Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)
Von Dr. Erlefried Krobath
Im Herbst 1747 wurde der Eisenhändler Franz Silvester Paumgarttner zum Bürgermeister gewählt. Da die Bestätigung der Wahl durch die Regierung erst geraume Zeit später einlangte, präsidierte Paumgarttner erstmalig am 22. März 1748 als „ordinari Burgermaister“ einer Ratssitzung.2) Auch bei den Wahlen der folgenden Jahre, die am 8. Juni 1750, am 25. Mai 1753 und am 9. August 17553) vorgenommen wurden, verblieb er an der Spitze der Stadt. In diesen Jahren wurden die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen durch den Kreishauptmann von Eckhardt aus Linz durchgeführt. Doch blieb die Wahlbestätigung nach wie vor der Regierung in Wien vorbehalten.
Vor der „Raths Renovation“ des Jahres 1750, wie die Gemeindevertretungswahlen im neuen Amtsstile hießen, teilte die „Repräsentation und Kammer“ als oberste Verwaltungsbehörde des Landes mit, dass die „Renovation“ nach dem „altüblichen Herkommen veranstaltet werden“ solle, jedoch „außer des sonst üblichen Tractamentes“. Unter „Tractament“ waren die Bewirtungen und „Verehrungen“ für die früher viele Köpfe zählenden Wahlkommissionen gemeint. Der Magistrat glaubte aber doch, in Linz anfragen zu müssen, ob man den Kreishauptmann als Wahlkommissär „mit Trompeten und Pauken empfangen, bei den Stadttoren die Bürgerschaft zur Parade und vor seinem Wohnquartier eine Wache aufstellen“ solle.4)
Nach dem Einlangen der Wahlbestätigung am 24. September 1753 ließ Bürgermeister Paumgarttner eine außerordentliche Sitzung einberufen. Bei dieser konnte er den Ratsfreunden und den Viertelmeistern, die dem „bisherigen Brauche nach in schwarzen Kleidern“ erschienen, mitteilen, dass Kaiserin Maria Theresia ihn als Bürgermeister bestätigt hatte, Paumgarttner erbot sich bei dieser Gelegenheit „zu allangenehmen Diensten“ und hoffte, „daß ihme die Herren Raths verwandten mit gleicher Liebe begegnen wurden.“5)
Im Jahre 1759 ging aus der Wahl, die schon am 9. August 1758 abgehalten wurde, der damalige Stadtrichter Johann Gotthard Hayberger als Bürgermeister hervor, doch musste Paumgarttner bis 21. Juni 1759 im Amte verbleiben, da die kaiserliche Bestätigung für den neuen Bürgermeister noch nicht eingelangt war.6)
Letztmalig nahm Paumgarttner am 17. Juli 1766 als Ratssenior an einer Sitzung im Rathause teil.7) Am 11. August läuteten die Glocken der Stadtpfarrkirche auf seinem Wege zur letzten Ruhestätte.8) Neben der Witwe trauerten um den Verstorbenen zwei unverheiratete Töchter.9)
Franz Silvester Paumgarttner war ein Sohn des Ratsmitgliedes und Eisenhändlers Andree Paumgarttner und dessen Gattin Maria Catharina. Nach dem Tode des Vaters am 8. November 1715 ging das Haus Stadtplatz 14 mit der Eisenhandlung in das Eigentum des Bürgermeisters über.10) Am 6. März 1716 bat er den Rat um Verleihung des Bürgerrechts „auf die Eisenhandlung, wie sie sein Vater geführt hatte.11) Nach Genehmigung dieses Ansuchens durch den Rat am 13. März, legte er am 27. Mai desselben Jahres den Bürgereid ab.12) Am 5. September vermählte er sich mit der wohlhabenden Maria Theresia Wilhelm, der Witwe des Steyrer Bürgers Ignati Wilhelm.13) Neben dem Bürgermeisteramt bekleidete Paumgarttner noch eine Reihe anderer wichtiger Stellungen im Wirtschaftsleben und im Rate. So war er Vorsitzender des „Eisenhandelsstandes“,14) Verwalter der Armenkasse beim Magistrat,15) Bruderhaus-, Pfarrkirchenamts- und Benefiziatenamtsverwalter.16) Im Mai 1756 wurde er von den Deputierten der sieben landesfürstlichen Städte des Landes ob der Enns zum Verordneten bei der Landschaft (Stände) in Linz gewählt.17)
In den Jahren 1736 bis 1747 war Franz Silvester Paumgarttner Stadtrichter, von 1731 bis 1735 und weiterhin von 1759 bis zu seinem Ableben, gehörte er dem Inneren Rate der Stadt an.
