Bürgermeister Coloman Dorninger 1603 – 1604

Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (Fortsetzung)

Von Erlefried Krobath

 

Mit seiner Gattin Maria, einer geborenen Waldnerin, bewohnte Coloman Dorninger das schöne gotische Haus Stadtplatz 35 (heute Gasthaus „Zum goldenen Ochsen“), das er von seiner Mutter ererbt hatte.1) Hier betrieb er einen Holzhandel.2) Dorninger entstammte einer alteingesessenen Handelsherrenfamilie, die durch drei Generationen Stadtämter bekleidet hatte. Sein Urgroßvater Pankraz Dorninger war Bürgermeister des Jahres 1508,3) sein Großvater Colman4) einige Jahre Stadtrichter,5) sein Vater Adam war Ratsbürger.6) An der Spitze der Stadt stand Coloman Dorninger in den Jahren 1603 und 1604.7)

Nach wie vor waren die katholischen Kreise bestrebt, sich in Steyr durchzusetzen. Einen der Wege hierzu bildete die Besetzung der Schulen mit katholischen Lehrern. So berief Abt Johann Wilhelm I. Heller von Garsten den Schulmeister Wolfgang Lindner aus Waidhofen an der Ybbs an die Lateinschule Steyrs. Am 24. 3. 1603 „praesentirte“ er ihn dem Rat, der in die Bestellung einwilligte8) und ihm ein Jahresgehalt von 200 Gulden auswarf.9)

Durch die Aufführung von Theaterstücken wurde auf die Bevölkerung auch Einfluss genommen. Im Februar 1604 führte Lindner mit Bürgersöhnen die „Opferung Isaaks“ auf,10) auch im März bewilligte ihm der Rat „ein Spil… in der Schuel zuholten…“.11) Aus der Stadtmaut wurde ihm hierfür eine „Verehrung“ von 4 Thalern gegeben.

Lindner hat für die Stadtgeschichte Steyrs eine besondere Bedeutung, da er in den von ihm verfassten „Annalen“ die Ereignisse in Steyr in der Zeit von 1599 bis 1622 schilderte, wobei in seinem Werk die Religionsfrage eine besondere Berücksichtigung fand.12) Seine vom katholischen Standpunkte gesehenen „Annalen“ bilden das Gegenstück zu den „Annales Styrenses“ des protestantischen Historikers Preuenhuber.

Im Jahre 1604 drohte Innerösterreich eine neue Kriegsgefahr. In Ungarn hatten die gewaltsam begonnenen Religionsreformen allgemeines Missvergnügen hervorgerufen. Gegen den der Bevölkerung missliebigen kaiserlichen Gouverneur Basta hatten sich die vornehmen Siebenbürger Moses Szekely und nach dessen Tötung Stephan Bocskai erhoben. Verbunden mit den Türken und unterstützt von der Bevölkerung, bemächtigte sich Bocskai Siebenbürgens und eines großen Teiles von Ungarn. Türkenscharen und rebellierende Söldner der ungarischen Gutsbesitzer, die Haiducken, streiften bis in die Nähe Wiens und verbreiteten Angst u. Schrecken.

Diese äußere Bedrängnis hatte ein merkliches Nachlassen der Religionsreformation zur Folge, denn es bestand die Gefahr, dass die protestantisch gesinnten Stände zum Nachteile der Regierung bei Forderungen Widerstand leisten würden. Die Regenten waren durch die Türkengefahr in eine ihre Macht hemmende Abhängigkeit gekommen, weil von den Landständen die Geldbewilligungen ausgingen.

