Verfügung zu stellen. Da in den Stuben Steuer- und anderes Gefällsgeld aufbewahrt werde, sei er gegen die Weiterverwendung der Rathauszimmer für solche Zwecke. Weiters wurde bemängelt, dass die Bürger bei den vorgenannten Anlässen die „Turner“-Musik in Anspruch nahmen. Dies werde der Stadt und ihrer Bürgerschaft „ungelegen“ nachgeredet. Der versammelte Rat beschloss nun, die Abhaltung der Hochzeitsfeiern im Rathaus nicht mehr zu genehmigen, überdies wurde der Stadtkämmerer beauftragt, die nassen Mauern des Zimmers, in dem getanzt wurde, zu Ostern, wenn sie ausgetrocknet waren, mit grünem Tuch oder „Tapenzerei“ versehen zu lassen.109)
Ein besonderes Ärgernis erregte es im Rat der Stadt, dass bei der Hochzeit des Daniel Taufkircher im Jahre 1583 dessen Pflegetochter Regina Egrerin mit einer „starken ansechtichen gülden Ketten hereingeprangt“ kam. Eine solche ansehnliche goldene Kette ist nach Ansicht des Rates in diesen Zeiten sogar für ein „Weibsbitdt oder Junckfrauen eines hohen Standts“ zuviel des Guten gewesen. Außerdem hatten die Ratsherren in „gehaltener obrigkaitlicher Nachforschung“ herausgebracht, dass für die vorgenannte Egrerin zur bevorstehenden Hochzeit auch drei neue Atlasrocke in den Farben „Pämerantschen“ (orange), weiß und „feilbraun“ angefertigt wurden. Nach dem Stande des Bräutigams und ihrer selbst und im Hinblicke aus die jetzigen „schweren Zeiten vnd erligung aller hieigen gewerb“ schienen dem Rate diese Atlasröcke zur Hochzeit der Egrerin nicht passend. Er verbot also, bei Androhung der Verhängung einer sofortigen Strafe, die Anfertigung von drei „Atlassen Röck“, das Tragen der Goldkette und des „andern Halßgeschmuck vnd armbentl“, lediglich der „feilbraune“ Rock wurde als Hochzeitskleid zugestanden. Schließlich meinten die Stadtväter dieser Zeit, dass eigentlich schon die Vormünder der Egrerin solche Hoffart nicht gestatten hätten sollen und dass das Tragen solcher Kleider bei höheren Standespersonen allerlei Nachrede ergeben hätte, wodurch auch dem Rate und der Bürgerschaft nicht geringe „beschwer“ entstanden wäre.110)
Auch die Virpeckhin war zu ihrer Hochzeit im Jahre 1585 mit „übriger Hoffart“ bekleidet, weshalb sie „billich“ bestraft wurde.111)
Mit dem Regierungsantritt Rudolfs II., römischen Kaisers, Königs von Ungarn und Böhmen sowie regierenden Erzherzoges von Österreich, war die tolerante Politik in Religionsangelegenheiten zu Ende gegangen.
In den Jahren 1577 und 1578 erließ Rudolf, im Einvernehmen mit dem Bischof von Passau, Reformationsedikte, denen fast kein Gehorsam geleistet wurde. Ein Erzwingen war nicht möglich, da die Anhänger Luthers schon zu mächtig waren.112)
Im Juli 1578 wurden die Stände des Landes ob der Enns zur Erbhuldigung nach Enns befohlen. Die städtischen Truppen Oberösterreichs waren in einer Stärke von 905 Mann ausgerückt, von denen Steyr 360 Mann, in zwei Fähnlein geteilt, stellte. Als Oberster des gesamten Kontingentes fungierte der Steyrer Ratsherr Daniel Strasser.113)
Beim Landtag, der im März 1589 in Linz stattfand, wurde durch die Abgesandten der Stadt dem anwesenden Erzherzog Matthias vorgebracht, dass dieser beim Kaiser „wolt verhelfen… die vnderthanen bey irer Religion verbleiben Zelassen“.114)