Der am 18. Oktober 1748 geschlossene Friede von Aachen beendete den österreichischen Erbfolgekrieg. Im Zuge der nach diesem Friedensschluss von Maria Theresia eingeleiteten Reformen auf allen Gebieten des staatlichen Lebens, wurde 1748 auch im Erzherzogtum ob der Enns eine neue, der Kaiserin unmittelbar unterstellte Landesbehörde, die „Landesfürstliche Deputation“ errichtet. Diese erhielt im folgenden Jahre die Bezeichnung „Landesfürstliche Repräsentation und Kammer“ und war die oberste Verwaltungsbehörde des Landes. Ihr unterstanden die in den einzelnen vierteln des Landes errichteten Kreisämter und diesen wieder die Magistrate und Grundherrschaften. Die Unterstellung der Grundherrschaften bedeutete eine Schmälerung der Ständemacht. Ein an den Magistrat gerichteter schriftlicher Befehl der Repräsentation und Kammer vom 30. Oktober 1749 setzte die Räte von den neuen organisatorischen Maßnahmen in Kenntnis. Eingangs wird in diesem angeführt, dass die Kaiserin als Landesfürstin in „tiefester Betrachtung des großen Verfahls“ (wirtschaftlichen Verfalles) der sieben landesfürstlichen Städte beschlossen hatte, auch in Oberösterreich eine eigene Verwaltung nach dem vorbilde anderer Erbländer, vorzüglich nach dem des Erzherzogtums Österreich unter der Enns, errichten zu lassen.
Die vornehmste Aufgabe dieser neuen Behörde sollte darin bestehen, darauf zu achten, dass die Besteuerung der Bevölkerung gleichmäßig erfolge, der Arme vor dem Reichen nicht „gedruckhet“, Steuern rechtzeitig bezahlt, Steuerausstände vermieden, in wirtschaftlichen Belangen mit den Einkünften der Stadt sparsam umgegangen und viele unnötige Ausgaben „eingestellet werden möchten“.
Um die Durchführung dieser Anordnung zu gewährleisten, wurde der Repräsentation und Kammer, zur Bearbeitung der Angelegenheiten der landesfürstlichen Städte des Landes, ein Administrator, Andreas Reichard Unger, und diesem wieder ein Adjunkt, Michael Joseph Bendl, zugeteilt. Wegen der „vielen Mühe und Arbeit“, die die Genannten erwartete, wurden die sieben Städte verpflichtet, beiden, zu dem Gehalt, das sie von der Regierung bezogen, 870 Gulden aus den Mitteln der städtischen Haushalte auszuzahlen, von diesem Betrage sollte Unger jährlich 470, Bendel 400 Gulden bekommen.
Namens der Kaiserin wurde den Städten auch befohlen, dass den vorerwähnten bei ihren Untersuchungen, Besprechungen oder Ratschlägen von jeder landesfürstlichen und städtischen Obrigkeit alle „Achtung und Ehrbezeugung“ erwiesen werde. Sollte der Administrator oder sein Adjunkt irgendwelche Anordnungen treffen, so seien diese ohne Widerrede oder Bedenken zu befolgen.18)
Es zeigte sich in den folgenden Jahren, dass die Repräsentation und Kammer nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf alle anderen Bereiche der städtischen Verwaltung einen nachhaltenden Einfluss ausübte. Eine Untersuchung über die Entstehung der hohen Stadtschulden zeigte, dass seit der Errichtung der Eisenhandlungskompanie im Jahre 1583 bis zur Zeit, da die Bauernaufstände beendet waren (1626), den Rat- und Hammermeistern auf Grund der vertraglichen Verpflichtung, Getreide zu einem niedrigen Preise geliefert werden musste. Weitere Gründe für das Fehlen von Einnahmen waren die Auswanderung der Protestanten in der Gegenreformationszeit und das hierdurch entstandene Erliegen fast jeder Gewerbe- und Handelstätigkeit und vor allem die großen finanziellen Belastungen während der Kriege, wie erhöhte und zusätzliche Steuern, sowie die Kosten für die