BLAUE SENSEN

(c) W. Hack

Die „blauen Sensen“ der österreichischen und steirischen Produzenten bildeten bis ins 20. Jahrhunder einen der wichtigsten und krisenfestesten Exportartikel der Alpenländer. Durch Jahrhunderte nahm die Herstellung von Sensen eine überragende Stellung in der österreichischen Eisenindustrie ein.

Unter der sensenherstellenden Handwerken des Alpenländischen Eisenwesens kam der Sensenschmiedezunft von Kirchdorf-Micheldorf in Oberösterreich durch das alter ihrer Werkstätten, durch die Anzahl der inkorporierten Meiser, durch besondere Privilegien sowie verbesserte Produktionstechniken, die von ihr ausgingen, eine führende Stellung ein.

Die Mehrzahl der 36 Werkstätten im engeren  Bereich der Kirchdorf-Micheldorfer Sensenschmiedezunft war innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit im Laufe des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Handwerksordnung, die sich die Meister 1595 selbst gaben, wurde 1604 durch eine landesfürstliche Ordnung abgelöst, durch welche die nach absoluter Macht strebenden Landesherren die Sensenschmiede im südlichen Oberösterreich in ihr

Eisensystem einbezogen. Damit waren die Grenzen abgesteckt, innerhalb derer sich die Entfaltung des Handwerks weiter vollziehen sollte.

Daß das Kirchdorf-Micheldorfer Handwerk alle Möglichkeiten, die ihm die großzügige Auslegung der landesfürstlichen Erlässe und eine legere Staatsführung boten, zu seinem Gunsten auszunutzen verstand, ist unzweifelhaft das Verdienst der Meister. Bei allen wirtschaftlichen Erfolgen blieben aber die Meister stets das, was sie seit jeher waren: Handwerker, bedächtige, nüchterne, hart arbeitende Leute. die selbst anzupacken wußten und die mit steigendem Wohlstand kultiviert zu wohnen und zu leben verstanden. Trotz aller ihrer weitteichenden Handelsverbindungen blieben sie stets ihrer engsten Umwelt verhaftet, in der sie wesensmäßig wurzelten.

Zusammen mit den Lehrjungen und Knechten bildeten die Meister das Handwerk; die genaue Abgrenzung ihrer zünftischen Rechte und Pflichten in der „Handwerksfreiheit“ machte aus der Arbeitsgemeinschaft der Berufsgenossen eine Lebensgemeinschaft, an der jedes Handwerksmitglied teilhatte, die aber auch jeden in der Einhaltung der Bestimmungen der Handwerksfreiheit erst innerlich frei machte.

Die Sensenschmiedmeister waren wägende Handwerker, keine wagenden Kaufleute oder Unternehmer; dies gab jeden Stand die Kraft, Jahrhunderte zu überdauern, ließ ihn aber beim Einbruch des völlig Neuen, der allgemeinden Technisierung bis auf wenige Ausnahmen untergehen.

Auszug aus dem Buch „BLAUE SENSEN“ von Franz Fischer, herausgegeben vom Oberösterreichischen Landesarchiv, Linz 1966

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