Bürgermeister Johann Egger von Marbach (1646— 1650)

Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)

Von Dr. Erlefried Krobath

 

Um die Wende des 16. Jahrhunderts lebte in Eisenerz der Ratsbürger Anton Egger. Von seinen drei Söhnen, Johann, Georg und Ludwig, verzog der Erstgenannte nach Steyr1) und machte sich hier im Haus Stadtplatz 14 als Eisenhändler und Gastwirt ansässig.2) Nach und nach erwarb er verschiedene Liegenschaften: in Ennsdorf ein Brauhaus,3) ein Haus „an der oberen Zeil“, das anschließende Werfferische Haus, ein weiteres mit Garten und die Aignerischen Gründe.4) Auch der Topfenhof (heute Altgasse, früher Ennsdorf, obere Zeil) mit Grundstücken,5) eine Drahtzieherei und ein Garten des früheren Besitzers Ebhardt im Aichet gehörten ihm. In der Berggasse besaß er einen Kräuter- und Blumengarten,6) verschiedene Grundstücke vor dem St.-Gilgen-Tor und an der Steyr eine Pulverstampfe sowie einen Kupferhammer.7) Der große Bedarf an Rüstungsgegenständen für die Soldateska mag ihn bewogen haben, eine eigene Plattnerwerkstätte8) zu errichten, die er vermutlich im Ennsdorf betrieb. Es ist nachzuweisen, dass er 1649 allein in Steyr Eigentümer von 13 Häusern war.9)

In der Gemeinde Reichraming kaufte Johann Egger 1631 vom kaiserlichen Burggrafen zu Steyr, Johann Max Freiherrn von Lamberg, ein großes Grundstück, „Marbach“ genannt, das mehr als 100 Tagewerke (rund 34 ha) umfasste. Dieses war in der Ortschaft Brunnbach, im Gemeindegebiet von Großraming gelegen.10) Nach diesem Besitz wurde ihm am 25. August 1635 das Prädikat „von Marbach“ verliehen.11)

Die Nachfrage des Messererhandwerks nach Messing mag Egger veranlasst haben, im Jahr 1628 die an der Mündung des Reichraminger Baches in die Enns gelegene Messinghütte zu erwerben. Diese war 1623 stillgelegt worden und in den Besitz der Eisenhandelsgesellschaft übergegangen, obwohl die Stadt Steyr, um die für das Messererhandwerk so wichtige Produktion zu erhalten, die Summe von 2.000 Gulden dem Betrieb leihweise zur Verfügung gestellt hatte. Am Messingwerk beteiligte Egger auch die Steyrer Bürger Achtmarkt und Riß, die beide während der Gegenreformation aus Bozen zugewandert waren. Um der Messingproduktion ein gesichertes Absatzgebiet zu schaffen, gewährte Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1635 Johann Egger das alleinige Verlagsrecht für Messing in Steyr. Obwohl Egger den Zentner Messing um 44 Gulden verkaufte, also um 4 Gulden teurer als die ausländische Konkurrenz, die überdies noch sorgfältiger gegossenes Material lieferte, musste er 1651 den Konkurs ansagen. Egger betrieb auch Hammerwerke und eine Schrottschmiede in der Ascha und im Gmünd (Gemeinde Großraming). Diese musste er 1653 an einen Gläubiger abtreten.12)

Es ist verständlich, dass ein Mann mit so viel Unternehmungsgeist und persönlichem Einfluss sehr bald das Augenmerk der Stadt auf sich lenkte und daher in die Stadtverwaltung berufen wurde. Vorerst wurde ihm das Brücken- und Brunnenamt anvertraut, von 1637 bis 1640 war er Stadtrichter,13) ehe er nach Ablegung des Amtsgelöbnisses beim Landeshauptmann14) von seinem Vorgänger am 22. Jänner 1646 erstmalig das Bürgermeisteramt übernahm.15) Im folgenden Jahr wurde er bei der durch den Landeshauptmann und den Vizedom am 13. Jänner durchgeführten Wahl wieder zum Bürgermeister erkoren.16) Für 1649 wurden die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen durch die vorgenannten Wahlkommissäre am 5. und 6. Jänner abgehalten. Nach der kaiserlichen Wahlbestätigung wurde Egger aufgefordert, am 21. Juli in Linz das „glübdt“ abzulegen.17)

