Bürgermeister Dr. Sylvester von Paumgartten (1786 — 1803)

Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)

Von Erlefried Krobath

 

In der Ratssitzung vom 7. Jänner 1786 wurde ein Dekret der k. k. Landesregierung vom 19. Dezember 1785 erörtert, das die Vorgangsweise für künftige Ratswahlen enthielt. Die gesamte Bürgerschaft hatte, Mann für Mann und nach Stadtvierteln geordnet, in das Rathaus geladen zu werden, um dort aus ihrer Mitte zwanzig „vertraute und geschickte Männer“ zu erwählen, denen künftig die Aufgabe obliegen sollte, als sogenannte „Votanten“ die Kandidaten für die „Bürgermeister- und Rathmannswürde“ namhaft zu machen.1) Eine Voraussetzung war jedoch, dass die zu Wählenden das sogenannte „breve eligibilitatis“ (ein Qualifikationsdekret) nach erfolgreich abgelegter Prüfung aufweisen konnten und ihnen durch ein „Landrecht-Dekret“ bestätigt wurde, im „Justiz Fache“ wählbar zu sein. Ein Verzeichnis der Personen, die den erwähnten Bedingungen entsprachen, hatte noch vor der Wahl am Rathaus angeschlagen zu sein, um so den Votanten die Möglichkeit zu bieten, ihre Entscheidung zu treffen. Das Erfordernis, das Bürgermeister und Ratsmänner (Magistratsräte) im „Justizfach“ ausgebildet sein mussten, führte zur Bezeichnung „juridischer Magistrat“.

Im erwähnten Dekret war auch festgelegt, dass ein neuer Bürgermeister den Diensteid bei der „kaiserlich-königlichen Regierung“, die vier vorgesehenen Magistratsräte diesen in die Hand des Bürgermeisters abzulegen hatten. Die Magistratsräte wurden von den Votanten auf Lebensdauer gewählt, der Bürgermeister auf vier Jahre. Wenn die vier Jahre der „Bürgermeisters bedienstung“ zu Ende gingen, hatte, über Verfügung des Kreisamtes vom 21. Juni 1788, der Bürgerausschuss gehört zu werden, ob er mit einer neuerlichen Bestätigung des Bürgermeisters auf vier Jahre einverstanden sei. War dies nicht der Fall, müssten die Gründe bekanntgegeben werden. Hatte der Bürgermeister selbst die Absicht einer weiteren Periode der Stadt vorzustehen, musste er sich vor Ablauf des vierten Amtsjahres an das Appellationsgericht und die Landesregierung um ein „Wahlfähigkeitsdekret“ wenden. Am 30. Dezember 1788 wurde durch Dekrete des Appellationsgerichtes und des Kreisamtes angeordnet, dass nach Ablauf von vier Jahren „unvermeidlich“ eine Bürgermeisterwahl zu erfolgen hatte. Auch diese Anordnung wurde einige Jahre später wieder umgestoßen. Im Juni 1802 teilte das Kreisamt, unter Bezug auf eine „allerhöchste Verordnung“, dem Magistrat mit, dass die „Herren Bürgermeister auf Lebenslänglich ohne weitere Wahl oder neue Bestätigung zu belassen seyen.“ Vom Appellationsgericht in Wien wurde auch befohlen, verdiente Ober- oder Unteroffiziere der Armee im Magistrat anzustellen, den gleichen Auftrag erließ die Landesregierung. Diese verständigte sogar den Magistrat im September 1785, dass dem Auditor des k. k. slawonisch-kroatischen Infanterie- und Kavalleriekorps Franz Balduczy das Wahlfähigkeitsdekret zum Steyrer „Bürgermeister oder ersten Rathmann“ erteilt worden war. Die Stadtväter taten jedoch diese Förderung eines Bewerbers durch die höchste Behörde des Landes mit dem protokollvermerk „Beruhet zu Wissenschaft und Beobachtung“ ab.2)

Am letzten Dezembertag 1789 erreichte den Magistrat die Mitteilung des Kreisamtes, dass, entgegen den bisherigen Verfügungen, der Bürgermeister seinen Amtseid beim Kreisamt abzulegen hatte.3)

Mit der Regierungsverordnung vom 5. Juni 1787 war die Errichtung eines Ausschusses der Bürgerschaft „zu Mitwirkung bei Wirtschaftsgeschäften“ (Wirtschaftsangelegenheiten) befohlen worden.4) Die Anzahl der Mitglieder dieses Ausschusses wurde in der Verordnung nicht festgelegt, in Steyr waren es sechs Personen. Auch dieser Ausschuss hatte, wie bei den Wahlen des Bürgermeisters und der Magistratsräte, durch zwanzig von der Bürgerschaft hierfür bestimmte Männer gewählt zu werden.

Durch ein Landesregierungsdekret wurde dem Magistrat Ende Jänner 1786 bekanntgegeben, dass für die Ratswahl und die gleichzeitige Überprüfung der Verwaltungstätigkeit und des Rechnungswesens der Stadtverwaltung ein Termin festgesetzt sei. Zum Prüfungskommissär der Steyrer „Bürgermeister und Rathmann Candidaten“ war Freiherr von Stingelheim bestimmt worden. Am 18. März traf ein Dekret des Kreisamtes ein, mit dem die Abhaltung der Ratswahl verfügt wurde und zwar unter „Beobachtung der bisher üblichen Zeremonien“. Sie wurde wahrscheinlich am 20. März abgehalten, da am 22. desselben Monates die Wahltaxen in Höhe von 82 Gulden eingezahlt wurden.5)

Aussichtsreichster Kandidat für die Stelle des Bürgermeisters war Dr. jur. Sylvester von Paumgartten, der schließlich auch gewählt wurde. Er konnte alle Vorbedingungen aufweisen; die die Rechtspflege des Landes ausübenden „Obderennsischen Landrechte“ in Linz verständigten den Magistrat, dass dem Genannten auch das „breve eligibilitatis im Justiz Fache zur Bürgermeisterstelle ertheilet seye“. Am 29. April erfolgte auch die Bestätigung des neu gewählten Bürgermeisters durch die Landesregierung. Im gleichen Dekret genehmigte die Regierung auch die Wahl des früheren Leutnants Michael Werloschnig von Berenberg zum ersten, Vinzenz von Köhlers zum dritten und Albert Schellmanns zum vierten Ratsmann (Magistratsrat). Als zweiter Magistratsrat sollte ein im „gewerkschaftlichen Fach“ Erfahrener am 29. Mai gewählt werden.6)

Im Sinne des Dekretes vom Jahre 1788 ordnete das Kreisamt knapp vor Ablauf der vierjährigen Amtsperiode des Bürgermeisters für den 31. Mai 1790 eine Neuwahl an. Es wurden wieder 20 Votanten von der Bürgerschaft bestimmt, die dann den Bürgermeister zu wählen hatten. Der Kreishauptmann und als Regierungsvertreter der königliche Regierungsrat Edler von Sonnenstein, gaben den Auftrag, die Votanten zu verständigen, am Morgen des 31. Mai in der Stadtpfarrkirche zur Messe zu erscheinen und vor dem Kirchentor die Ankunft des Kreishauptmannes zu erwarten. Erst dann sollte man sich zum Wahlakt ins Rathaus begeben. Auch die Sekretäre, Expeditoren, Kassiere und die übrigen Bediensteten der Stadtverwaltung hatten der Messe beizuwohnen.7)

Im November 1790 wurde im Land die alte ständische Verfassung, wie sie im Jahre 1765 bestanden hatte, wiederhergestellt und das Verordnetenkollegium wiedereingesetzt. Zu den acht verordneten des Kollegiums zählte Dr. von Paumgartten. Er war seit dem Jahre 1800 auch Schuldistriktskommissar.

