Bürgermeister Johann Ferdinand Pachner (1782 — 1786)

Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)

Von Erlefried Krobath

 

Nach dem Ableben des Bürgermeisters Johann Ferdinand von Paumgartten teilte die Landesregierung in einem Schreiben vom 21. November 1781 der Stadtverwaltung mit, dass der damalige k. k. Stadtrichter Johann Ferdinand Pachner „provisionaliter als Bürgermeister angestellet seye“. Eine Neuwahl des Bürgermeisters und des Stadtrichters wurde für den 4. Dezember festgesetzt. Zum Empfang des bei der Wahl präsidierenden Kreiskommissars und seiner Begleitung hatten vier Mitglieder des Inneren Rates anwesend zu sein. Die Bürgerschaft wurde aufgefordert, zur Wahl im Rathaus, aber auch schon beim vorherigen Hochamt zahlreich zu erscheinen. Da nach der Wahl auch die administrative Tätigkeit durch die anwesenden Herren des Kreisamtes überprüft werden sollte, ließ man verschiedene Aufstellungen vorbereiten, aus denen die finanzielle Lage der Stadtgemeinde und der von ihr verwalteten Ämter (Kirchenamt usw.) ersichtlich war. Der Steuereinnehmer hatte eine Liste der Außenstände, das Stadtgericht eine „Delinquenten-Spezifikation“ vorzubereiten.1)

Aus der Wahl ging Johann Ferdinand Pachner als Bürgermeister hervor, der nach Einlangen der Regierungsbestätigung am 5. April 1782 erstmalig der Stadt als ordentlicher („ordinari“) Bürgermeister vorstand.

Im Februar 1782 musste festgestellt werden, dass keiner der für das Stadtrichteramt vorgeschlagenen drei Kandidaten dieses übernehmen wollte. Schließlich erklärte sich ein Mitglied des Inneren Rates, Ignatius Sebastian Mader, „zu Liebe des Magistrats“ bereit, dieses Amt auf zwei bis drei Jahre anzutreten. Mader, der im Haus Pfarrgasse 4 — Berggasse 67 eine Gastwirtschaft betrieb, war der letzte Stadtrichter (1782 — 1786) Steyrs.2)

Im Alter von 77 Jahren wurde Pachner vom Schlag getroffen und am 23. Juli 1791 am heutigen Taborfriedhof begraben.3) Ein Jahr später verschied seine zweite Gattin.4) Pachner handelte anfänglich mit Eisenwaren und wurde später Gastwirt. Schon sehr früh gehörte er dem Äußeren Rat an. Er war zweimal vermählt. Mit dreißig Jahren ehelichte er Anna Maria Stainerin, die sehr bald starb. Am 15. Februar 1745 nahm er Maria Catharina Willenspergerin zur Frau. Dieser Ehe entsprossen sieben Kinder. 1744 erwarb er das Haus Stadtplatz 5, das er 1749 dem Handelsmann Leopold Reyl veräußerte. Er kaufte nun das heutige Haus Grünmarkt 6 (Gasthaus „Goldener Greif“) vom Riemer Johann Kickhen- dorffer und betrieb dort einen Eisenhandel. Auch dieses Haus verkaufte er, um dann 1771 das Gebäude Enge 31 — Ennskai 16 zu erwerben.

Pachner bewarb sich um die nach dem Tod seines Vorgängers im Amt freigewordene Stelle eines Pfarrkirchenverwalters, die ihm, „in Rücksicht seiner erworbenen Verdienste“ von der Landesregierung verliehen wurde; als Kaution erlegte er eine „o.ö. Landschäftliche aerarial Obligation“.5) Der Bürgermeister scheint privat immer mit finanziellen Schwierigkeiten gekämpft zu haben, denn noch als Siebzigjähriger borgte er vom bgl. Nadlermeister Sebastian Mager den in dieser Zeit bedeutenden Betrag von 2.850 Gulden. Mager ließ sich das Darlehen durch grundbücherliche Eintragung auf das Haus in der Enge sicherstellen.