Die vielfältige private Geschäftstätigkeit des Bürgermeisters bewirkte, dass er wenig Zeit für sein Amt im Rathaus aufbringen konnte und sich deshalb häufig vertreten lassen musste. Oft waren Entscheidungen zu treffen, die die Gegenwart des Bürgermeisters erfordert hätten und deren Beurteilung dem Stellvertreter manche Schwierigkeiten bereiteten. Es entstand zwischen dem Bürgermeister einerseits und dem Großteil der Ratsherren und dem Stadtrichter Prenner anderseits eine Spannung, die 1649 soweit gediehen war, dass letztere am 1. Oktober beschlossen, den Kaiser „allergehorsamst“ zu bitten, „ain anderes Subiectum“ für das Bürgermeisteramt vorzusehen. Egger wäre nicht nur mit „eignen Haus gschäfften allzusehr beladen“, sondern auch krank.18) Ratsherr Schröffl überreichte dieses Ansuchen an den Kaiser beim Landeshauptmann. Dieser verlangte jedoch, die Beschwerden gegen den Bürgermeister aufgegliedert vorzubringen, bis dahin wolle er mit der Abnahme des Amtsgelöbnisses zuwarten.19)

Alle Versuche des Rates, den offiziellen Antritt des Bürgermeisteramtes durch Egger für das Jahr 1649 zu verhindern, scheiterten.20) Die Ratsherren kamen überein, Johann Egger von Marbach durch den Stadtschreiber Vogtberg und das Ratsmitglied Aichholzer mitteilen zu lassen, dass man den Befehl des Landeshauptmannes, wonach der Bürgermeister sein Amtsgelöbnis oblegen sollte, erhalten habe. Doch wolle der Rat einen Bericht an den Landeshauptmann verfassen, der sich mit der Tätigkeit des Bürgermeisters befasse. Er solle daher mit dem Antritt des Amtes noch zuwarten („in geduld stehen“), überdies überprüfe man derzeit seine amtliche Rechnungsgebarung. „Zur abschneidung aller Weitläufigkeit“ werde der Rat deshalb auch um Entsendung eines Kommissärs der Landeshauptmannschaft ersuchen.21) Am 26. November kamen im Rat die Forderungen an Egger zur Sprache.22) Nach Aufrechnung der Gegenforderungen wurde festgestellt, dass der Bürgermeister zum Ende des Jahres 1649 der Stadt 3.570 Gulden 14 Kreuzer für nicht bezahlte Steuern schuldete.23) Wieder wurde über diese Angelegenheit dem Landeshauptmann im Dezember 1649 berichtet,24) um damit eine weitere Amtsführung Eggers zu verhindern. Auch weitere Versuche, den Bürgermeister aus seinem Amt zu verdrängen, scheiterten.25) Er verblieb Stadtoberhaupt bis zum 7. Februar 1651, an welchem Tag ihm durch ein Schreiben des Landeshauptmannes mitgeteilt wurde, dass ihm, über kaiserlichen Befehl, das Bürgermeisteramt „erlassen“ werde.26)

Da der Bürgermeister nicht in der Lage war seine Schulden abzudecken, forderte ihm der Rat am 2. Juli 1650 sogar das mittlere Siegel der Stadt ab. Damit wollte man Eggers Amtsgewalt beschränken. Weiters wurde ihm mitgeteilt, dass ihm noch eine dreitägige Frist zur Begleichung der Steueraußenstände an die Stadt gegeben werde. Bei Nichteinhaltung des Termines drohte man ihm, seine „liegende und fahrende Habe im Burgfried“ zu exekutieren.27) Die Hauptangriffspunkte des Rates gegen den Bürgermeister bildeten nach wie vor seine häufige Abwesenheit im Rathaus28) und seine große Verschuldung, die nicht zuletzt eine Folge der darniederliegenden Wirtschaft nach dem Dreißigjährigen Krieg war. Außenstände waren kaum einzubringen und es fehlte nicht nur Egger, sondern auch der Bevölkerung an Kapital, um den wirtschaftlichen Verfall aufzuhalten oder gar die Blüte von einst wiederherzustellen.