Im April 1796 wurde der Bürgermeister wieder auf vier Jahre in seinem Amt bestätigt.8) Da, wie schon erwähnt, ab 1802 die Bürgermeister ohne neue Wahl oder Bestätigung ihr Amt auf Lebensdauer ausüben konnten, verblieb Silvester von Paumgartten bis Ende Juni 1803 an der Spitze der Stadt. Zu diesem Zeitpunkt legte er sein Amt zurück9) und ersuchte, ihm die stadteigene zu seiner Verfügung stehende Gesetzessammlung zu überlassen, was bewilligt wurde. Weiters bat er um eine außerordentliche Zuwendung in der Höhe dreier Monatsgehalte. In der Sitzung vom 25. Juni hoben die Mitglieder des Bürgerausschusses den Fleiß und die Redlichkeit des Bürgermeisters hervor und erwähnten, dass er alles getan habe, was der Stadt zum Nutzen war. Als „geringe Erkentlichkeit“ wurde ihm eine Remuneration von 200 Gulden bewilligt.10)

Dr. Sylvester von Paumgartten wurde am 20. März 1755 als der zweite Sohn des k. k. Postmeisters und Bürgermeisters (1772 — 1781) Johann Reichard von Paumgartten11) in Steyr geboren. Nach beendetem Studium übte er den Beruf eines Hof- und Gerichtsadvokaten aus. Seiner Ehe mit Maria Anna Franz entstammte eine zahlreiche Rinderschar, sieben der Kinder starben im zartesten Alter.12) Nach seinem Rücktritt als Steyrer Bürgermeister wirkte er von 1805 bis 1827 als Hofrichter im Kloster Schlögl. Er starb am 27. Dezember 1837 als Syndikus in Rohrbach.

In die Amtszeit des Bürgermeisters fiel auch der zweite Koalitionskrieg (1799 — 1802), der besondere Anforderungen an ihn und die Stadtverwaltung stellte. Zu einem auf wirtschaftlichem Gebiete für Steyr äußerst bedeutsamen Ereignisse ist es im Jahre 1798, am Vorabend des ersten Franzoseneinfalles, gekommen. In Gegenwart von fünf Mitgliedern des Bürgerausschusses und der vier Magistratsräte brachte Dr. von Paumgartten in einer Sitzung vom 19. Mai 1798 vor, dass ihm bevollmächtigte Abgeordnete der k. k. privilegierten Kanal- und Bergbaugesellschaft in Wien ein Schreiben überbracht hätten, in dem der Wunsch geäußert wurde, den Anteil der Stadt an der Innerberger Hauptgewerkschaft käuflich zu erwerben. Da es sich hier uni ein „Stamm Vermögen hiesiger Stadt handle“, meinte der Bürgermeister, müsse man die gesamte Bürgerschaft zu dieser Angelegenheit Stellung nehmen lassen. Daher wäre ein Ausschuss zu wählen, der dann als Wortführer die Meinung der Bürger zum Ausdruck bringen solle.13) Verschiedener Unstimmigkeiten wegen war die Bürgerschaft in ihrer Mehrzahl für den Verkauf. So richtete, z. B., der Magistrat am 3. November 1792 ein Schreiben an den Abt von Admont, um Vermittlung einer „freindschäftlichen zusammentreffung“ wegen der mit den Rad- und Hammermeistern bestehenden „Directions Streitigkeiten“. Eine Rolle mag auch gespielt haben, dass die Stadt in den letzten zwei Jahren keine Ertragszahlungen erhalten hatte.

Eine im Dienstweg eingelangte „allerhöchste Hofresolution“ vom 18. August ordnete an, dass sich der Bürgermeister und zwei Mitglieder des Bürgerausschusses innerhalb von zwei Wochen bei der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei in Wien einfinden und hier mit Vertretern der Kanal- und Bergbaugesellschaft „wegen Ablösung der Verleger Einlagen die Behandlung pflegen“ sollten. Der Bürgermeister forderte nun den anwesenden Bürgerausschuss und die für diese Angelegenheit erwählten Mitglieder des „besonderen“ Ausschusses auf, innerhalb einiger Tage „Mißtrauen, Besorgnisse oder Bedenken“ bekanntzugeben, damit diese bei der anbefohlenen Verhandlung in Wien zur Sprache gebracht werden könnten.14) Ende November berichtete Dr. von Paumgartten, dass der Verkauf am 11. Oktober abgeschlossen wurde. Der durch Kapitalisierung rückständiger Dividenden aus 941.302 Gulden 2 ¼ Kreuzer angewachsene Anteil wurde um 685.000 Gulden veräußert, von der Kaufsumme sollten vorerst 85.000 Gulden bis zum März 1799 bar bezahlt werden. Tatsächlich wurden 50.000 Gulden von der Stadtkasse eingenommen, die restlichen 35.000 Gulden wurden gegen 4 % ige Verzinsung mit zweiwöchiger Kündigungsfrist bei der Kanal- und Bergbaugesellschaft belassen. Vom Barerlag kaufte der Magistrat um 30.000 Gulden 5 % ige Staatspapiere an.

Laut Kaufvertrages hatte von den noch ausstehenden 600.000 Gulden bis 1. November 1799 eine Abschlagzahlung von 300.000 Gulden an die Stadt geleistet zu werden. Diese erfolgte einen Tag vor der Verfallsfrist. Regierungsrat von Reitter und Kassier Franz Xaver Wickhoff überbrachten für die genannte Summe 4 % ige österreichische „öffentliche Fondsobligationen“, die im Kassenamt deponiert wurden. Der Magistrat erwartete, dass die Verkaufssumme jährlich 27.800 Gulden Zinsen abwerfen werde.

Die Stadt hatte in der Folgezeit keinen unmittelbaren Anteil an den Geschäften der Innerberger Hauptgewerkschaft. Mit dem Verkauf verlor sie eine „nie versiegende Quelle unermeßlichen Wohlstandes um einen sehr billigen Preis …“.15) Natürlich hätte es in der Zeit der französischen Invasion keine Erträge gegeben, auch wären höhere Kontributionsforderungen an die Stadt gestellt worden, doch, auf lange Frist gesehen, war der Verkauf durchaus nachteilig, wie es sich verschiedentlich zeigte. Als, z. B., bei der Landesregierung um Mittel für das Armeninstitut angesucht wurde, bekam der Magistrat am 30. August 1800 zur Antwort, dass ihm „kein bares Geld angewiesen werde, weil er Mittel in Händen hat“ für diesen Zweck von Amtes wegen „klingende Münze zu verschaffen“.16)

Nach dem Tod Kaiser Leopold II. (1790 — 1792) am 1. März 1792 folgte ihm in der Regierung sein ältester Sohn Franz II., der letzte römisch-deutsche Kaiser (1792 — 1806). Im Jahre 1804 löste er seine Erblande vom Reich los und nannte sich Franz I., Kaiser von Österreich (1804 — 1835). Schon bei seinem Regierungsantritt im April 1792 hatte in Paris das amtierende Ministerium der gemäßigten Republikaner (Girondisten), König Ludwig XVI., von Frankreich genötigt, Österreich den Krieg zu erklären, jenen Krieg, der in die Geschichte als der 1. Koalitionskrieg (1792 — 1797) einging. Steyr lag in den ersten vier Jahren der Feindseligkeiten weitab von den Plätzen des kriegerischen Geschehens. Zwar wurden über Befehl der Regierung im Juni 1792 alle Bauführungen eingestellt, doch ging das tägliche Leben ruhig weiter. Auch der Handel erlitt in den ersten Kriegsjahren keine Störungen, der Wohlstand nahm zu. Von der Bürgerschaft wurden 1793 an freiwilligen Kriegsbeiträgen 4.402 Gulden 6 Kreuzer aufgebracht. Der Magistrat forderte auch die Eisengewerkschaft auf, freiwillige Zuschüsse für die Kriegsführung zu leisten, da „die Bürgerschaft zu Steyr Seiner Majestät auch eine ihren Vermögenskräften angemessene Summe mit treulichstem Herzen dargebracht hat…“.17) Für 1795 schrieben die Stände des Landes ein Kriegsdarlehen aus, Steyr zeichnete 5.199 Gulden und spendete weitere 519 Gulden 39 Kreuzer für das Jahr 1796.18)

Noch anfangs März 1797 hatte der Kreiskommissar von Wintersperg bekanntgegeben, dass vom „Feinde nichts zu besorgen“ wäre.19) Doch, als die Franzosen nach einem Scharmützel am 2. April an der kärntnerisch-steirischen Grenze und nach weiteren Gefechten bei Unzmarkt und Judenburg sich der Stadt Leoben näherten, begann man auch in Steyr unruhig zu werden, viele Bewohner flüchteten, als zurückziehende österreichische Soldaten Tag und Nacht durch die Stadt zogen. Da man das Einrücken der Franzosen in die Stadt befürchtete, traf der Magistrat vorsorglich eine Reihe von Maßnahmen. Bürgerwachen wurden an den Toren aufgestellt, die städtische Depositenkasse wurde durch den Expeditor Stadler nach Mauthausen gebracht, wo sie beim Marktgericht deponiert wurde. Die militärischen Bewegungen der Franzosen ließen schließen, dass auch dieser Ort gefährdet werden könnte, deshalb entschloss man sich, die Kasse wieder nach Steyr bringen zu lassen, da man sie ohne Begleitung nicht anderswohin verlagern konnte.20)

Wiederholte Erkundigungen des Magistrates nach der Lage auf dem Kriegsschauplatz, so auch die vom 4. April 1797 in Linz, verliefen ergebnislos.21) Am 7. April kam es in Leoben, das zur neutralen Stadt erklärt wurde, zu einem Waffenstillstand, der die Bevölkerung aufatmen ließ. Die Landesregierung ordnete trotzdem am 16. April an, dass „jemand zur Beobachtung des Feindes im Kasten angestellet werden solle“, der eventuelle Bewegungen des militärischen Gegners zu beachten und über sie unverzüglich zu berichten habe. Auch vorher schon hatte Hofrichter Reimer in Admont über das „Verhalten“ der Franzosen in der Steiermark Kunde gegeben. Die kriegsführenden Parteien konnten sich am 18. April 1797 über die Friedenspräliminarien einigen. Die Franzosen zogen sich nach dem Süden zurück und in einer Verordnung der Landesregierung wurde der Bevölkerung die „abgewendete Feindesgefahr“ für Oberösterreich bekanntgemacht.22) Mit dem am 17. Oktober abgeschlossenen Frieden von Campo Formio war dieser Krieg beendet.