Schon zu Beginn seiner Tätigkeit als Bürgermeister beklagte sich Pachner über seinen schlechten Gesundheitszustand. So sah er sich aus diesem Grund genötigt, bereits Ende 1785 an die kaiserliche Hofkanzlei ein Gesuch zu richten, in dem er unter Bezug auf sein hohes Alter und die angegriffene Gesundheit seine Absicht bekanntgab, das Bürgermeisteramt zurückzulegen. Unter Hinweis auf seine 40jährige Tätigkeit in verschiedensten Funktionen der Stadtverwaltung bat er um die Gewährung einer Alterspension. Ende Mai 1786 verständigte ihn das Kreisamt, dass ihm in Hinblick auf seine vieljährige Tätigkeit für die Stadt als Ruhegenuss jährlich 200 Gulden zugesprochen wurden. Dem Dekret war die Bemerkung angefügt, dass diese Pension nur als „casus specialis“, der auf andere nicht angewandt werden würde, anzusehen sei.6) Nach der Wahl seines Nachfolgers musste Pachner wiederholt vorstellig werden, ihn als Stadtpfarrkirchen- und Benefiziatenamtsverwalter sowie als Verordneter der Stadt beim ständischen Deputiertenkollegium in Linz zu ersetzen.7)

Während der Amtszeit Ferdinand Pachners kam eine große Anzahl der von Kaiser Joseph II. angeordneten Verwaltungs- und Verfassungsreformen, die sich natürlich auch auf Steyr erstreckten, zur Durchführung. Die Tätigkeit der Stadtverwaltung erreichte einen so großen Umfang, dass, nach Mitteilung der Landesregierung, „höchsten Orts“ bewilligt wurde, „beim Stadtrat drei Kanzlisten“ anzustellen, von denen der erste 250 Gulden und die beiden anderen je 200 Gulden Jahresgehalt erhalten sollten.

Am 21. Juli 1783 wurde die bisher oberste Behörde Oberösterreichs, die Landeshauptmannschaft aufgehoben. Diese hatte während der Regierung Kaiserin Maria Theresias längere Zeit den Namen „Kammer und Repräsentation“ geführt. Die neue oberste Verwaltungsbehörde nannte sich nun „obderennsische Regierung“ oder politische Landesstelle.8) Damit wurde das Land, das „immer in einem gewissen Zusammenhang mit Niederösterreich geblieben war, eine eigene Provinz des josefinischen Staates“.9)

Die ohnehin stark eingeengte Autonomie der größeren landesfürstlichen Städte wurde ganz beseitigt. Eine 1783 erlassene sogenannte Magistratsverfassung, die zuerst für Wien wirksam wurde, löste die Stadtverfassung ab. Im Jahre 1785 ging auch Steyr der bisherigen Verfassungsprivilegien verlustig, womit natürlich auch die Stadtverfassung hinfällig wurde. An Stelle des Stadtrates (Äußerer und Innerer Rat) und des Stadtgerichtes trat der Magistrat als bürgerliche Behörde auf. Ihm war jetzt die politische Verwaltung, die Finanzverwaltung und die Rechtssprechung übertragen. Allerdings waren die von den Magistraten der Städte verhängten „Kriminal-Urtheile“, zufolge eines Kreisamtsdekretes vom 22. November 1785 an das k.k. Appellationsgericht in Wien zur Approbation einzusenden.10)

Der Magistrat wurde nun in drei Senate gegliedert, die für die politische und die wirtschaftliche Verwaltung, aber auch für die Strafgerichtsbarkeit zuständig waren. Diese Einteilung fand ab dem Jahre 1786 auch in den Ratsprotokollen ihren Niederschlag, beim Magistrat Steyr wurde nunmehr ein politisches Protokoll, ein ökonomisches Protokoll und ein Justizprotokoll geführt.