Wohl machte Egger angestrengte Versuche, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. So bot er dem Magistrat seine Pulverstampfe um 130 Gulden 20 Kreuzer Leihkauf an. Um diesen Betrag sollten seine künftigen Landesumlagen gekürzt werden.29) Um zu Geld zu kommen, wollte er 1650 auch sein Ennsdorfer Brauhaus dem Hanns Georg Windter verkaufen, doch versagte ihm der Magistrat die Ratifikation des Verkaufes, bis er seine Gefälle an die Stadt bezahlt hätte.30)

Der Magistrat verlangte von Egger auch die Abrechnung des von ihm verwalteten Pfarrkirchenkapitales. „Da bei Burgermaister Egger nichts verfangen will,31) gab der Rat am 5. Dezember 1650 den Auftrag, ihn um das der Stadtpfarrkirche gehörige, in seiner Verwahrung befindliche Kapital samt Zinsen einzuklagen.

Wenngleich Steyr in dieser Zeit nicht mehr unmittelbar in die Wirren des Dreißigjährigen Krieges verwickelt war, so hatte es doch weit über sein wirtschaftliches Vermögen an den Lasten desselben mitzutragen. In fast ununterbrochener Folge lagen Truppen im Quartier,32) die erhalten und deren Sonderwünsche berücksichtigt werden mußten.33) Für die Ausrüstung der im Lande liegenden Reiter hatte die Stadt im Mai 1648 anteilmäßig Sättel, Stiefel, Sporen und je Reiter einen halben Monatssold von 6 Gulden 30 Kreuzer aufzubringen.34) Als im September 1648 die Stände beschlossen, zur eventuellen Verteidigung des Landes 1.200 Mann anzuwerben, wurde Steyr, ebenso wie Linz, Wels und Freistadt, beauftragt, Magazine zu errichten und von jeder Familie („Feuerstätte“) eine gewisse Menge Korn und Hafer als Beitrag einzuheben.35)

Die Bürger hatten die Einquartierungskosten für das bei ihnen untergebrachte Militär vorläufig aus eigener Tasche zu tragen, sie verlangten natürlich von der Stadt den Ersatz der ausgelegten Kosten. Erst Mitte 1649 wird erstmalig von einer Herabsetzung der im Lande liegenden Anzahl von Truppen gesprochen.36) Anfangs September 1649 beriet man, woher die Mittel zu nehmen wären, um die schon sechs Tage nicht bezahlte Verpflegung für die in Steyr stationierten Reiter vom Werth’schen Regiment zu begleichen. Um rasch Geld zu beschaffen, wurden Stadtrichter und Stadtschreiber zu einem Arzt geschickt, um ihm ein der Stadt heimgefallenes Haus gegen Barzahlung anzubieten, dessen früherer Eigentümer nicht für die Steuern hatte aufkommen können.37)

Ratsherr Wernberger, der als stellvertretender Bürgermeister in der Ratssitzung vom 29. September 1649 präsidierte, klagte, dass er über Ersuchen Eggers, diesen schon seit der Fastenzeit vertrete und das Amt auch „nach aller mägligkhait bedient habe.“ Weiter führte er aus, dass das Militär nicht länger auf die ihm zustehende und von der Stadt zu liefernde Verpflegung und Fourrage warten wolle. Es hatte gedroht, sich selbst mit „würkhlicher Execution“ zu helfen. Man müsse die Bevölkerung aber vor einer Selbsthilfe der Soldateska schützen und wieder einen Weg finden, um zu Geld zu kommen. Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit erboten sich die Ratsmitglieder Wagendorfer und Hofmann, 240 Gulden aus eigener Tasche vorzuschießen, um das Ärgste abzuwenden. 90 Gulden von dieser Summe wollte man sofort dem Oberstwachtmeister Schmer ausfoIgen.38)