Um die Unregelmäßigkeiten in der Zeitrechnung auszugleichen, ordnete Papst Gregor XIII. durch seine Bulle vom 24. Februar 1582 an, dass man in diesem Jahre nach dem 4. gleich den 15. Oktober zählen solle. Diese Verordnung des Papstes rief in den protestantisch gesinnten Kreisen Heftigsten Widerstand hervor. Sie erklärten den neuen Kalender als den des Teufels und forderten besonders die Bauern auf, jenen nicht anzunehmen. Gerade für die Bauern aber bedeutete der Ausfall von zehn Tagen aus dem Kalender, dass die von ihnen aus der Erfahrung gesammelten Bauernregeln für Anbau und Ernte nicht mehr stimmten. Im Bistum Passau, zu dem auch Oberösterreich gehörte, wurde diese Kalenderreform rechtzeitig verlautbart. In Steyr wurde den Herren des evangelischen Ministeriums der neue Kalender mit dem Ersuchen, eventuelle „bedennkhen“ zu äußern, zugestellt.115) Auch ein kurz darauf ergangener Bescheid des Landeshauptmannes Helfrich von Meggau wegen des neuen Kalenders wurde dem vorgenannten Ministerium ausgehändigt.116) Am 18.11.1583 berichtete der Rat dem Landeshauptmann, dass das Ministerium die neue Zeitrechnung nicht von der Kanzel verkündigen lassen wolle, was denselben zur Erwiderung veranlasste, dass er auf der Verlautbarung bestehe.“117)
Am 13. 1. 1584 wurden die Herren des Ministeriums vom Rate vorgeladen und erklärten hier, dass sie den Auftrag der Publizierung des neuen Kalenders von der Kanzel wohl erhalten hätten, sie glaubten jedoch, wenn sie diesen publizierten, würden sie von der Gemeinde als Heuchler betrachtet werden und als paptistisch und abgefallen gelten. Sie wollten sich jedoch auch nicht die Ungnade Kaiser Rudolfs II. zuziehen, der ja durch sein Generalmandat vom 1.10.1583 die Einführung der gregorianischen Kalenderreform verfügt hätte. Um nun nicht in den Verdacht zu kommen auf „Zween Khopf zu sezen“, haben sie die Verlautbarung von der Kanzel vollzogen, mussten jedoch jetzt allerlei Schwierigkeiten erdulden. Etliche in der Gemeinde wollten die Weihnachtsfeiertage nicht nach der neuen Zeitrechnung halten, darum hätten sie die „starckhen Predigten gethann“, um die Einführung des neuen Kalenders durchzusetzen. Sie erboten sich weiters, den neuen Kalender einzuhalten, begehrten aber, dass sie in solchen Dingen künftighin eine „erscheinung auf dem Rathaus“ nicht billigten, weil es bei der „gemain allerlei Nachdenken“ macht. Aber sie seien gerne bereit, solche Fragen in des Bürgermeisters Haus zu besprechen.118)
Das zweite kaiserliche Generalmandat vom 20.1.1584 wegen der Einführung der neuen Zeitrechnung wurde vom Rat „öffentlich vnd Zu menigelichs wissen“ anzuschlagen verordnet und gleichzeitig der Verkauf alter Kalender verboten.119) Der geringe Widerstand, den die Steyrer bei Einführung des neuen Kalenders leisteten, wurde ihnen von den Glaubensgenossen in Regensburg und anderen Orten sehr übel genommen. Als 1584 der Steyrer Stephan Twenger nach Regensburg um die Ordination geschickt wurde, verweigerte ihm diese der Superintendent.120)
Wolff Händl verfasste seinen letzten Willen im Jänner des Jahres 1589. Er wollte seinem Stande gemäß in der Stadtpfarrkirche begraben werden, falls „in iezigem der Relligion Zuestandt / bei der Pharr alda / khain Verenderung beschicht / sondern es beidts in der Lehr Vnd Ceremonien in iezigem Christlichen Evangelischen gebrauch nach / forth gehalten wierdt…“ Andernfalls wollte er mit „Vnabgöttischen Christlichen Ceremonien“ auf dem neu errichteten Friedhofe zu Grabe gebracht werden.
Mit je 50 Gulden bedachte er im Testament die Pfarrkirche, die Lateinische Schule (evangelisches Gymnasium) zum Unterhalt armer Schüler, das Bürgerspital, das Bruderhaus und das Siechenhaus. Seine Witwe soll bis zur Veränderung ihres Witwenstandes die „behausung, darin… baide eheleüth irziger Zeit wohnen (Stadtplatz 32 — Berggasse 49)“ zu freier Wohnung haben, weiters auf Lebenszeit den Maierhof vor dem St.-Gilgen-Tor (heute Blumauerstraße 13/15) samt dazugehörigem Haus und Garten besitzen. Zum Fruchtgenuss vermachte er ihr eine Wiese in Steyrdorf mit den darauf befindlichen zwei Häusern und dem dazugehörigen Robott.