Verteidigungsmaßnahmen.19) Auch auf die Besetzung von Stadtämtern nahm die Repräsentation und Kammer Einfluss. Zum Beispiel verfügte sie im August 1750, dass aus „erheblichen Ursachen für das Stadtwohl“, die eben vakant gewordene Stadtkassier- und Täzeinnehmerstelle dem Kanzleiexpeditor Johann Gottfried Pichler zuerkannt werde, obwohl dessen Bewerbung von der Stadtverwaltung nicht bekanntgegeben worden war.20) Ein Befehl vom 5. Juni 1749 setzte den Magistrat in Kenntnis, dass bei Neubesetzung der Stelle des Stadtschreibers (Magistratsdirektors) oder des Syndikus, dem Rate zwar ein Vorschlagsrecht zustünde, die endgültige Verleihung der Stelle aber einer Bestätigung der Repräsentation und Kammer bedürfe.21)
„Um Kosten zu sparen“, wurde Stadtrichter Johann Sebastian Schrottmüllner 1750 ohne Wahl in seinem Amte bestätigt.22) Häufig fanden genaue Überprüfungen aller Einnahmen und Ausgaben der Stadt durch den Adjunkten Bendl statt. An Hand der Belege kontrollierte er im Juni 1752 die finanzielle Gebarung der Jahre 1745 bis 1750.23)
Zum Jahresende 1750 wurde ein „Wirtschafts Collegy“ eingerichtet, dass für eine sparsame Gebarung Sorge zu tragen hatte. Diese Wirtschaftskommission entschied in Zukunft über alle Ausgaben der Stadt.24)
Um das Finanzwesen im Staate zu ordnen, wurde auf Veranlassung Maria Theresias ein auf 10 Jahre befristeter vergleich mit den Erbländern geschlossen. Diese mussten jährlich eine bestimmte Summe entrichten, die an das „k. k. Cameral- und Kriegszahlamt“, abzuführen war; das Land ob der Enns hatte „über eine Million (Gulden)“ zu bezahlen.25) Die bisher von den Magistraten einkassierte Verzehrungssteuer wurde nunmehr durch Verzehrungssteuer- und Linienämter eingehoben, als Entschädigung erhielten die Städte einen Anteil an dieser Steuer.
Zur Abdeckung der alten Steuerschulden wurde der Stadt ein Termin von 10 Jahren eingeräumt.26)
Der Magistrat erhielt mit Befehl der Landeshauptmannschaft vom 30. März 1756 die Anweisung, in rechtlichen Dingen der hiesigen Ämter (Spitals-, Bruderhaus- und Scheckenamt) in erster Instanz zu entscheiden.27)
In der Nacht des 7. Mai 1749 brach am Wieserfeldplatz ein Feuer aus, das auch auf benachbarte Gassen und Straßen übergriff. Ihm fielen 53 Häuser, das Bruderhaus (heute Sierningerstraße 55) und die Bruderhauskirche zum Opfer. Eine unter Vorsitz des Bürgermeisters gebildete Kommission zur Untersuchung der Brandursache stellte nach Zeugeneinvernahmen fest, dass das Feuer im Plixmayrischen Haus, das „an einen Eckh aufwerths gegen den oberen Wiser:Veld“ stand, ausgebrochen war. Nach Angaben des Zeugen Leopold Doppler hätte ein Teil der Bevölkerung behauptet, der Brand sei beim Sieden von Firnis entstanden, ein anderer Teil meinte, dass ein Bewohner des Hauses „Feuer geschlagen hatte und dann den glühenden Zunder weiterglimmen ließ.“ Rauchfangkehrergehilfe Antoni Haider, der mit unter den ersten war, die zur Hilfeleistung an die Brandstätte kamen, war der Ansicht, wenn Wasser vorhanden gewesen wäre, hätte der Brand eingedämmt und somit seine Ausweitung verhindert werden können. Auch Ringmachermeister Johann Poiger und Messerermeister Max Lindhammer bestätigten, dass im Hause kein Wasserbehälter vorhanden war. Überdies konnte das Feuer im Hause so rasch um sich greifen, weil die Dachkammerwände „nur mit Stroh eingeflochten und mit Lehm angeworfen waren.“ Jedenfalls griff das Feuer in der Folge so rasch um sich, dass man nicht mehr wusste, „wembe und welcher orthen“ man zuerst zu Hilfe kommen sollte.