Zur Erleichterung der Einquartierungslasten hatte der Kaiser über Vorsprache der Stände verfügt, dass Truppen aus dem Land ob der Enns abgezogen würden, berichtete Bürgermeister Egger am 4. Jänner 1650 im Rat.39) Wegen der fortschreitenden Zerrüttung der städtischen Finanzen sah sich der Magistrat gezwungen, zur Natural-Teilversorgung des in der Stadt liegenden Militärs überzugehen. Am 3. März wurde dem Oberstwachtmeister mitgeteilt, dass ihm künftig die Fourrage (Hafer, Heu und Stroh) für seine Reiter in natura geliefert würde, da die Stadt nicht mehr in der Lage sei, die bisherigen Ablösungsbeträge zu bezahlen. Nur die für die Pferde des Oberstwachtmeisters benötigte Fourrage sollte weiterhin mit Geld abgelöst werden, und zwar der Metzen Hafer (61,487 l) mit 10 Schilling und das Pfund Heu (0,56 kg) mit 6 Kreuzern.40)

Allerorts musste im Magistrat gespart werden. Ende Oktober sah sich der Stadtschreiber sogar gezwungen zu verlangen, dass künftig bei Sitzungen des Stadtrates geheizt werde.41)

Nach Überwindung bedeutender Schwierigkeiten war am 24. Oktober 1648 der Westfälische Friede zustande gekommen. Dieses bedeutende Ereignis, das ein dreißigjähriges Ringen abschloss, wird in den Ratsprotokollen der Jahre 1648 und 1649 nicht erwähnt. Die Ursache hiervon mag gewesen sein, dass ja erst im Frühjahr 1649 in Nürnberg ein Kongress zusammentrat, der sich mit der Durchführung der Friedensvertragsbestimmungen beschäftigte.42) Deshalb konnte der „angesetzte“ Bürgermeister Wernberger erst am 2. Juli 1650 im Rat berichten: „der Hl. Friden Schluß ist zu Nürnberg geschlossen, Gott sye Ewiges Lob.“43) Ob dieses Ereignisses wurde am 19. September 1650 in der Stadt ein Friedensschießen abgehalten. Bei diesem wirkten die „Schießfreunde“ mit, die den Magistrat ersuchten, ihnen ihre Zehrungskosten von 55 Gulden zu ersetzen, da sie beim Fest ihre eigenen Gewehre gebraucht und auch ihr eigenes Pulver verwendet hatten.44) Da sie jedoch um die „Mahlzeits übernamb vorhero gebührlicher Massen nicht Ersuecht“, bewilligte ihnen der Rat vorerst nur die Hälfte der erbetenen Summe und auch diese nicht in barem Geld. Sie wurde einfach dem Schützenmeister und Ratsmitglied Simon Faistl von dessen noch zu entrichtenden Gefällen abgerechnet. Auf neuerliches Ansuchen, auch die andere Hälfte des verbrauchten Betrages zu ersehen, zeigten sich die Stadtväter gnädiger und willfahrten dem Begehren.45) Auch Richter und Rat von Gaflenz und Weyer veranstalteten am 23. Oktober 1650 ein Friedensschießen, zu dem der Steyrer Magistrat geladen wurde. Da die hierzu entsandten Ratsherren Gottlieb Schröffl und Simon Egerer aber nicht als Schützen mitwirken sollten, wurde auf Kosten der Stadt der als vorzüglicher Schütze bekannte Bürger Jakob Abrauffer ebenfalls nach Weyer geschickt.46)

Mit Ausnahme unbedeutender Konzessionen hatte sich Ferdinand III. bei Abschluss des Westfälischen Friedens zu keinerlei religiösen oder politischen Zugeständnissen für seine Erbländer Österreich, Böhmen und Mähren herbeigelassen. Dies führte in der Folge zu weiteren Maßnahmen gegen die Protestanten. In der erwähnten Sitzung vom 2. Juli 1650 wurde ein kaiserliches Patent verlesen, worin dem Magistrat aufgetragen wurde, zu erheben, wieviele „Unkatholische“ sich noch in der Stadt befänden. Diese wären auszuweisen und künftig Nichtkatholiken nicht mehr in Steyr aufzunehmen.

Im Lande ob der Enns waren nunmehr Ständemacht und Protestantismus gebrochen. Nach zeitgenössischem Denken hatte Gott selbst gegen die Protestanten entschieden, die vollkommene katholische Restauration konnte daher in Steyr ohne wesentlichen Widerstand durchgeführt werden.