Seinen vier Söhnen Berchtold, Michael, Erasmus und Wolff hinterließ der Bürgermeister den Ansitz Ramingdorf mit allen zugehörigen Untertanen, Fischwässern, Wiesen und dazu 3000 Rheinische Gulden Bargeld.
Da Wolff Händls Eigentumsrecht an dem Gut Ramingdorf samt dessen zugehöriger „güldt“ zur Zeit der Testamentsabfassung bestritten wurde, sah er im Testamente für seine Söhne 10.000 Gulden vor, falls er Ramingdorf seinem „gegentheil abzutretten schuldig sein“ würde. Händls Rosse, Wehren, Harnische, Kleider und Kleinodien sollten auch den Söhnen gehören.
Auch die Töchter Lukretia, Katharina und Potentiana wurden im Testamente reichlich bedacht. Sie erhielten überdies die Kleider, Ringe, Ketten u. Kleinodien der verstorbenen zweiten Frau Händls, Anna Schwabin.
Der Bürgermeister betonte in seinem letzten Willen, dass so lange zu keiner Teilung seiner Hinterlassenschaft geschritten werden solle, bis in seinem Hammerwerk in Weyer („UndErhalb Enß“, zur Herrschaft Steyr gehörig) der ganze Vorrat an Rauheisen, geschlagenem Eisen, Stacheln, Kohle u. dgl. völlig verarbeitet und nach Steyr gebracht worden wäre.121)
Wie aus einer erhaltenen Niederschrift des Magistrates hervorgeht,122) hatte Wolff Händl die in seinem Testament unterfertigten Zeugen zu sich in die „vordere tägliche Wohnstube auf dem Plaz“ (heute Stadtplatz 32) eingeladen. Er hatte ihnen dann „ain schrifften oder Libel“ vorgelegt und ihnen lediglich mitgeteilt, dass es sich um sein Testament handelte. Nachdem er ihnen dieses weder vorgelesen, noch sie mit dem Inhalt bekannt gemacht hatte, bat er sie, es zu zeichnen und mit ihren Petschaften zu verschließen. Mit dem bei bester Gesundheit befindlichen Erblasser befanden sich seine Frau Potentiana und ihre fünf Kinder im Zimmer. Die Kinder versprachen bei diesem Anlass, den im letzten Willen festgelegten Wünschen ihres Vaters getreulich Folge zu leisten.
Händl verband mit seinem Schwager Pfefferl eine herzliche Freundschaft, wovon nachstehende Zeilen, die feinen Humor verraten, zeugen. Sie sind auf zwei silbernen Trinkbechern, die sich die Schwäger „zu stäter Erinnerung ihrer Sterblichkeit“ anfertigen ließen, geprägt worden.123)
„Donec vita manet, tibi servio, Galle, beatos
Post Obitus ibo cum Piperone domum,”
Zu Deutsch: „Zeit deines Lebens will ich dir dienen, Händl, doch, wenn du einmal gestorben bist, kehr ich zu Pfefferl zurück.“
Pfefferls Becher trug die Inschrift:
„Vive diu Pipero si vis me degere apud te
Sin moreris Gallus me sibi jure petet.”
Dies heißt übersetzt: „Lange sollst du leben, Pfefferl, willst du, dass ich dir bleibe, Stirbst du, verlangt laut Beschluss Händl mich wieder für sich.“
Händl vermählte sich in Steyr mit der reichen Bürgerstochter Sabine Leroch und nach deren Tod mit Anna Schwabin, der Tochter des Bürgermeisters Schwab bzw. der Witwe des 1556 verstorbenen Steyrer Bürgers Christoph Gutbrodt. Dieser Ehe entspross ein Sohn, Berchtold, der jedoch in frühester Jugend verstarb. Da ihm der Tod auch die zweite Frau raubte, vermählte sich der Bürgermeister nochmals.124)
Seine Wahl fiel auf Potentiana Pfefferlin, einer Tochter des ehemaligen Steyrer Bürgermeisters Michael Pfefferl. Der Heiratsvertrag zwischen ihm und Potentiana wurde am 18.7.1581 abgeschlossen.125) Sie war sehr vermögend und hatte als Erbteil ihrer Eltern drei Häuser mit Gärten, „auf dem Perg“ gelegen, (heute Berggasse 6 u. 8 und Promenade 3), Gründe auf der Steyrleite, den halben Teil eines Hofes mit den dazugehörigen Weingärten in Nußdorf und Bargeld in die Ehe gebracht. Dieser Ehe entstammten sieben Kinder.126)
1567 finden wir Händl im Besitz des Bummerlhauses (Stadtplatz 32 — Berggasse 47), auch das Haus Stadtplatz 34 — Berggasse 49 ist im Steuerbuch des Jahres 1567 als Eigentum des Ehepaares Wolff u. Anna Händl verzeichnet.