Mit einer Freudenfeier wurde dieses Ereignis in der Stadt begangen. Dr. Sylvester von Paumgartten hielt die Festrede, die so richtig das Glück über das Ende des Krieges ausdrückte und in den nachstehenden Sätzen endete: „Sie sind vorüber die trüben Tage der Gefahr und des Kummers, hold und lieblich ist die Sonne des Friedens über uns aufgegangen. Weit entfernt sind die Heere, die uns verderben und Untergang drohten. Kein Gewühle durchziehender Krieger, nicht das Raffeln der Rüstungen, das dumpfe Getöne der Kriegskarren, kein Geheule des ermüdeten Zugviehs weckt uns mehr aus dem unruhigen Schlafe; der Anblick der entkräfteten, verwundeten Verteidiger unseres Vaterlandes zerschneidet nicht mehr unsere mitleidenden Herzen, kein Kummer für uns und die Unsrigen faltet mehr unsere Stirne, und die Besorgnis einer unglücklichen Zukunft drückt unseren Blick nicht mehr zur Erde; ruhig und still sind unsere Nächte, bei Tage ertönen wieder die geschäftigen Hämmer des fleißigen Gewerbemannes, heiter und freudig sehen wir uns wieder ins Auge und froh geht ein jeder wieder an seine Geschäfte, denn es ist — Friede. Und nun lassen wir mit dem innigsten Dankgefühl den patriotischen Wunsch ertönen: Hoch lebe Franz, unser Kaiser, und sein würdigster Bruder Karl!“23)

Der Bürgermeister brachte am 27. Jänner 1798 im Magistrat zur Sprache, „wegen bei den Kriegstrubeln von hiesiger Bürgerschaft bezeigter Fürstenliebe und -treue eine gelegenheitsrede“ verfasst zu haben, die von der Landesregierung genehmigt worden war. Er schlug vor, die Rede auf Kosten der Stadt drucken zu lassen, 1.500 Exemplare wurden bewilligt.24)

Die sechs Mitglieder des Bürgerausschusses beantragten am 1. Juli 1797, dem Bürgermeister und den vier Magistratsräten für ihre vorbildliche Mühewaltung in den unruhigen Tagen des Krieges den Dank der Bürgerschaft in Form eines Geldgeschenkes zum Ausdruck zu bringen. Dem Bürgermeister wurde für seine „während des Rückzuges der k. k. Armee gehabten Tag- und nächtlichen Strapazen“ und für die Mühe die er aufwandte, um Ruhe und Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten gedankt, da er in Abwesenheit des verlagerten k. k. Kreisamtes dessen „militar geschäfte“ besorgte. In dieser Tätigkeit wurde er von Magistratsrat Schellmann unterstützt. Für die reibungslose Verpflegung des Militärs hatte Magistratsrat Werloschnigg von Berenberg gesorgt, während Magistratsrat Köhler täglich zweimal die Aufstellung der Bürgerwachen an den Toren und die Einteilung der zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingesetzten bewaffneten Bürgerpatrouillen vornahm. Jedem der Genannten wurden für diese besonderen Leistungen 50 Gulden aus der Stadtkasse überreicht.25)

Trotz der Kriegszeit wurde dem Magistrat im August 1795 der Bau des Taborturmes bewilligt. Auch die Wiedererrichtung der 1773 aufgehobenen lateinischen Schule wurde im Oktober 1795 im Magistrat erörtert. Magistratsrat Schellmann zeigte Möglichkeiten auf, die Kosten der Schulerhaltung aufzubringen. Die Ausführungen des Referenten fanden einhelligen Beifall, die Versammelten wollten, „wenn die Ausführung dieses der Bürgerschaft so erwünschten Vorschlages nicht durch höhere Stellen gehemmet“ werde, gemeinsam Hand an die Ausführung ihres Lieblingswunsches legen.26) Nahezu ein Jahr später wurde in Anwesenheit des Bürgermeisters und der vier Magistratsräte, von fünf Mitgliedern des Bürgerausschusses und 25 Viertelmeistern die Schulangelegenheit wieder aufgerollt und beschlossen, dem Kaiser eine Bittschrift und einen Nachweis über die vorgesehene Bedeckung der Erfordernisse durch eine Abordnung der Stadt zu überreichen. Es war geplant, dem derzeitigen Besitzer des Dominikanerklosters, Anton Schaittner, dieses um 10.000 Gulden abzukaufen. Dieser Betrag sollte aus dem für die Bürgerschaft beim Magistrat unverzinst erliegenden Domestikalfond flüssiggemacht werden und es wurde gebeten, das Gebäude nach dem Ankauf für den gedachten Zweck unentgeltlich verwenden zu dürfen, von dem vorerwähnten, der Bürgerschaft gehörigen Kapital in der Höhe von 42.664 Gulden, sollten das Gebäude instandgehalten und die für die Schule notwendigen Dinge angeschafft werden. Die Bürgerschaft war einverstanden, dass der rückwärtige Teil des Klosters vom vorderen getrennt und mit einem eigenen Eingang versehen werde. Das Vorderhaus mit den Gewölben und den sonstigen entbehrlichen Räumen könne unverändert bleiben und vermietet werden. Der Mietzins sollte einem Fond des neuen Institutes zufließen. Ebenso erklärte die Schneiderzeche, dass sie nach dem Ableben ihres Benefiziaten, die Einkünfte ihres Benefiziums dem „lateinischen Schulfond“ widmen wolle, da es der „sehnlichste Wunsch“ aller Schneidermeister wäre, die Lateinschule wiedererstehen zu sehen.27)

Schon länger als ein Jahr sei die „hiesige Schaubühne durch einige Herren Dilettanten dergestalt emporgehoben worden“, dass in der Bevölkerung der Wunsch rege wurde, „dieses Theater in einen ordentlichen und regelmäßigen Stand herzustellen“, berichtete Magistratsrat Schellmann am 17. Februar 1796 im Rat. Mit den bisherigen Einnahmen konnte die Liebhaberbühne nur die Dekorationen und alles Nötige für die Musik bestreiten. Nun hätte sich Fürst Lamberg erbötig gemacht, die notwendigsten Kostüme anzuschaffen, weiters den Zuschauerraum und ein Stadtbild auf seine Kosten malen zu lassen, wenn es zu einem Theaterausbau käme. Da auch ein ungenannter Gönner 50 Gulden Bargeld und das nötige Fuhrwerk für den Materialtransport beistellen wollte, hätte das Theater vollkommen instandgesetzt werden können, wenn die Stadt, gegen Rückerstattung, einen Vorschuss von 800 Gulden zu leisten gewillt wäre, berichtete Schellmann. Die eingeholten Vorschläge ergaben, dass für den Theaterbau 619 Gulden 36 Kreuzer notwendig wären, dazu kämen noch sonstige Ausstattungsspesen von 180 Gulden 24 Kreuzer.