In Steyr entwickelte sich ein lebhaftes katholisches Leben. Schon im Jahre 1631 hatten sich die Jesuiten niedergelassen, die in der Folgezeit durch die Betreuung des höheren Schulwesens bald einen nachhaltigen Einfluss auf das geistige Leben der Stadt erlangten. Der Predigerorden (Dominikaner) begann 1642 mit der Erbauung seiner Kirche und ersuchte auch den Magistrat, hierfür einen Zuschuss zu leisten. Trotz der Geneigtheit des Rates, den Kirchenbau zu unterstützen, konnte er kein Bargeld zur Verfügung stellen. Aber er übermittelte dem Orden eine Zahlungsanweisung auf ein künftiges Einlagserträgnis bei der Eisengewerkschaft mit dem Bemerken, dass seit neun Monaten wieder eine große Menge Soldaten in der Stadt wäre, für deren Unterhalt er aufkommen müsste.47) Aus dem gleichen Grund konnte dem Jesuitenorden eine bewilligte Beihilfe von 20 Gulden für die Aufrichtung einer Orgel nicht bar ausbezahlt werden.48)

Mit Unterstützung Eleonoras, der Gemahlin und späteren Witwe Ferdinand III., machten sich im Jahre 1646 aus Pontarlier (Burgund) stammende Nonnen vom Orden der Augustinerinnen von der Verkündigung Mariens (Annunziatinnen, Cölestinerinnen genannt) in Steyr ansässig. Wie das Ratsprotokoll vom 5. Dezember 1648 vermerkt, erwarb die Kaiserinwitwe zur Unterbringung der Klosterfrauen drei Häuser („Feuerstätten“).49) Die Nonnen erhielten auch von der Stadt in den folgenden Jahren Unterstützungen, die sich in der Höhe von jährlich 10 bis 20 Gulden bewegten.50)

Johann Egger verblieb nach Niederlegung des Bürgermeisteramtes weiterhin im Inneren Rat.51) In der folgenden Zeit hatte er einen erbitterten Kampf mit feinen Gläubigern zu führen. Im November 1651 betrug Eggers Steuerschuld an die Stadt noch immer mehr als 2.000 Gulden. Bürgermeister Schröffl äußerte sich hierzu im Rat, dass man aus Egger nichts herausholen könne, bei einer Exekution wäre nur auf die derzeit unverkäuflichen und keinen Ertrag abwerfenden Häuser des Schuldners zu greifen.52) Mehrere Gläubiger drängten weiter auf Bezahlung und klagten Egger schließlich.53) Vorerst nahm er eine Hypothek auf den Kupferhammer auf.54) Für die Schuld an das Pfarrkirchenamt bot er als Sicherstellung den Topfenhof und einen Garten,55) um einen Teil der Schulden an das Altersheim Herrenhaus abzudecken, verkaufte er Gründe an Gottlieb Schröffl.56) Außenstände beim Linzer Handelsmann Hanns Hölbling wollte er mit Armaturen und Harnischen bezahlen,57) doch dieser begehrte Bargeld. Es kam zum Verkauf des Kupferhammers an seinen „nächsten Blutsverwandten“ Hanns Georg Windter im Oktober 1653. Für diesen hatte der Käufer 1.200 Gulden bar zu erlegen.58) Ende Oktober 1653 war die Notlage Eggers bereits so groß geworden, dass Bürgermeister Gottlieb Schröffl als Verwalter des Pfarrkirchenamtes, im Einvernehmen mit dem Garstener Abt, im Rat vorschlug, Egger den verpfändeten Topfenhof, den Topplerischen Garten und dazugehörige Gründe auf zwei Jahre zur Nutznießung zu überlassen, damit „Egger etwas Nahrungsmittel habe“.59) Wegen des Kupferhammers entspann sich mit Windter ein einige Jahre währender Streit, da Egger ein Rückkaufsrecht verlangte.60) 1655 wurde im Rat Klage geführt, dass Egger schon seit zwei Jahren nicht mehr an den Sitzungen teilnehme. Es solle ihm nahegelegt werden, seine Ratsstelle zurückzulegen.61) Zur Konkursverhängung über das gesamte Eggerische Vermögen kam es im Jahre 1659.62) Im April des gleichen Jahres fand sich auch ein Käufer für das Stadthaus. Egger wurde aufgetragen, dieses binnen 14 Tagen zu räumen, die Stadt stellte ihm jedoch eine Wohnung im Wolff Bürgerischen Haus zur Verfügung.63)