Im Zug der Neu- und Umorganisierungen wurde im Oktober 1783 das k.k. Kreisamt des Traunviertels nach Steyr verlegt, mit kaiserlicher Erlaubnis im August 1783 an der k.k. Hauptschule eine 4. Klasse geschaffen und endlich 1784 ein Armeninstitut errichtet. Dieses war eine besonders dotierte Institution zur Sammlung und Verteilung von Geldern an Arme. Es besaß Teile des Vermögens der ausgehobenen Bruderschaften und andere laufende Einnahmen. An seiner Spitze stand der Stadtpfarrer. Erst 1862 wurde das Armenwesen Sache der politischen Gemeinde.

Am 18. Jänner 1782 forderte das Kreisamt eine Meldung über die in der Stadt befindlichen Klöster, nachdem schon am 10. Oktober 1781 Kaiser Joseph II. die Aufhebung jener geistlichen Orden, die sich nur einem beschaulichen Leben und dem Gebet widmeten, verfügt hatte. Dies galt auch für die Cölestinerinnen in Steyr. Da von der Aufhebung jene Orden ausgenommen wurden, die sich dem Unterricht oder der Krankenpflege widmeten, nahmen die Cölestinerinnen die Regel der Ursulinen an, einem Schulorden, um so der Auflösung zu entgehen. Die sehr energische Oberin Theresia von Ekhardt schritt weiters sofort an den Zubau eines Schulgebäudes. Sie bat den Magistrat am 31. Mai 1782 um Überlassung von drei großen und zwei kleinen Holzflößen zum Schulbau, um die Bänke und andere „Zugehörungen“ der aufgelösten Rissischen Schule und endlich um einen Baukostenbeitrag von 1.000 Gulden.11)

Schon zu Beginn des Jahres 1782 hatte sich der Abt Maurus Gordon von Garsten um ein „Attestat für die Kloster Jungfrauen wegen Unterziehung der Lehr Art für Magdlen“, also um eine Lehrerlaubnis für die Nonnen bemüht. Die fünf Stadtschulmeister suchten weiters an, der Theresia Pöschlin nach Eröffnung der „Ursuliner Schule“ den weiteren Unterricht für Mädchen zu untersagen, was zur Folge hatte, dass die Landesregierung am 20. September verfügte, dass die Pöschlin „allen Unterricht in Buchstabieren, lesen, schreiben und katechisieren“ zu unterlassen hätte. Außerdem befahl die genannte Behörde, dass die neue Schule der Ursulinen den Unterricht „mit Anfang des Winter Cours“ 1782 aufzunehmen habe. Es waren somit alle Voraussetzungen geschaffen, die den Nonnen einen ungestörten Ablauf ihrer Unterrichtstätigkeit gesichert hätten. Ungeachtet der nunmehrigen Verwendung der ehemaligen Cölestinerinnen im Unterricht, wurde das Kloster am 25. Mai 1784 aufgehoben. Doch wurde der Stadtverwaltung am 5. November des folgenden Jahres über das Kreisamt bekanntgegeben, dass die „Mägdlein Schulle“ unter Leitung eines Oberlehrers und anderer weltlicher Lehrkräfte dreiklassig weitergeführt werden solle. Den Eltern war mitzuteilen, der Unterricht werde mit dem Sommerkurs am 1. Mai 1785 beginnen.12)

Nach vier Monaten, im September, verlangte die Kammeraladministration in Linz, dass die Stadtverwaltung durch Bausachverständige das Klostergebäude mit dem dazugehörigen Garten, das damals sogenannte Neugebäude (die heutige Bergschule) und das Benefiziatenhaus schätzen lasse. Weiters wollte man wissen, ob und unter welchen Bedingungen die Stadt das Klostergebäude mit dem Garten übernehmen würde, um daraus ein Arbeitshaus zu machen.13) Begreiflich, dass der Rat zögerte und vorher Einsicht in die „allerhöchsten Ortes bestätigten Überschläge“ nehmen wollte. Als Verwalter des früheren Klosters legte das Mitglied des Inneren Rates, Franz Xaver Gapp, seinen Ratskollegen ein Schreiben der Kammeraladministration vor, in welchem als Schätzpreis für das Klostergebäude mit der Kirche und der Lorettokapelle der Betrag von 2.700 Gulden genannt wurde. Der Rat sollte sich endgültig äußern, ob er die Absicht habe, das Klostergebäude allein oder mit der Kirche und Lorettokapelle zu erwerben und unter welchen Bedingungen er dies tun wolle.