In etwas mehr als Jahresfrist betrugen die Einnahmen der Dilettantenbühne 1.400 Gulden, die zu in größten Teil für Verbesserungen am Theater und für verschiedene nötige Neuanschaffungen verwendet wurden. Die Stadt hatte somit einen Wertzuwachs erhalten, „da ihr das Theater bisher noch keinen Kreuzer gekostet“ hat, schließlich würde auch die Spende des Fürsten Lamberg in ihr Eigentum übergehen, meinte Magistratsrat Schellmann. Die Tilgung des begehrten Darlehens könnte vielleicht innerhalb eines Jahres erfolgen, wenn die „dermaligen Theaterfreunde“ weiterspielten. Hörten diese jedoch auf, wie dies schon einmal wegen des schlechten Zustandes des Theaters geschehen war, so könnte dieses, nach Adaptierung, noch immer an reisende Schauspielergruppen vermietet werden, die ja sofort eine Benützungsgebühr zu bezahlen hätten. Allerdings würde sich dann die Rückzahlung des Vorschusses auf längere Zeit erstrecken. Da jedoch die Theaterfreunde große Lust zeigten, weiterzuspielen, wenn das Theater in Ordnung käme, könnte nicht nur die Schuld getilgt, sondern später auch ein Reingewinn erzielt werden, den man dem Armenfond zuführen könnte.

Der Magistrat und die anwesenden Mitglieder des Bürgerausschusses stimmten für diesen Vorschuss und beschlossen weiters noch die unentgeltliche Abgabe von Brettern und „Holzzeug“ für diesen Zweck. Referent Schellmann wurde beauftragt, beim Kreisamt die Genehmigung zur Gewährung dieses Vorschusses einzuholen.

Da der alte Brunnenchor nächst dem Stadttheater so schadhaft geworden war, dass man ihn nicht mehr reparieren konnte, wurde im Juli 1796 der Steinmetz Michael Mayr in Linz angewiesen, einen neuen, zum veranschlagten Preis von 692 Gulden 14 Kreuzer, zu errichten.29)

Starke Regenfälle in der Zeit vom 27. bis 29. Oktober 1787, die in ihrer Heftigkeit kaum denen des Jahres 1736 nachstanden, verursachten ein Hochwasser, das „alle zwo über den Ennsfluß erbaute Brücken am Enns- und Steyrthore beynahe vollkommen“ wegschwemmte. Um den Verkehr nicht einstellen zu müssen, wurden in Ennsdorf zwei Plätten für die Personenüberfuhr und in Reichenschwall eine Fähre für den Vieh- und Wagentransport eingerichtet. Für die Betriebszeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends wurden jedem der beiden Naufergen 56 Kreuzer Entlohnung gereicht.30) Der Linzer Brückenmeister Uiberlacker wurde beauftragt, die Brücken wiederherzustellen.

Um auf „ewige Zeiten in den ruhigen Besitz des Gottesacker, dann des Beutlguts oder sogenannten lutherischen Freudhofes (heute Taborfriedhof), zu dem gottseligen gebrauch der Begrabung der Todten zu verbleiben“ wurde dem Spital- und Scheckenamtsuntertanen Andre Zachhuber am Stadtlhof ein Teil der „buklichten Wiese und die Seilerspinnstattleiten“ als Äquivalent überlassen. Außerdem wurde ihm das Recht eingeräumt, nach wie vor, auf den eingetauschten Gründen das Gras zu mähen; er hatte jedoch hierfür dem Totengräber jährlich einen Gulden zu geben.31)

Trotz wiederholter Untersagung wurde bei Ungewittern noch immer das Wetterschießen und -läuten gehandhabt. Das Verbot wurde 1788 vom Kreisamt in Erinnerung gebracht. Ebenso wurde der alte Brauch, sich bei Bauernhochzeiten mit „besonderen Kronen und eigens dazu bestimten Trachten“ zu schmücken, verboten. Dieses Verbot musste öffentlich ausgerufen werden.32)

Auch auf die Raucher richtete man noch immer ein Augenmerk. Der Polizeiwächter Heumann zeigte dem Magistrat am 3. Juli 1787 an, dass er den Fleischhauer Anton Derfler in der Ölberggasse beim Tabakrauchen angetroffen und ihm sofort die Pfeife weggenommen habe.33)

Gegen manche der neuen Verordnungen erhob der Magistrat, mitunter mit Erfolg, Einspruch. So wurden Einwendungen gegen die Verordnung, die den ansässigen Chirurgen 1789 die Heilung „innerer Krankheiten“ untersagte, erhoben. Zwar nahm das Kreisamt den Einspruch nicht zur Kenntnis, doch wurde den Chirurgen weiterhin gestattet, für die Landgegend Medizinen zu führen und diese bei Krankheiten auch in Steyr zu gebrauchen. Die Bürgerausschüsse der Stadt waren der Ansicht, dass die Chirurgen in weniger ernsten Fällen doch das Recht behalten sollten, ihre Praxis auch bei „innerlichen Krankheiten“ mit der Einschränkung auszuüben, dass in ernsten Fällen der Landesphysikus beizuziehen wäre und ohne dessen Gutachten „nicht fürzuschreitten“ wäre.34)

Der erfolgreiche Staatsstreich am 9. November 1799 gab Napoleon eine überlegene Machtstellung als erster Konsul. Nach einem Marsch über den St. Bernhard eroberte er mit seinen Truppen Mailand und gewann am 14. Juni 1800 die Schlacht bei Marengo. Die Österreicher zogen sich zurück und es kam auf diesem Kriegsschauplatz zu einem Waffenstillstand. In Süddeutschland wurde weitergekämpft, doch auch hier erlitt die österreichische Armee am 5. Dezember 1800 eine entscheidende Niederlage. Mitte Dezember gelang den Franzosen der Übergang über die Traun. Die Masse der Österreicher zog sich über Kremsmünster zurück, was die Franzosen veranlasste, mit drei Divisionen unter General Lecourbe nachzurücken.

Am Kalvarienberg dieses Ortes kam es zu einem Gefecht mit der Nachhut des Fürsten Schwarzenberg. Die Franzosen eroberten Kremsmünster und nahmen 1.200 Mann gefangen. Der Gefechtslärm war bis Steyr zu hören.35)

Schon am 17. Dezember waren im Rathaus für den Fall des Näherrückens der Franzosen wohlweislich Maßnahmen beschlossen worden. Wichtige Akten und Wertpapiere (wie Mündelobligationen, Stiftungsbriefe u. a.) sollten nach Ofen (heute Buda) in Ungarn verlagert werden. Zu diesem Zweck wurde vom Schiffmeister Schrettbauer eine Plätte gemietet und drei Schiffleute in Dienst genommen. Aus diesem Wasserfahrzeug sollten auch die Akten der Hauptgewerkschaft und ein Beamter dieser Gesellschaft Platz finden, der mit seinen Dokumenten in Wien zu bleiben hatte. Für Andreas Eberstaller in Wien, der den Transport auf der Donau weiterbegleiten sollte, mussten die notwendigen Pässe besorgt und ein Ersuchschreiben an den Magistrat in Ofen verfasst werden, in dem der Genannte ausgewiesen wurde.36) Auch das Kreisamt forderte auf, bei sich zeigender Gefahr Kirchensilber, Pretiosen und Dokumente „auf sichere Stationen abzuführen“.

Stadtkämmerer Mayrhofer bat, ihm wieder für zwei paar Pferde, die er für die Stadt zu verwenden hatte, eine Sicherstellung zu geben, falls diese bei einer Feindbesetzung abhandenkämen. Es wurden für solchen Fall 500 Gulden vorgesehen. Bürgermeister von Paumgartten schlug auch vor, den städtischen Beamten, wie dies auch im Jahre 1794 geschehen war, für den Fall der Besetzung der Stadt, einen Vorschuss in der Höhe einer Vierteljahrsbesoldung zu geben, was genehmigt wurde.37)