Schließlich sah sich Egger, noch immer Mitglied des Inneren Rates, im Februar 1660 genötigt, den Rat um eine Alimentationsbeihilfe zu bitten. Dieser bewilligte ihm wöchentlich drei Gulden, „solange es der Stadt möglich sein wird.“64) Ein Versuch Eggers, im Juli 1660 vom Rat ein weiteres Unterhaltsgeld zu bekommen, wurde mit der Begründung abgewiesen, dass er und seine Frau ihr ganzes Vermögen ihren Gläubigern an Zahlungsstatt abgetreten hatten und dieses auch ordnungsgemäß an die Kreditoren verteilt wurde.65) Im folgenden Jahre 1661 wurde Egger wieder bei der Stadt vorstellig, ihm auch weiterhin die wöchentliche Beihilfe von drei Gulden zu gewähren. Diesmal erklärten die Räte,

sie wollten ausnahmsweise noch einmal, für die Dauer eines Vierteljahres, zwei Gulden wöchentlich auszahlen lassen, jedoch nur unter der Bedingung, dass sich Egger bei seiner „begüterten adeligen Freundschaft“ um weitere Unterhaltsmittel bewerbe.66) Ein letzter Versuch im folgenden Monat, die Erhöhung der Unterstützung auf drei Gulden zu erreichen, fand einstimmige Ablehnung.67)

Johann Egger von Marbach starb im Jahre 1661. Sein Todesfall ist in den Sterbematriken der Stadtpfarre Steyr nicht verzeichnet.

Die Gattin des Bürgermeisters, Susanne, wird in einem Ratsprotokoll des Jahres 1644 erwähnt, als sie beim Rat um Vergütung für ihre Mühewaltung bei „verschiedenen“ Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen und bei Fronleichnamsmahlzeiten ersuchte. Die Ratsherren versprachen, sich der Eggerin, deren Tätigkeit sie „Wohl zu estimiern“ wussten, durch den Kauf eines „Angedenkhens“ beim nächsten Linzer Markte dankbar zu erweisen.68) Susanne Egger starb am 16. März 1661 „an der Gewalt Gottes“ (vom Schlage getroffen) und wurde am Taborfriedhof beerdigt.69)

 