Auf Verlangen der Repräsentation und Kammer wurde eine Darstellung des Sachverhaltes gegeben. Der Magistrat berichtete, dass das Feuer in der Nacht ausbrach, „wo die Leute im ersten Schlaf waren.“ Das schnelle Umsichgreifen des Feuers sei auch darauf zurückzuführen, dass in den Häusern der Kleinhandwerker leicht brennbares Material, wie Stroh „zum Einbinden“ der Waren und größere Vorräte an Holzkohle für die Essen gelagert waren. Die Stadtverwaltung träfe keinerlei Schuld, da sie für ausreichende Feuerlöschrequisiten Vorsorge getragen hatte. Am Schluss des Berichtes ist auch bemerkt, falls „die Kaiserin den Abbrändlern beyzuspringen geruehen würde“ (also irgendwelche Hilfe leisten würde), könnte die Behebung der Schäden rasch vor sich gehen, andernfalls würden viele Brandstätten nicht mehr aufgebaut und die Arbeit in den Betrieben nicht fortgesetzt werden können, was dann künftig einen zusätzlichen Steuerausfall verursachen würde.28)
Durch das Feuer waren viele Bürger zu Bettlern geworden, berichteten die zuständigen Viertelmeister dem Magistrat.29) Von der Stadtverwaltung wurden nun alle möglichen Anstrengungen unternommen, um den Geschädigten zu helfen. So bat man auch den im Monat Juni in Wien weilenden Bürgermeister, sich um ein Befürwortungsschreiben zur Erlangung einer Geldspende von der Stadt Nürnberg zu bemühen.30) Dies geschah mit Erfolg, der Nürnberger Stadtrat sandte 100 Gulden. Ein weiteres Schreiben um Hilfe wurde an die genannte Stadt im Weg der Eisengewerkschaft gerichtet.31) Ebenso wurden an die Magistrate der anderen „Handlungs Pläz“ im Reich, wie Regensburg, Augsburg, Frankfurt u. a. Schreiben mit dem Ansuchen gerichtet, in ihren Städten Sammlungen zu Gunsten der Steyrer Brandgeschädigten durchführen zu lassen.32) Je zwei vom Magistrat bestimmte Bürger wurden nach Niederösterreich, Salzburg, Passau, in die Steiermark und die Städte Oberösterreichs geschickt, um hier zu sammeln.33)
Ein erstes Ersuchen um Genehmigung von Steuerfreijahren für die Abbrändler wurde von den Ständen abgelehnt. Es beschloss der Rat daher, neuerdings für die Geschädigten um diesen Steuernachlass anzusuchen,34) der dann endlich auch für drei Jahre gewährt wurde. Jenen Abbrändlern, die Gelddienste an das Bürgerspital zu erbringen hatten, wurden diese, über Ratsbeschluss, erlassen.35) Mit einem Empfehlungsschreiben des Magistrates versehen, fuhren zwei Abgeordnete der vom Brand Betroffenen nach Wien, um auch bei Hof eine Hilfe zu erlangen. 1750 waren das Bruderhaus mit der Kirche wiederaufgebaut und auch der Großteil der sonstigen Feuerschäden behoben.36)
Kleinere Brände ereigneten sich auch in den folgenden Jahren. Einer am 7. März 1751 im Dominikanerkloster und im Oktober desselben Jahres an zwei weiteren Plätzen der Stadt. Da im Oktober immer ein Jahrmarkt abgehalten wurde, verfügte der Rat, dass künftig während der Marktzeit die Gassen und Straßen der Stadt und der Vorstädte von Patrouillen abzugehen waren, um etwaige Feuersbrünste schon im Keim bekämpfen zu können.37)
Eine neue Plage für die Stadt drohte im August 1749. Im Rat berichtete Bürgermeister Paumgarttner, dass die „verderblichen Heüschreckhen (Heuschrecken) in unseren wertsten Vatterland sich einfinden, auch andere unglickhe von der Straffenden Hand gottes angedrohet werden.“ Er schlug daher vor, in der Stadtpfarrkirche 3 Gebetstage abhalten zu lassen.38)
Ein grässliches Unglück ereignete sich im Juli 1751, als die Pulverstampfe an der Steyr mit ihrem Eigentümer, dem Pulvermacher Franz Xaver Danckhueber, „in die Lufft gefprenget und den vorbey fließenden Steyer:Flus geworffen“ wurde.39)