Nach Rücksprache mit den Gemeindefürsprechern erklärte der Stadtrat in seiner Sitzung am 29. Dezember 1785 verbindlich, alle vorerwähnten Baulichkeiten um den genannten Schätzwert aufzukaufen. Zu seiner Überraschung erhielt der Magistrat rund neun Monate später einen Kaufvertrag zur Unterzeichnung vorgelegt, der jedoch auf 5.000 Gulden lautete. Auf Grund des im Vorjahre gefassten Beschlusses fertigten der Bürgermeister, die Magistratsräte und die Gemeindefürsprecher trotz des erhöhten Kaufpreises den Vertrag. Damit war das Kloster endgültig in den Besitz der Stadtverwaltung übergegangen und am 28. Mai 1787 konnte Magistratsrat Schellmann im Rathaus über den „Fürgang“ der Übergabe berichten.14)

Der Hochaltar der Kirche wurde über Antrag des Kreisamtes vom 27. April 1787 der Pfarre Thanstetten überlassen. Einige Wochen später wurde der Magistrat verständigt, dass nicht nur der Hochaltar mit dem Tabernakel, sondern auch das Kruzifix der Kirche, das Fastenbild, die Pyramiden, die Antependien und der Altarstein gegen Quittung der genannten Pfarre ausgehändigt werden solle. Im September 1789 bewilligte das Kreisamt, dass ein Antependium und das „Cölestinerinnentabernakel“ gegen Quittung dem Magistrat übergeben würde.

Das Benefiziatenhaus des Ordens in der Stadt Nr. 93 kaufte der Kassenkontrollor der Hauptgewerkschaft, Franz Anton Kuen, und bewarb sich unter Hinweis auf diesen Besitz um das Bürgerrecht der Stadt.15)

Das Nonnenkloster diente in der Folgezeit verschiedenen Zwecken. Nach Vornahme einiger kleiner Reparaturen wurde hier ein Arbeitshaus untergebracht und in diesem eine „Wollen gespinst Faktorey“ eingerichtet. Zur Anschaffung der „Faktorey Nothwendigkeiten“, also der zum Betrieb der Wollspinnerei notwendigen Einrichtung, verlangte der Magistrat von der Landesregierung einen Vorschuss von 500 Gulden. Die in Steyr befindliche k.k. Zollegstätte bewarb sich um das vordere Sprechzimmer des Klosters, das zu Aufbewahrung der „außer Handel gesetzten Waren“ verwendet werden sollte. 1789 wurden Verhandlungen „wegen Herstellung des Ex Celestiner Kloster zum Kriminalgerichts Haus“ geführt.

Weitere kaiserliche Verordnungen wurden erlassen, die die kirchlichen Angelegenheiten bis ins Kleinste regelten, so z.B. ein Verbot der Wallfahrten und Prozessionen ganzer Gemeinden.16) Den „Untertanen“ musste auch die „Schädlichkeit des Wetterläutens und des Schießens mit Böllern“ begreiflich gemacht und unter Androhung „mehrwöchiger Eisenarbeit“ untersagt werden. Krämern, die „alberheit und Unsinn führende Gebetter und Lieder führen“ mussten diese durch das Stadtgericht abgenommen werden.17)

Am 16. Juli 1785 wurde auch das Dominikanerkloster aufgehoben, über Bitten der Bürgerschaft und des Magistrates wurde bei der Landesregierung erreicht, dass die Klosterkirche weiterhin für den Gottesdienst verwendet werden konnte und ihr die Paramente belassen wurden, über Auftrag des Kreisamtes hatte die auf dem Chor befindliche Orgel dem Pfarramt in Urfahr überlassen zu werden.18) Das Klostergebäude wurde im folgenden Jahr an den Zeugfabrikanten Daniel Pellet und den Weißwarenhändler Anton Schaitner verkauft, die hier eine Manchesterfabrik errichteten.19) Die vor der Dominikanerkirche befindliche Mauer und die Kapelle wurden abgebrochen. Das Abbruchmaterial wurde der Stadt zum weiteren Gebrauch überlassen.