Nach dem an Widerwärtigkeiten, er erblindete in den letzten Lebensjahren, und Erfolgen besonders reichen Leben schloss Wolff Händl am 7.12.1595 die Augen. Der noch erhaltene Grabstein aus rotem, weißgeäderten Marmor ist heute an der Außenseite der Apsis der Stadtpfarrkirche aufgestellt und zeigt in zwei Abteilungen das Händlsche Wappen mit dem auf dem Dreiberge stehenden Hahne als Helmzier. In vertiefter Frakturminuskel trägt er nachstehende Inschrift: „Hie Ligt begraben Der Edl vnd Vest Herr Wolff Handl der Elter Zu Ramingdorff so in Gott entschlaffen ist den Sibenden Decembris. Anno. 1.5.9.5. Gott Verleiche im ein froliche aufferstehung.“
Prevenhuber berichtet, dass am Grabmonument ursprünglich auch eine Tafel mit nachstehender lateinischer Inschrift127) vorhanden war:
„Hac ego Wolffgangus Christo stafore sub Urna
Galliculus tandem post mea fata, cubo.
Inter Honoratos Habitus pulchro ordine Patres.
Annos bis septem Consul & Urbis eram.
Piscina excepit, coluit, mentem ipsa, Lycusque
Styra torum, vistum, dat tumulique locum.
Aetatem inquires, decies iam sepfimus annus
Actus erat, quando transferor arce poli.“
In deutscher Übersetzung würde diese Inschrift lauten:
„Hier unter diesem Male, unter dem Schutze Christi,
Lieg ich, wie es mir bestimmt, Wolfgang Händl genannt,
Stattlich in einer Reihe mit den ehrenwerten Ahnen.
Bürgermeister der Stadt war ich vierzehn Jahr.
In Weyer kam ich zur Welt, dort und in Ramingdorf lebt‘ ich,
Steyr gab mir das Weib, Brot und nun auch mein Grab.
Fragst du nach meinem Alter? Wohlan! schon siebzig Jahre
Waren vorbei als mich Gott in das Jenseits berief.“
- V. 9, S. 97—102. 1371 ist ein Jakob Händl in Eisenerz, 1453 ein Erhard Händl in Viehdorf bei Amstetten bezeugt. Mit letzterem beginnt die Stammreihe.
- Der zweiten Ehe des vorgenannten Erhard Händl entspross ein Sohn, Hans, von dem die bedeutendsten Linien des Geschlechtes abstammen. Um die Wende des 15. Jahrhunderts erscheint er als Hammerherr in Weyer. In diesem Orte treten von seinen Söhnen Sebastian, Sebald und Gotthardt hervor; ihnen wurde 1513 von Kaiser Maximilian ein Wappen (der weiße Hahn auf grünem Dreiberge im schwarzen Schilde) verliehen. Das Händlische Stammhaus in Weyer liegt außerhalb des einst befestigten Teiles des Ortes am Unteren Markt (heute „Hubermühle“ oder auch „Krennmühle“ genannt); der Rundturm mit den Schießscharten wurde vor mehreren Jahrzehnten abgetragen.
- Hans, Hammerherr in Weyer, vermählt mit Helena Greimbl, starb vor 1555; Sebald, Ratsbürger in Steyr, verm. mit Barbara Haiderin, starb am 4. 12. 1588; Michael, Hammergewerke in Weyer, verm. mit N. Pleidlin; Wolff, Ratsbürger, Stadtrichter und Bürgermeister in Steyr.
- Bürgerabschied, St. A.
- P. 1583, S. 286a.
- V. 1, S. 314.
- V. 2, S. 385 und L.V. 8.
- P. 1571, S. 333, R.P. 1574, S. 265.