In den Sommermonaten der Jahre 1750 bis 1758 kam es zu verheerenden Regenfällen, die der Stadtverwaltung viele Sorgen bereiteten. Es entstanden große Schäden an Wegen und Wasserbauten; überdies war zu befürchten, dass die Feldfrüchte nicht zum Ausreifen kämen, was eine große Teuerung des Getreides zur Folge gehabt hätte. Durch Gebete, Messen und das Läuten aller Kirchenglocken zur „Zerteilung des gewölckhs“ (Wolken), hoffte man eine Besserung der Wetterlage erreichen zu können. In dem besonders regenreichen Sommer des Jahres 1751 meinte Bürgermeister Paumgarttner im Rat, dass der „gerechte Zorn gottes nur durch eine Besondere andacht Besänfftiget werden möchte.“ Er schlug daher vor, „zu erbittung eines heiteren wetters und abwendung Besorglicher schädlichkeiten“ eine Prozession in die Jesuitenkirche durchzuführen und in dieser, wie auch in der Stadtpfarrkirche, ein Hochamt lesen zu lassen.40)
Den 20 Insassen des Bürgerspitales verabreichte man im Jahre 1758, statt der bisher üblich gewesenen Naturalverpflegung, für Kost und Wein täglich fünf Kreuzer.41) Es kosteten damals 2 Pfund Brot 18 Pfennig, 1 Pfund Fleisch bei den Ölbergfleischhackern 12 Pfennig, dasselbe bei den Fleischern in der Stadt 14 Pfennig, ein Pfund Salz kostete ebenfalls 14 Pfennig. Für eine Maß Bier wurden 15 Pfennig gefordert.42)
Stadtbaumeister G. Hayberger hatte 1746 im Rat einen Kostenvoranschlag in der Höhe von 5044 Gulden 10 Kreuzer für die notwendig gewordene Reparatur des Stadtpfarrturmes vorgelegt. Man beschloss vorerst, sich mit dem Prälaten von Garsten über die Angelegenheit zu beraten43) und verschob dann, wegen Geldmangels, die Instandsetzungsarbeiten. Fünf Jahre später, im November 1751, musste Hayberger berichten, dass eine Reparatur des Turmes „schon höchst notwendig“ geworden sei.44) Aber erst 1756 waren die nötigen Mittel beschafft; einige Parteien hatten dem Bürgermeister, der auch Pfarrkirchenamtsverwalter war, das Geld gegen 4 %-ige Verzinsung zur Verfügung gestellt.45) Die Stadtverwaltung musste jedoch für diesen Betrag zwei Schuldbriefe in Gesamthöhe von 5.000 Gulden ausstellen. So konnte endlich in diesem Jahre mit dem Abtragen des Daches und der schadhaften Mauern und ihrer Erneuerung begonnen werden. Der Turm wurde um 5 Klafter erhöht. Am 15. April 1757 wurden das Turmkreuz und der Turmknopf aufgesetzt. „Ad perpetuam rei Memmoriam“ (zu immerwährendem Gedenken)46) wurde eine von Stadtschreiber Dr. Knab verfasste und vom Rate genehmigte Schrift im Turmknopf verwahrt.
Das Mitglied des Äußeren Rates, Bernhard Großruckher, gedachte im Plauzenhof eine Kapelle erbauen zu lassen und ersuchte deshalb den Magistrat im Feber 1754, unter Vorlage des Planes, um Baugenehmigung.47) Im September 1755 wurde die Bewilligung erteilt, da Großruckher auch für die spätere Instandhaltung der zu erbauenden Kapelle ein Kapital von 100 Gulden erlegte, dessen 3 % Zinsen für den erwähnten Zweck verwendet werden sollten.48)
Aus Kosten der Stadtverwaltung wurden 1757 die eingefallenen Mauern des Taborfriedhofes erneuert.49) Die notwendigen Straßenausbesserungsarbeiten hatten, über Verfügung der Kammer und Repräsentation, die Bevölkerung im Robotdienst zu besorgen.50)
Die angespannte Finanzlage erlaubte nur unumgänglich notwendige Ausgaben. So wurden im Herbst 1746 im Ratszimmer zwei neue Fenster „mit mittleren Taffeln aus grienen glaß (grünem Glas)“ angeschafft und die alten Scheiben zur Verfertigung von zwei Winterfenstern verwendet.51)