Auch als überflüssig erachtete Kapellen wurden gesperrt. Diese Maßnahme betraf die Herrenhauskapelle im Aichet, die Kapelle des Lazaretthauses bei der Steyr, die St. Nikolauskapelle in der Stadtkaserne (nicht mehr vorhanden, heute Stadtplatz 13), die Margarethenkapelle und die Dreifaltigkeitskapelle (1797 abgebrochen). Ebenso wurde über die Cölestinerinnenkirche und die Spitalskirche die Sperre verhängt. Die Gerätschaften dieser Kapellen und Kirchen wurden inventarisiert, Paramente und andere transportable Gegenstände hatten ins Depot nach Linz geschickt zu werden.20) Im November 1786 erteilte das Kreisamt den Auftrag, die Glocken der Spitalskirche (Michaelerplatz 1) dem Pfarramt in Gleink zu überlassen.21) Das in der Dreifaltigkeitskapelle befindliche Orgelpositiv wurde gegen Quittung der Pfarre in Kronstorf ausgefolgt.22)

1786 fiel das Kapuzinerkloster der Auslösung anheim. Dieses und der dazugehörige Garten wurden vom Handelsmann Andre Eberstaller erworben, der am 16. November 1786 den Kaufvertrag beim Magistrat vorlegte. Die Kirche des Klosters wurde abgebrochen. Der dort befindliche Mariazeller-Altar musste dem Pfarramt in Kürnberg übergeben werden. Der Magistrat erwarb von der Kammeraladministration die Nikolaikapelle. Für den Ausbau dieser zu zwei „gemein quartieren“ wurden 330 Gulden 37 Kreuzer aufgewendet.23)

Die „gesperrten und zum Verkauf geeigneten Kapellen (Margarethen-, Dreifaltigkeits-, Toten- und Gottesackerkapellen)“ wiesen schon Schäden auf, deren Behebung vom Kreisamt dem Magistrat nicht bewilligt wurde, weil dies nicht nötig wäre.

Ebenso wurden die religiösen Bruderschaften der Stadt aufgelöst und ihr Vermögen dem Religionsfond zugewiesen. Nur die „Bruderschaft der Liebe des Nächsten“ blieb bestehen.24)

Im November 1784 kam es zur Gründung der Vorstadtpfarre Steyr, die frühere Jesuitenkirche war zur Vorstadtkirche erhoben worden. Auf seine Bewerbung hin wurde dem Magistrat das Patronat über diese zweite Pfarre der Stadt verliehen. Als Patronatsherren stand dem Stadtrat das Recht zu, die Kirchenväter in der nunmehrigen Michaelerkirche einzusetzen und abzuberufen. Die Stadtverwaltung ließ nun die Spitalkirche umbauen, um hier das Pfarramt unterzubringen und Wohnungen für die Pfarrpriester einzurichten. Mit der Planung und Bauausführung wurde der Baumeister Wolfgang Huber betraut, der Umbau kostete 3.055 Gulden 10 Kreuzer. Die Exsakrierung der Kirche vollzog der Dechant von Münzkirchen im September 1785, nach welchem Akt mit dem Umbau begonnen wurde.25)

Dass man einen größeren Wert auf eine bessere Schulbildung legte, erhellt eine Verordnung der Landeshauptmannschaft vom Jahre 1785, mit der den Handwerksmeistern verboten wurde Lehrjungen aufzudingen, die nicht ein „Attestat“ der Absolvierung einer Normal- oder Trivialschule aufweisen konnten.26)

Von großer Wichtigkeit für das Handwerk war ein Zirkularerlass der Landesregierung vom 14. Dezember 1784, in welchem dem Magistrat bekanntgegeben wurde, dass künftig jeder Geselle, der sechs Jahre gut gearbeitet hatte, ohne ein Meisterstück vorweisen zu müssen, das Meisterrecht erhalten konnte. „Lang- und kurz Messerschmid“, Zeug-, Zirkel- und Schreitschmiede, Feilhauer und Stemmeisenmacher sollten in einer Zunft mit dem Namen Messer- und Zeugschmiede vereint werden; jeder der angeführten Meister sollte den „ihm gefälligen“ Artikel Herstellen. Die Meister sollten fernerhin Gesellen und Lehrjungen nach ihrem Bedarf aufnehmen können und in dieser Hinsicht keiner Beschränkung unterliegen.