Auch in der Stadt versteifte sich sofort die Haltung der den Religionsreformen abholden Bevölkerung. So waren z. B. die Handwerkszünfte, Zech- und „Viermaister“ der Hammermeister und Hufschmiede, Messerer und Schleifer, Schneider, Lederer, Bader, Fleischhacker, Maurer, Steinmetze, Zimmerleute u. Messerschmiede zum Tragen von Fahnen und „Hübeln“ bei der Fronleichnamsprozession aufgefordert worden. Sie lehnten aber eine Teilnahme schriftlich ab und wurden deshalb am 18.6.1604 vor den Rat gerufen. Trotz der ihnen verlesenen obrigkeitlichen Befehle und der „mehrfaltigen treuherzigen ganz vätterlichen Vermahnung vnd Wahrnung vor straff“ blieben sie bei ihrem Beschluß.16)

Die ganze spannungsgeladene Atmosphäre zeigen zwei Verordnungen14) vom Mai 1604, die Bürgermeister, Richter und Rat an die Bevölkerung richteten. In ihnen drückten sie ihr Befremden aus. dass Bürger, die sich wieder dem Katholizismus zugewandt hatten, nunmehr mit besonderem Eifer Anwürfe gegen den Rat erhoben hatten und im Kampfe gegen den Protestantismus in vorderster Front stünden. Unruhen, die zu Tätlichkeiten ausarteten, und Verleumdungen seien eine Folge davon. Es war auch vorgekommen, dass Bürger und ledige Handwerksburschen vor dem Rathaus gegen das Reformationsedikt und die kaiserlichen Kommissare demonstriert hatten. Alle redlichen Bürger, im Besonderen die Handwerker in Ennsdorf und Steyrdorf, wurden aufgefordert, sich von solchen Auseinandersetzungen fernzuhalten, bzw. Vorhaben, die zu Ruhestörungen führen hätten können, dem Rat zur Anzeige zu bringen.

Wegen der dauernden Kriegswirren, die viele Kosten verursachten, sah sich die Regierung gezwungen, nach neuen Einnahmsquellen Umschau zu halten. Eine solche war die Erhöhung der Wassermaut in Mauthausen, Linz, Ybbs und Stein. Hierüber führten die sieben landesfürstlichen Städte Oberösterreichs (unter ihnen Steyr) Klage, die durch diese Erhöhung ihren Handel belastet fühlten.15)

In dieser Zeit, am 14.6.1603, wurde die „Eisenkompanie“ in Steyr vom Vizedom Gienger aufgefordert, zum Bau des kaiserlichen Schlosses in Linz fünfzig Zentner Eisen zu liefern.16)

Erwähnt sei auch, dass der Rat am 13. August 1603 beschloss, einen „abrüs“ des Burgfrieds anfertigen zu lassen. Es handelt sich hier um die erste in den Ratsprotokollen erwähnte Darstellung eines Stadtplanes. Mit der Durchführung wurden zwei Ratsherren beauftragt, denen der Stadtmaler, als Ersatzmann dessen Geselle, zugewiesen wurden.17)

Coloman Dorninger konnte sich nach seiner Amtszeit noch 5 Jahre eigenen Geschäften widmen. In den „Annales Styrenses“ wird 1609 als sein Todesjahr angegeben.18)

Seine einzige Tochter Susanna heiratete den Steyrer Bürger Wolff Eberhardt, seine Witwe verehelichte sich zum zweiten Male mit dem Handelsherrn und späteren Bürgermeister Cosman Mann.

 