Der kaiserlich-königliche Postmeister in Steyr hatte im Spätsommer 1752 den Auftrag erhalten, jeden Dienstag und Freitag „mit drei oder vier Pferden, auch allenfalls mit zwei Wagen“, nach Linz zu kommen. Damit war zwischen den beiden Städten eine regelmäßige Postverbindung geschaffen.52) Der staatliche Postdienst trachtete nun auch, die von Boten durchgeführte Brief- und Paketbeförderung in seine Hände zu bekommen. „Obrist: Postadjunkt“ von Wisner gab am 18. August 1752 dem Magistrat bekannt, dass auf Grund eines „allerhöchsten Befehles“ allen Boten, vornehmlich aber der zweimal mit Paketen und Briefen nach Linz fahrenden Steyrer Botin, der Witwe Matthias Stabtiers, die Postbeförderung untersagt werden sollte. Im Rate kam zur Sprache, dass die Witwe Stabtier bisher die Magistratspost um den Betrag von 10 Gulden im Jahre nach Linz befördert hatte. Die Stadtväter waren auch der Ansicht, dass „je weniger der Porto seyn, je mehr wurde der diligence zufluessen“, also wenn die staatliche Post weniger Briefe und Pakete beförderte, könnte der Postwagen (die „Diligence“) mehr Reisende aufnehmen und damit höhere Einnahmen erzielen. Diese Argumente dem obersten Postverwalter von Wisner vorzubringen, wurden Bürgermeister Paumgarttner, Stadtschreiber Dr. Grueber und ein Ratsmitglied beauftragt. In der Sitzung vom 25. August konnte der Bürgermeister berichten, dass eine Milderung des Allgemeinverbotes erreicht wurde. Die Steyrer Botin sollte in Zukunft an den Tagen und zu den Stunden, da die staatliche Post verkehrte, also an Dienstagen und Freitagen, nicht nach Linz fahren. An den übrigen Tagen, an denen sie fahren konnte, sollte aber auch ihr untersagt sein, Briefe und „Bäckle“ (Pakete) unter 20 Pfund Gewicht zu befördern. Die genannte Botin und andere, die Post beförderten, wurden vorgeladen. Stadtschreiber Dr. Grueber setzte sie von der neuen Verordnung in Kenntnis und teilte ihnen mit, dass in Hinkunft nur mehr Fracht- und Avisobriefe für die von ihnen gleichzeitig beförderten Waren, mitgenommen werden dürften. Von dieser Maßnahme waren vor allem die Schiffmeister und Holzhändler betroffen. Die Viertelmeister erhielten den Auftrag, den in ihren Stadtteilen wohnenden Boten mitzuteilen, dass sie die Stadtschilde, die sie als Boten auswiesen, abzuliefern hätten.
Am 15. Juni 1752 erhielt der Magistrat einen schriftlichen Befehl der Repräsentation und Kammer, wonach er die aus der Steiermark nach Ungarn „auswandernden irrgläubigen Bauern“ (Protestanten), auf ihrem, unter militärischer Bedeckung erfolgenden Marsche in Steyr „übernehmen und solche samt den mithabenden Geld in gute Verwahrung“ nehmen sollte. Um das den Bauern gehörige Geld könnte man die notwendige Nahrung beschaffen.
Ein Schiff, auf dem die Protestanten weiterbefördert würden, wäre bereits bestellt, teilte man mit. Als sich der Magistrat an den Hauptmann der in Steyr untergebrachten Grenadierkompanie wandte und ihn ersuchte, die Übernahme, Verwahrung und Bewachung der Bauern durchzuführen, lehnte dieser ab, da er von seiner vorgesetzten Stelle hierzu nicht beauftragt worden war. Falls der Magistrat die „Irrgläubigen“ jedoch nicht übernehmen wollte, müssten sie sofort weitermarschieren, gab der Hauptmann zu bedenken. Auf diese Ablehnung hin, wurde Stadtrichter Gotthard Hayberger als Stadthauptmann angewiesen, dem Befehle der Linzer Behörde gemäß, die geforderten Maßnahmen zu treffen. Den von der Stadt beigestellten Bewachungsmannschaften wurde eingeschärft, den Abgeschafften keinen Verkehr mit Leuten aus der Stadt zu erlauben, aber auch niemand aus der Verwahrung zu entlassen. Auf die Anfrage der Stadtverwaltung, was mit den Protestanten weiter zu geschehen habe, teilte die Repräsentation und Kammer mit, dass diese „irrgläubigen Sektierer“ nach Ungarn und Siebenbürgen weiterbefördert würden, wo sie beim Bau von Festungen arbeiten müssten, von Steyr wären sie nach Klosterneuburg zu „liffern“.