Die Erzeugung feiner Stahlwaren, wie die von Werkzeugen für Uhrmacher und Goldschmiede, die Herstellung von Uhrfedern, Zeigern usw. sei künftig als Nebenarbeit zu betrachten und damit stünde ihre Erzeugung „jedem“ frei. Magistrate und Kreisämter könnten für diese Produktion die Erlaubnis erteilen.

Die bisher auf den Waren angebrachten Arbeitszeichen müssten unter allen Umständen beibehalten werden, der Gebrauch dieser durch andere Handwerker zöge den Verlust des Meisterrechtes nach sich. Auch bisher nicht mit Arbeitszeichen versehene Güter müssten mit dem Stadt- oder Landzeichen gestempelt werden.

Entfernt wohnende Meister würden bei Aufdingung oder Freisprechung ihrer Lehrjungen nicht mehr gehalten sein, persönlich bei der Handwerkslade zu erscheinen. Sie könnten die Ausnahme oder die Freisprechung in Gegenwart von zwei Zeugen vornehmen und nachher Anzeige bei der Lade erstatten. Die bisherige Beibringung eines Geburtsscheines oder Geburtsbriefes war nicht mehr erforderlich. Wer von den Meistern und Gesellen nicht mehr an Zusammenkünften des Handwerks, an Leichenbegängnissen, Kirchgängen, Seelen- und Quatembermessen teilnahm, war von der bisher üblich gewesenen Geldbuße an die Lade befreit.

Die finanziellen Mittel der Lade wären im Einvernehmen mit dem Ortsarmeninstitut für Kranke und Arme zu verwenden. Sich dieser Vorschrift widersetzenden Meistern wurde die Suspendierung oder der Verlust des Meisterrechtes angekündet, sich widersetzenden Gesellen drohte die „unfähig Erklärung“. Ganze Zünfte hingegen, die den neuen Bestimmungen zuwiderhandeln würden, hatten mit der Aushebung ihrer Handwerkslade und der Erklärung ihres Gewerbebetriebes zum freien Gewerbe zu rechnen.27)

Bemerkenswerte Einkünfte flossen der Stadtverwaltung, den Eisenhandwerkern und den Eisenhändlern auf Grund alter Privilegien in Form von sogenannten Benefizien zu. Schon vor der im Jahre 1625 erfolgten Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft bekam die Stadtkasse für jeden nach Steyr oder Losenstein gelieferten Zentner Stahl oder Eisen 6 Pfennig als Gefälle. Eine Begünstigung für die eisenverarbeitenden Handwerker war, dass sie, zufolge eines Vertrages vom September 1678, für jeden von ihnen verarbeiteten und von der Hauptgewerkschaft gekauften Zentner Scharsachstahl, einer Stahlsorte besonderer Güte, am Jahresende eine Rückvergütung von 30 Kreuzer erhielten. Auch der Stadtverwaltung wurden ab dem genannten Zeitpunkt jährlich 115 Zentner Vorderhackenstahl unentgeltlich abgegeben. Zu späterer Zeit erfolgte diese Stahllieferung nicht mehr in natura, dafür wurde jeweils der Betrag von 752 Gulden 5 Kreuzer, der dem Wert der Ware im Jahr 1768 entsprach, bei der Stadtkasse eingezahlt. Die Eisenhändler erhielten bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein jährliches Benefizium von 200 Gulden. Die Benefizien wurden ohne Rücksichtnahme auf den Ertrag, gleichgültig, ob Gewinne oder Verluste ausgewiesen wurden, von der Hauptkasse der Hauptgewerkschaft ausbezahlt.