  • LV 10, 35-36. — Im Eisenwesen waren zwei Familien Egger tätig. Die zweite Familie dieses Namens war in St. Gallen sesshaft. Ein Sohn dieser, Hanns, war 1641—1642 Obervorgeher in Steyr (RP 1641, 199; RP 1642, 125).
  • 1635, 20.
  • RP 1650, 136.
  • RP 1635, 20.
  • RP 1652, 302.
  • RP 1644, 142.
  • RP 1650, 334; RP 1643, 172: „Gerhaben der Leonhard Zeunerisch unvogtbaren Pupillen contra M. Luckner Khauffbrieffs anhendigung über ainen Herrn Johann Egger verkhaufften khupfser hamber.“ RP 1652, 144.
  • LV 11, 56. — Die Plattner stellten Harnische, Sturmhauben, Helme mit Kamm und Krempe usw. her.
  • RP 1649, 377. Pritz berichtet, dass Kaiser Ferdinand III. 1650 befahl, aus den Mitteln der Eisengewerkschaft Johann Egger 8.800 Gulden auszufolgen, „da er sonst die Armaturs-Arbeit nicht herstellen könne und so die Zeughäuser entblößt würden“ (LV 1, 33).
  • Der heutige Eigentümer eines Teiles desselben, Landwirt Ahrer, führt noch den Vulgarnamen „Marbachler“ (lt. freundlicher Auskunft des Herrn Oberforstrates Glöckler, Reichraming).
  • LV 10, 35.
  • LV 5, 313 f. LV 11, 56; Archiv der Eisenobmannschaft, Akten von 1733, Schuber 1 —14, Nr. 12, 1642 (Landesarchiv Linz).
  • LV 7.
  • Am 19.1.1646.
  • RP 1646, 15, 20.
  • RP 1647, 23; LV 7; RP 1647, 240, 268, 286. — Am 16. 8. 1647 wird im Rat bekanntgegeben, dass ein Befehl des Landeshauptmannes eingelangt ist, wonach über „ergangene Wahl“ Johann Egger zum Bürgermeister und Johann Wagendorfer zum Stadtrichter „erwölt vnd confirmirt“ sind. Erst nach Einlangen dieser im Amtswege zugesandten kaiserlichen Wahlbestätigung wurden die Gewählten der Bevölkerung am 23.9.1647 bekanntgegeben.
  • RP 1648, 348; RP 1649, 204.
  • RP 1649, 299.
  • RP 1649, 53, 354, 361.
  • RP 1649, 371.
  • RP 1649, 372.
  • RP 1649, 377.
  • RP 1650, 142, 154.
  • RP 1649 392.
  • RP 1650, 71, 87, 106; RP 1651, 32. — In Anwesenheit des Bürgermeisters hielten Stadtrichter und Ratsherren Sondersitzungen ab, auch Verhöre bei der Laudeshauptmannschaft fanden statt.
  • RP 1651, 85.
  • RP 1650, 219.
  • RP 1650, 154; „Um da sich Herr Egger ain Zeit hero des Burgermaisterambts Verrichtungen genzlichen nichts vdter Nimbt: sondern altes auf Herrn Stattrichter schiebt dz, ober dz Burgermaister Ambt Zu gleich neben dein Stattgericht durch ainen allein zu bedienen all Zu schwöhr … sollen Zwen des Raths neben dem Stattschreiber mit disem vermelden geschickht werden, dz Er sich des Burgermaister Ambt mit Mehrern Ernst: vd Eifer an nemben … solle.“
  • RP 1650, 334.
  • RP 1650, 136.
  • RP 1650, 374.
  • In Steyr waren anwesend im Dezember 1646: 2 Offiziere und 203 Knechte zu Fuß (RP 1646, 345); 1648: Kürassiere des Khevenhüllerischen Regimentes (RP 1647, 247; RP 1648, 195), Reiter des Papp’schen Regimentes (RP 1648, 127), Teile des Ranfftischen Regimentes (RP 1648, 83). Am 18.8. befanden sich 18 Mann des Tapp’schen Regimentes in der Stadt, zu denen noch 25 Offiziere und 300 „Khnecht, Weiber vnd Jung“ vom Graf Buechhambischen Regiment kamen (RP 1648, 211).
  • Ein Oberstleutnant begehrte im Mai 1649 für seine Frau ein Kleid oder den Kaleschwagen des Stadtschreibers (RP 1649, 99).
  • RP 1648, 159.
  • RP 1648, 261.
  • RP 1649, 158.
  • RP 1649, 257.
  • RP 1649, 295.
  • RP 1650, 1.
  • RP 1650, 72.
  • RP 1650, 326.
  • LV 4, 208.
  • RP 1650, 205.
  • RP 1650, 295.
  • RP 1650, 327.
  • RP 1650, 321.
  • RP 1649, 251.
  • RP 1650, 120.
  • RP 1648, 97, 325. — Es handelt sich hier um die Häuser Berggasse 6, 8 und Promenade 3, deren Vorbesitzer Ernst Martin Plautz war. Diese Häuser hatte der Steyrer Arzt Dr. Anomäus (gestorben 20.12.1630) zusammenbauen lassen. In dem von „der Wolffin erkauften Hause am Berge“ bezogen die Nonnen Unterkunft und ersuchten den Magistrat am 5.7.1656 (RP 1656, 96) eine Türe zum Schlossgarten zumauern zu dürfen. Das Gebäude Berggasse 10 erwarben die Cölestinerinnen 1660 vom Ratsmitglied Hoffmann. Auf dem Platz dieses Hauses wurde 1676—1681 eine Kirche erbaut. 1662 bekamen die Nonnen die Erlaubnis die erworbenen Gebäude in ein Kloster umzubauen; am 24. Juli desselben Jahres wurde von Abt Roman Rauscher aus Garsten der Grundstein für dieses gelegt.
  • RP 1647, 356; RP 1656, 25.
  • RP 1651—1660.
  • RP 1651, 430.
  • RP 1652, 126, 139, 187, 373; RP 1653, 58, 182. Stadtgerichtsprotokolle 1652/53, Hs. Nr. 196, 197, St. A.
  • RP 1652, 219.
  • RP 1652, 288, 302.
  • RP 1652, 377.
  • RP 1653, 83.
  • RP 1653, 177, 181.
  • RP 1653, 178.
  • RP 1654, 161; RP 1655, 99. 107; RP 1657, 31, 46, 48, 82, 107; RP 1658, 14, 28; RP 1659, 31. 55. 134; RP 1660, 77.
  • RP 1655, 21. Der Rat beschloss am 19.11.1660 Johann Prevenhueber, den Schwiegersohn Schröffls, aufzufordern, für den Unterhalt der Schwiegereltern zu sorgen (RP 1660, 204).
  • RP 1659, 150.
  • RP 1652, 126, 139, 187, 373; RP 1653, 58, 182. Stadtgerichtsprotokolle 1652/53.
  • RP 1660, 26.
  • RP 1660, 125.
  • RP 1661, 26.
  • RP 1661, 73.
  • RP 1644, 19.
  • Liber mort., Bd. II, S. 190, Stadtpfarramt Steyr, — Der Ehe Eggers waren eine Tochter und ein Sohn (RP 1651, 222) entsprossen. Die Tochter Susanne Dorothea vermählte sich im Jahre 1644 mit Johann Prevenhueber in Eisenerz (RP 1644, 85).