- P. 1571, S. 314, 346, 423. Verhandlungen mit Hanns Wilhelm von Losenstein und Helmhard Jörger.
- P. 1571, S. 348, 333, 314.
- P. 1572, S. 465.
- 1572, S. 557.
- P. 1571, S. 364.
- V. 1, S. 286; L. V. 2, S. 219, 220.
- V. 1, S. 285—288.
- P. 1572, S. 457.
- P. 1572, S. 507.
- P. 1572, S. 503.
- P. 1572, S. 520.
- P. 1572, S. 521.
- P. 1575, S. 440.
- P. 1572, S. 561.
- P. 1572, S. 476.
- P. 1572, S. 485.
- P. 1572, S. 498.
- P. 1572, S. 524.
- P. 1572, S. 540.
- P. 1572, S. 532
- P. 1572, S. 542.
- P. 1572, S. 560.
- P. 1572, S. 574, R.P. 1573, S. 16.
- P. 1572, S. 540, 554.
- P. 1573, S. 20, 21, 23.
- P. 1575, S. 280, 281.
- P. 1572, S. 508, 554, 555; R.P. 1575, S. 675.
- 555.
- P. 1575, S. 598.
- P. 1582, S. 1, RP. 1583, S. 144.
- P. 1572, S. 468b.
- P. 1572, S. 472.
- P. 1572, S. 504.
- P. 1572, S. 491.
- P. 1573, S. 20.
- P. 1575, S. 396, 416.
- P. 1575, S. 634, 638, 639, 641.
- P. 1572, S. 478.
- P. 1572, S. 542.
- P. 1576, S. 156.
- P. 1575, S. 785, 786.
- P. 1572, S. 464.
- P. 1572, S. 516.
- P. 1575, S. 747.
- wie 52).
- P. 1577, S. 460.
- P. 1577, S. 475.
- P. 1577, S. 465.
- P. 1571, S. 331.
- P. 1580, S. 303.
- P. 1583, S. 76, 77.
- P. 1588, S. 102; R.P. 1589, S. 273, 274, 276, 393, 337, 385, 109, 147, 327.
- P. 1578, S. 84.
- P. 1578, S. 89.
- 1571, S. 423.
- P. 1571, S. 413.
- P. 1581, S. 249.
- P. 1588, S. 304.
- P. 1572, S. 578.
- P. 1583, S. 76, 77.
- Ferdinand hatte bereits in seinem Testament vom 1. 6. 1543 und in einer Hausordnung vom 25. 2. 1554 eine neue Teilung der österreichischen Länder angeordnet. Diese trat nach seinem Tode am 25.7.1564 in Kraft. Nach ihr erhielt Maximilian Böhmen, Ungarn und das Erzherzogtum Österreich; Ferdinand bekam Tirol und Vorderösterreich; Karl, der jüngste Sohn, erhielt Kärnten, Krain, Steiermark und Görz. Maximilian, und nach ihm sein ältester Sohn, sollten das Haupt des österreichischen Hauses sein.
- V. 5, S. 13 ff. Der Geschäftsverkehr zwischen Hammermeistern und Eisenhändlern war durch „Verlagsverträge“ festgelegt. Da es den Hammergewerken meist nicht möglich war, alle Lasten eines Betriebes und dessen Risiken selbst zu tragen, sahen sie sich nach festen Abnehmern und Verlegern um, die ihnen u. a. das nötige Betriebskapital, oder einen bestimmten Barbetrag, den „gewissen“ Verlag, vorstreckten und das Roheisen abnahmen.
- V. 1, S. 297.
- V. 1, S. 297 und R.P.
- V. 14, S. 610 ff.
- P. 1581, S. 297.
- P. 1581, S. 319.
- Siehe 72).
- P. 1581, S. 328.
- P. 1582, S. 174.
- P. 1582, S. 208.
- P. 1584, S. 382.
- P. 1587, S. 55.
- P. 1575, S. 547.
- P. 1575. S. 705.
- P. 1583, S. 121.
- P.1583, S. 125.
- P. 1587, S. 23, 483.
- P. 1587, S. 186.
- P. 1587, S. 456.
- P. 1587, S. 490.
- V. 11, Nr. 2490.
- V. 11, Nr. 2491.
- V. 11, Nr. 2497.
- 11, Nr. 2498.
- V. 11, Nr. 2501, 2518, 2519.