Die Besetzung von Ehrenbreitstein durch die Franzosen am 24. Jänner 1799 war die Ursache, die mit Spannung erfüllte politische Atmosphäre zur Entzündung zu bringen und den zweiten Koalitionskrieg (1799 — 1802) auszulösen. Dieser sieht Österreich im Bündnis mit Russland, England, Neapel, dem Kirchenstaat, Portugal und der Türkei. Den bedeutenden Anfangserfolgen der Verbündeten in Süddeutschland (Ostrach, Stockach) und in Italien (Novi) folgten Rückschläge. Die Niederlage, die der russische Heerführer Korsakow bei Zürich erlitt konnte der nach einem mühevollen Alpenübergang zur Hilfe eilende Sumorow nicht mehr abwenden. Die Russen zogen sich nach Süddeutschland zurück und wurden schließlich vom Zaren abberufen, der im Oktober 1799 aus der Koalition schied. Die Hauptmacht der russischen Armee wählte den Weg über Eger und Prag in die Heimat, eine andere Gruppe, das Rosenbergische Korps, zog sich von Schärding über Linz zurück. Ihr folgte das seit Kriegsbeginn in russischen Diensten stehende französische Emigrantenkorps des Prinzen von Condé, das sich nach der Verteidigung von Konstanz absetzte und in Oberösterreich Winterquartiere beziehen sollte. Die Stadt Steyr wurde am 23. Dezember 1799 verständigt, eine größere Anzahl von Offizieren, Mannschaften und Pferden dieses Korps aufnehmen zu müssen, vorläufig auf zwei Wochen. Alle Vorstellungen des Magistrats, gegen diese Einquartierung, blieben erfolglos. Am 3. Jänner 1800 hielt eine halbe Eskadron der „Nobles à Cheval“ (Adelige zu Pferd) des Herzogs von Berry mit 38 Oberoffizieren, 108 Dienstgraden vom Wachtmeister abwärts, 80 „Domestiken“ und 300 Pferden den Einzug in die Stadt.38) Die Bevölkerung musste sich auf engstem Raume zusammendrängen, da die Adeligen der Truppe, auch wenn sie keinen militärischen Dienstgrad hatten, Einzelzimmer forderten und sich weigerten, das Quartier zu teilen, vielfach hatten hohe Offiziere neben der Dienerschaft auch Frauen im Quartier, so hatte General Monsoro im heutigen Haus Grünmarkt 15 das zweite Stockwerk und die Küche für sich, seine zahlreiche Dienerschaft, seinen Koch und vier Frauenzimmer beschlagnahmt. Den der Truppe zugehörigen Handwerkern (Schuster, Schneider, Sattler usw.) war die Stadtkaserne (heute Stadtplatz 13) als Unterkunft und Arbeitsstätte zugewiesen worden; mit dieser Unterkunft nicht zufrieden, forderten sie eigene geheizte Arbeitsräume. Verköstigen konnten sich Offiziere und Adelige zu Pferd nach ihrem Belieben selbst, sie mussten aber das Essen bezahlen. Die Quartiergeber hatten für die übrigen Soldaten gegen Entgelt von täglich 8 Kreuzer eine Suppe, ein halbes Pfund Fleisch mit Zuspeise (Gemüse oder Mehlspeise), eine halbe Maß Bier und 1 Pfund Brot abzugeben.39)

Um eine erträgliche Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und dem Militär zu sichern und auftauchende Schwierigkeiten meistern zu können, hatte man in Oberösterreich bei Kriegsbeginn in allen größeren Orten sogenannte Distriktskommissariate errichtet. An ihrer Spitze stand die „Hohe Landeskommission“ in Linz, die aus Mitgliedern der Landesregierung, der Stände und des Linzer Magistrates zusammengesetzt war. Das Distrikskommissariat Steyr wurde für die Dauer der Anwesenheit der Condéischen Truppen in der Stadt zum Hauptkommissariat erhoben. An der Spitze dieses verantwortungsvollen Postens, der viel diplomatisches Geschick und Einfühlungsvermögen erforderte, stand Bürgermeister Dr. von Paumgartten. Verschiedentlich kam es zwischen Zivilisten und Militär zu Auseinandersetzungen, die geschlichtet werden mussten. Um weiteren Zusammenstößen vorzubeugen, wurde durch das k. k. Kürassierregiment Melas ein Patrouillendienst eingerichtet, der für Ruhe und Sicherheit in der Stadt und ihren Vororten zu sorgen hatte.40)

Anfangs Februar 1800 sollten die Condéer abrücken, die Bevölkerung atmete auf, doch wurde knapp vor diesem Termin der Marschbefehl rückgängig gemacht. Ebenso war es Mitte März, als wieder zum Aufbruch gerüstet wurde. Das Emigrantenkorps war in englische Dienste genommen worden und sollte vor dem Abrücken noch durch den englischen Oberst Ramsey inspiziert werden. Dadurch verzögerte sich der Abmarsch bis 17. April.

Am 18. Dezember übernahm Erzherzog Karl den Oberbefehl über die Österreicher, von seinem Hauptquartier in Amstetten sandte er, angesichts der prekären militärischen Lage, General Merveldt als Unterhändler zum französischen Oberkommandierenden Moreau nach Wels, um wegen eines Waffenstillstandes zu verhandeln. Dieser bewilligte jedoch nur eine auf 48 Stunden befristete Einstellung der Feindseligkeiten, da ihm die Vollmacht des österreichischen Generals nicht ausreichend erschien und dieser innerhalb der genannten Frist die Möglichkeit hatte, eine präzisere Vollmacht beizubringen. Moreau behielt sich aber vor, seine Streitkräfte ungehindert durch die Österreicher innerhalb von zwei Tagen an die Enns zu führen.

Schon seit 19. Dezember konnten die Steyrer den Rückzug der demoralisierten österreichischen Armee durch ihre Stadt erleben. In völliger Auflösung zogen einzelne Fußgänger zwischen den Kolonnen der Infanterie, Kavallerie und Artillerie über die Enns nach Niederösterreich. Als am späten Nachmittag des 21. die letzten Österreicher, kroatische Grenzereinheiten, über die Brücke gezogen waren, wurden Enns- und Neutorbrücke durch Abtragung eines Teiles der Brückendecken unterbrochen, um so den Franzosen ein sofortiges Nachrücken unmöglich zu machen. Noch später an den Brücken Ankommende ließen ihre Ausrüstung auf der Straße zurück und flüchteten auf noch unbesetzten Straßen aufs Land.41)

Am Nachmittag desselben Tages war bereits ein französischer Offizier ins Rathaus gekommen, um sich hier als Stadtkommandant vorzustellen. Er forderte die Beleuchtung der Stadt, da die Franzosen am Abend nicht in die finstere ihnen unbekannte Stadt einziehen wollten. Inzwischen hatten auch schon kleinere französische Einheiten Aichet und Steyrdorf erreicht und sich dort einquartiert. Um sieben Uhr abends rückte endlich die Vorhut unter General Richepanse ein und besetzte vorläufig Steyrdorf. An der Steyrbrücke wurden Schildwachen aufgestellt, die Brücke selbst mit leeren Weinfässern aus dem Keller der Vorstadtpfarre gesperrt, doch der Fußgängerverkehr erlaubt. Auf dem Michaelerplatz wurden Kanonen ausgestellt. General Richepanse bezog im Gasthof Kirchengasse 6 Quartier. Um 10 Uhr abends rückte eine größere Infanterieabteilung am Stadtplatz ein. Eine Magistratsabordnung mit dem Bürgermeister begab sich noch am späten Abend zu Richepanse, um ihm mitzuteilen, dass für ihn im Schloss Quartiere vorgesehen waren, die er auch am nächsten Tage bezog.42)

In den Morgenstunden beginnend, rückten den ganzen 22. Dezember über die Truppenverbände der Generale Durutte, Drouet und Decaen zu den schon anwesenden Soldaten des Generals Richepanse in die Stadt ein. An diesem Tage waren 4 Generäle, 5 Brigadekommandanten sowie 10.681 Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften mit 1.212 Pferden anwesend und mussten beherbergt werden. Noch am gleichen Tag ließen die Franzosen die Zimmerleute der Stadt an der Herstellung der unterbrochenen Ennsbrücken arbeiten. Da es an Holz für den Belag der Brücken mangelte, wurden aus der Stadtpfarrkirche und der Dominikanerkirche die Fußböden herausgerissen und mit diesen Brettern die Brücken belegt. Als dann die kaiserlichen Truppen, die sich in Ennsdorf, auf der Ennsleite, der Gmain, der Fischhub und weiter ennsabwärts festgesetzt hatten, ihren Rückzug am frühen Morgen des 23. Dezember fortsetzten, konnten die fehlenden Tragebäume herbeigeschafft und die Brücken behelfsmäßig instandgesetzt werden. Eine weitere Übersetzmöglichkeit schuf man, indem man die Seile der Glocken der Vorstadtpfarrkirche vom Stadtteil Ort aus über den Fluss spannen ließ und hier eine Art Fähre für den Truppentransport einrichtete.43)

Eine zusätzliche Schwierigkeit ergab sich im Verkehr mit den Franzosen durch das Unvermögen, sich französisch verständigen zu können. Dem Magistrat stand als Dolmetscher ein pensionierter k. k. Beamter des vormaligen Guberniums der österreichischen Niederlande, Karl Lestrade, zur Verfügung, der, wie in den Ratsprotokollen vermerkt wird,44) „auch in den unangenehmsten Geschäften mit dem Bürgermeister und anderen Bürgern zu den französischen Generälen und Kommandanten ging, sich selbst oft harten Begegnungen aussetzte und dem Magistrat und der Bürgerschaft sehr teure (wertvolle) und unermüdete (unermüdliche) Dienste leistete“. Lestrade verfasste auch alle schriftlichen Eingaben an die Besatzungstruppen. Die Stadtgemeinde belohnte seine Dienste während der 89 Tage seiner Tätigkeit mit 445 Gulden.