  1. 1583, Bl. 26.
  2. 1595, S. 153: am 15. 12. 1595 erwarb er das Bürgerrecht.
  3. Gestorben 15. 11.
  4. Er war in 1. Ehe mit Martha Trodlin, in 2. mit Anna Öfferlin aus Enns, der Witwe des Steyrer Bürgermeisters Khölnpeck, verheiratet. Aus 1. Ehe 2 Kinder: Margareth Schachner, Rentmeistersgattin in Eisenerz; Hanns, Bürger in Steyr, gest. 1550; aus 2. Ehe 5 Kinder: Anna Maria Stampfhoferin, Bürgersgattin in Steyr; Adam, Ratsbürger und Holzhändler in Steyr, gest. 1578, vermählt mit Hamolei Strasserin, Bgm. Fentzls Witwe; Katharina, in 1. Ehe mit Michael Kirchmaier in Freistadt, in 2. mit Stephan Siegl, Bürger in Steyr, verheiratet; David, Bürger in Steyr, in 1. Ehe mit Anna Preuenhueberin, in 2. mit Anna Gutbrodtin verh.; Helena, in 1. Ehe mit Christ. Pragner in Enns, in 2. mit Magnus Ziegler, Bürger in Steyr, verh.
  5. 1522—1525 und 1531.
  6. 1, S. 185.
  7. 8, LV. 9.
  8. 1603, S. 45.
  9. 5, S. 92.
  10. 5, S. 111.
  11. 1004, S. 40.
  12. 11, S. 13.
  13. 1604, S. 112, 172; LV. 5, S. 100 ff.; LV. 7, S. 74.
  14. 1712 v. 12. u. 14. 5. 1604; LV. 7, S. 75.
  15. Mautakten, K. IV, L. 2, Nr. 4992.
  16. Eisenakten, K. IV, L. 2, Nr. 102; eine weitere Eisenlieferung erfolgte über Anforderung des Eisenobmannes Christoph Strutz vom 12. 9. 1606 (Nr. 372).
  17. 1603, S. 136.
  18. 1, S. 185.

Literaturverzeichnis

LV

  1. Preuenhuber Valentin, Annales Styrenses. Nürnberg 1740.
  2. Pritz Franz Xaver, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Linz 1887.
  3. Pritz Franz Xaver, Geschichte der ehemaligen Benediktiner-Klöster Garsten und Gleink. Linz 1841.
  4. Ofner Josef, Die Eisenstadt Steyr. Geschichtlicher u. kultureller Überblick. Steyr 1956.
  5. Schiffmann K., Die Annalen (1590—1622) des Wolfgang Lindner. Linz 1910.
  6. Zeit Jakob, Chronik der Stadt Steyr 1612—1635. Rev. u. red. von Ludwig Edlbacher. Im 36. Bericht des Mus. Fr. Carol. Linz 1878.
  7. Neumann Ilse, Steyr und die Glaubenskämpfe. d. K. d. St. St. Feb. 1952.
  8. „Statt Steyris Raths Wall“ 1500—1660. St. A.
  9. Verzeichnis der Bürgermeister, Richter und Räte 1500—1651. St. A.
  10. Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlenbuch. St. A.
  11. Eder Karl, Ein Reformationshistoriker — Valentin Preuenhuber. d. K. St. Steyr, 1955.
  12. Eder Karl, Das Land o. d. Enns vor der Glaubensspaltung 1490—1526. Linz 1933.
  13. Eder Karl, Glaubensspaltung und Landesstände in Österreich o. d. Enns. 1525—1602. Linz 1936.
  14. Jahrbuch der k. k. heraldischen Gesellschaft Adler, 1917/18, XXVII. u. XXVIII. Bd.
  15. Krobath Erlefried, Was die Ratsprotokolle über die Errichtung des Taborftiedhofes berichten. U.-B. d. „Steyrer Zeitung“ 30. 10. 1958.
  16. Bittner Ludwig, Das Eisenwesen in Innerberg-Eisenerz bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625 (Archiv f. österreichische Geschichte, Bd. 89—1901).

Steuerbücher, Ratsprotokolle, Taufbücher und Totenregister der Stadtpfarre Steyr, Eisenakten, Testamente, Kriminalakten-Tumulte, Mautakten.

Mein Dank gebührt Herrn Amtsrat Koller für die Bereitstellung eines Teiles der Archivalien.

Abkürzungen: LV. — Literaturverzeichnis; RP. — Ratsprotokoll; St. A. — Städtisches Archiv; K. — Kasten; L. — Lade; Stb. — Steuerbuch; Krim. A. — Kriminalakten.

 

Aus den Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 20, April 1960

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