- P. 1578, S. 128.
- P. 1579, S. 198, LV. 11, Nr. 2552, 2567.
- V. 11, Nr. 2582, R.P. 1582, S. 119.
- P. ????, S. ????.
- P. 1575, S. 726.
- P. 1575, S. 701, 726, 757.
- P. 1582, S. 89.
- P. 1583, S. 198—200.
- P. 1583, S. 237.
- P. 1583, S. 236, 241, 245.
- P. 1574, S. 190.
- P. 1583, S. 280.
- P. 1578, S. 32.
- P. 1578, S. 108.
- P. 1582, S. 59—62.
- P. 1583, S. 175, 176.
- P. 1585, S. 528.
- V. 2, S. 221.
- V. 2, S. 221, 222.
- P. 1589, S. 54, 55.
- P. 1583, S. 249.
- P. 1583, S. 174.
- V. 10, S. 27.
- P. 1584, S. 308.
- P. 1584, S. 360.
- V. 2, S. 222.
- Testament v. 8. 1. 1589 (St. A. K XI, L. 14)
- Niederschrift v. 5. 2. 1596 (St. A. K XI, L. 14).
- V. 1, S. 315.
- V. 1, S 314
- 8. 1. 1589 (St. A., K XI, L. 14).
- Berchtold zu Ramingdorf und Piberbach, gest. 1.1.1625 in Steyr und begraben in Dorf a. d. Enns, war verh. mit Ursula v. Grienthal; Michael, gest. 1621, begraben am Taborfriedhof, unverh.; Eraßmus, ledig verstorben; Wolff zu Ramingdorf und Piberbach, gest. im August 1625; begraben in Dorf a. d. Enns, verh. mit Ursula Haydin zum Dorff; Potentiana, verh. mit Hanns Fenzl in Grub; Lukretia, verh. in 1. Ehe mit Hanns Straßer d. J., in 2. mit Georg Henckl; Katharina, verh. mit Stadtrichter Hanns Reischko in Steyr.
- V. 1, S. 314.
Literaturverzeichnis
1 Valentin Preuenhuber, Annales Styrenses, Nürnberg 1740.
2 Franz Raver Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen,
Linz 1857.
3 Anton Rolleder, Heimatkunde von Steyr.
4 Franz Raver Pritz, Geschichte der ehemaligen Benediktiner-Klöster Garsten u. Gleink.
5 Wolfgang Lindner, Annalen.
6 Joses Ofner, Die deutschen Schulen der Stadt Steyr.
7 Ilse Neumann, Steyr und die Glaubenskämpfe. V. d. K. Februar 1952.
8 Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen 1580—1617. MK., L. 12, Nr. 970 (St.A.).
9 Jahrbuch der k. k. heraldischen Gesellschaft „Adler“ 1917/18, 33b. XVII und XVIII.
10 Ilse Neumann, Die Einführung des Gregorianischen Kalenders.
11 Darlehensakten, MK., L. 22 (St.A.)
12 Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen 1487—1607. MK., L. 12, Nr. 970 (St.A.).
13 Oskar Freiherr von Mitis, Die diplommäßige Verleihung der Ortsnamenprädikate an den niederen
Reichadel im 16. und 17. Jahrhundert (Adler 1910, Nr. 349).
14 Ludwig Bittner, Das Eisenwesen in Innerberg-Eisenerz bis zur Gründung der Innerberger
Hauptgewerkschaft im Jahre 1625.
15 A. v. Pantz, Die Grabdenkmale der Stadtpfarrkirche zu Steyr.
16 Josef Ofner, Die Eisenstadt Steyr.
17 Erlefried Krobath, Michael Aidn. V. d. K. Dezember 1954.
18 Georg Grüll, Freistädter Geschichtsblätter 1950, 1. Heft.
19 Eder Karl, Glaubensspaltung und Landesstände in Österreich o. d. E. 1525—1602.
Ratsprotokolle 1569—1600, Religionsakten, Steuerbücher (St.A.).
Abkürzungen:
L.V. — Literaturverzeichnis
R.P. — Ratsprotokoll
F — Faszikel
K — Kasten
L — Lade
Stb. — Steuerbuch
Stpf. — Stadtpfarramt
St.A. — Stadtarchiv
Mein besonderer Dank gebührt Herrn Amtsrat Adalbert Koller für die liebenswürdige Bereitstellung eines Teiles der Archivalien.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 19, November 1959