Diese besonderen Begünstigungen Steyrs erweckten in den Kreisen der Rad- und Hammermeister heftigen Widerspruch. Auch beim Hauptgewerkschaftskongress am 9. September 1782 kam es über die „Angelegenheit der städtischen Benefizien“ zu heftigen Debatten.28) Bürgermeister Pachner konnte an diesem Kongress „wegen seiner gebrechlichen Gesundheit“ nicht teilnehmen, doch gelang es Syndikus Guggenbichler und Stadtkassier Menhardt als Abgesandte des Verlagsgliedes Steyr mit den Vertretern der Rad- und Hammermeister einen vorläufigen Kompromiss zu schließen bis man sich am 10. Mai 1783 dahin einigte, auch den anderen zwei Gliedern der Hauptgewerkschaft einen Betrag in der Höhe von 3/7 der Summe, die das Verlagsglied Steyr erhielt, jährlich anzuweisen. Steyr hatte in den Jahren 1782 bis 1793 an Benefizien 65.517 Gulden bezogen.29)

Trotz der Benefizien war die wirtschaftliche Lage der Eisenhandwerker nicht rosig. Die vom Magistrat eingesetzten Kommissäre untersuchten im Jänner 1784 den Schuldenstand der „bürgerlichen Feuerarbeiter“ und fertigten einen Bericht aus, wie diesen „in ihrem Nothstand zu helfen wäre“.30)

Im Jahre 1784 traten in geringerem Ausmaß Fälle von „roter Ruhr“ in der Stadt auf.31) Nicht zuletzt war diese Krankheit die Ursache, dass dem Provisor J. B. Göppl im Oktober desselben Jahres die Errichtung einer zweiten Apotheke in Steyr bewilligt wurde.32)

Hagelschauer und nachfolgende Regenfälle verursachten Ende Mai und anfangs Juni 1785 an den Wasserbauten und Gebäuden der Stadt Schäden und vernichteten einen Teil der zu erwartenden Ernte.33) Die Stadtverwaltung ließ aus diesem Grund und „bey dermallen einreissend muthwilliger Theüerung“ in Ungarn 15.000 Metzen Getreide ankaufen.34)

Auch auf den Ertrag der Innerberger Hauptgewerkschaft hatten diese Unwetter ihren Einfluss gehabt. Als der hauptgewerkschaftliche Referent Benedikt Anton Schöttl im Rat über den Rechnungsabschluss 1785 berichtete, teilte er mit, dass durch die „Schreckliche Wasser Ergüssung … viel Kohle und Bauholz in Reichenau, Hollenstein und Reichraming“ weggeschwemmt und die Wasserbauten beschädigt oder ganz zerstört wurden. Einige Werksgebäude mussten viele Wochen, das in Reichenau wegen der Zerstörungen ein halbes Jahr „in gänzliche Feyer versezet“ werden. Dadurch war ein Schaden von 40 — 50.000 Gulden entstanden.35)

Auf Ansuchen des Magistrates bewilligte Kaiser Josef II. im März 1784 die Pflasterung der Stadt; gleichzeitig sollten auch Bleirohre für die Wasserversorgung gelegt und die Abwasserkanäle gemauert werden. Zur Bedeckung dieser Ausgaben kündigte der Magistrat 10.000 Gulden von seiner Einlage bei der Hauptgewerkschaft auf. Wenn Arbeiten ohne Bewilligung des Kreisamtes ausgeführt oder Voranschläge überschritten wurden, konnte mit einer Zahlung nicht gerechnet werden.36) Im folgenden Jahr genehmigte die Landesregierung, dass die Stadtmauer bei der Frauenstiege und auch die Stiege selbst instandgesetzt werden durfte.37) Um die Kosten für die Erhaltung der Straße Steyr—Kremsmünster— Wels hereinzubekommen, wurde dem Magistrat 1785 aufgetragen, im Steinfeld eine Schrankenmaut zu errichten und hier je Pferd 2 ½ Kreuzer und je Ochsen 1 Kreuzer 1 Pfennig Maut einheben zu lassen.38)