Weitere französische Truppenkontingente zogen in den folgenden Tagen in die Stadt ein; am 25. Dezember errichtete General Moreau sein Hauptquartier im Schloss Lamberg. Eine Abordnung unter Führung des Bürgermeisters sprach bei ihm vor und schilderte die trostlose Lage der Bevölkerung, die durch die umfangreichen Einquartierungen entstanden war. Auch wies der Bürgermeister auf den sich bereits abzeichnenden Mangel an Lebensmitteln hin. Wohl war schon vor dem Einrücken der Franzosen eine Kommission gebildet worden, die eine geregelte Verteilung der Nahrungsmittel vornehmen sollte, doch waren die meisten Mitglieder beim Einmarsch der Franzosen geflüchtet. Bürgermeister und Stadtschreiber hatten in der ersten Besatzungszeit nun zu allen ihren sonstigen Bürden auch noch die mühselige Arbeit, die Lebensmittelversorgung einigermaßen zu regeln, auf sich zu nehmen.

Moreau zeigte Verständnis für die Lage der Stadt. Noch am Tag der Vorsprache setzte er Truppen nach Niederösterreich in Marsch. Zwei Divisionen unter General Lecourbe wurden am folgenden Tag in die Steiermark verlegt. In der Stadt verblieb die Division des Generals Durutte, der sein Quartier im Schloss aufschlug.

General Merveldt, der seinerzeitige Parlamentär, hatte in Wien über die militärische Lage berichtet, der Kaiser entschloss sich unter allen Bedingungen einen Frieden zu erreichen. Generalmajor Graf Grünne und Oberst Weyrotter, die Generaladjutanten Erzherzogs Karl, wurden, mit den entsprechenden Vollmachten versehen, nach Steyr geschickt, um hier die Verhandlungen aufzunehmen. Noch war die Ennsbrücke nicht instandgesetzt, sie mussten also den Fluss in einem Boot übersetzen. In der Wohnung des Dr. med. Hofmann in der Löwen-Apotheke (Enge 1) trafen sie mit dem französischen Beauftragten Victor Fanneau Lahorie, dem Generaladjutanten des Feldherren Moreau zusammen, um die Verhandlungen zu pflegen, die vorläufig zu einem auf 50 Tage befristeten und 15 Tage vorher aufkündbaren Waffenstillstand führten,45) dem am 9. Februar 1801 der Friedensschluss zu Lunéville folgte.

Am 19. März endlich zogen die letzten Franzosen in Richtung Kremsmünster ab. Nochmals schien die Stadt von einem Einmarsch bedroht, als französische Divisionen am 25. März in das Traun-, Mühl- und Hausruckviertel einrückten, doch ging der Leidenskelch einer neuerlichen Besetzung diesmal an Steyr vorbei. Am 6. April verließen auch diese Truppen das Land.

Unmittelbar nach dem Abmarsch der Franzosen interessierten sich die Oberbehörden, ob während der Besatzungszeit jemand aus der Bürgerschaft Steyrs mit dem Feind „in verdächtiger Verbindung gestanden“ wäre. Der Magistrat konnte berichten, dass sich in der Stadt niemand für solche Dienste gefunden hätte. Am 15. April 1801 kam ein Bataillon österreichischer Wenkheim-Infanterie nach Steyr, dem der Grund beim Pulverturm am Steinfeld als Exerzierplatz angewiesen wurde.46)

In den ersten Tagen des Franzoseneinmarsches herrschten in der Stadt trostlose Zustände. In den Vororten drangen die Soldaten in die Häuser ein und forderten von den Bewohnern Geld, Alkohol und Lebensmittel. Waren diese nicht vorhanden, wurden die Leute bedroht und geschlagen, sodass mancher den Siegern seinen letzten Notgroschen aushändigte. Auch in der Stadt nahmen die Requirierungen ungeheure Ausmaße an. Den Kaufleuten wurden Tuch, den Lederern Sattelzeug und Leder, den Apothekern die Medikamente abgenommen, in den ersten Tagen der Besetzung noch dazu ohne Quittung. Gleich nach dem Einmarsch beschlagnahmte das Artilleriekommando des Kapitäns Favier die ärarische Gewehrfabrik und die Hammerwerke, in denen nun unter Aufsicht französischer Fachleute die Armaturarbeiter der Stadt Waffen reparieren und erzeugen mussten. Im ehemaligen Kapuzinerkloster war eine Schneider- und Schusterwerkstätte eingerichtet worden, für deren Unterhalt zur Gänze die Stadt auskommen musste. Der Magistrat musste die Löhne dem Stadtkommando übergeben, das dann die Arbeiter bezahlte.47) Von den in der Stadt vorhandenen 150 Pferden waren nach dem Abzug der Franzosen nur mehr zwei vorhanden. Hufeisen, Hufnägel, Stahl, Felle, Feilen, Bretter, alles wurde beansprucht.48)

Für das im früheren Jesuitenkollegium untergebrachte Militärspital hatte die Stadt 400 Bettstätten, 200 Strohsäcke, 250 Matratzen, die notwendigen Leintücher, Kopfkissen, Bettdecken, 400 Hemden, Kupferkessel und eine Unzahl anderer Bedarfsartikel und, selbstverständlich, Lebensmittel und Medikamente beizustellen. Auch dem französischen Kriegsspital in Garsten musste der Magistrat neben Ausrüstungsgegenständen Wein, „Baumöl“ (Olivenöl) und Zucker liefern.49)

Eine der schwersten Lasten bedeutete die Aufbringung der geforderten großen Lebensmittelmengen und des Futters für die Pferde. So hatten allein in den ersten Tagen der Besetzung für die Division Richepanse 10.000 Portionen Brot, 100 Zentner Fleisch und 1.200 Maß Branntwein geliefert zu werden. 4 — 500 Gulden Bargeld musste der Magistrat täglich aufbringen, um nur die Generäle und ihre Gäste verpflegen zu können.50)

Ehe noch Friedensverhandlungen eingeleitet waren, forderte die französische Regierung durch den General Moreau vom Land Oberösterreich eine Kontribution in französischen Livres, die umgerechnet etwa 3.022.000 Gulden österreichischer Währung entsprach.51) Diese Summe wäre kurzfristig aufzubringen gewesen. 50.000 Gulden wurden auf einen Aufruf hin innerhalb von drei Tagen in Linz gezeichnet. Die „Hohe Landeskommission“ forderte nun die Distriktskommissariate auf, in ihrem Bereich die Bevölkerung zu freiwilliger Zeichnung von Darlehen zu veranlassen und verwies auf die Haftung des Landes für die Rückzahlung dieser Summen. In Steyr wurden die Viertelmeister beauftragt, von Haus zu Haus zu gehen und die von den Bewohnern gezeichnete Summe sofort zu kassieren. Es lässt sich nicht mehr feststellen, welcher Betrag von Steyr gezeichnet werden sollte. Trotz allen guten Willens konnte die geforderte Summe in Oberösterreich nicht aufgebracht werden. Die Landeskommission versuchte nun durch eine Vorsprache bei General Moreau in Steyr eine Terminverlängerung zu erreichen. Dieser war jedoch an den Befehl seiner Regierung gebunden und drohte, bei Nichtbezahlung, mit Exekution. Schließlich erlaubte er die Entsendung einer Abordnung nach Wien, die dem Kaiser die Angelegenheit vortragen sollte. Doch auch hier stieß man auf Ablehnung. Weitere Versuche, in Wien Geld aufzubringen, blieben ebenfalls erfolglos. Neuerdings wandte man sich an die Bevölkerung des Landes. Wechsel und Bankozettel wurden angenommen, mit denen man dann Konventionsmünzen ankaufte. Das Kreisamt des Traunviertels forderte Steyr auf, alles Kirchensilber abzuliefern und damit einen kleinen Beitrag zur Kontribution zu leisten. Erst nach dem Zustandekommen des Friedensvertrages wurde die Angelegenheit geregelt. Oberösterreich wurden 500.000 Gulden nachgelassen.52)