Literaturverzeichnis

  1. Franz Xaver Pritz, Beschreibung der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebung. Linz 1837.
  2. Franz Xaver Pritz, Geschichte der ehemaligen Benediktinerklöster Garsten und Gleink. Linz 1841.
  3. Josef Ofner, Die Eisenstadt Steyr. Geschichtlicher und kultureller Überblick. Steyr 1958.
  4. Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 2. Von der Reformation bis zum Ende des Absolutismus, 16. —18. Jhdt. Stuttgart 1955.
  5. Josef Aschauer, Das Messingwerk Reichraming. Oberösterreichische Heimatblätter Jg. 7, Heft 3-4.
  6. Friedrich Berndt. Schloss Engelseck (Unterhaltungsbeilage der Steyrer Zeitung vom 13. 10. 1955).
  7. Verzeichnis der Bürgermeister, Richter und Räte 1500— 1651. St.A.
  8. Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlenbuch. St.A.
  9. Wahlbuch de anno 1618. St.A.
  10. Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler. XXVII und XXVIII. Bd. Wien 1917/18.
  11. Josef Ofner, Das „kaiserliche Armaturswerk“. Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 23, Dezember 1962.
  12. Ludwig Bittner, Das Eisenwesen in Innerberg-Eisenerz bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625 (Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 89 — 1901).
  13. Anton von Pantz, Die Innerberger Hauptgewerkschaft 1625—1783. Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 89, 1906.
  14. Heinrich R. v. Srbik, Der staatliche Exporthandel Österreichs von Leopold I. bis Maria Theresia. Wien 1907.
  15. Krobath, Bürgermeister. Richter und Räte der If. Stadt Steyr, Amtsblatt der St. Steyr Nr. 8, Jg. 6.
  16. Alfred Hoffmann, Die Quellen zur Geschichte der Wirtschaft im Lande ob der Enns.
  17. Alfred Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, 2 Bde. Salzburg 1952.
  18. Ludwig Edlbacher, Landeskunde von Oberösterreich. Wien 1883.

 

Weiteres Quellenmaterial Steuerbücher, Ratsprotokolle, Jurisdiktionsakten, Erbhuldigungsakten im Stadtarchiv Steyr, Sterbematriken im Stadtpfarramt Steyr, Eisenakten im Landesarchiv Linz.

 

Abkürzungen: LV = Literatur Verzeichnis, RP = Ratsprotokoll, K = Kasten, L = Lade.

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 24, Dezember 1963

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