Ein weiteres Rundschreiben der vorgenannten Behörde vom 20. Juni brachte zur Kenntnis, dass alle „Leichenbegängnisse auf lutherische Art“ verboten wären.53) Wiederholt wurde auch auf das verbot „lutherischer Bücher“ hingewiesen und der Magistrat aufgefordert, den drei Buchbindern und dem Buchdrucker der Stadt einen Auszug des bezüglichen Verbotsdekretes auszuhändigen.54)
Aus einem Ansuchen des Stadtschreibers (Magistratsdirektors) Dr. jur. Ferdinand Matthias Grueber an den Rat vom 10. Jänner 1755 ist ersichtlich, dass mit „anfang dieses Jahrs die Salaria fixa ihren anfang genohmen…“, also die städtischen Bediensteten erstmalig feste Besoldungen erhielten. Dr. Grueber empfing ein monatliches „Fixum“ von 50 Gulden, mit dem er, wie er berichtete, „mit seinem großen Haushalte und der Familie nicht das Auskommen finden könne.“ Von diesem Gehalt sollte auch noch das „unentbehrliche Brennholz beschafft“ werden, klagte er. Der Stadtschreiber verließ den Magistratsdienst, sein Nachfolger wurde Dr. jur. Ferdinand Michael Knab.55)
Mit einem Kammerdekret des Jahres 1758 wurde dem Magistrat vorgeschrieben, in welcher Höhe sich das Jahresgehalt der fünf deutschen Schulmeister zu bewegen hatte.56)
Glücklicherweise blieb die Stadt im Siebenjährigen Krieg (1756 — 1763) von unmittelbaren Kriegseinwirkungen verschont. Nach der Eroberung Prags durch die Preußen unter König Friedrich II. waren die Ratsherren der Ansicht, dass die „dermallige Kriegs Zeitten sehr gefährlich aussechen.“ Es wären daher, meinten sie, von jeder Obrigkeit „zu Versöhnung des zorns Gottes alle Mittel anzuwenden.“ Vor allem seien in der Stadt „neben anderen gefärlichen gelegenheiten die Freytänz“ (Tanzunterhaltungen) einzustellen. Ebenso ließen die Ratsherren das Hochzeitsschießen und die Abhaltung von „Springfeuern“ am Johannistage untersagen.57)
Der Magistrat erhielt den Auftrag, „alte Leinwand“ sammeln zu lassen, die für die verwundeten Soldaten gebraucht werdet.58)
Um die Fleischversorgung im Lande zu sichern, wurde der Verkauf von Vieh in andere Provinzen verboten. Für die sehr häufig durchziehenden Soldaten mussten Lebensmittel und für die Pferde Heu und Hafer bereitgestellt werden. Allein am 22. März 1758 passierten 1.000 für die k. k. Armee bestimmte Maultiere die Stadt.59) Oftmals hatte der Magistrat auch bespannte Wagen für den militärischen Provianttransport beizustellen. So wurden im Juni 1758 sogar so vierspännige Wagen für den Lebensmitteltransport nach Budweis angefordert. Die Stadt hatte aber nur 30 Pferde zur Verfügung, weshalb sich der Magistrat erbot, einige Male zu fahren.60)
Ein Register für Grundstücke in städtischem oder adeligem Besitz, die sogenannte Landtafel, wurde 1754 angelegt. 224 Häuser der nachstehenden „Ämter“ in Steyr wurden aus diesem Anlasse in die landschaftliche Einlage aufgenommen:
Truentenstiftung 24 Häuser,
Stadtpfarrkirche 46 Häuser,
Vier Benefizien 25 Häuser,
Bürgerspital 51 Häuser,
Bruderhaus 66 Häuser,
Flößerzeche 12 Häuser.
Diese Häuser scheinen später in den Einlagen des Allgemeinen Grundbuches auf.61)
- Verschiedene Schreibweise des Namens in den Ratsprotokollen: Paumbgarttner, Baumgarttner, Paumgartner. Pritz (LV 1,384) schreibt den Namen „Paumgarten“.
- RP 1748,46,47.
- RP 1755,575,586.
- RP 1750,113,121,160.
- RP 1753,136,150,366.
- RP 1758,156,384,401; RP 1759,121.
- RP 1766,158.
- Totenregister III (Stadtpfarramt). — Die Witwe Maria Theresia bat den Rat „um beylassung des Pfarrkirchenamts-Dienstgenusses bis ende des jahrs gegen Verschaffung aller richtigkeit“ (RP 1766,192,18. August).
- RP 1756,31.
- Andree Paumgarttner starb am 8.11.1715 im Alter von 79 Jahren. 32 Jahre lang war er Eisenhändler (RP 1749,96). Seine Gattin Maria Catharina erreichte das hohe Alter von 97 Jahren und verschied am 27.3.1761. Der Ehe waren drei Kinder entsprossen: Georg Leonhard, Franz Silvester und Anna Maria (RP 1716,7).
- RP 1716,53,55.