Alle diese Beschwernisse, die fast vollkommene Rechtlosigkeit des Bürgers und das oft rücksichtslose Vorgehen mancher Habgieriger unter den Besatzern erregte die äußerste Empörung der Bevölkerung. Diese führte auch zu einem unüberlegten Mord an dem französischen Unterleutnant Monet und dem Stabsfeldwebel Andasse der 14. Halbbrigade leichter Infanterie. Die bestimmten Aussagen der Täter führte zur Verurteilung der Beschuldigten durch das gemischte Gericht unter Vorsitz des Generals Durutte. Wie die Quellen anführen, verhielt sich das Gericht „sehr schonend“, es war den Angeklagten auf Grund ihrer eigenen Angaben nicht zu helfen, vier der Täter, die Knechte Franz und Simon Leitner, Franz Funkel und Franz Schoiswohl wurden am 26. Dezember zum Tode durch Erschießen verurteilt und das Urteil am 27. in der Nähe der Promenade öffentlich vollstreckt. Der Mitangeklagte Bauer Mathias Werthstecker wurde von der Mittäterschaft freigesprochen.53)

Da die Stadt in der ersten Zeit der Besetzung praktisch von allen Verbindungen mit den Oberbehörden abgeschnitten war, sah sie sich genötigt, allen finanziellen Anforderungen aus eigener Tasche oder aus Darlehen, die sie bei den Bürgern der Stadt aufnahm, gerecht zu werden. Sehr bald waren auch diese Quellen erschöpft und es konnten selbst Forderungen armer Bürger, die den Franzosen Leistungen verschiedener Art erbracht hatten, nicht vergolten werden. Erst anfangs März 1801 wurden von der Landesregierung 5.000 Gulden „zur Bestreitung der Requisitionen“ vorgeschossen. Ebenso erhielt die Stadt einen nicht mehr festzustellenden Anteil einer vom Kaiser angewiesenen „Entschädigung“ von 50.000 Gulden für die Bewohner des Traunviertels.54)

Am 25. Februar 1801 verlas Bürgermeister von Paumgartten in einer Sitzung den Entwurf einer Bittschrift an den Kaiser, in der um Ablösung von Kupferamtsobligationen mit einem Nominale von 80.000 Gulden in barem Geld gebeten wurde. Diese waren ein Teil des Erlöses beim Verkauf des Gewerkschaftsanteiles. Aus der Bittschrift geht so ganz die trostlose Situation, in der sich die Stadt befand, hervor. U. a. wurde geschrieben: „… Man denke sich eine zahlreiche Armee als Sieger im Feindesland, die nichts mit sich führt, schlecht gekleidet und bewaffnet ist, viele Monate keinen Sold erhielt, weder Religion noch Moralität hat und man wird sich noch kaum einen deutlichen Begriff von den Forderungen machen können, die die französische Armee stellte. Um die Offiziere und die Kommandierenden zu bewegen, nur einige Manneszucht zu halten, und die Kriegskommissäre zu hindern, ihre Requisitionen nicht sogleich durch noch kostspieligere Requisitionen einzutreiben, musste man ihnen beträchtliche Geschenke machen, man musste froh sein, ihre Wünsche zu erraten, zu geschweigen, daß man ihnen eine Forderung hätte abschlagen können.. .“ Eine dreiköpfige Abordnung unter Führung des Bürgermeisters wurde am 14. März beauftragt nach Wien zu fahren, um hier vorstellig zu werden und gleichzeitig um Verlegung der „Feuergewehrfabrik“ aus Steyr zu ersuchen, da diese sehr viel Holz brauche, das in der Stadt sehr schwer aufzubringen war. Die Bittschrift, die Ablösung von Kupferamtsobligationen zu erreichen, wurde bei Hof überreicht. Außerdem war die Abordnung ermächtigt worden, die notwendigen Kupferamtsobligationen zur Umschreibung und die noch vom Anteilverkauf ausständigen „Bancoobligationen“ und deren angefallene Zinsen Zu beheben.55)55a)

Doch schon am 12. August 1801 musste der Stadtkassier berichten, dass die Stadtkasse wieder „merklich entblößet“ war und dies trotz der von Wien übernommenen 44.260 Gulden für Kupferamtsobligationen.56) Der Großteil dieses Geldes wurde verwendet, um Abschlagzahlungen für die durch die Franzosen verursachten Requirierungen zu leisten, zu denen der Kaiser die Erlaubnis erteilte.57)

Die Verhandlungen über die Bezahlung der Invasionskosten zogen sich noch bis zum Jahre 1821 hin. Trotz aller eigenen Sorgen wurden über Aufforderung des ständischen Verordnetenkollegiums auch freiwillige Spenden für „verunglückte vorderösterreichische Untertanen“ geleistet. Den durch Brandkatastrophen geschädigten Städten wurden, wie seit vielen Jahren üblich, weiterhin durch Geldsammlungen geholfen. Im April 1801 wurde für die Städte und Orte Preßburg, Lemberg, Linz, Maria Zell, Thalham und Borgo (im Suganatal) gesammelt.58)

Am Gründonnerstag 1789 stürzte das im Hof des heutigen Hauses Grünmarkt 14 unter dem Pfarrfriedhof befindliche Arrestgewölbe ein. Es musste daher, um auch die Friedhofsmauer zu stützen, ein „neues Gewölbe“ gespannt werden.59)

„Zu mehrer Bequemlichkeit für die Menge Schüller“ wurde vom Kreisamt 1787 angeordnet, dass auf das Schulgebäude in Aichet ein Stockwerk mit zwei Zimmern aufgebaut werden solle.60) Die Schule in Ennsdorf wurde im gleichen Jahr „ganz aufgehoben“ und die Kinder in anderen Schulen untergebracht. Der alte taube Schulmeister Joseph Weber wurde in das Bürgerspital eingewiesen. Die ihm bisher ex fundo domestico zum Lebensunterhalt angewiesenen 30 Gulden wurden ihm entzogen und dieser Betrag dem Schulmeister in Aichet ausgehändigt, damit er ihn für den Unterhalt eines Schulgehilfen verwende.61) Über Einspruch wurde dann im Herbst 1790 der Gemeinde Ennsdorf erlaubt, auf eigene Kosten einen Lehrer zu unterhalten, doch hatte der Stadtschullehrer Kätzler die Ennsdorfer Kinder von „Zeit zu Zeit“ zu beschreiben. Im selben Jahre suchte die Gastwirtin Rosalia Brein um Erlaubnis an, eine Tanzschule errichten zu dürfen, was ihr als „polizeiwidrig“ untersagt wurde.62)

Für die jährlich abzuhaltenden Prüfungen der Schüler stellte der Magistrat an zwei Tagen der Woche für einige Zeit das Ratszimmer zur Verfügung.63) Für die Erhaltung der Schulen wurden verschiedene Wege der Geldbeschaffung beschritten. So hatten ab 1788 bei allen Verlassenschaftsabhandlungen gewisse Beträge für den Schulfond einbehalten und im Wege des Kreisamtes an die Landesregierung eingesandt zu werden. Überstieg die Verlassenschaft einen Betrag von 300 Gulden, so waren von Adeligen, von „Honoratioren“ und Handelsleuten 2 Gulden und von allen übrigen Ständen 1 Gulden einzubehalten.64)

Auch die Kriegsrüstungen erforderten laufend Geld. Für das Jahr 1789 wurden der Stadt 1.968 Gulden 21 Kreuzer 3 Pfennig Kriegssteuer vorgeschrieben. Im Vorjahr war für diesen Zweck durch einen Erlass der Landesregierung die Besteuerung der Gehalte und Pensionen verfügt worden. Bei einem Jahresbezug von 301 bis 4.000 Gulden wurden 5 bis 12 %, bei einem solchen von 4.000 Gulden bis zum höchsten Bezug 15 % abgezogen.65)

In der Ratssitzung vom 8. Oktober 1791 berichtete Magistratsrat Schellmann über die Privilegien der Stadt. Die Anmeldefrist für ihre Verlängerung lief bald ab und er überließ es den Bürgerausschussmitgliedern und Ratskollegen die erneuerungswürdigen Freiheiten zu bestimmen. Die Anwesenden beauftragten den Referenten bei der Regierung in Wien um die neuerliche Gewährung des Stapelrechtes und um die Verfügung, dass weiterhin in den umliegenden Orten außer den Viktualien keine Kaufmannsware feilgeboten werden dürfe, zu beantragen. Auch glaubte man um die Abhaltung der beiden Jahresmärkte sowie der Wochenmärkte ansuchen zu müssen. Der Magistrat ließ sich jedoch Zeit, sodass er schließlich 1793 aus Wien aufgefordert wurde, um die Bestätigung seiner Privilegien anzusuchen.66)

1787 wurde die Einführung von Personalbeschreibungen der städtischen Angestellten gefordert, sofern eine solche Einrichtung nicht schon bestanden hatte.67)

Im Juli 1792 musste das Dach des Tores bei der Stadtpfarrkirche repariert werden. Da aber die Dächer der an den Stadtmauern befindlichen Wehrgänge ebenfalls schadhaft geworden waren, wurden sie „zu Ersparung unnötiger Dachung cahsiert“. Nur die Stadtmauer wurde neu eingedeckt.

