Von Hans Stögmüller
Alfred Ritter von Kropatschek konstruierte Repetierfeuerwaffen, die in der Steyrer Waffenfabrik erzeugt wurden. Er wurde am 30. Jänner 1838 in Bielitz (Bielsko‑Diala, Österreichisch-Schlesien) geboren und starb am 2. Mai 1911 in Lovrana (Lovran, Istrien).[1]
Ab 1854 war er Zögling in der Artillerieschule in Pest und kam nach Absolvierung der Artillerieakademie in Mährisch‑Weißkirchen 1859 als Unterleutnant II. Klasse zum Feldartillerie-Regiment 5, in dessen Verband er den Feldzug 1859 in Italien mitmachte, ohne an einer Schlacht teilgenommen zu haben. 1861 bis 1863 absolvierte der damalige Oberleutnant Kropatschek den höheren Artilleriekurs, 1863 bis 1864 die Zeugpraxis im Artilleriearsenal.
1866 wurde er ins Artilleriekomitee, in die Hinterladungs-Gewehr-Kommission, später ins technisch-administrative Militärkomitee berufen. Dort blieb er bis 1874. Gleichzeitig fungierte Kropatschek als Lehrer in der Armee-Schützenschule in Bruck an der Leitha, 1869 als Instruktor des Erzherzogs Johann Nepomuk Salvator für mathematische und artilleristische Fächer, und war sodann dem ottomanischen Minister Daud Pascha zur Beratung über die Herstellung von Werndl‑Gewehren zugeteilt.
Hauptmann Alfred Kropatschek, der spätere Feldzeugmeister, Generalartillerieinspektor und Waffenkonstrukteur, begleitete 1869 den Ottomanischen Minister Daud Pascha als Berater für die Beschaffung von Werndl‑Gewehren nach Steyr zu Josef Werndl. Für seine Verdienste um die Beratung des Paschas erhielt Kropatschek am 22. Oktober 1869 den Meschidije‑Orden V. Klasse.[2]
Kropatschek heiratete 1871 Leopoldine Kinzel. 1876 wurde er zum Major befördert. 1877‑83 war er Kommandant der Artillerie-Kadettenschule in Wien. 1878 bestellte die französische Armee 10.000 Gewehre seines Systems bei der Steyrer Waffenfabrik. 1883 wurde er Kommandant des 2. Feldartillerieregiments in Olmütz. 1884 wurde er zum Oberst befördert und ein Jahr darauf zum Kommandanten der 13. Artillerie‑Brigade. 1890 wurde er Generalmajor und Kommandant der 3. Artillerie‑Brigade, 1894 Feldmarschalleutnant, 1895 Oberstinhaber des Korpsartillerieregiments 4 (Budapest), im gleichen Jahr noch Generalartillerieinspektor und 1902 Feldzeugmeister. 1907 wurde Kropatschek pensioniert.
Kropatschek, einer der bedeutendsten Waffentechniker und Artillerieorganisatoren der österreichisch‑ungarischen Armee, wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u.a. 1871 geadelt, 1898 zum Geheimrat ernannt und mit dem Großkreuz des Leopold-Ordens bedacht. Er war Inhaber vieler hoher ausländischer Orden. Das von Kropatschek 1874 erfundene Repetiergewehr brachte eine erhebliche Verbesserung der bis dahin üblichen Zubringersysteme bei den Vorderschaftsmagazinen und wurde nach eingehenden Versuchen 1878 bei der französischen Marineinfanterie eingeführt. Auf Grund der erfolgreichen Feldverwendung wurde daraus das Lebell‑Gewehr M. 86 entwickelt. Auch in anderen Armeen wurden gelungene Weiterentwicklungen mit dem Repetiergewehr von Kropatschek als Prototyp angefertigt. In Österreich-Ungarn fand seine Erfindung dagegen nur bei der ungarischen Honved und der bosnisch‑herzegovinischen Gendarmerie und Marine Verwendung.
Auf artillerietechnischem Gebiet verminderte Kropatschek durch Anbringung des von ihm erfundenen Federsporns an der Lafette des Feldgeschützes M. 75 den Rückstoß und erhöhte damit die Leistungsfähigkeit so wett, dass Zeit für Neukonstruktionen gewonnen wurde. Obgleich er überzeugter Anhänger des Rohrrücklaufes war, mussten 1899 aus militärischen Gründen die Feldkanone (7,65 cm), das Gebirgsgeschütz (7,2 cm) und die Feldhaubitze (10,4 cm) ohne den damals noch technisch unvollkommenen Rohrrücklauf eingeführt werden.
Die bald darauf erfolgte befriedigende Lösung dieses Problems durch das System Erhardt (1900) in Deutschland führte zu einer sorgfältigen Erprobung der Feldkanone M. 05 durch die unter dem Vorsitz von Kropatschek seit dem Jahre 1896 bestehende „Feldgeschützkommission“. Ehe die Serienerzeugung der Feldkanone aufgenommen wurde, nützte Kropatschek die Zeit zum Einbauen der letzten technischen Verbesserungen beim Rohrrücklauf, zu der Anbringung eines Schutzschildes sowie der Einführung der Einheitspatrone bei der Munition. Als besondere organisatorische Leistungen müssen die Ermittlung, der Erwerb und der Ausbau des Artillerieschießplatzes Hajmasker sowie die Verlegung des Reit-und Fahrlehrinstitutes für die Artillerie‑ und Traintruppe nach Schloßhof in Niederösterreich angesehen werden.[3]
[1] Hans Stögmüller, Josef Werndl und die Waffenfabrik in Steyr, Steyr 2010, 314
[2] Christian Frech, Kropatschek
[3] Artikel von Hummelberger in: Österr. Biografisches Lexikon, 1815 bis 19509 hg. von Leo Santifaller, Bd. IV, Wien 1969; Lugs. S. 577 f