- 10 Reichstaler Bürgergeld, Bg. Verl. 3713 12.
- RP 1717,147; RP 1716,192, RP 1757,335: Maria Theresia Paumgarttnerin war eine geborene „von Paumgartten“.
- RP 1750,184; RP 1758,48.
- RP 1757,449.
- RP 1736,15; RP 1753,117,159.
- RP 1756,200.
- RP 1749,238 ff.
- RP 1749,18,19; RP 1750,272; LV 1,343.
- RP 1750,133.
- RP 1749,119.
- RP 1750,199.
- RP 1752,170,181,184. — Im Jahre 1746 betrugen die Steuer- und Gefällsschulden der Stadt über 37.000 Gulden.
- RP 1751,239.
- LV 1,342.
- RP 1751,252.
- RP 1756,161.
- RP 1749,23 — 26, 29,30. — Tagebuch des Ignaz Schroff. 1749, 9.3.: „…war die große Feursbrunst allhie in der Ortschaft Wiserfeld od. bey der Steyr sogenannte Bruderhausgassen, es sind 53 Haus samt Bruderhaus und Kirchn abgebrannt.“
- RP 1749,23, 102,105. — Bürgermeister Paumgarttner berichtete am 21. Mai, dass die Abbrändler außerstande waren, auch nur „Rolldächer“ zum Schutze der Brandstätten anzuschaffen. Die Zimmerleute, Maurer und Tagwerker könnten nicht auf Kredit arbeiten. Der Rat beschloss daher helfend einzugreifen.
- RP 1749,40.
- RP 1749,148,190,233.
- RP 1749,55.
- RP 1749,118.
- RP 1749,202,211.
- RP 1750,63.
- RP 1751,154; LV 1,542.
- RP 1751,93,212,220,265.
- RP 1749,181.
- RP 1751,242.
- RP 1750,116,120; RP 1751,189,195,200; RP 1752,267,278; RP 1754,140, 148,258; RP 1755,118 120; RP 1756,309; RP 1758, Bd.162,282.
- RP 1750,321.
- 1 Pfund — 0,56 kg; 1 Gulden — 60 Kreuzer, 1 Kreuzer 4 Pfennig.
- RP 1746,187.
- RP 1751,349,352.
- RP 1756,504.
- RP 1757,486.
- RP 1754,44.
- RP 1755,282,297,342.
- RP 1757,129.
- RP 1757,205.
- RP 1756,441.
- RP 1752,285,294, J. Ofner, Postmeister und Lehenrößler, Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 14,1959. — Für einen einfachen Brief waren drei Kreuzer als Portogebühr zu entrichten.
- RP 1752 — 1758, Bd. 162,45,47,80.
- RP 1753,184.
- RP 1756,19,106. — Dr. Gruebers Vorgänger im Stadtschreiberdienste war Dr. jur. Carl Joseph Huebmayr (Huemayr), der von 1728 bis 1748 Stadtschreiber war.
- LV 1,345.
- RP 1757,187,230.
- RP 1757,489.
- RP 1758,338,482.
- RP 1758,382,411.
- RP 1755,187,230.; Demelius, österreichisches Grundbuchsrecht, Seite 9.
Literaturverzeichnis
- Franz Xaver Pritz, Beschreibung der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebung. Linz 1837.
- Joses Ofner, Die Eisenstadt Steyr. Geschichtlicher und kultureller Überblick. Steyr 1958.
- Alfred Hoffmann, Oberösterreichisches Schicksal im Wandel der Jahrhunderte. Linz 1946.
- Alfred Hoffmann, Die Quellen zur Geschichte der Wirtschaft im Lande ob der Enns.
- Josef A. Tzöbl, Österreich — Großmacht.
- Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 2, Stuttgart 1958.
- Ludwig Edlbacher, Landeskunde von Oberösterreich. Wien 1883.
- Heinrich Demelius, österreichisches Grundbuchsrecht. Wien 1948.
Weiteres (Quellenmaterial: Ratsprotokolle, Steuerbücher, Jurisdiktionsakten im Stadtarchiv Steyr, Sterbematriken im Stadtpfarramt Steyr.
Im Stadtarchiv fehlen die Ratsprotokolle der Jahre 1597, 1598, 1726, 1729, 1740 und 1761. Diese dürften bei Verlagerungen verloren gegangen sein. Die Archivalien der Stadt wurden 1704 und 1741 nach Eisenerz, 1809 nach Preßburg und 1944 nach Spital am Pyhrn gebracht.
Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 27, Dezember 1966