 

  1. (fehlt)
  2. RP 1784, 81, 93; RP 1785, 226; RP 1786 A, 78; RP 1786 D, 6; RP 1788, 706, 805.
  3. RP 1790, 11.
  4. RP 1787 A, 378.
  5. RP 1786 A, 23, 38.
  6. RP 1786 A, 41, 45, 95, 99; RP 1802 B, 26; zweiter Magistratsrat wurde Sebastian Haydinger.
  7. RP 1790, 187, 207.
  8. RP 1792 A, 277; RP 1796 B, 51; RP 1800 A, 368.
  9. RP 1803 A, 118.
  10. RP 1803 A, 129, 140.
  11. Der ältere Sohn Johann Reichard, geboren am 29. Juni 1750, wurde Postmeister in Steyr.
  12. Mortuorum ab anno 1785 im Stadtpfarramt, 33, 52, 60, 84, 90, 100, 102.
  13. RP 1792 B, 223; RP 1798 B, 55, 58.
  14. RP 1798 B, 139; RP 1799 B, 39, 43, 68, 171.
  15. LV 3, 160.
  16. RP 1800 A, 303.
  17. RP 1793 B, 25, 32, 112.
  18. RP 1796, 215.
  19. RP 1797 A, 67.
  20. RP 1797 B, 40.
  21. RP 1797 B, 34.
  22. RP 1797 A, 74.
  23. LV 5, 12; LV 6, 8.
  24. RP 1798 B, 13.
  25. RP 1797 B, 68.
  26. RP 1795 B, 163.
  27. RP 1796 A, 228 1/2 ff.
  28. An Arbeitskosten wurden angesetzt: 48 Taglöhne des Zimmerpoliers á 24 Kreuzer, 60 Taglöhne für Zimmerleute á 21 Kreuzer, 48 Taglöhne für den Zimmerpolier, der die notwendigen Eisenarbeiten durchführen sollte, á 24 Kreuzer, 432 Taglöhne für Zimmerer á 21 Kreuzer, zusammen 210 Gulden 36 Kreuzer. — Ein Pfund Rindfleisch (56 dkg) kostete in dieser Zeit 5 Kreuzer.
  29. RP 1796 B, 27.
  30. RP 1787 B, 239, 281, 306, 309.
  31. RP 1787 C, 944.
  32. RP 1788 A, 28, 31.
  33. RP 1788, 366.
  34. RP 1789 B, 63.
  35. LV 7, Bd. V, 65.
  36. Ende März 1801 wurden jene „Sachen und Stücke“, die verlagert waren, durch den Fuhrmann Peter Pruckner aus Wien abgeholt. Je Zentner Gewicht wurden ihm 4 Gulden Frachtlohn bezahlt. Ein Begleiter, der die Ladung während der Nachtstunden bewachte, erhielt täglich 2 Gulden.
  37. RP 1800 B, 164, 166; RP 1800 A, 325.
  38. A., K.VII., Fach 18, Nr.398.—In Gleink wurde ebenfalls eine halbe „Leibeskadron“ der Adeligen zu Pferd, in Sierning die 2. Eskadron, in Garsten und Christkindl die 3. Eskadron, in Wolfern und Losensteinleiten die 4. Eskadron mit zusammen 96 Oberoffizieren, 624 Dienstgraden vom Wachtmeister abwärts, 126 „Domestiken“ und 670 Pferden einquartiert. Die 5. Eskadron mit einem Stand von 24 Offizieren, 161 Dienstgraden vom Wachtmeister abwärts, 30 „Domestiken“ und 235 Pferden wurde auf die Orte Kronstorf, Hofkirchen, Losensteinleiten und Tillisburg aufgeteilt.
  39. LV 6, 13, 17.
  40. LV 6, 60.
  41. LV 6, 21.
  42. LV 6, 23; LV 7, Bd. V., 66, 67; LV 1, 356.
  43. LV 6, 24, 25; LV 1, 357; LV 7, 68.
  44. RP 1801 A, 1, 30.
  45. LV 6, 26.
  46. RP 1801 A, 37, 147, 163, 315.
  47. RP 1801 A, 47.
  48. RP 1801 A, 6.
  49. RP 1801 A, 48; LV 6, 70 ff.
  50. A., K.VII, L. 18, Nr. 399.
  51. LV 4, 348; LV 6, 60.
  52. RP 1801 A, 52; LV 10, 127.
  53. LV 1, 358.
  54. RP 1801 A, 37, 38.
  55. RP 1801 A, 11; LV 7, Bd. 5, 72; LV 6, 110.
    55a) RP 1801 A, 27. — So brachte, z.B., der Sekretär Grancher des Generals Durutte beim Bürgermeister den Wunsch vor, dass ihm für seine der Stadt geleisteten Dienste Tuch für Kleidungsstücke angewiesen werden möge. Es wurde ihm durch den Kaufmann Eberstaller blaues Tuch geliefert. Der französische Platzkommandant verlangte am 14. März 1801 einen Wagen. Um 170 Gulden überließ die Hauptgewerkschaft, die noch einen Wagen besaß, diesen der Stadt, die ihn dann als Geschenk übergab.
  56. RP 1801 A, 217.
  57. RP 1801 A, 181, 182, 188, 377. — Am 19.12. wurde der Stadt die Auszahlung von 3 Hofkammerobligationen im Betrage von 35.740 Gulden bewilligt.
  58. RP 1800 B, 53, RP 1801 A, 45.
  59. RP 1789 B, 135. — Die Stadt zahlte 1792 einem Maurergesellen 17 Kreuzer Tageslohn, von diesem Betrag hatte er 1 Kreuzer dem Meister zu geben. Die Bürgerschaft gab 18 Kreuzer Tageslohn nebst Kost und Jausentrunk, der Meister bekam von diesem Tageslohn 2 Kreuzer. Bei dringenden Arbeiten zahlte man in der Stadt den Gesellen zum Tageslohn noch 2 bis 6 Kreuzer als Zulage. Ein Pfund Rindfleisch kostete 1792 5 bis 6 Kreuzer.
  60. RP 1787 A, 121.
  61. RP 1787 A, 532.
  62. RP 1790 A, 294, 412.
  63. RP 1794, 87.
  64. RP 1788 A, 437.
  65. RP 1788 A, 437.
  66. RP 1791 B, 271, RP 1793 B, 1.
  67. RP 1787 A, 154.

Literaturverzeichnis

  1. Pritz Franz Xaver, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Linz 1837.
  2. Ofner Josef, Die Eisenstadt Steyr. Steyr 1956.
  3. Rolleder Anton, Heimatkunde von Steyr. Steyr 1894.
  4. Edlbacher Ludwig, Landeskunde von Oberösterreich. Wien 1883.
  5. Chronik des k. k. priv. uniformierten Bürgercorps der Stadt Steyr. Steyr 1898.
  6. Burger Helmut, Die Franzosen in Steyr (im 72. Jahresbericht des Bundesrealgymnasiums Steyr).
  7. Schroff Ignaz, Annalen der Stadt Steyr.
  8. Sturmberger Hans, Der Weg zum Verfassungsstaat. Wien 1962.
  9. Sturmberger Hans, Zwischen Barock und Romantik (im Jahrbuch des oö. Musealvereines 1948). Linz 1948.
  10. Wopelka J., Oberösterreich in der Franzosenzeit (Dissertation, Wien 1938).
  11. Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen (St.A., Mk. L. 21)
  12. Pritz Franz Xaver, Geschichte der Stadt Steyr, III. Heft 1635 — 1657 (Manuskript im St.A.)
  13. Brandl Manfred, Die Eisen- und Stahlbenefizien der Stadt Steyr (Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 8/1965).

Ratsprotokolle, Steuerbücher im St.A.; Totenregister im Stadtpfarramt.

Abkürzungen:

LV = Literaturverzeichnis, RP = Ratsprotokoll, F = Faszikel, L = Lade, K = Kasten. St.A. = Stadtarchiv Steyr

 

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 29, Oktober 1969

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