Von Hans Stögmüller
Anton Honsig war 1925-1930 Chefkonstrukteur der Steyr-Werke AG in Steyr.[1]
In Wien am 14. 11. 1893 geboren, lernte Anton Honsig das Schlosserhandwerk und trat dann in die Staatsgewerbeschule ein. Im Ersten Weltkrieg war er einer Mörserbatterie in Galizien und Italien zugeteilt, wo er den Techniker Hans Ledwinka kennenlernte.
Am 1. Dezember 1918 stellte Hans Ledwinka den jungen Ingenieur Anton Honsig bei Steyr an und beschäftigte ihn anfangs in der Rennabteilung. 1925 wurde er zum Chefkonstrukteur berufen. Es war dies die Anerkennung für die Konstruktion des Steyr XII mit hinterer Gelenk-Schwingachse, für die Anton Honsig auch ein Patent erhielt. Der Prototyp des neuen Wagens wurde im Oktober 1925 bei der „Olympia Show“ in London präsentiert, bei der Österreich zum ersten Mal nach Kriegsende mit Steyr- und Austro-Daimler-Erzeugnissen vertreten war. Die „Times“ widmeten dem Zwölfer-Steyr eine ausführliche Beschreibung und motivierte dies damit, dass dieses Automobil unzweifelhaft ein neues Modell sei, das einen Fortschritt in vielfacher Hinsicht bedeute.[2]
Dieser relativ preisgünstige 1,5-Liter-Sechszylinder (30 PS) war Österreichs erstes „Großserienmodell“, das auch bereits in amerikanischer Fließbandmanier gefertigt wurde. In den Jahren 1925 bis 1929 wurde der robuste und überaus beliebte Steyr XII in bisher unerreichter Stückzahl produziert, man registrierte 11.124 Stück.
Der 1927 bis 1929 gebaute Lastwagen Typ XII N (Nutzwagen) hatte ebenfalls einen Motor mit 1560 ccm und 30 PS. Davon wurden 2180 Stück in verschiedenen Ausführungen gebaut. Es gab ihn mit Pritsche und als Kastenwagen, als Feuerwehrwagen, Feuerwehr-Mannschaftswagen, Krankenwagen und Hotelomnibus.[3]
Anton Honsig heiratete 1925 in Steyr Maria Berger (* 24. 11. 1894 in Waidhofen an der Ybbs). Das Ehepaar wohnte im Haus Kompassgasse 4.[4] Der Ehe entspross ein Sohn, Friedrich Honsig (* 17. 5. 1926 in Steyr), der Medizin studierte und in Mitterkirchen im Machland und dann in Steyr als Allgemein-Mediziner tätig war. Sein Taufpate war Hermann Rützler, der unter Honsig Leiter des Fahrversuchs und Rennfahrer bei Steyr war. Rützler war Oberwerkführer und wohnte mit seiner Gattin Anna im Haus Bahnhofstraße 24.[5]
Unter Honsig wurden 1928 auch die drei Steyr-Typen XV, XVI und XVII vorgestellt, die allesamt noch von Ledwinkas Steyr II und III abgeleitet waren. Der Steyr XV war eine modernisierte Version des Schnelllastwagens Steyr III mit auf 45 PS erhöhter Motorleistung bei unverändertem Hubraum. Der Pkw Steyr XVI und sein Lkw-Bruder XVII verfügten über den vor allem im Steyr VI Sport verwendeten, wenn auch auf 70 bzw. 60 PS gedrosselten 4014-ccm-Motor. Dies war beim Steyr XVI auch vom Übergang auf hintere Schwingachsen begleitet, beim Steyr XVII stieg die Nutzlast auf drei Tonnen.
Zu Jahresbeginn 1928 trat Karl Rabe, bislang Chefkonstrukteur von Austro Daimler, in Steyr ein. Honsig musste dies als Schuss vor den Bug interpretieren, vielleicht ahnte er bereits, woher der Wind wehte. In diesem Jahr starb Dr. Oscar Pollak, der stellvertretende Generaldirektor der Steyr-Werke. Sein Nachfolger war Dr. Karl Pfeffer. 1929 trat Ferdinand Porsche als Vorstandsmitglied Technik bei den Steyr-Werken ein.