Das Kreisamt erließ eine Verordnung, die schon an Stadtplanung anklingt, sie erschien im August 1785. Nach dieser sollten „Untertanen ohne Vorwissen des Kreisamtes kein Haus mehr und diese nicht zu nahe an die Straßen“ bauen.39)

 

  1. RP 1781, 58, 63, 64; WRP 1781, 89. — An Wahlgebühren mussten 106 Gulden bezahlt werden.
  2. RP 1782, 14.
  3. RP 1791 C, 97.
  4. RP 1792 B, 238, 343. Prot. Mortuorum ab anno 1785 im Stadtpfarramt, 40, 47.
  5. RP 1784, 35.
  6. RP 1782, 50; RP 1786 A, 58; RP 1786 D, 40.
  7. RP 1787 B, 33; RP 1787 A, 99.
  8. LV 4, 343.
  9. LV 8, 10.
  10. RP 1785, 280.
  11. RP 1782, 7, 34, 60, 87; RP 1804 B, 19, 56.
  12. LV 1, 350, RP 1782, 40, 59, 63; RP 1784, 101; RP 1785, 75.
  13. RP 1785, 229, 293, 299; RP 1786 A, 49.
  14. RP 1786 C, 130, 231; RP 1787 C, 200.
  15. RP 1786 B, 163; RP 1789 A, 381.
  16. RP 1784, 44; RP 1785, 147.
  17. RP 1784, 84.
  18. RP 1785, 301, 305.
  19. RP 1786 C, 42.
  20. RP 1785, 176, 184, 201, 223, 226, 227; RP 1787, 361.
  21. RP 1786 6, 316. — Die „Fahrnisse“ der Margarethenkapelle wurden über Auftrag des Kreisamtes veräußert und der erlöste Betrag dem Religionsfond überwiesen.
  22. RP 1786 B, 328.
  23. RP 1787 B, 119; RP 1766 C, 214; RP 1788 A, 606.
  24. LV 1, 139.
  25. RP 1785, 11, 207; RP 1786, A, 56.
  26. RP 1783, 29.
  27. RP 1785, 3.
  28. RP 1782, 50.
  29. LV 13.
  30. RP 1784, 5, 15.
  31. RP 1784, 82.
  32. RP 1784, 92.
  33. RP 1785, 147, 163, 166, 258.
  34. RP 1785, 82, 155.
  35. RP 1786 C, 186 ff.
  36. RP 1784, 19.
  37. RP 1785, 80.
  38. RP 1785, 122.
  39. RP 1785, 188.

Literaturverzeichnis

  1. Pritz Franz Xaver, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Linz 1837.
  2. Ofner Josef, Die Eisenstadt Steyr. Steyr 1956.
  3. Rolleder Anton, Heimatkunde von Steyr. Steyr 1894.
  4. Edlbacher Ludwig, Landeskunde von Oberösterreich. Wien 1883.
  5. Chronik des k. k. priv. uniformierten Bürgercorps der Stadt Steyr. Steyr 1898.
  6. Burger Helmut, Die Franzosen in Steyr (im 72. Jahresbericht des Bundesrealgymnasiums Steyr).
  7. Schroff Ignaz, Annalen der Stadt Steyr.
  8. Sturmberger Hans, Der Weg zum Verfassungsstaat. Wien 1962.
  9. Sturmberger Hans, Zwischen Barock und Romantik (im Jahrbuch des oö. Musealvereines 1948). Linz 1948.
  10. Wopelka J., Oberösterreich in der Franzosenzeit (Dissertation, Wien 1938).
  11. Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen (St.A., Mk. L. 21)
  12. Pritz Franz Xaver, Geschichte der Stadt Steyr, III. Heft 1635 — 1657 (Manuskript im St.A.)
  13. Brandl Manfred, Die Eisen- und Stahlbenefizien der Stadt Steyr (Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 8/1965).

Ratsprotokolle, Steuerbücher im St.A.; Totenregister im Stadtpfarramt.

Abkürzungen:

LV = Literaturverzeichnis, RP = Ratsprotokoll, F = Faszikel, L = Lade, K = Kasten. St.A. = Stadtarchiv Steyr

 

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 29, Oktober 1969

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