Die nächste Honsig-Konstruktion war der Steyr XX, eine etwa vergrößerte Abwandlung des Steyr XII, mit einem 2070-ccm-Sechszylinder-Motor mit 40 PS ausgerüstet, wiederum mit oben liegender Nockenwelle. Die Serienfertigung des neuen Modells setzte 1928 ein. Vom Typ XX wurden 2993 Stück gefertigt. Die beginnende Wirtschaftskrise und der Zusammenbruch bei der den Steyr-Werken dominanten Bodencreditanstalt sorgte unglücklicherweise für schleppenden Verkauf und überhöhte Lagerbestände, was dann 1930 einen totalen Produktionsstipp im gesamten Werk erzwang.
Die strauchelnden Steyr-Werke hatten in diesem Jahr Ferdinand Porsche in den Vorstand berufen, mit dem Anton Honsig überhaupt nicht harmonierte, der deshalb mit 31. März 1930 seinen Abschied nahm. Es folgten einige Jahre der Arbeitslosigkeit. Er machte sich in Wien als Konstrukteur selbständig und entwickelte bis 1934 einen Kleinwagen, einen Mopedmotor im Hinterrad und einen Motorroller.[6]
Mitte der dreißiger Jahre führte Honsig mit den Steyr-Werken einen Gerichtsprozess, weil plötzlich die Zahlung der Lizenzgebühr für sein Patent (Nr. 104.173) auf die hintere Pendelachse eingestellt wurde. Der Prozess endete mit einer Abschlagszahlung für Honsig. Auch die Tiefrahmen-Fahrgestelle für Personenwagen, die sich durch äußerste Stabilität auch bei höchsten Geschwindigkeiten auszeichneten, waren von Honsig entwickelt worden.[7]
Ab 1934 Honsig bei der Firma MP-Beiwagenwerke des Max Porges (* 18. 6. 1884, + 8. 4. 1963) in Wien IX, Augasse 17, als Betriebsleitr beschäftigt, die Motorrad-Beiwagen herstellte. Dort erfand er eine spezielle Gummifederung. Schließlich fand er 1938 in der Rennabteilung der Auto-Union in Chemnitz und Zwickau eine neue Beschäftigung, bis 1940 bei der Auto-Union in Zwickau in der Rennwagenabteilung.[8]
Im Zweiten Weltkrieg war Honsig bei der Firma Magirus, später Klöckner-Humboldt-Deutz, in Ulm tätig, wo er Gelände- und Panzerfahrzeuge konstruierte. Mit Kriegsende kehrte er nach Österreich zurück und war ab 1946 bei den Rotax-Werken in Gunskirchen bei Wels angestellt, für die er Motoren und landwirtschaftliche Maschinen entwickelte. Der Vater des Steyr XII starb am 29. Jänner 1957 und wurde in Gmunden begraben.[9]
[1] Günther Nagenkögl/Hans Stögmüller, Hans und Erich Ledwinka. Die Autopioniere und Chefkonstrukteure in Steyr und Graz, ihr Leben, ihre Technik, Gutau 2015
[2] Hans Seper, Österreichische Automobil-Geschichte. 1815 bis heute, Wien 1986, 297
[3] Technisches Archiv der Steyr-Daimler-Puch AG
[4] Steyrer Adressbuch 1927/28, 133
[5] Steyrer Adressbuch 1927/28, 172
[6] http://austria-lexikon.at/af/Wissenssammlungen/Biogrphien/Honsig
[7] Seper/Krackowizer/Brusatti, Österreichische Kraftfahrzeuge von Anbeginn bis heute, Wels 1982
[8] Technisches Museum Wien, Archiv (Personenmappe)
[9] Martin Pfundner, Austro Daimler und Steyr, Wien 2007, S. 66